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Bei der Auftaktveranstaltung sollte nun also über Dostojewskis Satz über die allgemeine Zügellosigkeit ohne Gott gestritten werden, aber der Streit wollte sich nicht einstellen. Denn auch Schnädelbachs Gegenüber, der bekennende Katholik und renommierte Soziologe Hans Joas, wollte Dostojewski nicht gelten lassen: Dessen Aussage sei ebenso apodiktisch wie jene, die Religionen seien sowieso zum Aussterben verdammt. Selbstverständlich gebe es auch Moral und Werte ohne religiöse Begründung.
Auf dem Podium ging es derweil sanft hin und her, Joas forderte eine Art Allianz der gläubigen und ungläubigen Universalisten gegen die gläubigen und ungläubigen Partikularisten: Jene, die für die Allgemeingültigkeit der Werte eintreten, sollen den Ton angeben, ob sie das religiös oder rational begründen, ist demnach zweitrangig.
Und natürlich geht es nicht ohne den altbekannten Stürmer-Stil:Überhaupt konnte man den Eindruck bekommen, dem Vatikan sei ein gepflegter Atheist lieber als einer, der sich seine Weltanschauung beliebig im Supermarkt der Religionen zusammensucht: Der Atheist weiß wenigstens genau, was er verleugnet.
Fazit:"Schnädelbach, der sich selbst als "frommen Atheisten" bezeichnet, berichtete dann noch, dass er manchmal jemandem danken wolle oder sich beschweren - aber da sei niemand. Fast wirkte er ein wenig traurig dabei. Die zahlreichen Katholiken im Raum hätten ihn sicher gerne getröstet und in die Arme ihrer Kirche aufgenommen, was den Kardinal Ravasi dann wohl dazu veranlasst hätte, sich einmal mehr selbstzufrieden über das goldene Kreuz zu streichen, das vor seinem Bauch baumelte. Eine sehr gelungene Veranstaltung. Jedenfalls im Sinne des Vatikans.
"Wenn es keinen Gott gibt, ist alles erlaubt"? Dass sich in der katholischen Priesterschaft manche auch mit Gott ziemlich vieles erlauben, darüber wurde leider überhaupt nicht gesprochen."