philipp hat geschrieben: ↑Samstag 27. Februar 2021, 23:37
Auf den ersten Blick recht stimmig was du schreibst Tris, aber die Frage nach den genetischen/evolutionären Nachteilen ist damit nur indirekt beantwortet. Auch wenn es praktisch vielleicht unmöglich ist, dass die besten paar Prozent der Männer "alle" Frauen schwängern, würde mich doch interessieren, welchen Einfluss das auf unseren Fortschritt hätte in Sachen Anpassung.
Keine Ahnung warum wir jetzt Eugenik diskutieren müssen...
Auf die Genetik zu setzen ist beim Menschen eine Milchmädchenrechnung, denn die technische, kulturelle und soziale Entwicklung läuft ganz erheblich schneller als die genetische. Allenfalls konsequente Menschenzucht könnte die Biologie ähnlich schnell verändern. Und die ist nur mir brutaler Diktatur durchsetzbar, was wiederum die anderen Entwicklungen stark beschränkt.
Was bitte bedeutet auch "die besten paar Prozent"? Alpha ist beim Menschen der soziale Manipulierer, jedenfalls sobald sich eine Gesellschaft über das nackte Überleben erhebt. Wenn Du also unbedingt willst, daß die Welt durch Nachwuchs von Angela Merkel und Jeff Bezos, Kim Kardashian und Mark Zuckerberg, Oprah Winfrey und Vladimir Putin bevölkert wird, dann bitte sehr. Ich finde es ganz gut, daß sich das ganze andere Gesocks vermehren darf.
Und selbst wenn mal die Auslese an einem Punkt "richtig" wäre, wird sie dann gerne von Menschen entlang der Blutlinie mittels Macht ausgehebelt. So hat sich
Dschingis Khan nachweisbar in die genetische Geschichte der Menschheit gefickt. Aber eben wohl nicht alleine, sondern weil seine männliche Nachkommen ein riesiges Reich über lange Zeit regierten, und begatteten. Selbst wenn man nun sagt, daß Dschinghis Khan ein Supermann war der es verdiente seine Gene zu verbreiten, ist es doch ziemlich sicher daß nicht jeder Nachkomme gleichfalls Supermann war (so läuft die Genetik nicht). Wurden die Nachkommen ausgelesen? Und deren Nachkommen? Die sozialen Strukturen ihres Reiches waren sicher viel stärker als Fragen der Genetik, und der Urenkel, oder spätestens Ur-urenkel von Dschinghis war dann im Schnitt von Hinz und Kunz kaum zu unterscheiden. Er hatte aber weiter überdurchschnittlich Nachwuchs, weil halt an der Macht durch Blutbeziehung.
philipp hat geschrieben: ↑Samstag 27. Februar 2021, 23:37
Und außerdem, ist es nicht jetzt schon so, dass sich viele Frauen mit wenigen Männern fortpflanzen und die Ehe das sozusagen nur ein wenig eindämmt?
Kommt drauf was Du mit "viel" und "wenig" meinst. Ein Faktor zwei bis drei ist vermutlich drin bzgl. effektiver Fortpflanzungpopulationen (es vermehren sich zwei- bis dreimal soviele Frauen wie Männer, effektiv). Wobei diese Zahlen durchaus komplizierter sind als man auf Anhieb denken mag...
In diesem Artikel wird etwa nachgewiesen, daß unter Annahme
perfekter Monogamie das Verhältnis lambda = Nm / (Nm + Nf), was bei wir hier also als 1/4 bis 1/3 annehmen mit Nf = (2 bis 3) * Nm, direkt gleich ist zu s ist, der Wahrscheinlichkeit mit der Reproduktion aufzuhören wenn das Kind ein Junge ist: lambda = s. Wenn Familien also denken Jungs sind toll, aber Mädchen sind pfui, dann können sich die Zahlen schlicht daraus erklären, daß perfekt monogame Paare gerne weiter reproduzieren so lange sie Jungs kriegen, aber bei Mädchen schneller auf die Bremse treten. (Die Wahrscheinlichkeit bei Mädchen aufzuhören muß 1-s sein, damit insgesamt in der Population ein 1:1 Verhältnis der Geschlechter gewahrt bleibt. Nehmen wir mal an Nf=2*Nm, dann s = 1/3 und 1-s=2/3. Somit hört das Paar mit 1/3 Wahrscheinlichkeit bei einem Jungen auf, aber mit 2/3 bei einem Mädchen.) Nun ist es unwahrscheinlich, daß das Ungleichgewicht komplett durch solche Bevorzugung entsteht. Aber es ist eben auch unwahrscheinlich, daß das Ungleichgewicht alleine durch Zwei- bis Dreiweiberei entsteht. Noch dazu sind beim Menschen ja auch alte Männer, nicht aber alte Frauen, im "Fortpflanzungspool". Wenn ein Mann eine Frau überlebt, kann er mit einer anderen mehr Kinder zeugen, aber nicht (so leicht) umgekehrt - auch ganz monogam.
philipp hat geschrieben: ↑Samstag 27. Februar 2021, 23:37
Wie kommst du zu diesem Wissen?
Ehe (im weiten Sinne) gehört zu den
kulturellen Universalien der Menschheit die die Anthropologie identifiziert. Findet man überall und immer, und um ehrlich zu sein bin ich versucht zu sagen: wie kann es auch anders sein? Es braucht erheblich soziale Organisation um sich hier etwas anderes "leisten zu können"; es ist der offensichtliche "biologische" Standard gegeben die bereits diskutierten Schwierigkeiten dabei menschlichen Nachwuchs großzuziehen.
philipp hat geschrieben: ↑Samstag 27. Februar 2021, 23:37
Worauf spielst du hier an? Dass es von Frauen früher gesellschaftlich verlangt wurde dass sie zu Hause bleiben ist Unterdrückung oder was genau?
Auch. Aber die lebenslange Ehe wird heutzutage gerne als Gefängnis gesehen, gerade auch von Frauen. Man brauch jedoch nur die Verhütung und den enormen staatlichen Sozialapparat wegnehmen, dann sieht das auf einmal komplett anders aus.
philipp hat geschrieben: ↑Samstag 27. Februar 2021, 23:37
Zu den Kindsmorden und der Gewalt in der Gesellschaft: So sicher wäre ich mir nicht, dass man sowas nicht zum Beispiel durch einen starken Staat oder durch eine entsprechende Kultur, die soetwas verabscheut, regulieren kann.
Sicher. Nur das "kostet" halt. Wenn der Staat investieren muß, um junge Männer zu kontrollieren die keine Frauen abkriegen, kann er eben nicht woanders investieren. Und je krasser die Verhältnisse sind, desto mehr. Das wird beliebig schwierig, denn die "Muskeln" der Kontrolle sind i.d.R. auch junge Männer. Das ist ein Pulverfass, und halt komplett unnötig.