Die sieben Tod-Tugenden

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Erich
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Die sieben Tod-Tugenden

Beitrag von Erich »

Dorothy L. Sayers schreibt:

Frage: Was sind die Sieben christlichen Tugenden?

Antwort:
Anständigkeit, kindisches Gehabe, geistige Ängstlichkeit, Langweiligkeit, Sentimentalität, Kritiksucht und Mutlosigkeit.


Ich glaube auch, daß diese Antwort ziemlich genau das trifft und daran haben die Rechtgläubigen selbst schuld. Immer wenn ein durchschnittlicher Christ in einem Roman oder einem Theaterstück vorkommt, dann wird er mit großer Wahrscheinlichkeit gerade eine der oben aufgeführten sieben Tod-Tugenden ausüben. Und ich fürchte, daß der durchschnittliche Christ in der Welt solch einen Eindruck hinterläßt.

Frage: Hat sie recht??
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

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Erich
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Beitrag von Erich »

Vielleicht folgen wir Jesus Christus nicht in allen Stücken oder mit der richtigen Einstellung. Wir neigen z. B. dazu, mit den Palmen und den Hosiannas etwas sparsam zu sein. Wir schwingen nicht gern die Geißel aus Stricken, weil wir ja jemanden verletzen oder ihm das Geschäft verderben könnten. Wir strengen unseren Verstand nicht an, um verzwickte Fragen von Sonntagsheiligung und Steuerzahlungen zu lösen; auch eilen wir nicht, um den Gelehrten zu Füßen zu sitzen, ihnen zuzuhören und Fragen zu stellen.

Schnell überhören wir die beunruhigenden Scherze darüber, wie man sich mit dem ungerechten Mammon Freunde macht, und die alarmierenden Bemerkungen, daß Jesus das Schwert und nicht den Frieden bringen wollte. Auch fallen wir nicht besonders auf durch die Liebenswürdigkeit, mit der wir bei den Zöllnern und Sündern zu Tische sitzen.

Irgendwie stellen wir, obwohl wir die besten Absichten von der Welt haben, den typischen Christen dar, der sehr viel Ähnlichkeit mit einem fürchterlich übellaunigen Langweiler hat — und das alles im Namen dessen, der mit Sicherheit niemals in den dreißig Jahren seines irdischen Daseins einen einzigen Menschen gelangweilt hat.

Laßt uns um Himmels willen das Göttliche Drama hervorziehen unter der schrecklichen Anhäufung schlampigen Denkens und kitschiger Gefühle und es wieder auf die Bühne bringen, um die Welt zu schockieren und zu irgendeiner Form von kräftiger Reaktion zu bewegen. Wenn die Frommen die ersten sind, die erschreckt werden, um so schlimmer für sie — dann werden andere vor ihnen in das himmlische Königreich eingehen. Wenn alle Menschen an Jesus Christus Anstoß nehmen, dann sollen sie es tun; aber wo liegt der Sinn, wenn sie an etwas Anstoß nehmen, das mit Jesus Christus gar nichts zu tun hat?

Wir machen ihm wirklich wenig Ehre, wenn wir ihn zu einer verweichlichten Person degradieren, die keiner Fliege etwas zuleide tut. Es ist doch wohl die Aufgabe der Kirche, nicht Jesus den Menschen anzugleichen, sondern die Menschen Jesus anzugleichen.
(ebenfalls Dorothy L. Sayers)
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

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Fichtel-Wichtel
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Beitrag von Fichtel-Wichtel »

Dann hab ich nur eine Tugend! Die der Anständigkeit!
Wurde mir jedanfalls bereits vorgeworfen nur mit anderen Worten, ich sei Repräsentant von alten Werten und Normen, was die betreffende Person auch immer darunter verstehen mag.

Also die anderen Tugenden hab ich net, und bin trotzdem Katholisch,nur halt nicht so wie oben beschrieben.

Gruß,
Elisabeth

uli
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Beitrag von uli »

Apropos „Langweiligkeit“ - noch ein Zitat von Dorothy L. Sayers (1893–1957, engl. Schriftstellerin, Krimiautorin, christliche Humanistin):
„Man versichert uns dauernd, die Kirchen seien darum so leer, weil die Prediger zuviel Gewicht auf die Lehre legten: auf das „langweilige Dogma“, wie man zu sagen pflegt. Man lasse mich einmal sagen, dass genau das Gegenteil wahr ist; es ist die Vernachlässigung des Dogmas, die die Predigten so langweilig macht.“

Ähnlich hört es sich bei dem evangelischen Theologen Helmut Thielicke (1908–1986) an:
„Betrachtet man die Gespräche Jesu, so enden sie stets in einer Verhaftung, in einer jähen Beendigung des Zirkulären. Sie enden an der steilen Wand einer Botschaft, die durch keinen Umweg ausgespart werden kann.
Ich meine, man werde dem Suchenden nur gerecht, wenn man ihm keine Illusion darüber ließe, daß es diese steile Wand gibt und daß vor ihr die Entscheidung fällt. Er muß vor die granitene Größe einer Botschaft geführt werden. ... Hier ist kein billiges Planieren von Wegen mehr möglich. Hier geht es nicht um die Unverbindlichkeiten eines „Wesens des Christentums“, sondern hier geht es um brutale Fakten: um das „Geboren von der Jungfrau Maria", um das „Niedergefahren zur Hölle" und um die „Auferstehung des Fleisches". Entweder es gelingt hier, sichtbar zu machen, daß uns das angeht, von allen Seiten umstellt und einkreist, oder aber es gelingt nirgends. Hie Rhodos, hie salta! Hier muß Farbe bekannt werden.
Ich habe den Eindruck, daß gerade die ehrlichen und aufgeschlossenen Zeitgenossen im Grunde nichts dringlicher wünschen, als daß in diesem Sinne Farbe „bekannt“ wird. Man möchte ja im Grunde gar keine Spezialtraktate für die armen Neuheiden und faustischen Sucher, in denen die Botschaft mit Chemikalien vermischt wird, durch die sie genießbar gemacht werden soll. Die Lebendigsten unter uns sind von der Leidenschaft zur Substanz bestimmt. ...
Ich bin in der Tat nicht sehr glücklich darüber, daß diese übersteile Wand des Apostolischen Bekenntnisses in unseren Gottesdiensten errichtet wird und daß mancher Hungernde und Dürstende, dem die Verheißungen des Glaubens gelten, plötzlich schwindlig zu werden beginnt und verstummt.
Und doch hat dieses Zeichen der Steilwand das eine Gute, daß es ein billiges Vorüberschleichen hindert und den Zirkeltanz der Diskussion unmöglich macht. Ich bin überzeugt: Viele Predigten sind nicht deshalb langweilig, weil sie zuviel mit diesen steilen Wahrheiten umgehen, sondern weil sie es zuwenig tun.“

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

Peter
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Beitrag von Peter »

Ich finde die «Anständigkeit» als Tugend ziemlich diskreditiert.

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