Blind fuer Leiden?

Allgemein Katholisches.
max72
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Blind fuer Leiden?

Beitrag von max72 »

Wir diskutieren im anderen thread ja, warum Gott soviel Leid zulassen kann. Der Artikel unten hat mich sehr bewegt, weil er mir klar macht, dass noch viel mehr Tod und Leiden ganz alltaeglich ist. Und dass sich darum keiner kuemmert. Wo ist hier das Entsetzen? Wo ist hier der Schrei "wo ist Gott"?

Brauchen wir spektakulaere Bilder um aus unserem Tiefschlafg aufzuwachen? Denkt noch jemand an Asien in zwei Monaten? Warum sind wir alle so gleichgueltig und blind? Was man tun kann weiss ich ja auch nicht, man fuehlt sich so hilflos gegenueber all dem...

Food for thought:
When grieving victims intrude onto our TV screens, we dig into our pockets and provide the massive, heartwarming response that we're now displaying in Asia; the rest of the time, we're tightwads who turn away as people die in far greater numbers. The 150,000 or so fatalities from the tsunami are well within the margin of error for estimates of the number of deaths every year from malaria. Probably two million people die annually of malaria, most of them children and most in Africa, or maybe it's three million - we don't even know.
But the bottom line is that this month and every month, more people will die of malaria (165,000 or more) and AIDS (240,000) than died in the tsunamis, and almost as many will die because of diarrhea ( 140,000).
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 44,00.html

Der ganze Artikel ist wert zu lesen.

Max

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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max72
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Beitrag von max72 »

Juergen hat geschrieben:Ich findet - mit Verlaub - das ganze Gezeter verlogen.

Jetzt sind über 100.000 Menschen gestorben.
Aber warum regt man sich jetzt auf?
Warum jetzt Trauerbeflaggung?
Warum jetzt das große Betroffensein?
Etwa weil unter den Toten einige Hundert Westeuropäer sind, und einigen die Sache persönlich nahegeht?

Jeden Tag verhungern run 25.000 Kinder, das sind in einer Woche weit mehr als bei dieser Flut umgekommen sind.
Und regt sich einer darüber auf?
Nein!

Einige hunderttausend Kinder werden allein in Dtl. Jahr für Jahr noch vor der Geburt getötet.
Und regt sich einer darüber auf?
Nein, mehr noch: in diesem Fall könnte für jeden getöteten Menschen ein "Schuldiger" gefunden werden.
Wird nach dem Schuldigen gesucht?
Nein!

Aber bei einer Flutwelle meinen einige Gott auf die Anklagebank zerren zu können.


Absurd!
Heuchlerisch!
Verlogen!
Hi Juergen,

hab ich nicht gesehen, und ist in dem anderen thread dann auch untergegangen wie mir scheint.

Ist, finde ich, eine Diskussion wert. Warum reagieren wir nicht auf das ganz alltaegliche Leiden? "Wie eine traege Herde Kuehe, schaun wir kurz auf und grasen dann gemuetlich weiter..." wie Groenemeyer treffend singt...

Max

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Ich würde sagen, das ist das Phänomen des "Kollektivtods", welches "betroffen" macht.

Wenn 200 Menschen bei einem Flugzeugabsturz sterben oder auch "nur" 20 Menschen bei einem Busunglück ums Leben kommen, gibt es ein großes "Ach" und "Weh" und "Mein Gott wie schlimm"; wenn aber nach offiziellen Angaben es z.B. im Jahre 2003 allein in Dtl. 128.000 Abtreibungen gegeben hat (Quelle) , also rund 350/Tag, dann ist das etwas, was keiner wirklich mitbekommt, es fehlt das Phänomen des "Kollektivtods", daß eben viele Leute in kurzer Zeit an ein und demselben Ort sterben.

Von daher ist es richtig, was Du schreibst bzw. fragst:
Ja, die Menschen brauchen "spektakuläre Bilder" oder Ereignisse, um auf den Tod aufmerksam zu werden.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Norbert
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Beitrag von Norbert »

ich will meinen Vorrednern gar nicht wiedersprechen, aber könnte
das ein Mensch überhaupt ertragen, ständig das ganze Leid der Welt vor Augen zu haben ??Es ist ja schon schwer, die Not und das
Leiden in der unmittelbaren Umgebung wahrzunehmen.
Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme Dich
meiner.

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Edi
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Beitrag von Edi »

Juergen hat geschrieben:Ich würde sagen, das ist das Phänomen des "Kollektivtods", welches "betroffen" macht.

Wenn 200 Menschen bei einem Flugzeugabsturz sterben oder auch "nur" 20 Menschen bei einem Busunglück ums Leben kommen, gibt es ein großes "Ach" und "Weh" und "Mein Gott wie schlimm"; wenn aber nach offiziellen Angaben es z.B. im Jahre 2003 allein in Dtl. 128.000 Abtreibungen gegeben hat (Quelle) , also rund 350/Tag, dann ist das etwas, was keiner wirklich mitbekommt, es fehlt das Phänomen des "Kollektivtods", daß eben viele Leute in kurzer Zeit an ein und demselben Ort sterben.

Von daher ist es richtig, was Du schreibst bzw. fragst:
Ja, die Menschen brauchen "spektakuläre Bilder" oder Ereignisse, um auf den Tod aufmerksam zu werden.
Die spektakulären Bilder von abgetriebenen Kindern fehlen auch. Das unterlässt die Presse lieber. Die Kirche auch.

Das Massenphänomen an einem Ort zur gleichen Zeit ist, wie du sagst, wichtig. Kommt eine Firma mit 1000 oder noch mehr Leuten nahe an den Konkurs und drohen Massenentlassungen, schaltet sich der Bundeskanzler ein und macht die Presse Wind. Gehen aber gleichzeitig 100 kleine Firmen mit je 10 Mitarbeitern bankrott, interessiert das niemand. 100 Firmen mit je 10 Mitarbeitern machen zusammen aber auch 1000 Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz verlieren.

max72
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Registriert: Montag 10. November 2003, 16:42

Beitrag von max72 »

Norbert hat geschrieben:ich will meinen Vorrednern gar nicht wiedersprechen, aber könnte
das ein Mensch überhaupt ertragen, ständig das ganze Leid der Welt vor Augen zu haben ??Es ist ja schon schwer, die Not und das
Leiden in der unmittelbaren Umgebung wahrzunehmen.
Vielleicht wuerde man da ja dann etwas tun. Aber mir scheint viele wuerden gerne etwas tun und wissen nicht was. Man fuehlt sich hilflos.

Wollen wir oft zuviel? Man will etwas tun, was die ganze Welt veraendert. Das was man selbst tun kann sieht aus wie ein Tropfen auf den heissen Stein. Aber doch ist es wohl das einzige was man tun kann. Als Mutter Teresa in Indien anfing hat sie das denkbar einfachste getan, den "naechstbesten" kranken auf der Strasse aufgenommen. Klingt so einfach. Wir wuerden an der Person vorbeigehen und verzweifelt sagen "was soll ich denn tun?"

Irgendwie seltsam... Ich gehe ja jetzt auch nicht raus und helfe dem "erstbesten" der auf der Strasse liegt... warum nicht? Aber wie in dem Artikel geschrieben, wenn man sieht dass es winzigste Betraege bedarf um Leid und Not zu vermindern, dann bekommt man den Eindruck, dass die Menschheit eigentlich nicht wirklich interessiert ist etwas zu aendern.

Irgendwie erinnert es an Lazarus und den reichen Mann (Lukas 16:19-31) auf globalem Niveau...

Gruss

Max

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