Ich setze eine weitere Gegenüberstellung mit dem genannten Werk hinzu.
Buch 2, Kapitel 30 hat geschrieben:1 Die zweite Weise innerer Worte sind die formellen Worte. Sie ergehen zuweilen an den Geist auf
übernatürlichem Wege ohne Vermittlung irgendeines Sinnes, mag der Geist nun gesammeltsein oder
nicht. Ich nenne sie formell, weil sie dem Geist in aller Form von einer dritten Person gesagt werden,
ohne daß er etwas dazutut. Darum sind sie von den eben besprochenen sehr verschieden. Der Un-
terschied liegt nicht nur darin, daß sie vorkommen, ohne daß der Geist, wie bei anderen, mitwirkt,
sondern daß sie, wie gesagt, bisweilen an ihn ergehen, wenn er nicht gesammelt, ja sogar weit von dem
entfernt ist, was ihm gesagt wird. Bei den zuerst genannten, schrittweisen Ansprachen ist dies nicht so.
Sie gelten immer dem, woran er eben denkt.
2 Diese Worte sind manchmal sehr gut geformt, manchmal weniger. Manchmal sind es gleich-
sam Gedanken, die dem Geist etwas mitteilen, indem sie ihm bald antworten, bald ihn auf andere
Weise ansprechen. Zuweilen ist es ein Wort, zuweilen sind es zwei oder mehr. Zuweilen erfolgen sie
schrittweise, wie die zuvor genannten, zuweilen pflegen sie anzudauern, um die Seele zu belehren
oder mit ihr zu unterhandeln, doch all dies, ohne daß der Geist etwas aus sich dazutut. Es ist stets, als
spräche eine Person zu einer anderen. Wie wir lesen, ist es Daniel so ergangen, der sagt, ein Engel habe
in ihm gesprochen, Dieser sprach formell und schrittweise in seinem Geiste, um zu begründen und zu
belehren. Der Engel sagt selbst: Ich bin gekommen, dich Zu belehren (9, 2.2.).
3 Sind diese Worte nur formell, so bewirken sie nicht viel in der Seele. Für gewöhnlich sollen
sie nur unterweisen oder Licht in eine Sache bringen. Um dies zu erreichen, brauchen sie nichts an-
deres zu bewirken, als das Beabsichtigte. Wenn sie von Gott kommen, bringen sie dies stets in der
Seele hervor; denn sie machen die Seele bereit und einsichtig für das, was ihr befohlen oder erklärt
wird; doch manchmal werden ihr Widerwille und Schwierigkeit nicht genommen, vielmehr pflegen
sie noch anzuwachsen. Dies tut Gott, tim die Seele zu ihrem Heile besser zu belehren und zu demü-
tigen. Und diesen Widerwillen läßt er ihr zumeist, wenn es um Ehrenstellen geht oder um Dinge, die
sie irgendwie auszeichnen könnten. Geht es aber um Demütigendes und Erniedrigendes, so gibt er
ihr mehr Leichtigkeit und Bereitwilligkeit. Wir lesen im Buche Exodus (3-4), daß Moses gegen den
Befehl Gottes, zum Pharao zu gehen und das Volk zu befreien, solchen Widerwillen empfand, daß
Gott es ihm dreimal auftragen und durch Wunder bekräftigen mußte; und mit alledem erreichte Gott
nichts, ehe Er ihm Aaron zum Gefährten gab, der ihm einen Teil der Ehre abnahm.
4 Sind hingegen die Worte und Mitteilungen vom Teufel, so erwecken sie Leichtigkeit und Be-
reitwilligkeit zu Dingen die mehr gelten, und Widerwillen gegen die niedrigen. Denn gewiß mißfällt
es Gott gar sehr, die Seelen Ehrenstellen zugeneigt zu sehen; auch wenn Er sie damit beauftragt und
dazu erhebt, will Er doch nicht, daß sie Lust und Liebe zum Befehlen haben. Durch die Bereitwillig-
keit, die Gott für gewöhnlich mittels der formellen Worte in die Seele legt, unterscheiden sich diese
von den andern, schlußfolgernden, die den Geist nicht so stark bewegen und in Bereitschaft versetzen;
denn die formellen sind ausdrücklicher gefaßt und der Verstand mischt sich aus Eigenem weniger ein.
Das schließt nicht aus, daß manchmal einige schrittweise erfolgten Worte stärkere Wirkung üben we-
gen der innigen Verbindung, die der göttliche Geist mit dem menschlichen zuweilen eingeht. Doch
die Weise ist sehr verschieden. Denn bei formellen Worten weiß die Seele ohne Zweifel, daß nicht sie
spricht. Sie sieht ja wohl, daß dem nicht so ist, besonders, wenn sie gar nicht bei der Sache war, von der
die Rede ist. Und wenn sie auch daran dachte, so merkt sie nun sehr klar und deutlich, daß die Worte
von anderer Seite kommen.
5 Auf diese formellen Worte soll die Seele ebensowenig Wert legen wie auf die schrittweise erfol-
genden. Sie würde nicht nm: den Geist mit etwas beschäftigen, was nicht das rechtmäßige und nächste
Mittel zur Vereinigung mit Gott, nämlich der Glaube, ist, sondern der Teufel könnte sie überdies sehr
leicht betrügen. Denn zuweilen ist es kaum zu erkennen, welcher Spruch vom guten und welcher vom
bösen Geiste stammt. Da solche Worte nämlich keine starke Wirkung üben, können sie auch nicht
nach den Wirkungen unterschieden werden; auch machen die des Teufels in den Unvollkommenen
manchmal mehr Effekt als die des guten Geistes in Geistesmenschen. Man vollziehe nicht, was sie
sagen, und mache kein Wesen daraus, seien sie nun vom guten oder vom bösen Geist. Doch man ver-
traue sie einem erfahrenen Beichtvater oder einer verschwiegenen und weisen Person an, um über das
Verhalten belehrt zu werden sowie Rat zu empfangen und bleibe gelassen und abweisend. Fände sich
aber keine erfahrene Person, so wäre es besser (eben um kein Wesen daraus zu machen), niemandem
etwas zu sagen. Sonst könnte man leicht an Leute kommen, die der Seele mehr schaden als nützen.
Nicht jedermann darf sich mit den Seelen befassen, da es eine gar wichtige Sache ist, in einem so erns-
ten Belange das Richtige zu treffen oder zu irren.
Johannes vom Kreuz führt hier also zunächst aus, daß die hier thematisierte Art "mystischer Erfahrung" von Gott kommen könne und biblisch ist.
Danach (4) führt er aus, auch die Seite des Teufels könne sich so äußern und dies wirke sich etwas verschieden aus.
Danach (5) rät er, auf alle Erfahrungen solcher Art ebenso keinen Wert zu legen wie auf die mancher anderer Arten. Nun führte er vorher aber ja selbst aus, Gott könne sich auf solche Art äußern. Johannes vom Kreuz lehrt aus gewisser Perspektive gewissermaßen gegen Gott? So verstehen es wohl manche, ich bin mir bisher nicht sicher, ob es so gemeint ist:
Buch 2, Kapitel 4 hat geschrieben:6 Ja mit all ihrer Sehnsucht muß die Seele sich hinaussehnen über alles, was sie natürlicherweise
geistig wissen und begreifen kann, um das zu erreichen, was sie in diesem Leben nicht zu wissen noch
mit dem Herzen zu fassen vermag. Sie lasse alles zurück, was sie an Zeitlichem oder Geistigem in die-
sem Leben verkostet und fühlt oder verkosten und fühlen könnte, und sehne sich mit aller Sehnsucht
nach dem, was jedwedes Fühlen und Verkosten übersteigt. Und um dafür frei und leer zu bleiben,
eigne sie sich in keiner Weise an, was ihr geistig oder sinnlich zuteil wird (worauf wir näher eingehen
wollen, wenn wir es im besonderen behandeln), sondern schätze dies alles gering. Denn je höher sie
von dem denkt, was sie begreift, verkostet und sich vorstellt, und je höher sie es schätzt, sei es nun
geistig oder nicht, um so mehr behindert sie das höchste Gut und verzögert ihr Schreiten zu ihm. Und
wäre das, was sie zu erfahren vermag, auch groß: je geringer es sie dünkt, verglichen mit dem höchsten
Gute, um so mehr wird sie dieses zu schätzen und folglich um so besser zu erlangen Wissen. Auf diese
Weise nähert sich die Seele im Dunkeln großzügig der Vereinigung mittels des Glaubens, der auch
dunkel ist und ihr eben dadurch das wunderbare Licht des Glaubens spendet. Dies ist sicher: wollte
die Seele sehen, sie würde schneller Gott gegenüber erblinden als einer, der die Augen auftut, ins volle
Sonnenlicht zu schauen.
Es könnte ihm also eher darum gehen nicht in einer von ihm gemeinten Weise über erfahrenes Geistiges "hoch zu denken", es "hoch zu schätzen"? Ich bin mir nicht sicher, ob die derzeit aktiven Teilnehmer in der Forendiskussion aktuell bereit sind dies entsprechend licht zu betrachten, statt aus ihren menschlichen Abwehrtendenzen und den daraus entspringenden doch derzeit eher grobschlächtigen, wahrheitsuchensfremden Ergebnissen.
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15