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Humanismus und Katholizismus = Gegensätze?

Verfasst: Donnerstag 5. Januar 2006, 18:56
von Staumelder
Während der Katholizismus wohl eher für "Gemeinwohl vor Eigenwohl" oder noch besser "Eigenwohl durch Gemeinwohl" steht, meint der Humanismus wohl eher "Eigenwohl vor Gemeinwohl". Korrigiert mich bitte, wenn ich da völlig falsch liege. Meine Frage ist nun, ob sich Katholizismus (oder allgemein Christentum) und Humanismus ausschließen.
Außerdem werfe ich die Begriffe "Humanismus" und "Liberalismus" oft durcheinander. Die beiden Begriffe sind sich inhaltlich doch sehr ähnlich. Kann man sagen, dass der Humanismus eher eine Weltanschuung und der Liberalismus eine politische Richtung darstellt?
Danke schon jetzt für die Antworten.

Verfasst: Donnerstag 5. Januar 2006, 19:25
von Knecht Ruprecht
Es gibt nichts bessere für die auf der Welt lebenden Menschen als den Katholizismus. Der Humanismus ist einfach eine Parallel-was auch immer, so wie die EKD. Schlecht nachgemacht und sehr defizitär.

Verfasst: Donnerstag 5. Januar 2006, 19:44
von FioreGraz
Hi beides ist nicht schlecht

Liberalismus lehrt eigentlich das der Mensch als Individuum frei ist, un der Staat nur dort eingriefen darf wo die freieheit eines anderen bedroht ist.

Humanismus befasst sich mit den Wertevorstellungen besonders auf das Individuum gemünzt. Wobei es hier unzählige Strömungen gibt. Was wir heute allgemein unter Humanismus verstehen zeichnete sich bereits bei Anselm von Canterburry ab, bis zu einem Thomas Morus oder Erasmus von Rotterdam (also alle gut katholisch, sind ja immerhin 2 Heilige drunter)

LG
Fiore

Verfasst: Donnerstag 5. Januar 2006, 19:49
von 70er
Ich stelle mir diese Frage zuweilen auch. Und wenn ich es historisch betrachte, so fällt mir immer wieder auf, daß gerade auch bedeutende Humanisten tiefreligiöse und überzeugte Christen waren, siehe so z.B. Erasmus v. Rotterdam. Man müßte vielleicht schon von überzeugten Katholiken sprechen; im Gegensatz zur damalig aufkommeden "Antibewegung" (siehe Jan Hus) und der folgenden Reformation.

So hat es eben auch in der Zeit der Renaissance, und diese meine ich hier als Wiege des klassischen Humanismus, solche Gestalten wie Agrippa von Nettesheim gegeben. Und katholische Kabbalisten etc etc.

Ich meine, Humanismus und Christentum schließen sich absolut nicht aus; sind vielmehr zwei Bereiche und Lebenshaltungen, die, wenn man sie zusammen zu bringen versteht, sich eher ergänzen denn stören.

Verfasst: Donnerstag 5. Januar 2006, 20:18
von Staumelder
Liberalismus und Christentum schließen sich meiner Meinung nach gegenseitig aus. Zwar spricht man v. a. in bestimmten Sparten des Protestantismus von "liberalen Christen". Doch finde ich, sollte man in diesen Fällen lieber von "christlichen Liberalen" sprechen. Dennoch, alles in allem schließen sich Liberalismus und Christentum aus.

Der Humanismus beschäftigt sich mit Werten? Das können je nach Person durchaus christliche Werte sein. Müssen sie aber nicht. Der Humanismus geht doch davon aus, dass das Indiviuum sich seine eigenen Werte, nach Befragung des Gewissens, beschafft. Gottes Gebote und die christliche Moral gelten aber für JEDEN Menschen. Also müssten sich Humanismus und Christentum doch auch wesentlich widersprechen.

Soweit meine Schlussfolgerung.

Verfasst: Donnerstag 5. Januar 2006, 20:53
von Linus
Welchen Liberalismus meinst du?
Den heute gängigen, oder den Ursprünglichen christlich Geprägten ( etwa Sankt Thomas Morus, Erasmus v. Rotterdam?) Heute wird manchmal mit Liberalität das gemeint was Morus vertreten hat iGGs zu Liberalismus heutiger konnotation.

Ich empfehle dir einerseits den Syllabus der Liberalismus aburteilt (genauso wie den Sozialismus) und darüber hinaus die Lektüre der Sozialenzykliken: Rerum Novarum, Quadragesimo anno, Mater et magistra, Populorum progresso, Laborem exercens, centesimus annus um nur einige zu nennen.

Verfasst: Donnerstag 5. Januar 2006, 21:23
von FioreGraz
Der Humanismus geht doch davon aus, dass das Indiviuum sich seine eigenen Werte, nach Befragung des Gewissens, beschafft.
Das ist nichts Antikatholisches oder gar Antichristliches im Gegenteil

LG
Firoe

Re: Humanismus und Katholizismus = Gegensätze?

Verfasst: Freitag 6. Januar 2006, 02:04
von Uwe Schmidt
Staumelder hat geschrieben:Während der Katholizismus wohl eher für "Gemeinwohl vor Eigenwohl" oder noch besser "Eigenwohl durch Gemeinwohl" steht, meint der Humanismus wohl eher "Eigenwohl vor Gemeinwohl". Korrigiert mich bitte, wenn ich da völlig falsch liege. Meine Frage ist nun, ob sich Katholizismus (oder allgemein Christentum) und Humanismus ausschließen.
Außerdem werfe ich die Begriffe "Humanismus" und "Liberalismus" oft durcheinander. Die beiden Begriffe sind sich inhaltlich doch sehr ähnlich. Kann man sagen, dass der Humanismus eher eine Weltanschuung und der Liberalismus eine politische Richtung darstellt?
Danke schon jetzt für die Antworten.


Überhaupt nicht, lieber Staumelder, waren doch die Renaissance-Päpste die ersten Förderer des christlichen Humanismus! Der ehemalige Quäker Lyndon H. Larouche möchte sogar, dass die gesamte westliche Zivilisation zurück zum Modell des Florentiner Konzils findet, auf dem ein christlicher Humanismus beschlossen wurde. Man kann das nur unterstützen, so tritt Larouche auch für gründliche humanistische (aber natürlich auch mathematisch-naturwissenschaftliche) Bildung ein.

Verfasst: Freitag 6. Januar 2006, 02:09
von Uwe Schmidt
FioreGraz hat geschrieben:Hi beides ist nicht schlecht

Liberalismus lehrt eigentlich das der Mensch als Individuum frei ist, un der Staat nur dort eingriefen darf wo die freieheit eines anderen bedroht ist.

Humanismus befasst sich mit den Wertevorstellungen besonders auf das Individuum gemünzt. Wobei es hier unzählige Strömungen gibt. Was wir heute allgemein unter Humanismus verstehen zeichnete sich bereits bei Anselm von Canterburry ab, bis zu einem Thomas Morus oder Erasmus von Rotterdam (also alle gut katholisch, sind ja immerhin 2 Heilige drunter)

LG
Fiore


So sehr ich Anhänger des christlichen Humanismus bin, so sehr verabscheue ich den Liberalismus, der nämlich am Ende nur auf das Recht des Stärkeren hinausläuft. Ist dir überhaupt klar, was Liberalismus in letzter Konsequenz bedeutet? Staat auf Sparflamme,
den Reichen zu Diensten, keine Sozialleistungen mehr, jeder kann tun und lassen, was er will, solange er nicht gerichtlich belangt wird (und wer kauft die Gesetze? Na die, die es bezahlen können), Sittenverderbnis und Unterdrückung der Armen und Schwachen, Sozialdarwinismus pur! Das kannst du doch nicht wollen, lieber FioreGraz?

Verfasst: Freitag 6. Januar 2006, 02:13
von Uwe Schmidt
Staumelder hat geschrieben:Liberalismus und Christentum schließen sich meiner Meinung nach gegenseitig aus. Zwar spricht man v. a. in bestimmten Sparten des Protestantismus von "liberalen Christen". Doch finde ich, sollte man in diesen Fällen lieber von "christlichen Liberalen" sprechen. Dennoch, alles in allem schließen sich Liberalismus und Christentum aus.

Der Humanismus beschäftigt sich mit Werten? Das können je nach Person durchaus christliche Werte sein. Müssen sie aber nicht. Der Humanismus geht doch davon aus, dass das Indiviuum sich seine eigenen Werte, nach Befragung des Gewissens, beschafft. Gottes Gebote und die christliche Moral gelten aber für JEDEN Menschen. Also müssten sich Humanismus und Christentum doch auch wesentlich widersprechen.

Soweit meine Schlussfolgerung.


Also der Humanismus kommt natürlich aus der heidnischen Antike, aber die kath. Kirche hat ja schon in ihrer zweiten Phase, schon bevor sie römische Staatskirche geworden war, so ziemlich alles aus der griechischen Philosophie in ihre Lehre integriert, was sich mit dem Christentum vereinbaren ließ. Später, ab dem 12./13.Jh., durch die Aristoteles-Rezeption in Süditalien (Thomas von Aquin), kam es dann zum christlichen Humanismus, denn man - wie ich finde - nur unterstützen kann. Unchristlicher Humanismus ist natürlich abzulehnen, da bin ich ganz bei dir.