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Infallibilität - vermittelbare Begründung?

Verfasst: Dienstag 25. Dezember 2007, 20:37
von Clemens
Ihr Lieben!

Weil Ihr so nett seid, mir auf meine Fragen immer wieder brauchbar zu antworten, will ich mich unterwinden, eure Geduld wiederum zu erproben:

1. Ihr findet es ja viel schneller, als ich:
In welchem offiziellen Dokument steht die Begründung für das Unfehlbarkeitsdogma von 1870? (wenn´s nicht zuviel ist, bitte gleich zitieren!?)

2. Wie würdet Ihr einem interessierten Evangelischen die Richtigkeit dieses Dogmas begründen?
(Bitte nur ernstgemeinte Zuschriften! :mrgreen: )

Vielen Dank!
Clemens

Verfasst: Dienstag 25. Dezember 2007, 21:42
von Robert Ketelhohn
ad 1: Begründungen stehen nicht in offiziellen Dokumenten.
ad 2: Gar nicht, da die (überfällige) Interpretation im Lichte der Tradition noch aussteht.

Verfasst: Dienstag 25. Dezember 2007, 22:17
von Marcus
Und woher will man dann wissen, dass dieses Dogma selbst unfehlbar ist?

Wenn ich nicht beweisen oder erklären kann, dass 3 plus 3 die Zahl 6 ergibt, ist das nur eine Behauptung meinerseits.

Verfasst: Dienstag 25. Dezember 2007, 22:25
von Clemens
Wenn ich Robert richtig verstanden habe, dann will er eben dies gar nicht so recht wissen und ihm wäre es am liebsten (wie er in seinen 95-83 Thesen (wo ist der Link?) darlegt), dass dieser Entscheid so nie gefasst worden wäre.

Aber hoffentlich gibt es hier auch noch kluge Befürworter dieses Dogmas, die es mir in einer Weise erklären können, die ich in den heftigen Abwehrkämpfen an der protestantischen Front (verzeih mir, Marcus) als Munition verwenden kann
:ikb_sniper: :ikb_starwars: :ikb_raygun:

Verfasst: Dienstag 25. Dezember 2007, 22:57
von Kurt
Das Dogma findest Du hier. Darin sind auch einige Begründungen, oder besser Herleitungen sowie weitere Quellen erwähnt.
Soweit ich es überblicke, ist der Begriff der Unfehlbarkeit im häretischen Teil der lateinischen Kirche (AKA Reformierte) ja nicht unbekannt, nur wird er dort mangels Lehramt ausschließlich dem in Schriftform gefassten Teil der Hl. Überlieferung beigemessen, wofür es natürlich keine Begründung gibt.

Verfasst: Dienstag 25. Dezember 2007, 23:09
von Samuel
Ein paar kurze Gedanken dazu:

1. Das Dogma von der Unfehlbarkeit ist gar nicht so neu. Die Kirche ist schon immer davon ausgegangen, dass die auf den Konzilien verkündeten Dogmen unfehlbar sind. Neu ist nun lediglich, dass man davon ausgeht, dass der Papst allein unfehlbare Dogmen definieren kann - was auch nicht weniger einsichtig ist: Wenn ein Papst sich irren kann, dann kann es auch ein Konzil.

2.
Marcus hat geschrieben:Und woher will man dann wissen, dass dieses Dogma selbst unfehlbar ist?
Unfehlbarkeit hat nur dann einen Sinn, wenn sie auch als solche erkannt werden kann, d.h. wenn alle Gläubigen in gewisser Weise unfehlbar sind.
Hier finde ich einen Gedanken von Peter Knauer SJ sehr interessant:
Eine als Glaubensaussage verstehbare Aussage kann gar nicht falsch sein, sie ist unfehlbar wahr.
Die zentrale Glaubensaussage ist: "Du bist von Gott geliebt mit einer Liebe, die an nichts Geschaffenen ihr Maß hat". Diese Aussage ist notwendig wahr: Eine Aussage kann nur dann falsch sein, wenn ihr Inhalt und die bezeichnete Realität verschieden sind. Hier aber handelt es sich in gewisser Weise um eine performative Aussage, bei der Inhalt und Realität identisch sind: Indem ein Mensch diese Aussage hört und ihr glaubt, wird er hineingenommen in die göttliche Liebe, deswegen von der Angst um sich selbst befreit und fähig zum Leben nach Gottes Geboten.

3. In gewisser Weise handelt es sich bei den Dogmen um Sprachregelungen, welche der Papst bzw. das Konzil natürlich für ihre Gläubigen erlassen dürfen. Beispielsweise wäre es denkbar, den Begriff "Miterlöserin" für Maria vorzuschreiben oder zu verbieten, wodurch der Begriff "Erlöser" aber auch eine jeweils verschiedene Nuancierung erhalten würde.

Verfasst: Dienstag 25. Dezember 2007, 23:11
von Marcus
Clemens hat geschrieben:Wenn ich Robert richtig verstanden habe, dann will er eben dies gar nicht so recht wissen und ihm wäre es am liebsten (wie er in seinen 95-83 Thesen (wo ist der Link?) darlegt), dass dieser Entscheid so nie gefasst worden wäre.

Aber hoffentlich gibt es hier auch noch kluge Befürworter dieses Dogmas, die es mir in einer Weise erklären können, die ich in den heftigen Abwehrkämpfen an der protestantischen Front (verzeih mir, Marcus) als Munition verwenden kann
:ikb_sniper: :ikb_starwars: :ikb_raygun:
Ich kann es durchaus nachvollziehen, dass Du gerne ein paar gute Gegenargumente gegen die protestantische Sichtweise haben willst. Entscheidend ist letztlich aber, ob Du das selbst auch glauben kannst.

Verfasst: Mittwoch 26. Dezember 2007, 20:29
von Clemens
Vielleicht sollte ich bei der Gelegenheit einmal versuchen, manches deutlicher zu erklären, was bei anderen Postings wahrscheinlich etwas zu plakativ rüber gekommen ist.

1. Ich habe keinen Protestantenhass oder so etwas ähnliches.

2. Mir ist die Einheit der Kirche sehr wichtig, aus dem Gedanken heraus, dass Christus unter der Zerrissenheit seines Leibes leidet und sie nicht will und sie folglich Sünde ist.

3. Ich frage (mich) deshalb, ob es zwingende Gründe gibt, die Spaltung aufrechtzuerhalten - und zwar so zwingend, dass das Zerreißen des Leibes Christi der Einheit gegenüber das geringere Übel darstellt.

4. Ich glaube nicht, dass es /heutzutage noch) Gründe gibt, die es notwendig machen, sich von der Kirche des Papstes getrennt zu halten.

5. Ich werbe deshalb innerhalb des Protestantismus dafür, die Gründe für die Trennung zu überdenken, die Schuld nicht nur bei "den Anderen" zu suchen und aus den dadurch gewonnenen Erkenntnissen Konsequenzen zu ziehen.

6. Als ideales Ziel sehe ich es (noch) nicht, nur persönlich katholisch zu werden, sondern dass die Christusgläubigen in den evangelischen Kirchen ihren unbewusst unbiblischen und unchristlichen Widerstand gegen die Kircheneinheit unter dem Papst aufgeben. Dafür will ich wirken, solange ich kann.



Daraus folgt bzgl. Infallibilität:
Mir wäre es auch lieber, dieses Dogma gäbe es nicht, weil es Evangelischen SEHR schwer vermittelbar ist.
Andererseits halte ich es nicht für nötig, daran die Kircheneinheit scheitern zu lassen, deswegen bin ich bereit, es zu schlucken (als eine Kröte), auch wenn mir die aktive Begründung zugegebenermaßen noch schwer fällt.

Aber vielleicht gibt es ja Möglichkeiten, uns das Dogma nachvollziehbar zu erläutern, und/oder
hier auch von römischer Seite aus Brücken zu bauen und uns die "Kapitulation" zu erleichtern?

Über die von euch schon genannten Argumente will ich gerne noch ein wenig nachdenken, bevor ich mich dazu äußere.

Liebe Grüße, besonders auch an Marcus!

Clemens

Verfasst: Mittwoch 26. Dezember 2007, 20:38
von Großinquisitor
Hallo Clemens!

Ich möchte jetzt am Abend nur so viel schreiben, daß das Unfehlbarkeitsdogma mit dem Papsttum nicht so viel zu tun hat; was uns von euch trennt ist vor allem das Bestehen auf die hierarchische Verfassung der Kirche.

Verfasst: Mittwoch 26. Dezember 2007, 20:48
von Clemens
Lieber Großinquisitor!

Natürlich hast Du recht, was die hierarchische Verfassung betrifft.
Aber die könnte man einem bibeltreuen Evangelischen m.E. durchaus einsehbar begründen. Ich kenne manche Evangelischen (auch Pfarrer), die die Apostol.Sukzession und das hierarchisch geordnete Amt von der Schrift her akzeptieren könnten, nicht aber die Infallibilität (und die neuen Mariendogmen)!

Von der dogmatischen Bedeutung her mögen diese Punkte nachrangig sein. Die "gefühlte Ökumene" leidet unter ihnen aber am meisten!

Verfasst: Mittwoch 26. Dezember 2007, 22:33
von Kurt
Der Hl. Stuhl und viele Katholiken mit ihm sind durch das 2. Vatikanum zu Gestaltern des Glaubens geworden. Das ist mit der päpstlichen Infallibilität nicht vereinbar, und ruft zu Recht Argwohn hervor.
Die Unfehlbarkeit ist problemlos zu begründen, wenn man die Funktion des Papstes auf den Hüter des Glaubens beschränkt. So kann er nichts Neues bestimmen, sondern nur klären, was schon immer von allen überall geglaubt wurde.

Davon abgesehen glaube ich aber nicht, dass die Reformierten die Einheit wollen; schon gar nicht ist die Unfehlbarkeit das Problem, und wenn sie es als solches Ansehen, dann ist es ein vorgeschobener Grund. Letztlich scheitert alles am sakramentalen Priestertum.

Verfasst: Mittwoch 26. Dezember 2007, 22:47
von Marcus
Lieber Clemens,

als Altlutheraner möchte ich zu den 6 von Dir angesprochenen Punkten gerne folgendes anmerken:

Zu 1.) Das kann Dir auch keiner unterstellen. Auf jemanden oder auf etwas Hass zu haben geht weit über sich mit jemandem oder mit einer Sache kritisch zu befassen hinaus. Ich habe übrigens auch keinen Hass auf Katholiken oder auf die RKK.

Zu 2.) Die Einheit der Kirche ist auch mir wichtig. Künstlich und grundlos eine Trennung zu verursachen und dann noch aufrechtzuerhalten ist in der Tat als Sünde zu bezeichnen.

Zu 3. und 4.) Ja, die gibt es leider. Es ist zwar positiv anzuerkennen, dass die RKK seit der Reformation graduell kirchliche Missstände und Missbräuche beseitigt hat und der heutige Papst sogar christozentrischer als einige Pfarrer in den Landeskirchen predigt. Der erste wirkliche und richtige Schritt der RKK müsste aber darin bestehen, dass ihre Lehren und Praktiken fortan nicht mehr im Widerspruch zum 2. Abschnitt der Schmalkaldischen Artikel stehen. Dann kann man auch gerne mal darüber sprechen, ob man dem Papst um des Frieden und der Einheit willen einen Vorrang nach menschlichen Recht im Bischofskollegium gewährt. Früher, z. B. bei Ignatius von Antiochien, der in seinem Römerbrief von einem Vorsitz der römischen Kirche schreibt, ging das ja auch.

5. und 6.) Soweit der römischer Katholizismus antikatholischer Polemik ausgesetzt ist, bin ich auch bemüht, ihn richtig darzustellen und vor derartigen Angriffen zu verteidigen. Dennoch ist es ebenfalls erforderlich, nicht nur das Gemeinsame aufzuzeigen, sondern auch das Trennende und die dafür erforderlichen Gründe zu nennen. Das nenne ich redliche Aufklärung. Ohne theologische Einheit keine kirchliche Einheit!

LG

Marcus

Verfasst: Mittwoch 26. Dezember 2007, 22:48
von Kurt
Hat zwar nichts direkt mit Infallibilität zu tun, aber mit den Vorteilen eines Lehramtes, welches auch die Vollmacht hat, verbindlich zu sein:

Huber zu ethischen Positionen der Stammzellenforschung und den Problemen der EKD, eine Linie zu finden und zu artikulieren.

Verfasst: Mittwoch 26. Dezember 2007, 23:04
von Marcus
Kurt hat geschrieben: Davon abgesehen glaube ich aber nicht, dass die Reformierten die Einheit wollen; schon gar nicht ist die Unfehlbarkeit das Problem, und wenn sie es als solches Ansehen, dann ist es ein vorgeschobener Grund. Letztlich scheitert alles am sakramentalen Priestertum.
Das Hauptproblem für uns Lutheraner besteht im Verständnis vom Messopfer, für das wiederum Priester benötigt werden, wobei ja mittlerweile eher die Lob- und Danksagung im Vordergrund stehen.
Apologie Artikel XIII hat geschrieben:7] Durch das Sakrament des Ordens oder Priesterschaft verstehen die Widersacher nicht das Predigtamt und das Amt, die Sakramente zu reichen und außuteilen, sondern verstehen [es] von Preistern, die zu opfern geordnet seien. Gleich als müsse im Neuen Testament ein Priestertum sein, wie das levitische Priestertum gewesen, da die Priester für das Volk opfern und den andern Vergebung der Sünden erlangen. 8] Wir aber lehren, daß das einige Opfer Christi am Kreuze genuggetan hat für aller Welt Sünden, und daß wir nicht eines andern Opfers für die Sünden bedürfen. 10] Denn wir haben im Neün Testament nicht ein solch Priestertum, wie das levitische Priestertum war, wie die Epistel zu den Hebräern lehrt. 11] Wo man aber das Sakrament des Ordens wollte nennen ein Sakrament von dem Predigtamt und Evangelio, so hätte es keine Beschwerung, die Ordination ein Sakrament zu nennen. Denn das Predigtamt hat Gott eingesetzt und geboten und hat herrliche Zusage Gottes, Röm. 1: "Das Evangelium ist eine Kraft Gottes allen denjenigen, so daran glauben" usw., Jes. 55: "Das Wort, das aus meinem Munde gehet, soll nicht wieder leer zu mir kommen, sondern tun, was mir gefällt." 12] Wenn man das Sakrament des Ordens also verstehen wollte, so möchte man auch das Auflegen der Hände ein Sakrament nennen. Denn die Kirche hat Gottes Befehl, daß sie soll Prediger und Diakonos bestellen. Dieweil nun solches sehr tröstlich ist, so wir wissen, daß Gott durch Menschen und diejenigen, so von Menschen gewählt sind, predigen und wirken will, so ist’s gut, daß man solche Wahl hoch rühme und ehre, sonderlich wider die teuflichen Anabaptisten, welche solche Wahl samt dem Predigtamt und leiblichen Wort verachten und lästern.

Verfasst: Mittwoch 26. Dezember 2007, 23:27
von Kurt
Marcus hat geschrieben:Verständnis vom Messopfer...
Apologie Artikel XIII hat geschrieben:7] ...Wir aber lehren, daß das einige Opfer Christi am Kreuze genuggetan hat für aller Welt Sünden, und daß wir nicht eines andern Opfers für die Sünden bedürfen.
Nichts anderes lehrt die katholische Kirche auch; dieses protestantische Mißverständnis wurde schon auf dem Konzil von Trient geklärt, gleichwohl nicht angenommen (sonst wären ja die entsprechenden Schriftstücke mal abgeändert worden).

"Dieser unser Gott und Herr also hat zwar sich selbst ein für allemal auf dem Altar des Kreuzes durch den eintretenden Tod Gott, dem Vater opfern wollen (Hebr. 7,27), um für jene daselbst ewige Erlösung zu wirken; weil jedoch sein Priestertum durch den Tod nicht ausgelöscht werden sollte (Hebr 7,24) hat er beim letzten Abendmahle, - in der Nacht da er verraten wurde (1 Kor 11,23), um seiner geliebten Braut, der Kirche, ein sichtbares Opfer zu hinterlassen, durch das jenes blutige (Opfer), das einmal am Kreuze dargebracht werden sollte, vergegenwärtigt werden, sein Gedächtnis bis zum Ende der Zeit fortdauern und dessen heilbringende Kraft für die Vergebung der Sünden, die von uns täglich begangen werden, zugewandt werden sollte, sich auf ewig als Priester nach der Ordnung des Melchisedek (Ps. 110,4; Hebr 5,6; 7,17) eingesetzt erklärend,
seinen Leib und sein Blut unter den Gestalten von Brot und Wein Gott, dem Vater, dargebracht...." (DH 1740)

Verfasst: Donnerstag 27. Dezember 2007, 11:12
von Samuel
Noch eine Hilfe, das Unfehlbarkeitsdogma akzeptabler zu machen (von K. Rahner):
Alle neuen Dogmen müssen ja in Übereinstimmung mit vorausgegangenen definitiven Lehrentscheidungen geschehen. Es ist z.B. unmöglich, dass ein Papst definiert: "Jesus Christus ist nicht göttlichen Wesens."
Nachdem also bisher die Pflöcke richtig eingeschlagen worden sind, ist es unmöglich geworden, dass durch neue Dogmen allzu Unsinniges definiert wird: Die zentralen Themen sind besetzt; neue Definitionen können nur noch Randgebiete (Maria) bzw. Sprachregelungen beinhalten.
Die Kirche hat also Glück gehabt.

Verfasst: Donnerstag 27. Dezember 2007, 11:43
von Robert Ketelhohn
Ist es möglich, „Randgebiete“ ohne unmittelbare Heilsrelevanz dergestalt dogmatisch festzuklopfen, daß ausgeschlossen werden muß oder darf, wer der festgeklopften Sprachregelung widerspricht?

Verfasst: Donnerstag 27. Dezember 2007, 11:55
von Marcus
Kurt hat geschrieben:
Marcus hat geschrieben:Verständnis vom Messopfer...
Apologie Artikel XIII hat geschrieben:7] ...Wir aber lehren, daß das einige Opfer Christi am Kreuze genuggetan hat für aller Welt Sünden, und daß wir nicht eines andern Opfers für die Sünden bedürfen.
Nichts anderes lehrt die katholische Kirche auch; dieses protestantische Mißverständnis wurde schon auf dem Konzil von Trient geklärt, gleichwohl nicht angenommen (sonst wären ja die entsprechenden Schriftstücke mal abgeändert worden).

"Dieser unser Gott und Herr also hat zwar sich selbst ein für allemal auf dem Altar des Kreuzes durch den eintretenden Tod Gott, dem Vater opfern wollen (Hebr. 7,27), um für jene daselbst ewige Erlösung zu wirken; weil jedoch sein Priestertum durch den Tod nicht ausgelöscht werden sollte (Hebr 7,24) hat er beim letzten Abendmahle, - in der Nacht da er verraten wurde (1 Kor 11,23), um seiner geliebten Braut, der Kirche, ein sichtbares Opfer zu hinterlassen, durch das jenes blutige (Opfer), das einmal am Kreuze dargebracht werden sollte, vergegenwärtigt werden, sein Gedächtnis bis zum Ende der Zeit fortdauern und dessen heilbringende Kraft für die Vergebung der Sünden, die von uns täglich begangen werden, zugewandt werden sollte, sich auf ewig als Priester nach der Ordnung des Melchisedek (Ps. 110,4; Hebr 5,6; 7,17) eingesetzt erklärend,
seinen Leib und sein Blut unter den Gestalten von Brot und Wein Gott, dem Vater, dargebracht...." (DH 1740)
Gewiss gibt es und gab es dieses Missverständnis, die römische Kirche würde eine Opferwiederholung lehren. Das trennende Problem besteht aber immer noch darin, dass nach katholische Lehre Christi Leib und Christi Blut weiterhin als Opfer verstanden werden, das Priester und Gemeinde darbringen. Im Rahmen der Eucharistiefeier werden nicht umsonst u.a. folgende Gebete gesprochen:
„Lasset uns beten zu Gott, dem allmächtigen Vater, dass er das Opfer seiner Kirche annehme aus unseren Händen : zu seinem Lob und zum Heil der ganzen Welt.“

„So gedenken wir, heiliger Vater, des Todes und der Auferstehung deines Sohnes und bringen dir das Brot des Lebens und den Kelch des Heiles dar.“

„Darum, gütiger Vater, feiern wir das Gedächtnis deines Sohnes. Wir verkünden sein heilbringendes Leiden, seine glorreiche Auferstehung und Himmelfahrt und erwarten seine Wiederkunft. So bringen wir dir mit Lob und Dank dieses heilige und lebendige Opfer dar. Schau gütig auf die Gabe deiner Kirche. Denn sie stellt dir das Lamm vor Augen, das geopfert wurde und uns nach deinem Willen mit dir versöhnt hat. Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in Christus.“

„Barmherziger Gott, wir bitten dich : Dieses Opfer unserer Versöhnung bringe der ganzen Welt Frieden und Heil. Beschütze deine Kirche auf ihrem Weg durch die Zeit und stärke sie im Glauben und in der Liebe.“
Diese Gebete bzw. das Verständnis dahinter sind aus protestantischer Sicht höchst problematisch, besonders, wenn noch sog. „Seelenmessen“ gefeiert werden. Ich kann mit der römische Kirche darin übereinstimmen, dass die Kommunikanten den wahren Opferleib und das wahre Opferblut Christi zur Vergebung der Sünden und zur Stärkung des Glaubens empfangen, soweit sie die Realpräsenz Christi nicht leugnen, andernfalls zum Gericht empfangen, die Feier der Eucharistie eine Vergegenwärtigung des Kreuzopfers (keine Wiederholung) darstellt und die Realpräsenz Christi von unbestimmter Dauer ist. Für mich ist sie auch ein Opfer des Lobes und des Dankes, und zwar in der Weise, dass die Gemeinde Gott bzw. Christus für seine Erlösungstat lobt und dankt und das Sakrament dankend empfängt. Opfern heißt ja etwas darbringen, etwas anbieten. Dieses „Etwas“ ist für mich der Lob und der Dank. Von der Vorstellung, Priester und Gemeinde müssten oder könnten den vergegenwärtigen Jesus Christus dem himmlischen Vater als Opferlamm zum Heil und Frieden der Welt, der Kirche und der Seelen von Verstorbenen regelmäßig darbringen, kann ich mich nur distanzieren.

Verfasst: Donnerstag 27. Dezember 2007, 12:07
von Marcus
Samuel hat geschrieben:Noch eine Hilfe, das Unfehlbarkeitsdogma akzeptabler zu machen (von K. Rahner):
Alle neuen Dogmen müssen ja in Übereinstimmung mit vorausgegangenen definitiven Lehrentscheidungen geschehen. Es ist z.B. unmöglich, dass ein Papst definiert: "Jesus Christus ist nicht göttlichen Wesens."
Nachdem also bisher die Pflöcke richtig eingeschlagen worden sind, ist es unmöglich geworden, dass durch neue Dogmen allzu Unsinniges definiert wird: Die zentralen Themen sind besetzt; neue Definitionen können nur noch Randgebiete (Maria) bzw. Sprachregelungen beinhalten.
Die Kirche hat also Glück gehabt.
Dadurch wird mit Sicherheit vermieden, dass der Papst schlicht nach seinem Gutdünken etwas dogmatisiert. Und eine Gewisse Objektivität wird hier ebenfalls gewährt. Auf dem Konzil von Konstanz war allerdings schon damals heftiger Lehrstreit über die Frage ausgebrochen, ob der Papst über dem Konzil oder das Konzil über dem Papst steht. Im Grunde unterscheidet man heute zwischen dem ordentlichen Lehramt (Papst + Bischöfe) und dem außerordentlichen Lehramt (Papst). In der alten Kirche wurden dogmatische Beschlüsse immer auf einem ökumenischen Konzil gefasst. Mir ist kein Fall bekannt, dass ein alter römischer Bischof bzw. Papst für sich in Anspruch nahm, unfehlbar darüber entscheiden zu können, welche der Lehren, die in der Kirche auch schon längere Zeit verbreitet sind, unfehlbar sind. Und die Umstände, unter denen das Dogma zustande kam, waren auch nicht besonders rühmlich.

Verfasst: Donnerstag 27. Dezember 2007, 14:33
von Samuel
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ist es möglich, „Randgebiete“ ohne unmittelbare Heilsrelevanz dergestalt dogmatisch festzuklopfen, daß ausgeschlossen werden muß oder darf, wer der festgeklopften Sprachregelung widerspricht?
Wahrscheinlich wirst du dich hart tun, die Heilsrelevanz des Glaubens an die leibliche Aufnahme Mariens aufzuzeigen.
Die Heilsrelevanz liegt m.E. eher in der Bereitschaft, nicht von der Kirche Gottes abzufallen.

Verfasst: Donnerstag 27. Dezember 2007, 15:32
von Samuel
Marcus hat geschrieben:Und die Umstände, unter denen das Dogma zustande kam, waren auch nicht besonders rühmlich.
Ich finde die Umstände beim ersten Vatikanum auch nicht schlimmer als beispielsweise die in Ephesus. Aber jedes Konzil hat jeweils die Vorgänger bestätigt: Nimmt man einen Stein heraus, fällt der ganze Bau zusammen.
Wenn du allerdings zugestehst, dass die Konzilsdogmen unfehlbar sind, dann sollte das auch für das Dogma von 1870 gelten.
Hast du übrigens das Argument von P. Knauer gelesen? Ich halte es für sehr viel interessanter als das von K. Rahner, auf das du Bezug nimmst.
Übrigens: Ich kann mich bemühen, aufzuzeigen, dass die Dogmenentwicklung nach der Reformation für Protestanten kein unüberwindliches Hindernis sein muss. Darzulegen, dass sie besonders glücklich oder gar notwendig war, sehe ich mich außerstande.

Verfasst: Donnerstag 27. Dezember 2007, 16:06
von Clemens
Samuel hat geschrieben: Übrigens: Ich kann mich bemühen, aufzuzeigen, dass die Dogmenentwicklung nach der Reformation für Protestanten kein unüberwindliches Hindernis sein muss.
Magst Du das wirklich für mich tun? :freude:

Mit Verlaub

Verfasst: Donnerstag 27. Dezember 2007, 17:29
von sofaklecks
In einer Diskussion über das Dogma muss zunächst dessen genauer Inhalt klargestellt werden. Auch in diesem Strang also nochmal:

„Wenn der Römische Bischof «ex cathedra» spricht, das heißt, wenn er in Ausübung seines Amtes als Hirte und Lehrer aller Christen kraft seiner höchsten Apostolischen Autorität entscheidet, daß eine Glaubens- oder Sittenlehre von der gesamten Kirche festzuhalten ist, dann besitzt er mittels des ihm im seligen Petrus verheißenen göttlichen Beistands jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei der Definition der Glaubens- oder Sittenlehre ausgestattet sehen wollte; und daher sind solche Definitionen des Römischen Bischofs aus sich, nicht aber aufgrund der Zustimmung der Kirche unabänderlich."

Dass der Papst mittels des ihm im seligen Petrus verheißenen göttlichen Beistands jene Unfehlbarkeit besitzt, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei der Definition der Glaubens- oder Sittenlehre ausgestattet sehen wollte, das zu glauben kann dem eigentlich nicht schwerfallen, der von einem Weiterwirken Christi in der Kirche überzeugt ist.

sofaklecks

Verfasst: Donnerstag 27. Dezember 2007, 18:47
von Samuel
Clemens hat geschrieben:
Samuel hat geschrieben: Übrigens: Ich kann mich bemühen, aufzuzeigen, dass die Dogmenentwicklung nach der Reformation für Protestanten kein unüberwindliches Hindernis sein muss.
Magst Du das wirklich für mich tun? :freude:
Nun, ich kann es versuchen - momentan ist grad nicht viel los in der Pfarrei. Einige Gründe habe ich ja schon kurz angerissen. Sag mir doch bitte, was dir daran unklar ist oder was dir darüber hinaus ein Skandalon an der katholischen Lehre ist - dann kann ich versuchen, darauf einzugehen.

Verfasst: Donnerstag 27. Dezember 2007, 20:22
von Peregrin
Samuel hat geschrieben: Die Heilsrelevanz liegt m.E. eher in der Bereitschaft, nicht von der Kirche Gottes abzufallen.
Dogmen als eine Art Geßlerhut? Das ist doch hoffentlich nicht Dein Ernst.

Verfasst: Donnerstag 27. Dezember 2007, 20:23
von Robert Ketelhohn
Samuel hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ist es möglich, „Randgebiete“ ohne unmittelbare Heilsrelevanz dergestalt dogmatisch festzuklopfen, daß ausgeschlossen werden muß oder darf, wer der festgeklopften Sprachregelung widerspricht?
Wahrscheinlich wirst du dich hart tun, die Heilsrelevanz des Glaubens an die leibliche Aufnahme Mariens aufzuzeigen.
Die Heilsrelevanz liegt m.E. eher in der Bereitschaft, nicht von der Kirche Gottes abzufallen.
Gut. – Aber was, wenn ein Papst ex cathedra dekretierte, nur die Eucharistie, bei welcher ungesäuerte Hostien verwendet werden, sei gültig? Oder nur die Zelebration versus populum sei gültig, alles andere unterm Anathem verworfen? Oder der Koran sei durch heiligen Kuß zu ehren? Oder wenn Hindupriester um Benutzung einer Kirche bäten, müsse man ihretwegen alle christlichen Bilder und Symbole aus der Kirche entfernen, um ihnen nicht Anstoß zu geben, und sie dann ihre Rituale in der Kirche abhalten lassen?

Verfasst: Freitag 28. Dezember 2007, 10:56
von John Grantham
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Gut. – Aber was, wenn ein Papst ex cathedra dekretierte, nur die Eucharistie, bei welcher ungesäuerte Hostien verwendet werden, sei gültig? Oder nur die Zelebration versus populum sei gültig, alles andere unterm Anathem verworfen? Oder der Koran sei durch heiligen Kuß zu ehren? Oder wenn Hindupriester um Benutzung einer Kirche bäten, müsse man ihretwegen alle christlichen Bilder und Symbole aus der Kirche entfernen, um ihnen nicht Anstoß zu geben, und sie dann ihre Rituale in der Kirche abhalten lassen?
Alter Schwede. Ich bin mit Robert einer Meinung.

Und gerade eben sind vier ziemlich schlechtgelaunte Gestalten auf Rossen vorbeigeritten. :mrgreen:

Cheers,

John

Verfasst: Freitag 28. Dezember 2007, 11:05
von Großinquisitor
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Samuel hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ist es möglich, „Randgebiete“ ohne unmittelbare Heilsrelevanz dergestalt dogmatisch festzuklopfen, daß ausgeschlossen werden muß oder darf, wer der festgeklopften Sprachregelung widerspricht?
Wahrscheinlich wirst du dich hart tun, die Heilsrelevanz des Glaubens an die leibliche Aufnahme Mariens aufzuzeigen.
Die Heilsrelevanz liegt m.E. eher in der Bereitschaft, nicht von der Kirche Gottes abzufallen.
Gut. – Aber was, wenn ein Papst ex cathedra dekretierte, nur die Eucharistie, bei welcher ungesäuerte Hostien verwendet werden, sei gültig? Oder nur die Zelebration versus populum sei gültig, alles andere unterm Anathem verworfen? Oder der Koran sei durch heiligen Kuß zu ehren? Oder wenn Hindupriester um Benutzung einer Kirche bäten, müsse man ihretwegen alle christlichen Bilder und Symbole aus der Kirche entfernen, um ihnen nicht Anstoß zu geben, und sie dann ihre Rituale in der Kirche abhalten lassen?

Dann wäre der Stuhl Petri eo ipso vakant; ich habe dazu eine interessante Abhandlung bei mir.

Verfasst: Freitag 28. Dezember 2007, 11:43
von Robert Ketelhohn
Ipse scripsisti, o emm. Dmn.e Roberte? ;D

Verfasst: Freitag 28. Dezember 2007, 11:51
von Großinquisitor
Geschrieben habe ich das nicht; um die Katze aus dem Sack zu lassen, die Abhandlung stammt von Pater Mura.

Verfasst: Freitag 28. Dezember 2007, 13:05
von Robert Ketelhohn
Ich dachte schon, du wollest Robert Bellarmin höchstselbst zitieren. – Du wirst aber wissen, daß es sich hier nur um eine theologische Meinung handelt.

Verfasst: Freitag 28. Dezember 2007, 13:21
von Großinquisitor
Ja, aber die Beispiele, die Du zitierst, sind ohnehin rein hypothetisch und haben so bislang nicht stattgefunden.