Glaube, Vernunft und Universität

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Robert Ketelhohn
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Glaube, Vernunft und Universität

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Benedikt XVI. (Vorlesung in der [i]Aula Magna[/i] der Universität zu Regensburg, Dienstag, 12. September 2006) hat geschrieben:Eminenzen, Magnifizenzen, Exzellenzen,
verehrte Damen und Herren!

Es ist für mich ein bewegender Augenblick, noch einmal in der Universität zu sein und noch einmal eine Vorlesung halten zu dürfen. Meine Gedanken gehen dabei zurück in die Jahre, in denen ich an der Universität Bonn nach einer schönen Periode an der Freisinger Hochschule meine Tätigkeit als akademischer Lehrer aufgenommen habe. Es war – 1959 – noch die Zeit der alten Ordinarien-Universität. Für die einzelnen Lehrstühle gab es weder Assistenten noch Schreibkräfte, dafür aber gab es eine sehr unmittelbare Begegnung mit den Studenten und vor allem auch der Professoren untereinander. In den Dozentenräumen traf man sich vor und nach den Vorlesungen. Die Kontakte mit den Historikern, den Philosophen, den Philologen und natürlich auch zwischen beiden Theologischen Fakultäten waren sehr lebendig. Es gab jedes Semester einen sogenannten Dies academicus, an dem sich Professoren aller Fakultäten den Studenten der gesamten Universität vorstellten und so ein Erleben von universitas möglich wurde – auf das Sie, Magnifizenz, auch gerade hingewiesen haben –: die Erfahrung nämlich, daß wir in allen Spezialisierungen, die uns manchmal sprachlos füreinander machen, doch ein Ganzes bilden und im Ganzen der einen Vernunft mit all ihren Dimensionen arbeiten und so auch in einer gemeinschaftlichen Verantwortung für den rechten Gebrauch der Vernunft stehen – das wurde erlebbar. Die Universität war auch durchaus stolz auf ihre beiden theologischen Fakultäten. Es war klar, daß auch sie, indem sie nach der Vernunft des Glaubens fragen, eine Arbeit tun, die notwendig zum Ganzen der universitas scientiarum gehört, auch wenn nicht alle den Glauben teilen konnten, um dessen Zuordnung zur gemeinsamen Vernunft sich die Theologen mühen. Dieser innere Zusammenhalt im Kosmos der Vernunft wurde auch nicht gestört, als einmal verlautete, einer der Kollegen habe geäußert, an unserer Universität gebe es etwas Merkwürdiges: zwei Fakultäten, die sich mit etwas befaßten, was es gar nicht gebe – mit Gott. Daß es auch solch radikaler Skepsis gegenüber notwendig und vernünftig bleibt, mit der Vernunft nach Gott zu fragen und es im Zusammenhang der Überlieferung des christlichen Glaubens zu tun, war im Ganzen der Universität unbestritten.

All dies ist mir wieder in den Sinn gekommen, als ich kürzlich den von Professor Theodor Khoury – Münster – herausgegebenen Teil des Dialogs las, den der gelehrte byzantinische Kaiser Manuel II. Palæologos wohl 1391 im Winterlager zu Ankara mit einem gebildeten Perser über Christentum und Islam und beider Wahrheit führte. Der Kaiser hat vermutlich während der Belagerung von Konstantinopel zwischen 1394 und 1402 den Dialog aufgezeichnet; so versteht man auch, daß seine eigenen Ausführungen sehr viel ausführlicher wiedergegeben sind, als die seines persischen Gesprächspartners. Der Dialog erstreckt sich über den ganzen Bereich des von Bibel und Koran umschriebenen Glaubensgefüges und kreist besonders um das Gottes- und das Menschenbild, aber auch immer wieder notwendigerweise um das Verhältnis der, wie man sagte, „drei Gesetze“ oder „drei Lebensordnungen“: Altes Testament – Neues Testament – Koran. Jetzt, in dieser Vorlesung möchte ich darüber nicht handeln, nur einen – im Aufbau des ganzen Dialogs eher marginalen – Punkt berühren, der mich im Zusammenhang des Themas Glaube und Vernunft fasziniert hat und der mir als Ausgangspunkt für meine Überlegungen zu diesem Thema dient.

In der von Professor Khoury herausgegebenen siebten Gesprächsrunde (διάλεξις – Kontroverse) kommt der Kaiser auf das Thema des Djihād, des heiligen Krieges zu sprechen. Der Kaiser wußte sicher, daß in Sure 2,256 steht: Kein Zwang in Glaubenssachen – es ist eine der frühen Suren aus der Zeit, wie uns die Kenner sagen, in der Mohammed selbst noch machtlos und bedroht war. Aber der Kaiser kannte natürlich auch die im Koran niedergelegten – später entstandenen – Bestimmungen über den heiligen Krieg. Ohne sich auf Einzelheiten wie die unterschiedliche Behandlung von „Schriftbesitzern“ und „Ungläubigen“ einzulassen, wendet er sich in erstaunlich schroffer, uns überraschend schroffer Form ganz einfach mit der zentralen Frage nach dem Verhältnis von Religion und Gewalt überhaupt an seinen Gesprächspartner. Er sagt: „Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, daß er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten“. Der Kaiser begründet, nachdem er so zugeschlagen hat, dann eingehend, warum Glaubensverbreitung durch Gewalt widersinnig ist. Sie steht im Widerspruch zum Wesen Gottes und zum Wesen der Seele. „Gott hat kein Gefallen am Blut“, sagt er, „und nicht vernunftgemäß, nicht ‚σὺν λόγῳ’ zu handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider. Der Glaube ist Frucht der Seele, nicht des Körpers. Wer also jemanden zum Glauben führen will, braucht die Fähigkeit zur guten Rede und ein rechtes Denken, nicht aber Gewalt und Drohung … Um eine vernünftige Seele zu überzeugen, braucht man nicht seinen Arm, nicht Schlagwerkzeuge noch sonst eines der Mittel, durch die man jemanden mit dem Tod bedrohen kann …“

Der entscheidende Satz in dieser Argumentation gegen Bekehrung durch Gewalt lautet: Nicht vernunftgemäß handeln ist dem Wesen Gottes zuwider. Der Herausgeber, Theodor Khoury, kommentiert dazu: Für den Kaiser als einen in griechischer Philosophie aufgewachsenen Byzantiner ist dieser Satz evident. Für die moslemische Lehre hingegen ist Gott absolut transzendent. Sein Wille ist an keine unserer Kategorien gebunden, und sei es die der Vernünftigkeit. Khoury zitiert dazu eine Arbeit des bekannten französischen Islamologen R. Arnaldez, der darauf hinweist, daß Ibn Hazn so weit gehe zu erklären, daß Gott auch nicht durch sein eigenes Wort gehalten sei und daß nichts ihn dazu verpflichte, uns die Wahrheit zu offenbaren. Wenn er es wollte, müsse der Mensch auch Götzendienst treiben.

An dieser Stelle tut sich ein Scheideweg im Verständnis Gottes und so in der konkreten Verwirklichung von Religion auf, der uns heute ganz unmittelbar herausfordert. Ist es nur griechisch zu glauben, daß vernunftwidrig zu handeln dem Wesen Gottes zuwider ist, oder gilt das immer und in sich selbst? Ich denke, daß an dieser Stelle der tiefe Einklang zwischen dem, was im besten Sinn griechisch ist und dem auf der Bibel gründenden Gottesglauben sichtbar wird. Den ersten Vers der Genesis, den ersten Vers der Heiligen Schrift überhaupt abwandelnd, hat Johannes den Prolog seines Evangeliums mit dem Wort eröffnet: Im Anfang war der Logos. Dies ist genau das Wort, das der Kaiser gebraucht: Gott handelt „σὺν λόγῳ“, mit Logos. Logos ist Vernunft und Wort zugleich – eine Vernunft, die schöpferisch ist und sich mitteilen kann, aber eben als Vernunft. Johannes hat uns damit das abschließende Wort des biblischen Gottesbegriffs geschenkt, in dem alle die oft mühsamen und verschlungenen Wege des biblischen Glaubens an ihr Ziel kommen und ihre Synthese finden. Im Anfang war der Logos, und der Logos ist Gott, so sagt uns der Evangelist. Das Zusammentreffen der biblischen Botschaft und des griechischen Denkens war kein Zufall. Die Vision des heiligen Paulus, dem sich die Wege in Asien verschlossen und der nächtens in einem Gesicht einen Mazedonier sah und ihn rufen hörte: Komm herüber und hilf uns (Apg 16,6-10) – diese Vision darf als Verdichtung des von innen her nötigen Aufeinanderzugehens zwischen biblischem Glauben und griechischem Fragen gedeutet werden.

Dabei war dieses Zugehen längst im Gang. Schon der geheimnisvolle Gottesname vom brennenden Dornbusch, der diesen Gott aus den Göttern mit den vielen Namen herausnimmt und von ihm einfach das „Ich bin“, das Dasein aussagt, ist eine Bestreitung des Mythos, zu der der sokratische Versuch, den Mythos zu überwinden und zu übersteigen, in einer inneren Analogie steht. Der am Dornbusch begonnene Prozeß kommt im Innern des Alten Testaments zu einer neuen Reife während des Exils, wo nun der landlos und kultlos gewordene Gott Israels sich als den Gott des Himmels und der Erde verkündet und sich mit einer einfachen, das Dornbusch-Wort weiterführenden Formel vorstellt: „Ich bin’s.“ Mit diesem neuen Erkennen Gottes geht eine Art von Aufklärung Hand in Hand, die sich im Spott über die Götter drastisch ausdrückt, die nur Machwerke der Menschen seien (vgl. Ps 113,10-16 [115,2-8]). So geht der biblische Glaube in der hellenistischen Epoche bei aller Schärfe des Gegensatzes zu den hellenistischen Herrschern, die die Angleichung an die griechische Lebensweise und ihren Götterkult erzwingen wollten, dem Besten des griechischen Denkens von innen her entgegen zu einer gegenseitigen Berührung, wie sie sich dann besonders in der späten Weisheits-Literatur vollzogen hat. Heute wissen wir, daß die in Alexandrien entstandene griechische Übersetzung des Alten Testaments – die Septuaginta – mehr als eine bloße (vielleicht sogar wenig positiv zu beurteilende) Übersetzung des hebräischen Textes, nämlich ein selbständiger Textzeuge und ein eigener wichtiger Schritt der Offenbarungsgeschichte ist, in dem sich diese Begegnung auf eine Weise realisiert hat, die für die Entstehung des Christentums und seine Verbreitung entscheidende Bedeutung gewann. Zutiefst geht es dabei um die Begegnung zwischen Glaube und Vernunft, zwischen rechter Aufklärung und Religion. Manuel II. hat wirklich aus dem inneren Wesen des christlichen Glaubens heraus und zugleich aus dem Wesen des Griechischen, das sich mit dem Glauben verschmolzen hatte, sagen können: Nicht „mit dem Logos“ zu handeln ist dem Wesen Gottes zuwider.

Hier ist der Redlichkeit halber anzumerken, daß sich im Spätmittelalter Tendenzen der Theologie entwickelt haben, die diese Synthese von Griechischem und Christlichem aufsprengen. Gegenüber dem sogenannten augustinischen und thomistischen Intellektualismus beginnt bei Duns Scotus eine Position des Voluntarismus, die schließlich in den weiteren Entwicklungen dahinführte zu sagen, wir kennten von Gott nur seine Voluntas ordinata. Jenseits davon gebe es die Freiheit Gottes, kraft derer er auch das Gegenteil von allem, was er getan hat, hätte machen und tun können. Hier zeichnen sich Positionen ab, die denen von Ibn Hazn durchaus nahekommen können und auf das Bild eines Willkür-Gottes zulaufen könnten, der auch nicht an die Wahrheit und an das Gute gebunden ist. Die Transzendenz und die Andersheit Gottes werden so weit übersteigert, daß auch unsere Vernunft, unser Sinn für das Wahre und Gute kein wirklicher Spiegel Gottes mehr sind, dessen abgründige Möglichkeiten hinter seinen tatsächlichen Entscheiden für uns ewig unzugänglich und verborgen bleiben. Demgegenüber hat der kirchliche Glaube immer daran festgehalten, daß es zwischen Gott und uns, zwischen seinem ewigen Schöpfergeist und unserer geschaffenen Vernunft eine wirkliche Analogie gibt, in der zwar – wie das vierte Laterankonzil 1215 sagt – die Unähnlichkeiten unendlich größer sind als die Ähnlichkeiten, aber eben doch die Analogie und ihre Sprache nicht aufgehoben werden. Gott wird nicht göttlicher dadurch, daß wir ihn in einen reinen und undurchschaubaren Voluntarismus entrücken, sondern der wahrhaft göttliche Gott ist der Gott, der sich als Logos gezeigt und als Logos liebend für uns gehandelt hat. Gewiß, die Liebe „übersteigt“, wie Paulus sagt, die Erkenntnis und vermag daher mehr wahrzunehmen als das bloße Denken (vgl. Eph 3,19), aber sie bleibt doch Liebe des Gottes-Logos, weshalb christlicher Gottesdienst, wie noch einmal Paulus sagt, „λογικὴ λατρεία“ ist – Gottesdienst, der im Einklang mit dem ewigen Wort und mit unserer Vernunft steht (vgl. Röm 12,1).

Dieses hier angedeutete innere Zugehen aufeinander, das sich zwischen biblischem Glauben und griechischem philosophischem Fragen vollzogen hat, ist ein nicht nur religionsgeschichtlich, sondern weltgeschichtlich entscheidender Vorgang, der uns auch heute in die Pflicht nimmt. Wenn man diese Begegnung sieht, ist es nicht verwunderlich, daß das Christentum trotz seines Ursprungs und wichtiger Entfaltungen im Orient schließlich seine geschichtlich entscheidende Prägung in Europa gefunden hat. Wir können auch umgekehrt sagen: Diese Begegnung, zu der dann noch das Erbe Roms hinzutritt, hat Europa geschaffen und bleibt die Grundlage dessen, was man mit Recht Europa nennen kann.

Der These, daß das kritisch gereinigte griechische Erbe wesentlich zum christlichen Glauben gehört, steht die Forderung nach der Enthellenisierung des Christentums entgegen, die seit dem Beginn der Neuzeit wachsend das theologische Ringen beherrscht. Wenn man näher zusieht, kann man drei Wellen des Enthellenisierungsprogramms beobachten, die zwar miteinander verbunden, aber in ihren Begründungen und Zielen doch deutlich voneinander verschieden sind.

Die Enthellenisierung erscheint zuerst mit den Anliegen der Reformation des 16. Jahrhunderts verknüpft. Die Reformatoren sahen sich angesichts der theologischen Schultradition einer ganz von der Philosophie her bestimmten Systematisierung des Glaubens gegenüber, sozusagen einer Fremdbestimmung des Glaubens durch ein nicht aus ihm kommendes Denken. Der Glaube erschien dabei nicht mehr als lebendiges geschichtliches Wort, sondern eingehaust in ein philosophisches System. Das sola scriptura sucht demgegenüber die reine Urgestalt des Glaubens, wie er im biblischen Wort ursprünglich da ist. Metaphysik erscheint als eine Vorgabe von anderswoher, von der man den Glauben befreien muß, damit er ganz wieder er selber sein könne. In einer für die Reformatoren nicht vorhersehbaren Radikalität hat Kant mit seiner Aussage, er habe das Denken beiseite schaffen müssen, um dem Glauben Platz zu machen, aus diesem Programm heraus gehandelt. Er hat dabei den Glauben ausschließlich in der praktischen Vernunft verankert und ihm den Zugang zum Ganzen der Wirklichkeit abgesprochen.

Die liberale Theologie des 19. und 20. Jahrhunderts brachte eine zweite Welle im Programm der Enthellenisierung mit sich, für die Adolf von Harnack als herausragender Repräsentant steht. In der Zeit, als ich studierte, wie in den frühen Jahren meines akademischen Wirkens war dieses Programm auch in der katholischen Theologie kräftig am Werk. Pascals Unterscheidung zwischen dem Gott der Philosophen und dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs diente als Ausgangspunkt dafür. In meiner Bonner Antrittsvorlesung von 1959 habe ich mich damit auseinanderzusetzen versucht, und möchte dies alles hier nicht neu aufnehmen. Wohl aber möchte ich wenigstens in aller Kürze versuchen, das unterscheidend Neue dieser zweiten Enthellenisierungswelle gegenüber der ersten herauszustellen. Als Kerngedanke erscheint bei Harnack die Rückkehr zum einfachen Menschen Jesus und zu seiner einfachen Botschaft, die allen Theologisierungen und eben auch Hellenisierungen voraus liege: Diese einfache Botschaft stelle die wirkliche Höhe der religiösen Entwicklung der Menschheit dar. Jesus habe den Kult zugunsten der Moral verabschiedet. Er wird im letzten als Vater einer menschenfreundlichen moralischen Botschaft dargestellt. Dabei geht es Harnack im Grunde darum, das Christentum wieder mit der modernen Vernunft in Einklang zu bringen, eben indem man es von scheinbar philosophischen und theologischen Elementen wie etwa dem Glauben an die Gottheit Christi und die Dreieinheit Gottes befreie. Insofern ordnet die historisch-kritische Auslegung des Neuen Testaments, wie er sie sah, die Theologie wieder neu in den Kosmos der Universität ein: Theologie ist für Harnack wesentlich historisch und so streng wissenschaftlich. Was sie auf dem Weg der Kritik über Jesus ermittelt, ist sozusagen Ausdruck der praktischen Vernunft und damit auch im Ganzen der Universität vertretbar. Im Hintergrund steht die neuzeitliche Selbstbeschränkung der Vernunft, wie sie in Kants Kritiken klassischen Ausdruck gefunden hatte, inzwischen aber vom naturwissenschaftlichen Denken weiter radikalisiert wurde. Diese moderne Auffassung der Vernunft beruht auf einer durch den technischen Erfolg bestätigten Synthese zwischen Platonismus (Cartesianismus) und Empirismus, um es verkürzt zu sagen. Auf der einen Seite wird die mathematische Struktur der Materie, sozusagen ihre innere Rationalität vorausgesetzt, die es möglich macht, sie in ihrer Wirkform zu verstehen und zu gebrauchen: Diese Grundvoraussetzung ist sozusagen das platonische Element im modernen Naturverständnis. Auf der anderen Seite geht es um die Funktionalisierbarkeit der Natur für unsere Zwecke, wobei die Möglichkeit der Verifizierung oder Falsifizierung im Experiment erst die entscheidende Gewißheit liefert. Das Gewicht zwischen den beiden Polen kann je nachdem mehr auf der einen oder der anderen Seite liegen. Ein so streng positivistischer Denker wie J. Monod hat sich als überzeugten Platoniker bezeichnet.

Dies bringt zwei für unsere Frage entscheidende Grundorientierungen mit sich. Nur die im Zusammenspiel von Mathematik und Empirie sich ergebende Form von Gewißheit gestattet es, von Wissenschaftlichkeit zu sprechen. Was Wissenschaft sein will, muß sich diesem Maßstab stellen. So versuchten dann auch die auf die menschlichen Dinge bezogenen Wissenschaften wie Geschichte, Psychologie, Soziologie, Philosophie sich diesem Kanon von Wissenschaftlichkeit anzunähern. Wichtig für unsere Überlegungen ist aber noch, daß die Methode als solche die Gottesfrage ausschließt und sie als unwissenschaftliche oder vorwissenschaftliche Frage erscheinen läßt. Damit aber stehen wir vor einer Verkürzung des Radius von Wissenschaft und Vernunft, die in Frage gestellt werden muß.

Darauf werde ich zurückkommen. Einstweilen bleibt festzustellen, daß bei einem von dieser Sichtweise her bestimmten Versuch, Theologie „wissenschaftlich“ zu erhalten, vom Christentum nur ein armseliges Fragmentstück übrigbleibt. Aber wir müssen mehr sagen: Wenn dies allein die ganze Wissenschaft ist, dann wird der Mensch selbst dabei verkürzt. Denn die eigentlich menschlichen Fragen, die nach unserem Woher und Wohin, die Fragen der Religion und des Ethos können dann nicht im Raum der gemeinsamen, von der so verstandenen „Wissenschaft“ umschriebenen Vernunft Platz finden und müssen ins Subjektive verlegt werden. Das Subjekt entscheidet mit seinen Erfahrungen, was ihm religiös tragbar erscheint, und das subjektive „Gewissen“ wird zur letztlich einzigen ethischen Instanz. So aber verlieren Ethos und Religion ihre gemeinschaftsbildende Kraft und verfallen der Beliebigkeit. Dieser Zustand aber ist für die Menschheit gefährlich: Wir sehen es an den uns bedrohenden Pathologien der Religion und der Vernunft, die notwendig ausbrechen müssen, wo die Vernunft so verengt wird, daß ihr die Fragen der Religion und des Ethos nicht mehr zugehören. Was an ethischen Versuchen von den Regeln der Evolution oder von Psychologie und Soziologie her bleibt, reicht einfach nicht aus.

Bevor ich zu den Schlußfolgerungen komme, auf die ich mit alledem hinaus will, muß ich noch kurz die dritte Enthellenisierungswelle andeuten, die zur Zeit umgeht. Angesichts der Begegnung mit der Vielheit der Kulturen sagt man heute gern, die Synthese mit dem Griechentum, die sich in der alten Kirche vollzogen habe, sei eine erste Inkulturation des Christlichen gewesen, auf die man die anderen Kulturen nicht festlegen dürfe. Ihr Recht müsse es sein, hinter diese Inkulturation zurückzugehen auf die einfache Botschaft des Neuen Testaments, um sie in ihren Räumen jeweils neu zu inkulturieren. Diese These ist nicht einfach falsch, aber doch vergröbert und ungenau. Denn das Neue Testament ist griechisch geschrieben und trägt in sich selber die Berührung mit dem griechischen Geist, die in der vorangegangenen Entwicklung des Alten Testaments gereift war. Gewiß gibt es Schichten im Werdeprozeß der alten Kirche, die nicht in alle Kulturen eingehen müssen. Aber die Grundentscheidungen, die eben den Zusammenhang des Glaubens mit dem Suchen der menschlichen Vernunft betreffen, die gehören zu diesem Glauben selbst und sind seine ihm gemäße Entfaltung.

Damit komme ich zum Schluß. Die eben in ganz groben Zügen versuchte Selbstkritik der modernen Vernunft schließt ganz und gar nicht die Auffassung ein, man müsse nun wieder hinter die Aufklärung zurückgehen und die Einsichten der Moderne verabschieden. Das Große der modernen Geistesentwicklung wird ungeschmälert anerkannt: Wir alle sind dankbar für die großen Möglichkeiten, die sie dem Menschen erschlossen hat und für die Fortschritte an Menschlichkeit, die uns geschenkt wurden. Das Ethos der Wissenschaftlichkeit – Sie haben es angedeutet, Magnifizenz – ist im übrigen Wille zum Gehorsam gegenüber der Wahrheit und insofern Ausdruck einer Grundhaltung, die zu den wesentlichen Entscheiden des Christlichen gehört. Nicht Rücknahme, nicht negative Kritik ist gemeint, sondern um Ausweitung unseres Vernunftbegriffs und -gebrauchs geht es. Denn bei aller Freude über die neuen Möglichkeiten des Menschen sehen wir auch die Bedrohungen, die aus diesen Möglichkeiten aufsteigen und müssen uns fragen, wie wir ihrer Herr werden können. Wir können es nur, wenn Vernunft und Glaube auf neue Weise zueinanderfinden; wenn wir die selbstverfügte Beschränkung der Vernunft auf das im Experiment Falsifizierbare überwinden und der Vernunft ihre ganze Weite wieder eröffnen. In diesem Sinn gehört Theologie nicht nur als historische und humanwissenschaftliche Disziplin, sondern als eigentliche Theologie, als Frage nach der Vernunft des Glaubens an die Universität und in ihren weiten Dialog der Wissenschaften hinein.

Nur so werden wir auch zum wirklichen Dialog der Kulturen und Religionen fähig, dessen wir so dringend bedürfen. In der westlichen Welt herrscht weithin die Meinung, allein die positivistische Vernunft und die ihr zugehörigen Formen der Philosophie seien universal. Aber von den tief religiösen Kulturen der Welt wird gerade dieser Ausschluß des Göttlichen aus der Universalität der Vernunft als Verstoß gegen ihre innersten Überzeugungen angesehen. Eine Vernunft, die dem Göttlichen gegenüber taub ist und Religion in den Bereich der Subkulturen abdrängt, ist unfähig zum Dialog der Kulturen. Dabei trägt, wie ich zu zeigen versuchte, die moderne naturwissenschaftliche Vernunft mit dem ihr innewohnenden platonischen Element eine Frage in sich, die über sie und ihre methodischen Möglichkeiten hinausweist. Sie selber muß die rationale Struktur der Materie wie die Korrespondenz zwischen unserem Geist und den in der Natur waltenden rationalen Strukturen ganz einfach als Gegebenheit annehmen, auf der ihr methodischer Weg beruht. Aber die Frage, warum dies so ist, die besteht doch und muß von der Naturwissenschaft weitergegeben werden, an andere Ebenen und Weisen des Denkens – an Philosophie und Theologie. Für die Philosophie und in anderer Weise für die Theologie ist das Hören auf die großen Erfahrungen und Einsichten der religiösen Traditionen der Menschheit, besonders aber des christlichen Glaubens, eine Erkenntnisquelle, der sich zu verweigern eine unzulässige Verengung unseres Hörens und Antwortens wäre. Mir kommt da ein Wort des Sokrates an Phaidon in den Sinn. In den vorangehenden Gesprächen hatte man viele falsche philosophische Meinungen berührt, und nun sagt Sokrates: Es wäre wohl zu verstehen, wenn einer aus Ärger über so viel Falsches sein übriges Leben lang alle Reden über das Sein haßte und schmähte. Aber auf diese Weise würde er der Wahrheit des Seienden verlustig gehen und einen sehr großen Schaden erleiden. Der Westen ist seit langem von dieser Abneigung gegen die grundlegenden Fragen seiner Vernunft bedroht und könnte damit nur einen großen Schaden erleiden. Mut zur Weite der Vernunft, nicht Absage an ihre Größe – das ist das Programm, mit dem eine dem biblischen Glauben verpflichtete Theologie in den Disput der Gegenwart eintritt. „Nicht vernunftgemäß, nicht mit dem Logos zu handeln ist dem Wesen Gottes zuwider“, hat Manuel II. von seinem christlichen Gottesbild her zu seinem persischen Gesprächspartner gesagt. In diesen großen Logos, in diese Weite der Vernunft laden wir beim Dialog der Kulturen unsere Gesprächspartner ein. Sie selber immer wieder zu finden, ist die große Aufgabe der Universität .
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Edi
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Beitrag von Edi »

Diese Rede von Benedikt XVI. ist von Muslimen kritisiert worden:

http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 40,00.html
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

jakob
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Beitrag von jakob »

Papst Benedikt erscheint mir wie ein einsamer, aber mutiger und mächtiger Verkünder der Wahrheit. Niemand außer ihm hat den Mut, die Dinge wirklich auf den Punkt zu bringen. Entsprechend die Reaktionen. Erinnert mich nun etwas an "Dominus Iesus".

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Uwe Schmidt
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Beitrag von Uwe Schmidt »

Einerseits hat der hl. Vater hier eine gedrängte ideengeschichtliche Analyse der letzten 2000 Jahre im Mittelmeerraum vorgetragen (was kaum jemand besser könnte als er), andererseits kriege ich Bauchweh, wenn er ausgerechnet Kaiser Manuel Paläologus zitiert, der denn Islam als in polemischer Weise als "inhuman" brandmarkt. Zwar stimmt es sogar, dass Mohammed nicht Neues Positives gebracht hat und sogar ein Rückschritt hinter das Christentum war - aber wie kann Benedikt XVI. im gegenwärtigen Klima so das Feuer schüren? An seiner Stelle würde ich mich nicht in die Türkei trauen, da warten sicher schon mehrere Ali Agcas auf ihren großen Auftritt! Und die amerikanischen Kriegstreiber jubeln auch schon: "The pope is with us!"

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Naja dieser Islamangriff ist konstruiert. Was aber die werten Deutschen nicht gecheckt haben ist das die ganze Vorlesung eigentlich auch ein Angrif auf den Protestantismus ist. Aber so ist es leider heute mit den Leuten einen ganzen Satz zu verstehen und zu entstellen und aus dem zusammenhang reisen ist rodern, einen ganzen TExt versuchen zu verstehen, das geht schon über den zeitlichen und geistigen Horizont der meisten "Klappenaufreiser" hinaus.

LG
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Sarrha
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Beitrag von Sarrha »

Könnt ihr mir vielleicht sagen, wer so angeredet wird?

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Ich weiß, ich bin beschämend unwissend .... :ikb_shy:

Magdalena

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holzi
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Beitrag von holzi »

Sarrha hat geschrieben:Könnt ihr mir vielleicht sagen, wer so angeredet wird?

Eminenzen, Magnifizenzen, Exzellenzen

Ich weiß, ich bin beschämend unwissend .... :ikb_shy:

Magdalena
Schau mal hier nach!

jakob
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Beitrag von jakob »

Der Schachzug Seiner Heiligkeit Papst Benedikts ist genial.
Entweder reagieren die Muslime nun so, wie es ihnen Kaiser Palæologos vorwirft - dann geben sie ihm Recht.
Oder sie widerlegen ihn durch friedfertigen Dialog - dann befinden sie sich in einer ähnlichen Lage wie LB Huber, der erst gestern wieder - seit fünf Jahren - der Rheinischen Post begründen musste, warum die Evangelischen doch als Kirche angesprochen werden sollen.

So fängt man Dialoge an! :jump:

Amandus
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Beitrag von Amandus »

Der Vortrag ist brillant. Doch mehr als der Inhalt werden uns die Reaktionen aufgrund von Dekontextualisierung beschäftigen. Wie's aussieht werden in der muslimischen Welt nur Bruchstücke kolportiert, um sich daran in der Selbstempörung aufzuheizen. Ernsthafte Quellenkunde findet nicht statt, sonst könnte wohl kaum soviel Unsinn verzapft werden. Der Thread gehört darum schon jetzt ins Brauhaus verschoben ...

Petra
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Beitrag von Petra »


Uwe Schmidt
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Beitrag von Uwe Schmidt »

FioreGraz hat geschrieben:Naja dieser Islamangriff ist konstruiert. Was aber die werten Deutschen nicht gecheckt haben ist das die ganze Vorlesung eigentlich auch ein Angrif auf den Protestantismus ist. Aber so ist es leider heute mit den Leuten einen ganzen Satz zu verstehen und zu entstellen und aus dem zusammenhang reisen ist rodern, einen ganzen TExt versuchen zu verstehen, das geht schon über den zeitlichen und geistigen Horizont der meisten "Klappenaufreiser" hinaus.

LG
Fiore

Ja, und antisemitisch ist der Vortrag auch noch: der Papst hört ja gar nicht mehr auf, die Vorzüge des griechischen Logos gegenüber dem tumben semitischen (Wüsten-)Glauben mit all seinen unsinnigen Speiseverboten usw. zu preisen! Aber Luther und die "Reformatoren" wollten ja eben alles Hellenistische aus dem Christentum rausschmeißen und zur SOLA FIDES zurück - was eine semitische, und damit eben auch typisch muslimische Haltung ist.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Uwe Schmidt hat geschrieben:Einerseits hat der hl. Vater hier eine gedrängte ideengeschichtliche Analyse der letzten 2000 Jahre im Mittelmeerraum vorgetragen (was kaum jemand besser könnte als er), andererseits kriege ich Bauchweh, wenn er ausgerechnet Kaiser Manuel Paläologus zitiert, der denn Islam als in polemischer Weise als "inhuman" brandmarkt. Zwar stimmt es sogar, dass Mohammed nicht Neues Positives gebracht hat und sogar ein Rückschritt hinter das Christentum war - aber wie kann Benedikt XVI. im gegenwärtigen Klima so das Feuer schüren? An seiner Stelle würde ich mich nicht in die Türkei trauen, da warten sicher schon mehrere Ali Agcas auf ihren großen Auftritt! Und die amerikanischen Kriegstreiber jubeln auch schon: "The pope is with us!"
[right]tmp/ali.bardakoglu.02.jpg[/right]Für solche Konstruktionen gibt der Text der Vorlesung des Heiligen Vaters nun aber gar nichts her, wie auch jener Türke des Lesens nicht kundig zu sein scheint. Ich treffe mal ein paar Feststellungen:

1. Der Heilige Vater hielt eine theologisch-philosophische Vorlesung in akademischem Rahmen. Weder hat er sich lehramtlich geäußert, noch politisch als Staatsoberhaupt. Es sprach der Professor Joseph Ratzinger.

2. Eigentlicher Gegenstand der Vorlesung war auch keineswegs der Islam, sondern eines der Lieblingsthemen Joseph Ratzingers aus den letzten Jahren: das Christentum als die wirkliche Aufklärung.

3. Man kann und sollte Papst Benedikts Regensburger Vorlesung als Fortsetzung eines Vortrags lesen, den er im Jahre 1999 an der Pariser Sorbonne über das Thema »Das Christentum. Der Sieg der Einsicht über die Welt der Religionen« gehalten hat (unbedingt lesen!).

4. Bemerkenswert ist, wie Benedikt erneut die Integration eines „gereinigten“ Platonismus in die christliche Theologie als grundlegend für den Glauben der Kirche betont, durchaus unter Hintansetzung des aristotelisch geprägten Philosophierens, vor allem aber unter deutlicher Kritik an den späteren Tendenzen, für welche er stellvertretend den von seinem Vorgänger noch so geschätzten Johannes Duns Scotus nennt.

5. Was die von muslimischer Seite vorgetragene Kritik an Benedikts Vortrag betrifft, so ist zunächst festzustellen, daß dessen eigentliche Aussage auch nicht im Ansatz verstanden ist. Unabhängig davon ist der Versuch, der Christenheit vorzuschreiben, was sie im theologisch-philosophischen Diskurs äußern und was ihr Lehramt lehren darf, natürlich mit Nachdruck zurückzuweisen. Man wird dabei die Muslime auch darauf hinweisen müssen, daß sie sich mit einem derartigen Konfrontationskurs empfindlich ins eigene Fleisch schneiden.

6. Die gegenwärtige Aufregung in der muslimischen Welt ist gezielt ausgelöst und geschürt worden. Die Methode kennen wir bereits. Es bedarf eines Stichworts und entsprechender propagandistischer Unterfütterung, dann nährt der Aufruhr sich ganz von selber. – Wer aber hat das Stichwort gegeben? Wer ist dieser türkische Religionsamtsleiter? – Kein kemalistischer Lordsiegelbewahrer des Laizismus mehr, wie früher üblich; aber erst [left]tmp/ali.bardakoglu.01.jpg[/left]recht kein „Islamist“. Vielmehr ist der Mann – Ali Bardakoglu heißt er – zwar Muslim, aber doch ein recht „aufgeschlossener“, „westlich“ orientierter, mit Studien- oder Lehraufenthalten in Britannien und Amerika. Und dieser Mann beließ es nicht nur bei der vorgespiegelten Verteidigung des Islam, er ritt auch gleich noch eine Frontalattacke gegen den Kern des Glaubens der Kirche: gegen die Trinität Gottes. Er wollte den Aufruhr der Umma provozieren. Weshalb, darüber kann man bloß spekulieren.

7. Deutsche Medien reiten denselben Gaul in die Schlacht und reiben sich die Hände, Christen und Muslime gegeneinanderhetzen zu können. So der »Spiegel«, der seine Lügen diabolisch geschickt in die vorausgesetzten Pseudo-Tatsachen scheinbar objektiv berichteter Nachrichten verpackt, wenn er etwa wie selbstverständlich von der »Islam-Schelte von Papst Benedikt XVI.« spricht. Was dabei völlig untergeht, ist, was Benedikt eigentlich vermitteln wollte: die Erkenntnis der des eklatanten Defizits an Vernunft, das unsere „westliche“, von der sogenannten „Aufklärung“ her geprägte Kultur kennzeichnet.
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Uwe Schmidt
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Beitrag von Uwe Schmidt »

jakob hat geschrieben:Der Schachzug Seiner Heiligkeit Papst Benedikts ist genial.
Entweder reagieren die Muslime nun so, wie es ihnen Kaiser Palæologos vorwirft - dann geben sie ihm Recht.
Oder sie widerlegen ihn durch friedfertigen Dialog - dann befinden sie sich in einer ähnlichen Lage wie LB Huber, der erst gestern wieder - seit fünf Jahren - der Rheinischen Post begründen musste, warum die Evangelischen doch als Kirche angesprochen werden sollen.

So fängt man Dialoge an! :jump:

Na klasse.....so kann man auch den III. Weltkrieg entfachen!

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Edi
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Beitrag von Edi »

Gerade hat der Deutschlandfunk berichtet, dass Herr Bardakoglu eingeräumt habe, den Text der Rede des Papstes selber nicht gelesen zu haben, sondern nur Presseerklärungen.

http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 92,00.html
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

Christian
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Beitrag von Christian »

Edi hat geschrieben:Gerade hat der Deutschlandfunk berichtet, dass Herr Bardakoglu eingeräumt habe, den Text der Rede des Papstes selber nicht gelesen zu haben, sondern nur Presseerklärungen.

http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 92,00.html
Hast du denn etwas anderes erwartet? Es geht hier ganz einfach darum uns Christen grenzen aufzuzeigen , welche wir bei einer diskussion nicht verlassen dürfen. Herr Bardakoglu und andere haben erkannt wie gefährlich eine offen Diskussion über Religion sein kann. Werden alle Argumente der christlichen Lehre in den islamischen Staaten unzensiert vermittelt und wird der übertritt zum Christentum nicht mehr bestraft , würden sich Millionen bekehren.

Gruß ,

Christian
Erst das Lazarett zeigt was Krieg ist.
Erich Remaque

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Der Heilige Stuhl sollte umgehend arabische, iranische und türkische
Übersetzungen der Regensburger Vorlesung Benedikts sowie auch
seiner während der Bayernfahrt gehaltenen Predigten anfertigen und
weltweit aktiv über Nuntien, Presse, Rundfunk und Internet verbrei-
ten.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Walter
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Beitrag von Walter »

... und dafür sorgen, dass die Menschen in diesen Ländern auch lesen lernen.
γενηθήτω το θέλημά σου·

jakob
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Beitrag von jakob »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Der Heilige Stuhl sollte umgehend arabische, iranische und türkische
Übersetzungen der Regensburger Vorlesung Benedikts sowie auch
seiner während der Bayernfahrt gehaltenen Predigten anfertigen und
weltweit aktiv über Nuntien, Presse, Rundfunk und Internet verbrei-
ten.
Und die werden dann wegen Verbreitung unislamischen Gedankenguts eingekerkert.
Am besten ziehen sich die islamisten zurück und denken darüber nach, ob der byzantinische Kaiser Manuel II ggf. doch Recht hatte.

Petra
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Beitrag von Petra »

Wir sollten nicht überheblich werden. Wenn man sich so Meinungsäußerungen von manchen katholischen Normalo-Schafen betrachtet, dann ist es da mit der Nunft auch nicht weit her.

Also wenn Papst Benedikt die Reaktionen gewollt hatte, was ich mir kaum vorstellen kann, dann Gratulation. Wenn er sie nicht wollte, dann sollte er seine Personalpolitik mal überdenken. Höchstwahrscheinlich war keiner seiner Berater fähig oder Manns genug ihn auf die eventuellen Folgen hinzuweisen.

Und ausgerechnet der Spiegel wird hier immer wieder als Quelle rangezogen. :nein:

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Also wenn Papst Benedikt die Reaktionen gewollt hatte, was ich mir kaum vorstellen kann, dann Gratulation. Wenn er sie nicht wollte, dann sollte er seine Personalpolitik mal überdenken. Höchstwahrscheinlich war keiner seiner Berater fähig oder Manns genug ihn auf die eventuellen Folgen hinzuweisen.
JEder mit auch nur einen Hauch von Verstand sieht das die Angriffe jeder Grundlage entbehren. Im Gegenteil wenn die Leute nurmehr auf der Lauer liegen und warten, kann der Papst sagen was er will sie werde immer was finden. Ich finde es im übrigen ganz nützlich weil viele jetzt ihre wahre Toleranz-Fratze zeigen.

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
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Edi
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Beitrag von Edi »

Petra hat geschrieben:
Und ausgerechnet der Spiegel wird hier immer wieder als Quelle rangezogen. :nein:
Auch andere Presseorgane berichten das wie ich schrieb, z.B. der Deutschlandfunk, auch die Tagesschau.
Ich bin ansonsten auch kein besonderer Freund vom Spiegel.
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Petra
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Beitrag von Petra »

Hier scheint ein ganz guter Bericht zu sein: Frankfurter Rundschau-Link

Übrigens würde mich die Interpretation der Vorlesung interessieren. Denn ich habe nicht alles so ganz verstanden. - Vor allem das mit der Vernunft in den theol. Strömungen nicht. (Am liebsten wärs mir zeilenweisen, immer ein Absatz und dann erklärt.) Oder Theologen, die man fragen könnte, was denn z.B. Thomismus bedeutet. Und zum Kern der Aussage, oder meinetwegen schon zur Basis, was z.B. Vernunft im philosophischen Diskurs genau heißt. Und Blasphemisches oder Papstphlemisches noch: wie kann man Gottes Handeln als vernünftig bezeichnen, wo man auch als Kluger einiges von Gott nicht versteht? Gott beugt sich doch nicht überall dem menschlichen Verstehen, oder?

Naja, jetzt ist es eben als die Islam-Gewalt-Rede abgeschrieben.

Petra
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Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 19:30

Beitrag von Petra »

FioreGraz hat geschrieben:Ich finde es im übrigen ganz nützlich weil viele jetzt ihre wahre Toleranz-Fratze zeigen.
Keine Ahnung was genau mit "Toleranz-Fratze" gemeint ist. Aber es klingt nicht vernünftig. 8)

Ihr betet doch hoffentlich auch für die Christen in diesen Ländern?

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Edi
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Beitrag von Edi »

Petra hat geschrieben:.... wie kann man Gottes Handeln als vernünftig bezeichnen, wo man auch als Kluger einiges von Gott nicht versteht? Gott beugt sich doch nicht überall dem menschlichen Verstehen, oder?
Aber in vielem ist Gottes Handeln von uns Menschen als sehr vernünftig zu erkennen. Dennoch bleiben aber immer noch nichtverstehbare Dinge, die sich nur dem Glauben erschliessen, und selbst der muss oft in einem Staunen und Anbeten verharren und kann es nicht begreifen.

Ich habe seine Rede auch nicht in allem verstanden, da ich die genaue Bedeutung mancher Begriffe nicht kenne. Dazu muss man Theologe oder Philosoph oder wenigstens sehr an beidem interessiert sein. Aber seine Vorlesung hat sich ja auch an Studenten und Mitglieder der dortigen theologischen Fakultät gerichtet.

Ein Kommentar


P.S.: Im Zusammenhang mit Luther habe ich hier schon einmal gefragt, was thomistisch und ockhamistisch ist, nur hat damals niemand geantwortet.
Zuletzt geändert von Edi am Samstag 16. September 2006, 13:26, insgesamt 1-mal geändert.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Walter hat geschrieben:… und dafür sorgen, daß die Menschen in diesen Ländern auch lesen lernen.
Ähm, kann es sein, daß ich hier einen gewissen, leider völlig
unbegründeten europäischen Hochmut heraushöre?

»Paulus schrieb den Irokesen:
Euch schreib ich nicht, lernt erst mal lesen!«

Informier dich ruhig mal über Bildungssysteme in mehrheitlich islami-
schen Ländern. Die Lage ist sehr unterschiedlich. Der Iran beispielshal-
ber hat gegenüber den Zeiten des Schah-Régimes gewaltige Fortschritte
gemacht. Ähnlich sieht es in Libyen aus, auch in Malaisien oder Indo-
nesien; eher schlecht dagegen in Marokko und Ägypten, ganz übel in
Pakistan und Afghanistan. Dagegen sind Länder wie Tadschikistan und
Usbekistan praktisch vollständig alphabetisiert.
Petra hat geschrieben:Also wenn Papst Benedikt die Reaktionen gewollt
hatte, was ich mir kaum vorstellen kann, dann
Gratulation. Wenn er sie nicht wollte, dann sollte er
seine Personalpolitik mal überdenken. Höchstwahr-
scheinlich war keiner seiner Berater fähig oder
Manns genug ihn auf die eventuellen Folgen hinzu-
weisen.
Ich kann in seiner Vorlesung nichts entdeckung, was man nicht sagen
dürfte und was irgendeine Kritik rechtfertigte. Das ganze ist eine Insze-
nierung.
Fiore hat geschrieben:Jeder mit auch nur einen Hauch von Verstand sieht,
daß die Angriffe jeder Grundlage entbehren.
Genau.
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Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Fiore hat geschrieben:Jeder mit auch nur einen Hauch von Verstand sieht,
daß die Angriffe jeder Grundlage entbehren.
Genau.
Das ist doch immer so - wenn man einen Vorwand sucht, um was anzuzetteln, dann findet man ihn. Hätte es nicht Proteste gegeben, mir wäre nicht zu Protestieren Würdiges aufgefallen...
:hmm: :nein:
User inaktiv seit dem 05.06.2018.
Ihr seid im Gebet ... mal schauen, ob/wann ich hier wieder reinsehe ...

jakob
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Beitrag von jakob »

Der Papst drückt nun sein Bedauern aus.
Bin mal gespannt, ob die Beleidigten nun genauso ungenau im Verstehen sind, und daraus eine Entschuldigung stricken.

Im Übrigen geht es hier wohl nicht mehr so sehr um die Fragen der Abgrenzung von Vernunft, Verstand oder Klugheit, sondern plump um die Frage, ob man auf Unwohlsein mit Gewalt reagiert, selbst wenn man nix kapiert hat.

diluculum
Beiträge: 81
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Beitrag von diluculum »


jakob
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Beitrag von jakob »

diluculum hat geschrieben:Benedikt XVI. entschuldigt sich.
:roll:

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Maria Magdalena
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Registriert: Donnerstag 7. Juli 2005, 18:23
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Beitrag von Maria Magdalena »

Wenn sich nun der heilige Vater "entschuldigt " hat und darauf hingewiesen hat " dass man ihm falsch verstanden hat", was kommt dann? Wenn auch dieses nicht "richtig verstanden" wird oder nicht richtig verstanden werden will? Muß dann der heilige vater im Büssergewand nach Mekka gehen, damit keine christlichen kirchen mehr angezündet werden oder was ?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Diluculum hat geschrieben:Benedikt XVI. entschuldigt sich.
Exiit diluculum fraudem prolaturum …

Das ist unwahr. Der Papst hat durch den neuen Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone sein tiefes Bedauern darüber zum Ausdruck bringen lassen, daß seine Aussagen derart verdreht wurden, um es mal auf den Punkt zu bringen.
[/color]
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Christian
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Beitrag von Christian »

Ich hatte heute morgen ein interessantes Gespräch. Mein Gesprächspartner war der Meinung, das der Papst es von seinem Intellekt her die Reaktionen vorrausgesehen hat und das Zitat von Manuel II bewußt einsetzte um die Moslems zum Dialog zu zwingen. Mein Gesprächspartner ( christl. Iraker) war weiterhin der Meinung das es das Ziel war das Heft über einen religiösen Dialog in die Hand zu bekommen , denn jetzt wäre es im Umkehrschluß so , das die Moslems beweisen müssten das Mohamed nicht durch das Schwert missionierte. Was haltet ihr davon ?

Zitat aus der Rede :
“In diesen großen Logos, in diese Weite der Vernunft laden wir beim Dialog der Kulturen unsere Gesprächspartner ein. Sie selber immer wieder zu finden, ist die große Aufgabe der Universität.“
Erst das Lazarett zeigt was Krieg ist.
Erich Remaque

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