"Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

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Juergen
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"Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Juergen »

Thema abgetrennt aus dem Strang "Summorum Pontificum" in der Sakramentskapelle. -HeGe

Hubertus hat geschrieben:…und das in einer Zeit, in der durchaus obere Chargen der Kirchenbeamten z.B. die "Lebenswirklichkeiten" als "Quelle theologischer Wahrheitsfindung" ausfindig gemacht haben. :ikb_death:
Ja, man stelle sich mal vor, man würde in den Lebenswirklichkeiten auch noch alte Messen finden – nicht auszudenken.
:freude:
Gruß Jürgen

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Hubertus
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Re: Summorum pontificum

Beitrag von Hubertus »

Juergen hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:…und das in einer Zeit, in der durchaus obere Chargen der Kirchenbeamten z.B. die "Lebenswirklichkeiten" als "Quelle theologischer Wahrheitsfindung" ausfindig gemacht haben. :ikb_death:
Ja, man stelle sich mal vor, man würde in den Lebenswirklichkeiten auch noch alte Messen finden – nicht auszudenken.
:freude:
:D
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Maurus
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Re: Summorum pontificum

Beitrag von Maurus »

Juergen hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:…und das in einer Zeit, in der durchaus obere Chargen der Kirchenbeamten z.B. die "Lebenswirklichkeiten" als "Quelle theologischer Wahrheitsfindung" ausfindig gemacht haben. :ikb_death:
Ja, man stelle sich mal vor, man würde in den Lebenswirklichkeiten auch noch alte Messen finden – nicht auszudenken.
:freude:
Doch, leicht auszudenken. Dann wird man von dieser Theorie niemals mehr etwas hören... :roll:

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Hubertus
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Re: Summorum pontificum

Beitrag von Hubertus »

Maurus hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:…und das in einer Zeit, in der durchaus obere Chargen der Kirchenbeamten z.B. die "Lebenswirklichkeiten" als "Quelle theologischer Wahrheitsfindung" ausfindig gemacht haben. :ikb_death:
Ja, man stelle sich mal vor, man würde in den Lebenswirklichkeiten auch noch alte Messen finden – nicht auszudenken.
:freude:
Doch, leicht auszudenken. Dann wird man von dieser Theorie niemals mehr etwas hören... :roll:
Das hoffe ich unabhängig von der Frage "Alte Messe". :unbeteiligttu:
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umusungu
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Re: Summorum pontificum

Beitrag von umusungu »

Was hat dazu geführt, dass von der Form der Taufe durch Untertauchen zur Form des Übergießens gewechselt wurde?

Welche theologischen Erkenntnisse haben im Laufe der Kirchengeschichte zur Änderung der Bußpraxis geführt?

Welche theologischen Erkenntnisse haben zur Abschaffung der Kelchkommunion für die Gemeinde geführt?

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Siard
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Re: Summorum pontificum

Beitrag von Siard »

umusungu hat geschrieben:Was hat dazu geführt, dass von der Form der Taufe durch Untertauchen zur Form des Übergießens gewechselt wurde?

Welche theologischen Erkenntnisse haben im Laufe der Kirchengeschichte zur Änderung der Bußpraxis geführt?

Welche theologischen Erkenntnisse haben zur Abschaffung der Kelchkommunion für die Gemeinde geführt?
Das war vermutlich die westliche Tendenz zur Minimalisierung, mit theologischen Erkenntnissen hat das wohl weniger zu tun. :blinker:
Aber mir ist nicht klar, was dies in diesem Strang zu suchen hat. :achselzuck:

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Maurus
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Re: Summorum pontificum

Beitrag von Maurus »

umusungu hat geschrieben:Was hat dazu geführt, dass von der Form der Taufe durch Untertauchen zur Form des Übergießens gewechselt wurde?

Welche theologischen Erkenntnisse haben im Laufe der Kirchengeschichte zur Änderung der Bußpraxis geführt?

Welche theologischen Erkenntnisse haben zur Abschaffung der Kelchkommunion für die Gemeinde geführt?
Dass die Lebenswelten der Gläubigen Einfluss auf die Pastoral haben und hatten, bestreitet ja sicher auch keiner. Aber darum geht es ja gar nicht.

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Siard
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Re: Summorum pontificum

Beitrag von Siard »

Maurus hat geschrieben:Dass die Lebenswelten der Gläubigen Einfluss auf die Pastoral haben und hatten, bestreitet ja sicher auch keiner. Aber darum geht es ja gar nicht.
Außer bei der Änderung der Bußpraxis ist es wohl eher nicht auf die Lebenswelt der Gläubigen zurück zu führen.

Fragesteller
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Re: Summorum pontificum

Beitrag von Fragesteller »

umusungu hat geschrieben:Was hat dazu geführt, dass von der Form der Taufe durch Untertauchen zur Form des Übergießens gewechselt wurde?

Welche theologischen Erkenntnisse haben im Laufe der Kirchengeschichte zur Änderung der Bußpraxis geführt?

Welche theologischen Erkenntnisse haben zur Abschaffung der Kelchkommunion für die Gemeinde geführt?
Das scheinen in der Tat primär lebensweltlich motivierte Neuerungen zu sein, da hast Du recht. Aber würdest Du all diese Entwicklungen positiv werten?

Thomas_de_Austria
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Die Umstellung der Bußpraxis ist, wie Maurus bereits feststellte, eine Sache der Pastoral.
Das hat nichts mit theolog. Wahrheitsfindung oder theolog. Erkenntnisquellen zu schaffen.

Für das Abrücken von der Kelchkommunion gab und gibt es, so, wie das heute für gewöhnlich
praktiziert wird, wenn es vorkommt, ganz gute praktische Gründe, die zwar mit dem Verständnis
dessen, womit man es bei der Kommunion eigentlich zu tun hat, zusammenhängen, an der Sak-
ramententheologie ändert sich dadurch nichts.

Hier geht es aber um die empirisch erfassbare Lebenswirklichkeit als einer übergeordnet normativen
(?) Quelle für die theolog. Wahrheitsfindung. Analog gibt es das ja auch bei der Sittenlehre, wo es, so
scheint mir, meist noch eine Spur offensichtlicher ist, dass sie als solche nicht taugt.

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Juergen
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Juergen »

Gruß Jürgen

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Niels
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Wirklichkeit als Offenbarungsquelle - nein, aber doch...

Beitrag von Niels »

Bischof Bode hat geschrieben:Dem "hörenden Herzen" für die Wirklichkeit der Menschen in ihren Freuden und Hoffnungen, ihrer Trauer und ihren Ängsten (vgl. GS 1) wird die Wirklichkeit nicht zur Offenbarungsquelle, auch nicht zur Glaubensquelle, wohl aber zu einer Stimme Gottes, zu einer Äußerung seines Willens durch die "Zeichen der Zeit", die zu tieferen theologischen Einsichten führen können…
Was heißt das konkret? :detektiv:
(Erinnert mich an die FDP mit ihrem Taschenspielertrick anno dazumal : Keine Steuern mehr, nur noch Abgaben. :narr: )

Marcus, der mit dem C
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Re: Wirklichkeit als Offenbarungsquelle - nein, aber doch...

Beitrag von Marcus, der mit dem C »

Niels hat geschrieben:
Bischof Bode hat geschrieben:Dem "hörenden Herzen" für die Wirklichkeit der Menschen in ihren Freuden und Hoffnungen, ihrer Trauer und ihren Ängsten (vgl. GS 1) wird die Wirklichkeit nicht zur Offenbarungsquelle, auch nicht zur Glaubensquelle, wohl aber zu einer Stimme Gottes, zu einer Äußerung seines Willens durch die "Zeichen der Zeit", die zu tieferen theologischen Einsichten führen können…
Was heißt das konkret? :detektiv:
(Erinnert mich an die FDP mit ihrem Taschenspielertrick anno dazumal : Keine Steuern mehr, nur noch Abgaben. :narr: )
Das klingt irgendwie nach "Jesus Christus hat im Revisionsprozeß bei GOtt Vater verloren und muß Matth. 5, 31-32 und 19, 1-12 zurückziehen und eine Unterlassungserklärung unterzeichen,
solches nie wieder zu predigen. Die Una Sancta hat kein Donatismus-Problem, sondern ein Apokatastasis-Problem bei gleichzeitiger gesellschaftlicher und innerkirchlich-moraltheologischer Degeneration. Der Nutzen wäre nicht pastoral, da nicht auf das Seelenheil ausgerichtet, sondern pekuniär, weil die Heile-Heile-Gänssche'-Verkündigung Kirchensteuerzahler vom längst innerlich vollzogenen Abfall abhält. Ich meine mich noch dunkel zu erinnern, daß Reue, Umkehr und Buße plus Gottes Barmherzigkeit zum Ewigen Leben führt und nicht der Bezahlt-Stempel auf dem Kirchensteuer-Bescheid.
"Das katholische Modell ist ja seit 2000 Jahren am Scheitern und daher dringend ablösungsbedürftig"

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Reinhard
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Re: Wirklichkeit als Offenbarungsquelle - nein, aber doch...

Beitrag von Reinhard »

Der Theologensprech ist so ein Problem für sich. Wie sagte ein Nachbar ? "Was redete denn der wieder für'n Scheiß ..."

Aber auf die Überprüfung meines Glaubens anhand der Wirklichkeit lasse ich nichts kommen.

Natürlich müssen sich Glaubens- und Offenbarungsquellen an der Wirklichkeit messen lasssen !
Sonst würden sie ja nur "theoretisch" wahr sein, und wir wären im Grunde schizophren: das "Geistliche" und das "Wirkliche" würden wie zwei getrennte Persönlichkeiten nebeneinander her leben, in uns.
Solche Christen gibt es, und phasenweise war ich auch so drauf, aber das macht es nicht besser.

Also: Inhaltlich hat Bischof Bode durchaus Recht, sprachlich, naja, kann man meinetwegen streiten.

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mensch
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von mensch »

Wenn wir uns die Kanonbildung des neuen Testamentes ansehen, kommen wir gar nicht drum herum, die Glaubenspraxis oder Lebenswirklichkeit der Menschen und Gemeinden als einen nicht unwichtigen Faktor der "theologischen Wahrheitsfindung" anzuerkennen. Die Tradition hat schließlich nicht im luftleeren Raum gehandelt und gedacht, sondern war immer im aktuellen Hier und Jetzt der Menschen verankert. Sämtliche Berichte über die Lebensrealität von Jesus sind für uns ein Quell, durch den wir etwas über das Wesen Gottes erfassen können. Zu glauben, es gebe 2 Realitäten und nur die eine wäre Quelle theologischen Wahrheitsfindung, hat eher einen gnostischen Klang. Natürlich bedeutet es nicht, dass jede einzelne Lebenswirklichkeit hier einen Kanon bilden würde, hingegen ist die Lebensrealität der ganzen Kirche, des ganzen Leibes Christi, natürlich etwas, das uns bei der Wahrheitsfindung helfen kann. Unter Umständen ist das aber nicht die verkopfte Wahrheit der Theologen und auch nicht die pharisäerhafte Liebe zu Normen und Gesetzten. Es ist eine Lebenswirklichkeit hinter dem Ego, hinter dem (wissenschaftlichen/theologischen) Ratio, die im wesentlichen mit der Schrift identisch ist, aus der wir eine Menge über die Natur des Menschen lernen können.Wie hieß es so schön: Mensch bleibt Mensch. DIe Wahrheit über den Menschen ist die grundlegende Lebenswirklichkeit. In ihr erschließt sich seine Natur.

proetcontra
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von proetcontra »

Völlig richtig! Es genügt schon, sich die Frage zu stellen, ob Religion etwas mit dem Leben zu tun hat. Und wenn Religion etwas mit dem Leben zu tun haben sollte, muss es doch wohl das konkrete und alltäglich erfahrene sein. Zumindest scheint Gott mit seiner Menschwerdung (in die konkrete historische Erfahrungswirklichkeit der Menschen hinein!) solche Vorbehalte - wie sie hier von einigen direkt oder indirekt geäußert werden - nicht gehabt zu haben! Und auch die Kirche nicht, wenn sie in die Zeit und in die Wirklichkeit des Menschen hinein die Botschaft Jesu - als der in der Geschichte weiterwirkende Jesus - trägt.

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Hubertus
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Re: Wirklichkeit als Offenbarungsquelle - nein, aber doch...

Beitrag von Hubertus »

Niels hat geschrieben:
Bischof Bode hat geschrieben:Dem "hörenden Herzen" für die Wirklichkeit der Menschen in ihren Freuden und Hoffnungen, ihrer Trauer und ihren Ängsten (vgl. GS 1) wird die Wirklichkeit nicht zur Offenbarungsquelle, auch nicht zur Glaubensquelle, wohl aber zu einer Stimme Gottes, zu einer Äußerung seines Willens durch die "Zeichen der Zeit", die zu tieferen theologischen Einsichten führen können…
Was heißt das konkret? :detektiv:
(Erinnert mich an die FDP mit ihrem Taschenspielertrick anno dazumal : Keine Steuern mehr, nur noch Abgaben. :narr: )
Das ist unglaublich hanebüchen.
In der Wirklichkeit läßt sich Gott erfahren, ist Er am Werk. Das stimmt natürlich. Aber man doch nicht schlechthin die Wirklichkeit mit der Stimme Gottes gleichsetzen. Da gab es doch noch einen, der in dieser gefallenen Welt am Werk ist, oder nicht? Aber an dessen Existenz glauben diese Herrschaften ja ohnehin nicht mehr ... und dann kommt eben soetwas raus.
Nein, der Christ ist zur Unterscheidung der Geister aufgerufen. Dabei hilft ihm die Offenbarung Gottes, die selbst unwandelbar ist, wie die Schrift an unzähligen Stellen bezeugt ("Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen."). Nicht alles an der Wirklichkeit aber ist "Stimme Gottes"!

Leute, jetzt nur nicht einlullen lassen!
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Marcus, der mit dem C
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Marcus, der mit dem C »

Dem kann ich nur zustimmen, Hubertus.

Die (sündige) Lebenswirklichkeit des einzelnen Gläubigen wird an der Lehre der Kirche über Glauben und Sitten gemessen, und der Gläubige ist aufgerufen, die conversio morum (das andauernde Streben nach Umkehr und Buße) bei Diskrepanzen zwischen beidem zu betreiben. Das Prüfstück wird am Maßband gemessen, nicht umgekehrt. Bischof Bode wollte ja ursprünglich die Lebenswirklichkeit der Gläubigen (und damit ihr sündiges Leben) als Offenbarungsquelle etablieren, was aber mit der Lehre der Kirche über die Abgeschlossenheit der Offenbarung nach dem Tod des letzten Apostels kollidierte. Gerade jene Lehre ist wichtig im Umgang mit sog. Privatoffenbarungen, und die Kirche schreibt anerkannten Offenbarungen auch nicht zu, daß sie geglaubt werden müssen sondern nur können. Alles Heilsnotwendige ist bereits gesagt!

Da Bischof Bode diese "Perle" m.W. im Zusammenhang der Diskussion über die Familiensynode gesagt hat, ist auch klar was er beabsichtigt. Er will dem sündhaften Verhalten der Gläubigen irgendwie den Zettel einer Willensäußerung GOttes anheften, da er sonst argumentativ gegen direkte Herrenworte und ein dichtes Netz an lehramtlichen Entscheidungen für die Lehre der Kirche keine Chance hat. Ich sehe leider nicht, wie aus den Liebesgeboten der Kirche eine Streichliste zu machen, das Seelenheil der Gläubigen gefördert werden könnte. Das einzige dem damit gedient würde ist die Acedia sowohl des Bischofs als auch der in die Irre geführten Gläubigen.
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Isidor_von_Sevilla
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Isidor_von_Sevilla »

Lebenswirklichkeit ist ein viel zu schillernder Begriff, um aus ihm - möglicherweise sogar ausschließlich - Maßstäbe für moraltheologische Überlegungen zu gewinnen. :hmm:

Diejenigen, die ihn gerne verwenden, haben zudem möglicherweise Schwierigkeiten, an das Ungeschaffensein Gottes zu glauben.
Es gibt auch solche, die wohl die Sprache verehren, nicht aber DAS WORT anbeten!

proetcontra
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von proetcontra »

Hier wird Stellung zu Dingen genommen, von denen viele wenig verstehen!
Dogma: „Der eine und wahre Gott, der Schöp­fer und Herr, kann ver­mit­tels der natür­li­chen Dinge kraft des natür­li­chen Lich­tes der Ver­nunft aus den geschaf­fe­nen Din­gen mit Sicher­heit erkannt wer­den.“ Das heißt also: Die gesamte Lebens- und Erfahrungswelt des Menschen, dessen Leben sich in Zeit und Raum konkretisiert, vermag ihm als Quelle der Gotteserkenntnis zu dienen! Punktum! Und wer ein Dogma leugnet, vermag mit der gleichen Argumentation alle Dogmen zu leugnen ...

proetcontra
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von proetcontra »

Unsinn! Die "Lebenswirklichkeit" betrifft die Dimension des menschlichen und des geschöpflichen Daseins! Die Frage nach der unbedingten Existenz Gottes ist davon genau so betroffen, wie der Buchstabe "G" im deutschen Wort "Haus"!

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Hubertus
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Hubertus »

proetcontra hat geschrieben:Hier wird Stellung zu Dingen genommen, von denen viele wenig verstehen!
Dogma: „Der eine und wahre Gott, der Schöp­fer und Herr, kann ver­mit­tels der natür­li­chen Dinge kraft des natür­li­chen Lich­tes der Ver­nunft aus den geschaf­fe­nen Din­gen mit Sicher­heit erkannt wer­den.“ Das heißt also: Die gesamte Lebens- und Erfahrungswelt des Menschen, dessen Leben sich in Zeit und Raum konkretisiert, vermag ihm als Quelle der Gotteserkenntnis zu dienen! Punktum! Und wer ein Dogma leugnet, vermag mit der gleichen Argumentation alle Dogmen zu leugnen ...
Das bezieht sich aber nach traditioneller Auffassung in erster Linie auf die natürliche Gotteserkenntnis, also z.B., daß er sei. Daß Inhalte der übernatürlichen Offenbarung - und davon ist ja wohl hier die Rede - gemeint seien, wäre zu beweisen.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Thomas_de_Austria
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Hubertus hat geschrieben:Das bezieht sich aber nach traditioneller Auffassung in erster Linie auf die natürliche Gotteserkenntnis, also z.B., daß er sei.
In Vat. I, sess. III, cap. 2 geht es (in der Präzisierung durch DH 3548, wo's aufgegriffen wird) darum, dass „Gott [...] mit dem natürlichen Licht der Vernunft „durch das, was gemacht ist“ [Röm 1,20], das heißt, durch die sichtbaren Werke der Schöpfung, als Ursache vermittels der Wirkungen sicher erkannt und sogar auch bewiesen werden kann.“. Ott ([11]2005, 42) tut schon ganz gut daran, im Lichte dessen, den Beweis des Dasein Gottes mittels – persönlich bin ich allerdings froh, dass man sich nicht speziell auf eine bestimmte Art festgelegt hat – Kausalschlusses als Sententia fidei proxima einzustufen. Darum geht es.
Das hat nichts mit irgendeiner windigen „Lebenswirklichkeit der Menschen“ (auch im Plural ist manchmal von Wirklichkeiten die Rede) zu schaffen, so, wie der Ausdruck verwendet wird, diese ist ja nicht die Schöpfung als solche, sondern, so, wie ich das verstehe, einfach die Gesamtheit der sich aus den unterschiedlichen Interaktionen mit freiem Willen ausgestatteter Subjekte ergebenden Tatsachen und diese sind, worauf weiter oben bereits hingewiesen wurde, über weite Strecken durchaus sehr fragwürdiger Natur und bedürfen ihrerseits erst einmal gewisser Klassifikations- und Bewertungskriterien, um überhaupt von Relevanz für irgendetwas zu sein, die sie nicht einfach wieder selbst sein können.

proetcontra
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von proetcontra »

Hubertus hat geschrieben: ... Daß Inhalte der übernatürlichen Offenbarung - und davon ist ja wohl hier die Rede - gemeint seien, wäre zu beweisen.
Nicht zu beweisen, sondern an konkreten Beispielen abzuleiten. Was bedeutet die Aussage Jesus "wo zwei oder drei..." in aller Konsequenz?
Wenn es bei dem Erlösungshandeln Gottes und dessen Vergegenwärtigung durch die Kirche (in ihrer gesamten Existenz und Sakramentenspendung, bes. Hl.Messe) um ein Handeln Gottes an dem Menschen hier und jetzt handelt (und Gottesbegegnung ist immer Heilsbegegnung), dann bricht das Göttliche in die Erfahrungswirklichkeit des Menschen hinein. Dieser Mensch wird möglicherweise sehr wohl "Gotteserfahrungen" an sich und in seinem Leben ausmachen können.

Mir scheint hier eher eine Angst vorzuliegen, dass irgendjemandem die "Hoheit" der Gotteserkenntnis und deren Deutungen verloren gehen könnte. Aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass ein das Leben des einzelnen Menschen begleitender Gott sich diesem Menschen in ganz persönlicher Art und Weise "offenbarend" anbietet, wobei dieser Mensch dieses Angebot bejahend sehr subjektive "Wirklichkeitserfahrungen " dieses heilmachenden Gottes haben kann. Vielleicht waren es gerade Heilige, die dieseGotteserkenntnis in ihrer Lebenswirklichkeit zutiefst aufgegriffen haben? Und vielleicht ist es das, was uns an unserer persönlichen Heiligung noch immer hindert, wenn wir Gott zu wenig in unser Leben Eingang finden lassen?

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Hubertus
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Hubertus »

proetcontra hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben: ... Daß Inhalte der übernatürlichen Offenbarung - und davon ist ja wohl hier die Rede - gemeint seien, wäre zu beweisen.
Nicht zu beweisen, sondern an konkreten Beispielen abzuleiten.
Doch, zu beweisen. Du hast der Gegenseite nicht weniger vorgeworfen, als sich des Häresieverdachts schuldig zu machen.
Thomas_de_Austria und ich haben Dir aufgezeigt, wie der Satz zu verstehen ist. Wenn Du die These aufstellst, der Glaubenssatz beinhalte aber darüber hinaus noch das, was Du behauptest, dann bist Du in der Beweispflicht. Wenn Du dies nicht kannst, dann lass' auch solche Anwürfe.

proetcontra hat geschrieben:Was bedeutet die Aussage Jesus "wo zwei oder drei..." in aller Konsequenz?
Wenn es bei dem Erlösungshandeln Gottes und dessen Vergegenwärtigung durch die Kirche (in ihrer gesamten Existenz und Sakramentenspendung, bes. Hl.Messe) um ein Handeln Gottes an dem Menschen hier und jetzt handelt (und Gottesbegegnung ist immer Heilsbegegnung), dann bricht das Göttliche in die Erfahrungswirklichkeit des Menschen hinein. Dieser Mensch wird möglicherweise sehr wohl "Gotteserfahrungen" an sich und in seinem Leben ausmachen können.
D'accord. Dafür brauchen wir aber das neue Modell nicht. Daß dies möglich ist, haben viele Heilige schon immer gezeigt.
proetcontra hat geschrieben:Mir scheint hier eher eine Angst vorzuliegen, dass irgendjemandem die "Hoheit" der Gotteserkenntnis und deren Deutungen verloren gehen könnte. Aber darum geht es nicht.
Doch, ich glaube gerade darum geht es. Wenn es gelänge, "Lebenswirklichkeit" als Quelle theologischer Wahrheitsfindung zu etablieren, hätte man eine Brechstange, um Schrift und Tradition als verbindliche, objektive Glaubensquellen völlig auszuhebeln. Sind nicht auch die Heiligen Schriften von Menschen mit je ihren eigenen "Lebenswirklichkeiten" aufgeschrieben worden? Hatten nicht auch die Konzilsväter jeweils ihre eigenen "Lebenswirklichkeiten"? Nur können sie nach diesem Modell ja keine größere Verbindlichkeit für unser Leben haben als unsere eigene "Lebenswirklichkeit". D.h., sie hätten uns letztlich nichts mehr (verbindlich) zu sagen - der Triumph des Subjektivismus, der Endsieg über die Tradition der Kirche wäre errungen.
proetcontra hat geschrieben:Es geht darum, dass ein das Leben des einzelnen Menschen begleitender Gott sich diesem Menschen in ganz persönlicher Art und Weise "offenbarend" anbietet, wobei dieser Mensch dieses Angebot bejahend sehr subjektive "Wirklichkeitserfahrungen " dieses heilmachenden Gottes haben kann. Vielleicht waren es gerade Heilige, die dieseGotteserkenntnis in ihrer Lebenswirklichkeit zutiefst aufgegriffen haben? Und vielleicht ist es das, was uns an unserer persönlichen Heiligung noch immer hindert, wenn wir Gott zu wenig in unser Leben Eingang finden lassen?
Und genau hier zeigen sich die fatalen Konsequenzen eines solchen Modells, das Verabsolutieren der eigenen Wirklichkeitserfahrung. Wenn mir da, wie Marcus, der mit dem C, oben schon sagte, das objektive "Prüfstück" abhanden kommt, kann ich letztlich entweder a) überhaupt nicht mehr unterscheiden, was von Gott und was vom Satan kommt oder - insbesondere im Verein mit der Behauptung, den Teufel gebe es ja doch nicht, b) werde mir dann irgendwann meine eigenen "heilmachenden" Erfahrungen als Offenbarung Gottes in die Tasche lügen.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Isidor_von_Sevilla
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Isidor_von_Sevilla »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:Das hat nichts mit irgendeiner windigen „Lebenswirklichkeit der Menschen“ (auch im Plural ist manchmal von Wirklichkeiten die Rede) zu schaffen, so, wie der Ausdruck verwendet wird, diese ist ja nicht die Schöpfung als solche, sondern, so, wie ich das verstehe, einfach die Gesamtheit der sich aus den unterschiedlichen Interaktionen mit freiem Willen ausgestatteter Subjekte ergebenden Tatsachen und diese sind, worauf weiter oben bereits hingewiesen wurde, über weite Strecken durchaus sehr fragwürdiger Natur und bedürfen ihrerseits erst einmal gewisser Klassifikations- und Bewertungskriterien, um überhaupt von Relevanz für irgendetwas zu sein, die sie nicht einfach wieder selbst sein können.[/blocksatz]
Um das 'mal zu konkretisieren:
Für manche besteht die Lebenswirklichkeit aus dem Drehen von Porno-Filmen.
Kann das Quelle theologischer Wahrheitsfindung sein?
Doch wohl höchstens als abschreckendes Beispiel, oder?
Es gibt auch solche, die wohl die Sprache verehren, nicht aber DAS WORT anbeten!

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Gallus
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Gallus »

Isidor_von_Sevilla hat geschrieben:Für manche besteht die Lebenswirklichkeit aus dem Drehen von Porno-Filmen.
Kann das Quelle theologischer Wahrheitsfindung sein?
Doch wohl höchstens als abschreckendes Beispiel, oder?
Laut BDKJ solltest Du dem Treiben dann auch wertschätzend begegnen. :narr:

Aber ernsthaft: Wenn man sieht, welche Bresche dieses Gerede von der Lebenswirklichkeit in den letzten Monaten schon in die Diskussion der katholischen Verbände geschlagen hat, dann ist glaube ich klar, dass man keinen akademischen, theologischen Disput darüber führen kann, ohne die Auswirkungen auf das Denken der Laien und Gremien zu bedenken.

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Niels
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Niels »

Wie ich schon vor Wochen schrieb: es handelt sich um eine Abschaffung der Gnade zugunsten der Natur - das kann nur in die Hose gehen.
Dass die durch das peccatum originale korrumpierte Natur das ganze Neusprech gut findet, ist doch klar.

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mensch
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von mensch »

Isidor_von_Sevilla hat geschrieben:]
Um das 'mal zu konkretisieren:
Für manche besteht die Lebenswirklichkeit aus dem Drehen von Porno-Filmen.
Kann das Quelle theologischer Wahrheitsfindung sein?
Das Drehen von Porno-Filmen ist nicht die Lebenswirklichkeit der ganzen Kirche, deshalb ist es ein ungeeignetes Beispiel.
Dennoch bestätigt die Lebenswirklichkeit der ganzen Kirche auch immer die Sündhaftigkeit der Kirche, andererseits muss die Lebensrealität der Menschen gedeutet werden, um sie in ihrer Tiefe erfassen zu können. Pornofilme sagen nämlich nicht nur etwas über Gier und Sünde aus, sondern was ihren Konsum angeht bei manchen Menschen auch etwas über eine Sehnsucht, die sie glauben damit fälschlicherweise befriedigen zu können. Das alles sind Aussagen über den Menschen und auch über die Kirche, denn Sünde und Sehnsucht sind Wirklichkeiten, seit jeher.

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Hubertus
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Hubertus »

mensch hat geschrieben:Das Drehen von Porno-Filmen ist nicht die Lebenswirklichkeit der ganzen Kirche, deshalb ist es ein ungeeignetes Beispiel.
Es gibt nicht "die" Lebenswirklichkeit "der" Kirche - das ist immer ein subjektiver Begriff. Daran krankt ja das ganze Konzept, daß es hier ständig um rein subjektive Gefühlslagen dreht, die dann aber irgendwie doch objektivierend die Lehre der Kirche verändern sollen.
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Isidor_von_Sevilla »

mensch hat geschrieben:Das Drehen von Porno-Filmen ist nicht die Lebenswirklichkeit der ganzen Kirche, deshalb ist es ein ungeeignetes Beispiel.
Nö, das Beispiel ist auch dann noch geeignet, wenn es nicht die Lebenswirklichkeit der ganzen Kirche darstellt!
mensch hat geschrieben:Dennoch bestätigt die Lebenswirklichkeit der ganzen Kirche auch immer die Sündhaftigkeit der Kirche,
Nö, die Kirche ist ohne Sünde!
mensch hat geschrieben:andererseits muss die Lebensrealität der Menschen gedeutet werden, um sie in ihrer Tiefe erfassen zu können.
Derlei Dialektik ist für den A...!
mensch hat geschrieben:Pornofilme sagen nämlich nicht nur etwas über Gier und Sünde aus, sondern was ihren Konsum angeht bei manchen Menschen auch etwas über eine Sehnsucht, die sie glauben damit fälschlicherweise befriedigen zu können. Das alles sind Aussagen über den Menschen und auch über die Kirche, denn Sünde und Sehnsucht sind Wirklichkeiten, seit jeher.
Die Sehnsüchte der kirchlich Gebundenen richten sich nicht auf irdische "Lebenswirklichkeiten": Mein Reich ist nicht von dieser Welt! (Joh 18,36)
Es gibt auch solche, die wohl die Sprache verehren, nicht aber DAS WORT anbeten!

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Reinhard
cum angelis psallat Domino
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Re: "Lebenswirklichkeit" - Quelle theologischer Wahrheitsfindung

Beitrag von Reinhard »

Niels hat geschrieben:Wie ich schon vor Wochen schrieb: es handelt sich um eine Abschaffung der Gnade zugunsten der Natur ...
Zumindest in Hinblick auf Bischof Bode geht das wohl an seiner tatsächlichen Überzeugung vorbei.

Als Antwort auf die polemisch zugespitzten Worte von GeLuMü drückt er in einem Interview dazu eine ganz andere Überzeugung aus:
er läßt eben ausdrücklich nicht das Natürliche oder das Faktische als Offenbarungsquelle durchgehen, sondern er differenziert ausdrücklich.
... Das darf keinesfalls nur die Bestätigung der Lebenswirklichkeit bedeuten. Nötig ist eine prophetisch-kritische und zugleich wertschätzende und positiv herausfordernde Wahrnehmung der Realität heute. Dem "hörenden Herzen" ... wird die Wirklichkeit nicht zur Offenbarungsquelle, auch nicht zur Glaubensquelle, wohl aber zu einer Stimme Gottes, zu einer Äußerung seines Willens durch die "Zeichen der Zeit", die zu tieferen theologischen Einsichten führen können. Das erfordert die Kraft der geistlichen Unterscheidung und das unzerstörbare Vertrauen, dass Gott unsere Zeit und unser Heute nicht weniger liebt als vergangene Zeiten.
(Hervorhebung von mir)
Es geht ihm um die Geistliche Unterscheidung, und die ist ja wohl spätestens seit Ignatius von Loyola gut katholisch.

Wenn ich selber mal die Realität bei uns ansehe, dann brennt dieses Thema ! - In unsere Stadt werden inzwischen mindestens 70% aller Kinder unehelich geboren, und auch verschiedene Katholiken wissen sich nicht anders zu helfen, als dass sie Beziehung ohne Ehe leben, aus verschiedenen Gründen. - Wohlgemerkt: nicht weil sie das so toll finden, sondern weil sie keinen gangbaren Ausweg sehen, aus der Not heraus.
Wenn ich denen mit dem dogmatischen Hammer komme, verzweifeln sie tatsächlich allenfalls an mir, oder sogar am christlichen Glauben. (ich habe einen Freund von mir vor Augen, einen tief Gläubigen, der sich aus genau solch einer Not heraus das Leben genommen hat !)

Nein, wir brauchen tatsächlich einen anderen Zugang, der mehr dem Handeln Gottes entspricht. ER liebt uns immerhin dermaßen, dass ER sich maßlos erniedrigt hat, bis in unsere übelste Sünde hinein. Und dabei heilig geblieben ist ! - das ist wahr.
Irgendwie in diese Richtung muss ein Ausweg kommen, und das ist es ja, was Bischof Bode sagt. Darin kann ich ihm nur zustimmen.
Auch ich weiß nicht, wie diese Lösung aussehen kann. Da ist mal wieder die Genialität des Heiligen Geistes gefragt. Und hören auf Ihn.

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