F.A.Z. über die Manifestler zur alten Messe
Verfasst: Freitag 26. Januar 2007, 22:06
Auszug aus dem Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 24.01.2007, Nr. 20 / Seite 33





http://www.kreuz.net/article.2731.html
Ite missa est!
Gehet hin oder Wie theatralisch ist eine lateinische Messe?
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In Zeiten aber, in denen während der Heiligen Messe, als welche sich der katholische Gottesdienst immer noch begreift, vielerorts die Leute während der Austeilung der Hostien zur Kommunion an den Altar stiefeln, als holten sie sich dort eben mal eine Bratwurst ab, und eben dort den Leib Christi von einem Diener Gottes so in die Hand gedrückt bekommen, als teile dieser eben mal einen Freifahrschein in alle Richtungen aus; in Zeiten auch, in denen Priester das Wort Gottes vorplappern, als sei dieses eine mehr oder weniger interessante Meldung aus dem Vermischten; in Zeiten auch, in denen Pfarrer am Altar sich aufführen, als schlurften sie durch ein Sozialarbeiterselbsterfahrungsseminar (“Christus steckt auch im Zuckerkuchen“), und die Pastoralreferentin den erwachsenen Gläubigen das “Vater unser“ in einer Art rhythmischer Sportgymnastik für Grundschüler vorturnt (zwei Händchen empor zum Himmelspapa, zwei Fäustchen für ein Halleluja den Schuldigern, ein Armwedeln gegen die Versuchung); in Zeiten also, in denen der Wert und die Würde aller Formen ziemlich im liturgischen Eimer zu sein scheinen - in solchen Zeiten wünschte man sich dringend: dass Pfarrer wieder mehr zu Komödianten würden.
Komödianten in dem Sinne, dass sie das, was sie an Heiligem und Feierlichen und Wunderbaren zelebrieren, auch darstellen, vorführen, zeigen. Kurz: derart in Szene setzen, dass sie sich ihm würdig erweisen. Freudig, emphatisch, temperamentvoll berührt vom Wunder einer Verwandlung von Brot und Wein in Fleisch und Blut, das sie nicht nur glaubend zu behaupten hätten, sondern durch das sie sich selbst auch glaubhaft wenigstens ein bisschen verwandeln müssten - von einem Privatmenschen in einen: ja, eben Priester.
Das Elend vieler nachkonziliarer katholischer Gottesdienste (und der evangelischen allemal) besteht nun darin, dass sie zu sehr Privatmenschensache scheinen. Als sei die Liturgie das, was einem Pfarrer oder einer Pastoralreferentin eben mal so durch den Kopf geht. Diese Art Gottesdienste ähneln darin sehr dem luschig privaten gängigen Regisseurstheater (vulgo Rübenrauschtheater) auf unseren öffentlichen Bühnen.
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Gerhard Stadelmaier





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