Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Allgemein Katholisches.
philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Danke für deine ausfürhliche Antwort Tris.
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 00:27
Schau mal hier, unter "II. Primacy of Peter’s Apostolic See". Ist Dir Clemens von Rom, 4. Papst, AD 96 früh genug?
Und das, was ich über den bloßen Ehrenvorrang des römischen Bischofs gehört habe ist also falsch? Es gab immer einen Papst, der echter Papst war und sich auch so gesehen hat?
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 00:27
Ich dachte Du wärest katholisch?
Bin ich getauft, gefirmt und versuche den Glauben zu praktizieren? Ja.
Würde man mich zwingen auf einen Glauben zu wetten, würde ich dann auf den Katholischen wetten? Ja.
(Glaube ich wirklich fest daran? Leider nein. Bin ich verunsichert wer denn nun recht haben könnte? Leider ja.)
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 00:27
Die Ablehnung des "filioque" (als theologisches Konzept, die Rechtmäßigkeit das Credo zu ändern ist eine andere Frage) ist ein direkter Angriff auf den Sohn und den Heiligen Geist.
Das stammt von Aquin, nur habe ich es nie verstanden. Vielleicht komme ich ja mal drauf, was er damit gemeint hat, dass Sohn und Heiliger Geist ineinander "verschwimmen".
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 00:27
Die Zurücknahme der Wiedervereinigung mit der katholischen Kirche aufgrund des Drucks der Laien zeigte ohne jeden Zweifel, daß die orthodoxen "Hirten" von ihren Schafen vor sich hergetrieben werden.
ich konnte nichts zu Wiedervereinigungsversuchen zwischen KK und Orthodoxie finden außer irgendein Schreiben aus den 90ern. Hast du vielleicht ein Stichwort für mich :) ?
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 00:27
Die Haltung der Orthodoxen zum Papst kann man interessanterweise numerisch ausschließen. Weil es 12 Apostel gab, haben die Orthodoxen unrecht. Das überlasse ich dem geneigten Leser als Denksportaufgabe. ;)
Bitte um Auflösung :breitgrins:

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 02:10
Und das, was ich über den bloßen Ehrenvorrang des römischen Bischofs gehört habe ist also falsch? Es gab immer einen Papst, der echter Papst war und sich auch so gesehen hat?
In dem Sinne, daß es seit Deiner Geburt immer einen Philipp gab, der echter Philipp war und sich auch so gesehen hat. Ob ich jetzt anhand eines Erwachsenenphotos Dich in einem alten Kindergartenphoto mit Dutzenden anderer Kinder wiederfinde, ist eine andere Frage.
philipp hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 02:10
Das stammt von Aquin, nur habe ich es nie verstanden. Vielleicht komme ich ja mal drauf, was er damit gemeint hat, dass Sohn und Heiliger Geist ineinander "verschwimmen".
Gott ist einfach. Die einzige Unterscheidungsmöglichkeit "innerhalb" Gottes die drei echte Personen etablieren kann ohne diese Einfachheit zu zerstören ist eine Beziehung. Es ist also nicht so, daß Vater und Sohn existieren, und dann eine Beziehung haben, nämlich daß der Sohn aus dem Vater hervorgeht. Wie gesagt, die einzige Unterscheidungsmöglichkeit ist die Beziehung selber. Wir haben die Worte "Vater" und "Sohn" erstmal also garnicht. Es ist vielmehr so, daß wir im einfachen Gott sagen können: "Gott geht aus Gott hervor". Und dann nennen wir den, der hervorgeht "Sohn", und den, aus dem hervorgeht "Vater". Die Beziehung definiert die Bezeichnungen, nicht umgekehrt!

Also, aus "Gott geht aus Gott hervor" folgt "Vater" und "Sohn" als Anfang und Ende eben dieser Beziehung.

Was sagt der Katholizismus als nächste Beziehung?
"Aus Gott, aus dem Gott hervorgeht, und aus Gott, dem so hervorgegangen, geht Gott hervor."

Das wiederholt "Vater" und "Sohn" im ersten Teil, wie oben besprochen, und benutzt dies um den "Heiligen Geist" wieder per Beziehung zu definieren. Wenn wir "Heiliger Geist" sagen, meinen wir den Gott, der nicht nur aus Gott, sondern eben auch aus Gott-der-aus-Gott-hervorging, hervorgeht. "Heiliger Geist" ist der Gott mit zwei, nicht einer, Quellen des Hervorgehen, "Vater" und "Sohn". "Sohn" ist der Gott mit einer Quelle des Hervorgehens, "Vater". "Vater" ist der Gott ohne Quelle des Hervorgehens. Drei Personen durch hervorgehen 2, 1, 0.

Was sagen die Orthodoxen als nächste Beziehung?
"Gott geht aus Gott hervor", mit "Vater" und "Heiliger Geist" als Anfang und Ende eben dieser Beziehung.

Aber momentan mal, das geht nicht! Die Beziehung hatten wir oben schonmal, genau so. Wir haben damit "Sohn" als den Hervorgehenden definiert. Wir können hier nicht "Heiliger Geist" dazu sagen, außer wir meinen das als Synonyme für genau dieselbe Person. Die Unterscheidung ist in der Beziehung, nicht in unseren Worten. Die Worte sind nur unser Hilfsmittel um uns zu erinnern von wem wir reden. Aber die Personen werden von den Beziehungen unterschieden, nicht von unseren Worten für die Endpunkte. Ich könnte die auch "Hans, Max, und Karl" nennen. Es sind nur Worte...

Ich hoffe das macht Sinn. Sobald man verstanden hat, daß die Unterscheidung in den göttlichen Beziehungen steckt, und alleine darin, ist sofort klar, daß die Orthodoxen Unsinn reden. Sie verwechseln entweder menschliche Worte mit göttlichen Realitäten, oder sie machen aus drei göttliche Personen zwei, mit Sohn und Heiliger Geist als derselben Person: zwei Personen durch hervorgehen, eine davon zweimal genannt: 1, nochmal 1, 0. Diese Logik ist schlicht unangreifbar. Man kann höchstens die Voraussetzung angreifen. Aber dann stellt man in Frage, daß Gott eins ist, und wird Tritheist. Nur die katholische Lehre ist mir der Trinität kompatibel.
philipp hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 02:10
ich konnte nichts zu Wiedervereinigungsversuchen zwischen KK und Orthodoxie finden außer irgendein Schreiben aus den 90ern. Hast du vielleicht ein Stichwort für mich :) ?
Konzil von Ferrara / Florenz mit dem Erzbösewicht (oder heroischem Heiligen) Markus von Ephesus...
philipp hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 02:10
Bitte um Auflösung :breitgrins:
Du hast etwas Wichtiges zu entscheiden, in einer Gruppe von 12 Leuten, und es gibt Streit. Welches Problem könnte sich ergeben?

Germanus
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Germanus »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 04:30
Ich hoffe das macht Sinn. Sobald man verstanden hat, daß die Unterscheidung in den göttlichen Beziehungen steckt, und alleine darin, ist sofort klar, daß die Orthodoxen Unsinn reden.
Dass das alles nach logischer Folgerung und Überlegung völlig sinnvoll erscheint, macht es nicht gerade glaubwürdiger nach orthodoxem Verständnis: Es ist ja gerade der als zerstörerisch empfundene Wille zur Aufdröselung, den der Osten nicht mittragen will und der ihn dazu gebracht hat, sich vom Westen abzukoppeln. In meinen Augen sehr zu recht und glücklicherweise übrigens. Die gutgemeinte Großherzigkeit, wenn z.B. das "filioque" einfach weggelassen wird, um bestimmten - Unierten oder Orthodoxen - nicht zu nahe zu treten, entpuppte sich folglich ja wohl als Glaubensschwindel, wenn es da um korrekte Definitonsfragen ginge, wie im Zitat oben angedeutet wird.
Eben darum gilt orthodoxerseits ja nicht das alleinige Konzilsprinzip (dass ein Konzil allein den Glaubensinhalt bestätigt), sondern das Kirchenprinzip: Allein das, was die Kirche glaubend zum Ausdruck bringt, gehört auch zum Glaubensfundament der Kirche, selbst wenn ein Konzil anderes beschließt. Das somit Falsche wurde und wird nämlich einfach nicht rezipiert, was natürlich einem modernen Theologen ungeheuerlich vorkommen mag: Ein "Großes und Heiliges Konzil" von Kreta 2016 soll nicht direkt anwendbar sein, wenn alle Bischöfe doch ihre Unterschrift gegeben haben? Das aber darf orthodoxerseits als gegeben angesehen werden (mal abgesehen von den recht umfänglichen Schönheitsfehlern dieser Synode...). Wenn der Glaube der Kirche durch neue Positionierungen angegriffen wird, hat in der Orthodoxie tatsächlich bislang immer die Rezeption durch die Kirche (= die Gesamtheit der Gläubigen) nicht stattgefunden.
Gruß G.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

Germanus hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 16:13
Dass das alles nach logischer Folgerung und Überlegung völlig sinnvoll erscheint, macht es nicht gerade glaubwürdiger nach orthodoxem Verständnis: Es ist ja gerade der als zerstörerisch empfundene Wille zur Aufdröselung, den der Osten nicht mittragen will und der ihn dazu gebracht hat, sich vom Westen abzukoppeln.
Worüber man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen. Aber worüber man sprechen kann, darüber muß man reden.

Germanus
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Germanus »

Gerade deshalb gibt es ja diese Zerwürfnisse: Weil seitens der Orthodoxie andere Maßstäbe gesetzt werden in Hinblick auf das Können und Dürfen von Menschen, die auf wissernschaftlicher Basis Theologie meinen betreiben zu müssen. Das ist natürlich schon eine Wertung meinerseits, allerdings soll sie zum Ausdruck bringen, dass es gute Gründe dafür gibt, die orthodoxen Maßstäbe gelten zu lassen.
Die Positionen, die von "Lycobates" immer sehr trefflich und schlüssig an anderer Stelle angeführt werden, gehören beispielsweise zu diesem theologischen Erbe, das in den Augen der Orthodoxie einfach zu jung ist, als dass es eine solche Gewichtung erhalten darf.
Gruß G.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

Germanus hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 19:57
Gerade deshalb gibt es ja diese Zerwürfnisse: Weil seitens der Orthodoxie andere Maßstäbe gesetzt werden in Hinblick auf das Können und Dürfen von Menschen, die auf wissernschaftlicher Basis Theologie meinen betreiben zu müssen. Das ist natürlich schon eine Wertung meinerseits, allerdings soll sie zum Ausdruck bringen, dass es gute Gründe dafür gibt, die orthodoxen Maßstäbe gelten zu lassen.
Das ungebildete Dorfdeppentum haben die Orthodoxen aber erst dann zum Maßstab der Theologie werden lassen, als sie vom Westen geistig, wirtschaftlich und akademisch komplett abgehängt wurden. In der Antike hatte der Osten keinerlei Probleme damit gebildete und intelligente Leute aktiv über Gott nachdenken zu lassen. Welcher der östlichen Kirchenväter entstammte denn bitte nicht den hochgebildeten (und reichen) Schichten der Zeit?

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 04:30
In dem Sinne, daß es seit Deiner Geburt immer einen Philipp gab, der echter Philipp war und sich auch so gesehen hat. Ob ich jetzt anhand eines Erwachsenenphotos Dich in einem alten Kindergartenphoto mit Dutzenden anderer Kinder wiederfinde, ist eine andere Frage.
Netter Vergleich :)
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 04:30
Gott ist einfach. Die einzige Unterscheidungsmöglichkeit "innerhalb" Gottes die drei echte Personen etablieren kann ohne diese Einfachheit zu zerstören ist eine Beziehung. Es ist also nicht so, daß Vater und Sohn existieren, und dann eine Beziehung haben, nämlich daß der Sohn aus dem Vater hervorgeht. Wie gesagt, die einzige Unterscheidungsmöglichkeit ist die Beziehung selber. Wir haben die Worte "Vater" und "Sohn" erstmal also garnicht. Es ist vielmehr so, daß wir im einfachen Gott sagen können: "Gott geht aus Gott hervor". Und dann nennen wir den, der hervorgeht "Sohn", und den, aus dem hervorgeht "Vater". Die Beziehung definiert die Bezeichnungen, nicht umgekehrt!

Also, aus "Gott geht aus Gott hervor" folgt "Vater" und "Sohn" als Anfang und Ende eben dieser Beziehung.

Was sagt der Katholizismus als nächste Beziehung?
"Aus Gott, aus dem Gott hervorgeht, und aus Gott, dem so hervorgegangen, geht Gott hervor."

Das wiederholt "Vater" und "Sohn" im ersten Teil, wie oben besprochen, und benutzt dies um den "Heiligen Geist" wieder per Beziehung zu definieren. Wenn wir "Heiliger Geist" sagen, meinen wir den Gott, der nicht nur aus Gott, sondern eben auch aus Gott-der-aus-Gott-hervorging, hervorgeht. "Heiliger Geist" ist der Gott mit zwei, nicht einer, Quellen des Hervorgehen, "Vater" und "Sohn". "Sohn" ist der Gott mit einer Quelle des Hervorgehens, "Vater". "Vater" ist der Gott ohne Quelle des Hervorgehens. Drei Personen durch hervorgehen 2, 1, 0.

Was sagen die Orthodoxen als nächste Beziehung?
"Gott geht aus Gott hervor", mit "Vater" und "Heiliger Geist" als Anfang und Ende eben dieser Beziehung.

Aber momentan mal, das geht nicht! Die Beziehung hatten wir oben schonmal, genau so. Wir haben damit "Sohn" als den Hervorgehenden definiert. Wir können hier nicht "Heiliger Geist" dazu sagen, außer wir meinen das als Synonyme für genau dieselbe Person. Die Unterscheidung ist in der Beziehung, nicht in unseren Worten. Die Worte sind nur unser Hilfsmittel um uns zu erinnern von wem wir reden. Aber die Personen werden von den Beziehungen unterschieden, nicht von unseren Worten für die Endpunkte. Ich könnte die auch "Hans, Max, und Karl" nennen. Es sind nur Worte...

(...)Diese Logik ist schlicht unangreifbar. Man kann höchstens die Voraussetzung angreifen. Aber dann stellt man in Frage, daß Gott eins ist, und wird Tritheist. Nur die katholische Lehre ist mir der Trinität kompatibel.
Ich danke dir für das Erkären und werde mir häppchenweise wieder die schwierige Lektüre von Aquin einverleiben.

Aber was mir spontan einfällt, das ich dir entgegenhalten würde, ist, dass man die Personen über die Relationen unterscheiden kann, nämlich genau dann, wenn die Relation "Vater-Sohn" anders gestaltet ist als die Relation "Vater-Hl.Geist". Was ich meine, könnte man in folgenden Zeilen von Aquin angedeutet sehen:
S.Th. q.36 art 2 hat geschrieben:Denn es ist oben gesagt worden, daß der Sohn hervorgeht gemäß der Weise der Vernunft als Wort; der heilige Geist gemäß der Weise des Willens als Liebe
Daraus schließe ich, dass ein Hervorgehen aus dem Sohn nicht notwendig ist, weil die beiden Relationen Vater-Sohn und Vater-HlGeist sich unterscheiden.
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 04:30
Konzil von Ferrara / Florenz mit dem Erzbösewicht (oder heroischem Heiligen) Markus von Ephesus...
danke vielmals :hutab:

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

@Germanus

Man lässt die Gesamtheit der Gläubigen entscheiden. Wie soll das dann bitte aussehen? Ich habe gerade zuletzt mit zwei Freunden über Politik diskutiert. An irgendeinem Punkt ging es darum, was das Volk über Sebastian Kurz denkt. Während der eine meinte, dass die meisten den Kurz ganz gut finden und ein paar halt ein bisschen was an ihm kritisieren, hat der andere die Spaltung des Landes in dieser Frage herbeibeschwört.

Also abgesehen davon dass das Gottesvolk als Masse fehleranfällig ist, was gute Entscheidungen betrifft, so ist es darüber hinaus sehr schwierig überhaupt herauszufinden, was das Volk denkt.

Wenn ich Trisagion frage, welche Meinungen er unter dem Gottesvolk für populär hält, bekomme ich vermutlich ganz andere Antworten, als wenn ich die alte nette Dame in meiner Pfarre frage :hae?:

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Protasius
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Protasius »

philipp hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 22:20
@Germanus

Man lässt die Gesamtheit der Gläubigen entscheiden. Wie soll das dann bitte aussehen? Ich habe gerade zuletzt mit zwei Freunden über Politik diskutiert. An irgendeinem Punkt ging es darum, was das Volk über Sebastian Kurz denkt. Während der eine meinte, dass die meisten den Kurz ganz gut finden und ein paar halt ein bisschen was an ihm kritisieren, hat der andere die Spaltung des Landes in dieser Frage herbeibeschwört.

Also abgesehen davon dass das Gottesvolk als Masse fehleranfällig ist, was gute Entscheidungen betrifft, so ist es darüber hinaus sehr schwierig überhaupt herauszufinden, was das Volk denkt.

Wenn ich Trisagion frage, welche Meinungen er unter dem Gottesvolk für populär hält, bekomme ich vermutlich ganz andere Antworten, als wenn ich die alte nette Dame in meiner Pfarre frage :hae?:
Soweit meine Kenntnis der Kirchengeschichte reicht, war auf dem Höhepunkt der arianischen Krise ein Großteil des Kirchenvolks (wie auch der Hierarchie) der Ansicht, daß Arianismus völlig in Ordnung sein. Wie der hl. Hieronymus es einige Jahrzehnte später beschrieb: »Die Welt erwachte mit einem Stöhnen und entdeckte, dass sie arianisch war.«
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Protasius hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 22:33
Soweit meine Kenntnis der Kirchengeschichte reicht, war auf dem Höhepunkt der arianischen Krise ein Großteil des Kirchenvolks (wie auch der Hierarchie) der Ansicht, daß Arianismus völlig in Ordnung sein. Wie der hl. Hieronymus es einige Jahrzehnte später beschrieb: »Die Welt erwachte mit einem Stöhnen und entdeckte, dass sie arianisch war.«
Was willst du damit zeigen?

Wenn schon in der Gegenwart die Meinung des Gottesvolkes schwer zu fassen ist, wie soll sie dann rückblickend greifbar sein?

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 22:10
S.Th. q.36 art 2 hat geschrieben:Denn es ist oben gesagt worden, daß der Sohn hervorgeht gemäß der Weise der Vernunft als Wort; der heilige Geist gemäß der Weise des Willens als Liebe
Daraus schließe ich, dass ein Hervorgehen aus dem Sohn nicht notwendig ist, weil die beiden Relationen Vater-Sohn und Vater-HlGeist sich unterscheiden.
Das schließt Du aus Sätzen die in genau der Frage stehen, in der Thomas die Notwendigkeit der Vorhergehens aus dem Sohn beweist, und wo er nur ein paar Zeilen drüber schreibt:
ST Iª q. 36 a. 2 co.
Es ist also notwendig, daß Sohn und heiliger Geist durch einander entgegengesetzte Relationen zu einander bezogen werden. Es können nun in Gott keine einander entgegengesetzte Relationen bestehen außer auf Grund des Ursprungs. (Kap. 28, Art. 4.)
Und warte mal, hast Du da nicht vielleicht einfach etwas weggelassen? Schauen wir nochmal hin, was Thomas da wirklich schreibt...
ST Iª q. 36 a. 2 co.
Denn es ist oben gesagt worden, daß der Sohn hervorgeht gemäß der Weise der Vernunft als Wort; der heilige Geist gemäß der Weise des Willens als Liebe. Es ist aber notwendig, daß die Liebe vom Worte ausgeht. Denn wir lieben nur, was wir kennen; nämlich was wir durch die Vernunft auffassen. Und somit ist offenbar, daß der heilige Geist vom Sohne ausgeht.
Der Grund warum er die beiden Beziehungen in Analogie mit Vernunft und Liebe bezeichnet, ist genau, daß die eine (Vernunft) nur vom Vater ausgeht, und die andere (Liebe) vom Vater und Sohn ausgeht. Die Idee hier ist gerade, daß man um etwas zu wollen man es erstmal erkennen muß, und wenn das Vorhergehen des Logos in Gott analog zu unserem Erkennen ist, dann ist eben das Vorgehen des Heiligen Geist analog zu unserem Lieben, weil er sowohl aus Gott dem Vater als "Quelle" als auch aus Gott dem Sohn als "Erkennen" stammt.

Du hast hier also ganz zweifelsohne dem Thomas das Wort im Mund herumgedreht, und so getan als ob sein Argument ein Gegenargument ist. Ich finde das schon ziemlich grenzwertig... Wenn Du hier aber nun allen Ernstes behaupten willst, daß diese Terme nicht analog verwendet werden mit Hinsicht eben auf die Form des Hervorgehens, sondern eigenständig... dann erläutere doch mal die Unterschiede. Meinst Du etwa der Sohn sei vom Vater weniger oder gar nicht geliebt? Der Heilige Geist wird vom Vater weniger oder gar nicht verstanden? Erzähl uns doch mal näher, wie sich diese Beziehungen denn nun konkret unterscheiden. Ich bin schon mal sehr gespannt, wie das mit der Einfachheit und Allmacht Gottes zusammengeht.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Tris, du hast vollkommen recht mit deinen Eingangsausführungen, ich erkläre dir wie es dazu kommen konnte. Es war reine Naivität. Ich habe gerade Aquin gelesen und wusste natürlich dass er FÜR das Filioque ist. Gleichzeitig fand ich aber dass diese Zeilen recht gut ausdrücken, was ich dir sagen will, also dass die Relationen an sich verschieden sein können.
Dass ich damit Aquin verfälsche habe ich einfach nicht bedacht... Aber durch deine Richtigstellung sollte der Schaden gering sein. Ich vermute mal, dass niemand isoliert meinen Beitrag lesen wird.

Aber lassen wir das Zitat weg. Was konkret spricht dagegen dass die Relation anders geartet ist und dadurch auch die beiden Personen Sohn und Geist anders geartet sind? Kannst du nur dagegen argumentieren, wenn ich dir konkret schildere wie genau sich die Relationen unterscheiden? Das werde ich dir nämlich nicht liefern können.

Es ist ein einfacher Einwand von mir, weil du meintest dass Sohn und Geist notwendigerweise zusammenfallen, sobald beide nur vom Vater kommen. Für mich persönlich wirkt dieser Schluss nicht notwendig, zumindest solange ich nicht weiß, warum eine unterschiedliche Relation unmöglich ist.

Du musst mich hier auch nicht widerlegen, vielleicht widerlegt mich das Studium des Aquin. Zumindest jetzt wo ich deine grundsätzliche Einleitung zu Aquins Argumentation habe :daumen-rauf: .

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Montag 4. Januar 2021, 01:08
Was konkret spricht dagegen dass die Relation anders geartet ist und dadurch auch die beiden Personen Sohn und Geist anders geartet sind? Kannst du nur dagegen argumentieren, wenn ich dir konkret schildere wie genau sich die Relationen unterscheiden? Das werde ich dir nämlich nicht liefern können.
Wir betrachten also Gott unabhängig von der Schöpfung. Er ist ein immaterieller Geist, es gibt keine körperlichen Eigenschaften Gottes. Er hat keine Teile. Er hat nichts Akziendentales, er gibt keine zufälligen oder gewählten Eigenschaften. Er hat nichts Potentiales, er ist reiner Akt, es gibt keine Eigenschaften was er tun oder werden könnte. Alles was er tut, tut er. Er ist ewig, es gibt keine zeitlichen Eigenschaften. Er ist unendlich, es gibt keine räumlichen Eigenschaften. Er ist unveränderlich, es gib keine Eigenschaften des vorher und nachher, kein Ändern mit oder durch. Seine Existenz ist notwendig, nicht bedingt. Es gibt keine bedingenden Eigenschaften. Gutheit, Wahrheit, Schönheit sind in ihm in absoluter Perfektion und ununterscheidbarer Einheit, es gibt keine Eigenschaft des mehr oder weniger von dies oder jenem. Alles Wissen, Denken, Wollen ist in Gott eine einziger Schritt, eine einzige Operation ist, nicht etwa ein Prozeß mit irgendwelchen auflösbaren Eigenschaften. Usw.

Nun, alle Personen Gottes sind dieser eine Gott dessen "Eigenschaften" (oder deren Abwesenheit) ich gerade aufgelistet habe. Dann erzähle mir mal bitte, wie Du da jetzt eine differenzierte Beziehung mit einer Person gegenüber der anderen aufziehen willst? Woran machst Du das jetzt bitte fest? Wenn ich sage, daß ich Max mehr mag als Karl, dann hat das etwas mit den Eigenschaften der beiden zu tun, mit ihren Unterschieden. Wo sind denn jetzt bitte die Unterschiede, wenn alle derselbe Gott sind, und es schlicht keinerlei "zweitrangige" Eigenschaften gibt, an denen man hier irgendetwas festmachen könnte? Das geht nicht mal willkürlich, zufällig, denn um zwischen zwei Dingen zu wählen, müssen da erstmal zwei Dinge sein. Aber bei den Personen Gottes ist da nur ein "Ding", Gott eben. Sie sind alle derselbe Gott. Und "derselbe" ist hier eben allumfassend, es ist nicht so, daß man sagen kann, daß sie derselbe Gott sind, aber der eine hat ein Geburtsmal am linken Fuß, oder ein Faible für Bach, oder was weiß ich. Gott ist wirklich bis an die Grenzen menschlicher Vorstellungskraft eine komplett ununterscheidbare Einheit, ohne das kleinste bißchen Überfluß oder Fett oder Anhang.

Es scheint also komplett unmöglich zu sein irgendeine Unterscheidung irgendeiner Art zu treffen, das Ende der Trinität naht, vielleicht hatten die Juden doch recht? Aber halt, wenn man im Kreis läuft, ist man wieder genau da wo man angefangen hat, ist aber doch im Kreis gelaufen. Das einzige was man bei diesem Teflon-Gott, an dem jede Unterscheidung abgleitet, tun kann ist von Gott auf Gott zu zeigen. Gott als Ursprung, Gott als Ziel, im Kreis herum. Das geht, weil ich nicht in den Endpunkten (Gott... und wieder Gott) unterscheide, sondern nur darin, daß ich fort gehe von einem Anfangspunkt und auf einen Endpunkt zugehe. Auch wenn ich dabei im Kreise gehe, weil die derselbe Punkt sind, ist doch etwas passiert: ich bin im Kreis gegangen. Und genau deshalb sagt Thomas, daß die einzige mögliche Beziehung die einen Gegensatz in Gott beschreiben kann die des Hervorgehens von Gott aus Gott ist. Weil das zwar im Kreis geht, aber sich eben doch bewegt.

Nimm also Deinen Zeigefinger und schlage einen Kreis in der Luft. Worauf zeigst Du? Denselben Punkt (denselben Gott). Aber dennoch ist die Situation anders als bevor Du den Kreis geschlagen hast. In einem gewissen Sinne sind das jetzt zwei Punkte in einem. Inwiefern? Nun, es ist zwar derselbe Punkt, aber wenn man den Kreis bedenkt, ist es anderseits sowohl der Anfangspunkt als auch der Endpunkt. Man kann von einer Unterscheidung durch den Kreis in zwei Dinge reden, obwohl Dein Finger genau am gleichen Punkt ist.

Und jetzt? Nun, mach es nochmal, schlag einen zweiten Kreis in der Luft. Jetzt hast Du offenbar einen dritten Punkt der wieder der gleiche Punkt ist. Das Ende des zweiten Kreises ist wieder derselbe Punkt, der aber von den anderen Kreis-mäßig unterschieden ist, es ist der Doppelkreis-Punkt. Der Anfang von diesem zweiten Kreis ist aber merkwürdig. In welchem Punkt haben wir denn den zweiten Kreis dann angefangen? In demselben Punkt. Ja, schon. Aber wenn man im Sinn des ersten Kreises nachdenkt, haben wir vom Anfangspunkt oder vom Endpunkt des ersten Kreises aus den zweiten Kreis geschlagen? Das kann man nicht sagen, sie sind ja derselbe Punkt. Wirklich derselbe Punkt, sie liegen nicht übereinander oder so. Trotzdem war da ja der erste Kreis und wenn man die Unterscheidung ins Spiel bringen will, dann ging der zweite Kreis wohl ... von beiden aus?

Ja, von beiden. Wenn man will, kann man hier auch sagen: von dem Anfangspunkt durch den Endpunkt des ersten Kreises hindurch in den zweiten Kreis... und genau das ist dann auch die einzige Alternative zum einfachen "beide" des "filioque" bei den Kirchenvätern. Aber es ist wohl hoffentlich klar, daß man nicht behaupten kann, der zweite Kreis ging nicht vom Endpunkt des ersten Kreises aus, wie die Orthodoxen. Das... ja das geht einfach nicht, ist strikt unmöglich.

(Nebenbei habe ich hier wohl ein neues Zeichen für die Trinität erfunden: mit dem Zeigefinger einen doppelten Kreis in die Luft schlagen. ;D )

Germanus
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Germanus »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 4. Januar 2021, 04:14
... kann man hier auch sagen: von dem Anfangspunkt durch den Endpunkt des ersten Kreises hindurch in den zweiten Kreis... und genau das ist dann auch die einzige Alternative zum einfachen "beide" des "filioque" bei den Kirchenvätern. Aber es ist wohl hoffentlich klar, daß man nicht behaupten kann, der zweite Kreis ging nicht vom Endpunkt des ersten Kreises aus, wie die Orthodoxen. Das... ja das geht einfach nicht, ist strikt unmöglich.

(Nebenbei habe ich hier wohl ein neues Zeichen für die Trinität erfunden: mit dem Zeigefinger einen doppelten Kreis in die Luft schlagen. ;D )

[Und auch das:]

Das ungebildete Dorfdeppentum haben die Orthodoxen aber erst dann zum Maßstab der Theologie werden lassen, als sie vom Westen geistig, wirtschaftlich und akademisch komplett abgehängt wurden. In der Antike hatte der Osten keinerlei Probleme damit gebildete und intelligente Leute aktiv über Gott nachdenken zu lassen. Welcher der östlichen Kirchenväter entstammte denn bitte nicht den hochgebildeten (und reichen) Schichten der Zeit?
Das ist eine sehr reine und klare Darlegung der Unterschiede, die zeigen, dass die katholische Kirche und die orthodoxe Kirche nicht einfach "Lungenflügel" sind oder "orientalisch-griechisch-slawische" und "lateinische" Kirche. Die beiden Zitate von Trisagion oben zeigen nämlich das ganze Dilemma auf, das zu einem sich unterscheidenden Glauben geführt haben mag. Wenn gesagt wird, dass Orthodoxe und Katholiken ja eigentlich nur noch ein bisschen die Primatsfrage trennt, dann kommt das argumentativ aus Trisagions Kulturecke: Es ist das Bildungstheologentum, dem die baumhockenden Dorfdeppen nichts vormachen können. Die, leider Gottes, doch großen Glaubensunterschiede werden erst deutlich, wenn der Maßstab der Theologie nicht in einer mehr oder weniger künstlich definierten Kulturhoheit eines Denksystems gesucht wird. Schon die Gebrüder Grimm haben die Kategorie der Kultur, die sich fast ausschließlich im griechisch-römischen Kulturkreis beheimatet sieht, zumindest in Frage gestellt (durch die Anerkennung der kulturellen Höchstleistungen der "Dorfdeppen" z.B.). Dass sich die Gleichung "Kultur entspricht dem, was die Grundlage unserer europäischen Wissenschaftlichkeit ausmacht" bis heute halten konnte, ist eigentlich schon ein Zeichen für ihre Borniertheit. Übrigens geht es mir nicht darum, dieses wissenschaftliche Denksystem abzuwerten! Es wäre nur an der Zeit, seine Grenzen zu erkennen. Zumindest dem Christentum hat diese fehlende Erkenntnis viel Schaden zugefügt. Die röm.-kath. Kirche dürstet ja schon seit Jahrhunderten, so meine ich jedenfalls, nach der befreienden Antwort. Dass die Hochgebildeten seinerzeit angemessen über Gott nachdenken konnten, entstammt einer wirklichen Symphonie ihres Glaubenslebens und ihrer Bildung. Aber der "Dorfdepp" stand theologisch auf gleichem Niveau. (Dem widerspricht nicht, dass es natürlich damals und heute Menschen gab und gibt, die für andere Dinge gemacht sind, als das Nachdenken und Vermitteln solcher Inhalte! Auch das ist ganz klar.) Ehrlich gesagt hatte ich nicht damit gerechnet, dass dieser alte - aber dadurch nicht richtiger werdende - Vorwurf einer Wissenschaftsfeindlichkeit der Orthodoxen hier auftauchen könnte; ich finde ihn recht plump. Das erinnert mich wieder an den oben zitierten Satz von Trisagion:
"Aber es ist wohl hoffentlich klar, daß man nicht behaupten kann, der zweite Kreis ging nicht vom Endpunkt des ersten Kreises aus, wie die Orthodoxen. Das... ja das geht einfach nicht, ist strikt unmöglich."
Dazu sage ich nur: Lass Dich eines Besseren belehren! :freude:
Gruß G.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

Germanus hat geschrieben:
Montag 4. Januar 2021, 10:05
Dass sich die Gleichung "Kultur entspricht dem, was die Grundlage unserer europäischen Wissenschaftlichkeit ausmacht" bis heute halten konnte, ist eigentlich schon ein Zeichen für ihre Borniertheit.
Jedes Ding hat seinen Platz. Wer weiß was Du hier genau mit "Kultur" meinst... Aber habe ich Ikonen angegriffen? Nein. Habe ich über das Jesusgebet gelästert? Nein. Mich über Gottesdienste im Stehen mockiert? Keineswegs. Liturgische Sprache bewertet? Auch nicht. Usw.

Wozu habe ich etwas gesagt? Zur Analyse der Orthodoxen wie Gott aus Gott hervorgeht. Warum? Weil ihre Analyse nachweisbar falsch ist. Wie kann ich das wissen? Weil Analysen nach logischen Prinzipien funktionieren und beurteilt werden können. Und weil ich derlei, mit Verlaub, gut kann und noch dazu Zugriff auf die vorhergehende Analyse eines der größten Genies der Menschheitsgeschicht habe.

Will nun ein Orthodoxer sagen, daß diese Aussagen gar keine Analyse logischer Natur sind... OK, es fällt mir schwer einfache Aussagesätze nicht auf ihren Inhalt durchzulesen, und ich finde es bedenklich Inspiration in Worten zu suchen, die sich bei näherer Betrachtung des Inhalts als Falschaussagen erweisen. Aber meinetwegen, man kann definitv auch mit Dadaismus auf den Lippen selig werden. Bitte sehr.

Nur wenn das die Position ist, dann will ich bitte kein einziges Wort mehr zum "filioque" hören. Jedenfalls nichts in der Richtung, daß das "filioque" inhaltlich falsch ist. Über Kirchenrecht, Papst und Credo kann man selbstverständlich dann noch reden, das ist eben etwas anderes.

Die Orthodoxen können also gerade machen was sie wollen, sicherlich kulturell. Vielleicht sind sie ja wirklich überlegen in Spiritualität und Heiligkeit, und die Lösung aller Probleme der westlichen Kirche. Kann alles sein. Und ich will ihnen sogar Falschaussagen lassen, wenn sie meine, damit selig zu werden. Aber wenn sie auf das Spielfeld der Analyse treten, und behaupten die westliche Analyse der Trinität sei falsch - tja, dann wird eben nach den Spielregeln eben der Analyse vorgegangen. Und das Ergebnis ist eindeutig, sie haben Unrecht. Es gibt nicht zwei Wahrheiten. Es gibt nur eine. Und wie die Wahrheit in dem begenzten Raum der Analyse feststellbar ist, ist bekannt.
Germanus hat geschrieben:
Montag 4. Januar 2021, 10:05
Dass die Hochgebildeten seinerzeit angemessen über Gott nachdenken konnten, entstammt einer wirklichen Symphonie ihres Glaubenslebens und ihrer Bildung. Aber der "Dorfdepp" stand theologisch auf gleichem Niveau.
Zeugnisse tiefen Glaubens ohne großen analytischen Tiefgang aber mit viel Weisheit haben wir ja auch aus dem Osten - aus der Wüste. Diese Schriften halte ich keineswegs für weniger wertvoll, nur halt für anders. Dorfdeppen waren die Leute aber auch nicht. Und weißt Du was sie auf keinen Fall getan hätten? Der theologischen Analyse eine Kirchenvaters zu widersprechen. Das war nicht ihr Ding, darum ging es ihnen nicht.

Jeder orthodoxe Dorfdepp ein Wüstenvater, und jeder Wüstenvater ein besserer Kirchenvater - das ist hier die Linie. Sie ist absurd und historisch gesehen offensichtlich falsch.
Germanus hat geschrieben:
Montag 4. Januar 2021, 10:05
Das erinnert mich wieder an den oben zitierten Satz von Trisagion:
"Aber es ist wohl hoffentlich klar, daß man nicht behaupten kann, der zweite Kreis ging nicht vom Endpunkt des ersten Kreises aus, wie die Orthodoxen. Das... ja das geht einfach nicht, ist strikt unmöglich."
Dazu sage ich nur: Lass Dich eines Besseren belehren! :freude:
Oh, bitte sehr. Im Gegensatz zu den Orthodoxen halte ich mich strikt an die Spielregeln der Analyse. Wenn ich sage, daß etwas falsch ist, renne ich nicht anschließend wimmernd weg und halte mir die Ohren zu. Sondern ich stehe Rede und Antwort, allem und jedem.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 4. Januar 2021, 04:14
philipp hat geschrieben:
Montag 4. Januar 2021, 01:08
Was konkret spricht dagegen dass die Relation anders geartet ist und dadurch auch die beiden Personen Sohn und Geist anders geartet sind? Kannst du nur dagegen argumentieren, wenn ich dir konkret schildere wie genau sich die Relationen unterscheiden? Das werde ich dir nämlich nicht liefern können.
(...)
Und jetzt? Nun, mach es nochmal, schlag einen zweiten Kreis in der Luft. Jetzt hast Du offenbar einen dritten Punkt der wieder der gleiche Punkt ist. Das Ende des zweiten Kreises ist wieder derselbe Punkt, der aber von den anderen Kreis-mäßig unterschieden ist, es ist der Doppelkreis-Punkt. Der Anfang von diesem zweiten Kreis ist aber merkwürdig. In welchem Punkt haben wir denn den zweiten Kreis dann angefangen? In demselben Punkt. Ja, schon. Aber wenn man im Sinn des ersten Kreises nachdenkt, haben wir vom Anfangspunkt oder vom Endpunkt des ersten Kreises aus den zweiten Kreis geschlagen? Das kann man nicht sagen, sie sind ja derselbe Punkt. Wirklich derselbe Punkt, sie liegen nicht übereinander oder so. Trotzdem war da ja der erste Kreis und wenn man die Unterscheidung ins Spiel bringen will, dann ging der zweite Kreis wohl ... von beiden aus?

Ja, von beiden. Wenn man will, kann man hier auch sagen: von dem Anfangspunkt durch den Endpunkt des ersten Kreises hindurch in den zweiten Kreis... und genau das ist dann auch die einzige Alternative zum einfachen "beide" des "filioque" bei den Kirchenvätern. Aber es ist wohl hoffentlich klar, daß man nicht behaupten kann, der zweite Kreis ging nicht vom Endpunkt des ersten Kreises aus, wie die Orthodoxen. Das... ja das geht einfach nicht, ist strikt unmöglich.
Dein Vergleich ist ein schönes Bild für das was Aquin schreibt. Das Problem ist dennoch, dass es mir nicht hilft. Ich müsste zuerst einmal verstehen, warum eine Relation nicht verschieden geartet sein kann. Ich möchte es wie folgt versuchen und dir ausgehend von deinen Gedanken Fragen stellen, die mich näher an die Wahrheit bringen könnten:
Tris hat geschrieben:dann ist eben das Vorgehen des Heiligen Geist analog zu unserem Lieben, weil er sowohl aus Gott dem Vater als "Quelle" als auch aus Gott dem Sohn als "Erkennen" stammt.
1. Ist der Sohn nicht vielmehr "der, der erkannt wird" als das "Erkennen" selbst?
2. Sollte es demnach nicht vielmehr heissen, dass der Heilige Geist aus der Liebe zwischen "Quelle" und dem "Erkannten" hervorgeht. (Quelle liebt Erkanntes, aus der Liebe strömt der hl.Geist.)
Tris hat geschrieben:Wenn Du hier aber nun allen Ernstes behaupten willst, daß diese Terme nicht analog verwendet werden mit Hinsicht eben auf die Form des Hervorgehens, sondern eigenständig. (Farbe von mir eingefügt)
Was meinst du mit diesem Satz? Ich sage ja dass es einen Unterschied in den Relationen gibt. Und dieser Unterschied kann in der Form des Hervorgehens liegen. Die eine Person entsteht aus Liebe der andere aus Erkennen. Wozu brauche ich nun für das Lieben eine zwei Personen. Kann Gott Vater nicht einfach zuerst Erkennen und dann Lieben?

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Germanus hat geschrieben:
Montag 4. Januar 2021, 10:05
Dazu sage ich nur: Lass Dich eines Besseren belehren! :freude:
Entweder verstehe ich hier etwas nicht (Humor,Sarkasmus .. ) oder ich muss es komisch finden, dass du uns zwar sagst, du könntest Tris eines Besseren belehren, du ihn dann aber nicht belehrst.

Germanus
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Germanus »

Vielleicht die einfache Antwort auf den jüngsten Einwand zuerst: Ich hatte nicht geschrieben, Trisagion eines Besseren belehren zu wollen: Er könne sich eines Besseren belehren lassen, was natürlich auch offen lässt, von wem, das gebe ich zu. Ich dachte an das Wehen des Heiligen Geistes...
Nun zum weitaus schwereren Antwortversuch:
Trisagion hat mit einem Schulterzucken gefragt, wo er denn irgendeine Gehässigkeit vorgebracht hätte. Natürlich hat er das nicht und ich habe aus keinem Satz irgendeinen Angriff herausgelesen! Die gute Seite dieser Diskussion zeigt sich im Verlauf: Trisagions Antwort mit seiner Entschuldigung bezieht sich auf Einlassungen, die ich in keinem Moment als Angriffe gewertet habe, sondern als schlichte Diskussionspunkte. In der Analyse nicht sehr stark, kann ich jedem seiner Punkte völlig zustimmen. Der einzige Punkt, bei dem wir nicht zusammenkommen, ist aber wohl der entscheidende: Der "Osten" braucht nicht bis zur Analyse zu gehen, um Antworten zu bekommen, die auch intellektuell stimmig und befriedigend sind. Das hat im Grund wohl aber auch nicht mit dem Kulturbegriff zu tun, der im Raum schwebt: Die Kultur besteht u.a. in der Art und Weise, wie eine Person mit dem geistigen Erbe umgeht, das sie erhalten hat oder sich aneignen konnte. Deswegen trägt jede Person eine gewisse Verantwortung, wie sie mit der Kultur umgeht. Das ist auch der Punkt, wo ich keine Antwort mehr geben kann auf die Einwände von Trisagion: Es sind zwei Paar Schuhe, über etwas zu sprechen (in unserem Fall sogar sehr logisch und stimmig) oder eine persönlich gelebte Wirklichkeit analytisch zurechtzurücken (mit dem Ergebnis, dass scheinbarer Unsinn herauskommt!). Deswegen konnte ein (orth.) Bauernmönch vor 80 Jahren einem angesehenen (kath.) Theologen auf seine verwunderte Frage bzgl. der Lektüre der Mönche (die ihm sehr hochstehend erschien...) antworten: Sie lesen diese Bücher nicht nur, sondern könnten auch wieder gleichwertige Bücher verfassen, wenn die alten zerstört würden. Das wäre auch die Antwort auf die Schwierigkeit, wie die "Kirche" denn Falsches ausschließen kann: Weil die Glaubenswahrheiten der Kirche nicht zuerst Definitionen sind, sondern vor allem gelebt werden.
Gruß G.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

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Protasius
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Protasius »

Germanus hat geschrieben:
Montag 4. Januar 2021, 21:16
Vielleicht die einfache Antwort auf den jüngsten Einwand zuerst: Ich hatte nicht geschrieben, Trisagion eines Besseren belehren zu wollen: Er könne sich eines Besseren belehren lassen, was natürlich auch offen lässt, von wem, das gebe ich zu. Ich dachte an das Wehen des Heiligen Geistes...
Nun zum weitaus schwereren Antwortversuch:
Trisagion hat mit einem Schulterzucken gefragt, wo er denn irgendeine Gehässigkeit vorgebracht hätte. Natürlich hat er das nicht und ich habe aus keinem Satz irgendeinen Angriff herausgelesen! Die gute Seite dieser Diskussion zeigt sich im Verlauf: Trisagions Antwort mit seiner Entschuldigung bezieht sich auf Einlassungen, die ich in keinem Moment als Angriffe gewertet habe, sondern als schlichte Diskussionspunkte. In der Analyse nicht sehr stark, kann ich jedem seiner Punkte völlig zustimmen. Der einzige Punkt, bei dem wir nicht zusammenkommen, ist aber wohl der entscheidende: Der "Osten" braucht nicht bis zur Analyse zu gehen, um Antworten zu bekommen, die auch intellektuell stimmig und befriedigend sind. Das hat im Grund wohl aber auch nicht mit dem Kulturbegriff zu tun, der im Raum schwebt: Die Kultur besteht u.a. in der Art und Weise, wie eine Person mit dem geistigen Erbe umgeht, das sie erhalten hat oder sich aneignen konnte. Deswegen trägt jede Person eine gewisse Verantwortung, wie sie mit der Kultur umgeht. Das ist auch der Punkt, wo ich keine Antwort mehr geben kann auf die Einwände von Trisagion: Es sind zwei Paar Schuhe, über etwas zu sprechen (in unserem Fall sogar sehr logisch und stimmig) oder eine persönlich gelebte Wirklichkeit analytisch zurechtzurücken (mit dem Ergebnis, dass scheinbarer Unsinn herauskommt!). Deswegen konnte ein (orth.) Bauernmönch vor 80 Jahren einem angesehenen (kath.) Theologen auf seine verwunderte Frage bzgl. der Lektüre der Mönche (die ihm sehr hochstehend erschien...) antworten: Sie lesen diese Bücher nicht nur, sondern könnten auch wieder gleichwertige Bücher verfassen, wenn die alten zerstört würden. Das wäre auch die Antwort auf die Schwierigkeit, wie die "Kirche" denn Falsches ausschließen kann: Weil die Glaubenswahrheiten der Kirche nicht zuerst Definitionen sind, sondern vor allem gelebt werden.
Gruß G.
Wenn etwas „intellektuell stimmig und befriedigend“ beziehungsweise „sehr logisch und stimmig“ ist, muß es einer Analyse standhalten, auch wenn es gleichsam intuitiv erdacht ist.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Germanus »

Ein anderer Blickwinkel ist vielleicht hilfreich, da es ja immer noch Reibungspunkte gibt, wie "Protasius" bemängelt hat (und den Mangel kann ich nachvollziehen):
Könnte ich eine Musik-Maschine konstruieren, die Musikdrucke lesen und instrumental umsetzen kann mit allem, was drin steht, dann würde ich ihr z. B. Rheinbergers "Passacaglia" (aus der 8. Orgelsonate) unterjubeln und sie würde Note für Note, Pause für Pause, mit allen dynamischen Zeichen diesen Musikdruck exakt wiedergeben. Das ist aber nicht das, was Rheinberger komponiert hat, sondern es ist nur die Verpackung einer Gesamtkomposition, denn es fehlt eigentlich das Wesentliche: die Verbindung von Notenmaterial/dynamischen Zeichen etc., dem Interpreten (und dem Hörer, der auch nir der Interpret sein kann). Für mich ist daher eine mechanische Wiedergabe von reinem Notenmaterial, die nach Rheinberger klingt, noch lange nicht die "Passacaglia". Deshalb ist auch die Kirche und ihre Glaubenspraxis viel mehr, als abgehakte Beweisführungen und stimmige Gleichungen. Dann ist übrigens die "Position" der Kirche auch nicht mehr so wichtig, da das Wesentliche notwendigerweise intakt bleibt, denn "Verpackung" und "Inhalt" sind eine Einheit geblieben.
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

Germanus hat geschrieben:
Dienstag 5. Januar 2021, 17:53
Könnte ich eine Musik-Maschine konstruieren, die Musikdrucke lesen und instrumental umsetzen kann mit allem, was drin steht, dann würde ich ihr z. B. Rheinbergers "Passacaglia" (aus der 8. Orgelsonate) unterjubeln und sie würde Note für Note, Pause für Pause, mit allen dynamischen Zeichen diesen Musikdruck exakt wiedergeben. Das ist aber nicht das, was Rheinberger komponiert hat, sondern es ist nur die Verpackung einer Gesamtkomposition, denn es fehlt eigentlich das Wesentliche: die Verbindung von Notenmaterial/dynamischen Zeichen etc., dem Interpreten (und dem Hörer, der auch nir der Interpret sein kann). Für mich ist daher eine mechanische Wiedergabe von reinem Notenmaterial, die nach Rheinberger klingt, noch lange nicht die "Passacaglia". Deshalb ist auch die Kirche und ihre Glaubenspraxis viel mehr, als abgehakte Beweisführungen und stimmige Gleichungen. Dann ist übrigens die "Position" der Kirche auch nicht mehr so wichtig, da das Wesentliche notwendigerweise intakt bleibt, denn "Verpackung" und "Inhalt" sind eine Einheit geblieben.
Eine nette Analogie, die sofort das Problem an Deiner Haltung verdeutlicht. Niemand hat ja behauptet das irgendeine theologische Analyse das ein und alles der Kirche oder des Glaubens ist. In Deiner Analogie ist also schlicht niemand davon überzeugt, daß eine rein mechanische Wiedergabe der "Passacaglia" die Musik von Rheinberger zufriedenstellend repräsentiert. Andererseits ist Deine Behauptung, daß so eine mechanische Wiedergabe überhaupt nicht die "Passacaglia" ist, schlicht unsinnig. Und Deine eigenen Worten verraten Dich hier. Du willst Dich ja gerade über eine fehlende ästhetische Qualität in der Wiedergabe aufregen, aber das kannst Du nur, wenn überhaupt die "Passacaglia" wiedergegen wird. Wenn statt einer mechanischen Aufführung der "Passacaglia" vielmehr Autobahngeräusche gespielt würden, könntest Du nicht über dynamische Zeichen und Intepretationen dozieren. Gleichfalls ist es Bananenbiegerei nun zu folgern, daß aus "Kirche/Glaube ist mehr als reine Analyse" irgendwie folgt, daß analytische Positionen austauschbar und beliebig werden. Wenn ich Deine "Passacaglia" mit "God save the Queen" von den Sex Pistols austausche, dann hat sich jede weiter Diskussion von Rheinbergers Musik schlicht erübrigt. Um über Rheinbergers Musik zu reden, muß man Rheinbergers Musik hören, diese "Position" ist absolute essentiell und in keiner Weise austauschbar. Und schließlich folgt aus der Einheit von "Verpackung" und "Inhalt" nichts über die Korrektheit des Inhalts. Ich kann ja "God save the Queen" in der absolut perfektesten Aufnahme aller Zeiten haben, so richtig geiler Punk vom krassesten Konzert in irgendeinem grottigen Keller in London, und trotz dieser wunderbaren Einheit von Verpackung und Inhalt, ist das Wesentliche - die "Passacaglia" von Rheinberger - nicht nur nicht intakt, sondern schlicht komplett abwesend.

Nun sind die Orthodoxen bzgl. der Trinität nicht soweit entfernt von der Wahrheit wie die "Passacaglia" entfernt is von "God save the Queen". Es geht also mehr um die Verwechslung von Rheinberger mit Mendelssohn, oder meinetwegen auch nur um eine Verwechslung um welches Stück genau es sich handelt. Aber es bleibt dabei, daß die Noten - wie man sie auch in einer mechanischen Aufführung hören würde - nicht austauschbar sind und daß die Einheit von "Verpackung" und "Inhalt" schlicht nichts darüber aussagt, ob man überhaupt den richtigen Inhalt hat.

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Montag 4. Januar 2021, 20:21
Das Problem ist dennoch, dass es mir nicht hilft. Ich müsste zuerst einmal verstehen, warum eine Relation nicht verschieden geartet sein kann.
Ich habe Dir genau zu dieser Frage zwei satte Paragraphen geliefert. Du hast sie in Deinem Zitat weggepunktet "...".
philipp hat geschrieben:
Montag 4. Januar 2021, 20:21
1. Ist der Sohn nicht vielmehr "der, der erkannt wird" als das "Erkennen" selbst?
Das kann man so sagen, wenn man damit das Richtige meint. Aber es ist vermutlich irreführend. Wenn ich jemand rumstehen sehe, näher hinschaue, und dann denke "das ist ja Max", dann ist Max "der, der erkannt wird". Aber das ist hier nicht gemeint. Vielmehr schaut Gott sich selber an, wenn Du so willst, schaut der Vater den Vater an. Und dabei formt sich ein Konzept (altertümlich: "Wort", griechisch: "Logos") in seinem Geist von dem was er sieht. Und weil Gott ein körperloses Geist ist und weil Gottes Wahrnehmung und Erkenntnis perfekt ist, und weil es essentiell ist für Gott zu sein, ist dieses Konzept im Geiste Gotte so sehr Gott gleich, daß es gleich wieder Gott ist. Wenn Du in den Spiegel schaust, dann formiert sich in Deinem Geist das Konzept "ich, Philipp". Nur ist ein Unterschied zwischen Dir, und dem Konzept von Dir in Deinem Kopf. In Gott ist sein Konzept aber wieder Gott, die Selbsterkenntnis ist Selbst. Es ist als ob Du beim Denken von "ich, Philipp" quasi eine Kopie von Dir selber in die Welt setzt. Nur ist das beim Menschen absurd, unter anderem weil wir körperlich sind, Dein Geist also quasi materiell werden müßte. Aber Gott ist reiner Geist, und seine Erkenntnis is perfekt, und so "bilder er perfekt ab" etwas das "essentiell Existenz hat" und somit hat es dann auch Existenz. Es ist also vielleicht besser zu sagen "der Sohn, das Wort (Konzept, Logos), ist der aus der Erkenntnis erwachsende".
philipp hat geschrieben:
Montag 4. Januar 2021, 20:21
2. Sollte es demnach nicht vielmehr heissen, dass der Heilige Geist aus der Liebe zwischen "Quelle" und dem "Erkannten" hervorgeht. (Quelle liebt Erkanntes, aus der Liebe strömt der hl.Geist.)
Das ist richtig. Allerdings muß man verstehen, wie Liebe/Wollen Ähnlichkeit schafft. Liebe/Wollen ist eben nicht wie Erkennen, sie kann nicht selbständig ein Abbild schaffen. Vielmehr ist es ein Zeigen auf etwas. Wenn Du sagst "ich liebe Schokolade" oder "ich will ein Stück Schokolade", dann mußt Du erstmal wissen, was Schokolade überhaupt ist. Du mußt erstmal das Konzept Schokolade im Kopf haben, es ist notwendig, sonst kannst Du es nicht lieben. Beim Zeigen geht es nicht nur darum, daß jemand zeigt, sondern es muß auch auf etwas gezeigt werden. Nur zu sagen "ich liebe ..." oder "ich will ..." führt sofort zu einer Frage der Erkenntnis: "ja, was denn bitte?" Nun kannst Du aber dein Lieben/Wollen präzisieren. Du kannst z.B. sagen: "ich liebe Belgische Schokolade" oder "ich liebe Belgische Schokolade in Form eines Trüffels" oder "ich liebe Belgische Schokolade in Form eines Trüffels von diesem Hersteller" usw. Stell Dir eine Voodoo Puppe vor, in die Du eine Nadel steckst. Eine Nadel "zeigt" auf die Puppe (von der Öse zur Spitze die in der Puppe steckt). Jetzt steck immer mehr Nadeln rein. Und mehr. Und mehr. Bis die gesamte Puppe mit Nadeln vollgesteckt ist. Wenn Du Dir dann die Nadeln an sich anschaust, siehst Du jetzt eine Art Abbild der Puppe in den Nadeln, weil sie überall auf die Puppe zeigen.

Wenn Du jetzt ein perfektes Wollen/Lieben in Gott hast, was auf ein perfektes Erkennen zeigt (was bereits Gott erzeugt hat in Gleichheit), was passiert? Das auf Gott Zeigen ist dann so perfekt, daß es so gleich Gott ist, daß es gleich Gott ist. Es ist wie die Nadeln auf der Voodoo Puppe, wenn man sich vorstellen kann, daß die Nadeln geistig sind und noch jedes "Atom" eine eigene "Nadel" hat. Das Zeigen ist "komplett". Insofern stimmt es, daß der Heilige Geist aus der Liebe zwischen Vater und Sohn erwächst. Aber es ist falsch das so zu Verstehen, daß das ein einseitiger Prozeß ist, als ob das nur eine Sache des Vaters wäre. Anders als die Erkenntnis ist Liebe/Wollen gerichtet, braucht Anfang und Ende, und insbesondere ein existerendes Ende. Du mußt Nadeln in etwas stecken, wenn da nichts ist, dann gibt es kein Steckbild. Insofern, selbst wenn man nur davon redet, daß der Vater den Sohn liebt (und nicht davon, daß der Sohn auch den Vater liebt!), geht die Liebe eben doch von beiden aus. Für das Lieben braucht es den Liebenden und den Geliebten, es geht nicht ohne beide. Und in gewissem Sinne ist es hier eher der Sohn als der Vater der dem Heiligen Geist die Form verleiht. Genau wie die Voodoo Puppe die Form der Nadeln bestimmt. Der Liebende gibt in gewissem Sinne eine diffuse "Zeigekraft", aber worauf gezeigt wird, das bestimmt das Geliebte. Liebe ist eben "ich will Dich", und auch wenn das Vermögen der Liebe aus mir kommt, ist doch das Wesentliche daran auf was ich es richte. Der Sohn ist der Liebenswerte. Wenn man all dies versteht, dann ist es in der Tat genug zu sagen "Der Vater liebt den Sohn, und daraus geht der Heilige Geist hervor." Aber nur wenn man das versteht. Um die essentielle Rolle des Geliebten zu verdeutlichen, ist es sonst besser zu sagen "Der Heilige Geist geht aus der Liebe zwischen Vater und Sohn hervor."

Oder eben "Der Heilige Geist geht aus der Liebe vom Vater durch den Sohn hervor." Und das, wie bereits erwähnt, ist vermutlich der beste Ausdruck, belegt bei den Kirchenvätern, kompatibel mit dem "filioque", kompatibel mit allen orthodoxen Bedenken, schlicht die offensichtliche Lösung aller Probleme. Warum das nicht schon lange akzeptiert ist? Weil es hier eben nicht um Theologie geht, sondern um menschliche Kirchenpolitik. Es gibt keinen guten theologischen Grund für diese Debatte.
Zuletzt geändert von Trisagion am Mittwoch 6. Januar 2021, 11:49, insgesamt 1-mal geändert.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Tris hat geschrieben:Ich habe Dir genau zu dieser Frage zwei satte Paragraphen geliefert. Du hast sie in Deinem Zitat weggepunktet "...".
Der Vergleich mit dem Kreis ist schön. Es leuchtet mir aber nicht ein warum man nicht einfach zwei verschiedenartige Kreise ziehen kann. Dann wäre eine unterscheidung auch möglich

Edit: die restlichen Ausführungen die du hier noch getätigt hast waren mir so verständlich dass sich die Kreis-Vergleich-Kritik erübrigt.

Ich muss jetzt nur noch rausfinden was der heilige Geist genau ist und ob man ihn zu recht als "Liebe" bezeichnet hat. Wenn es zurecht heisst er gehe aus der Liebe hervor dann stimmt das Filioque jedenfalls. Mal schauen was die Bibel so sagt.Danke Tris.
Zuletzt geändert von philipp am Mittwoch 6. Januar 2021, 11:58, insgesamt 1-mal geändert.

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Mittwoch 6. Januar 2021, 11:47
Tris hat geschrieben:Ich habe Dir genau zu dieser Frage zwei satte Paragraphen geliefert. Du hast sie in Deinem Zitat weggepunktet "...".
Der Vergleich mit dem Kreis ist schön. Es leuchtet mir aber nicht ein warum man nicht einfach zwei verschiedenartige Kreise ziehen kann. Dann wäre eine unterscheidung auch möglich
Wie wäre es denn damit, einfach mal die zwei erwähnten Paragraphen durchzulesen? Gemeint ist der Text zwischen "Wir betrachten also Gott unabhängig ... Überfluß oder Fett oder Anhang."

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

Als P.S. zum langen Beitrag oben, um Mißverständnissen vorzubeugen: Selbstverständlich "schaut" Gott nicht wirklich. Gott kommt nicht durch Wahrnehmung zur Erkenntnis. Das im Menschen nächste zu Gottes Erkennen ist die "Intuition". Außerdem kann man einwenden, das auch Erkenntnis auf etwas zeigt. Schließlich erkennt man etwas. Richtig. Gemeint ist aber der Unterschied im Geiste. Das Konzept "Haus" mag ich (als Mensch) zwar dadurch erlangt haben, daß ich ein echtes Haus angeschaut habe. Aber dann ist das Konzept Haus unabhängig in meinem Geist zu finden. Wenn das Haus, das ich angeschaut habe, abgerissen wird, zerstört das nicht das Konzept in meinem Geist. Hingegen ist Liebe/Wollen im Geist nicht unabhänging. Wer sagt "ich liebe/will" aber nicht sagen kann "was" er liebt/will, der liebt/will nicht wirklich. Die Ausrichtung ist hier immer essentiell im Geist vorhanden, bedingt die Existenz, ist nicht ausschließlich zur ersten Hervorrufung nötig. Wenn jemand etwas liebt/will, aber dann vergißt was er liebt/will, dann liebt/will er auch nicht mehr.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 6. Januar 2021, 11:50
Wie wäre es denn damit, einfach mal die zwei erwähnten Paragraphen durchzulesen? Gemeint ist der Text zwischen "Wir betrachten also Gott unabhängig ... Überfluß oder Fett oder Anhang."
Ich habe das selbstverständlich gelesen. Nur viel mehr als "alle drei Personen sind genau der gleiche, gute, schöne und wahre Gott" kann ich nicht mitnehmen. Der Grund dafür ist, dass ich einige Begriffe oder Aussagen nicht ausreichend verstehe.

Aber ich denke das ist eh die Essenz von dem was du sagen wolltest. Die Personen liegen in den Relationen, anders kann man sie nicht unterscheiden. Der Sohn entsteht durch den Akt des Erkennens, der Geist durch den Akt des Liebens. Beide Personen sind aber in ihrem "Wesen" gleichwertig an Erkenntniskraft und Liebe.

Im folgenden wollte ich etwas anmerken, worauf du aber in deinem neuesten Beitrag bereits eingehst:

[Dass der Geist durch das Lieben ausgeht, schließt aber nicht zwingend aus, dass er nur vom Vater ausgeht. Der Vater konnte ja auch den Sohn Erkennen ohne ihn davor gekannt zu haben. Wozu braucht es also die Erkenntnis um zu lieben. Warum kann Gott nicht in sich Liebe sein, die kein Objekt benötigt (durch das sie liebt)?

Wie gesagt fand ich die Ausführungen in deinem vorvorletzten Beitrag sehr erleuchtend und auch die Bibel spricht für dich (zuerst kommt der Sohn, dann der Geist), aber ohne die Bibel könnte ich dir schwer argumentieren, warum es zuerst Erkenntnis braucht um dann zu lieben. Wie gesagt konnte Gott ohne ein Objekt (Jesus) erkennen, warum braucht er ein Objekt um zu lieben?]


Wie gesagt hast du darauf ja quasi schon geantwortet:
Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 6. Januar 2021, 12:20
Außerdem kann man einwenden, das auch Erkenntnis auf etwas zeigt. Schließlich erkennt man etwas. Richtig. Gemeint ist aber der Unterschied im Geiste. Das Konzept "Haus" mag ich (als Mensch) zwar dadurch erlangt haben, daß ich ein echtes Haus angeschaut habe. Aber dann ist das Konzept Haus unabhängig in meinem Geist zu finden. Wenn das Haus, das ich angeschaut habe, abgerissen wird, zerstört das nicht das Konzept in meinem Geist. Hingegen ist Liebe/Wollen im Geist nicht unabhänging. Wer sagt "ich liebe/will" aber nicht sagen kann "was" er liebt/will, der liebt/will nicht wirklich. Die Ausrichtung ist hier immer essentiell im Geist vorhanden, bedingt die Existenz, ist nicht ausschließlich zur ersten Hervorrufung nötig. Wenn jemand etwas liebt/will, aber dann vergißt was er liebt/will, dann liebt/will er auch nicht mehr.
Der Beitrag gibt mir persönlich aber leider keine Antwort warum Gott ins Leere hinein erkennen kann, aber nicht ins Leere hinein lieben kann? Also mir ist nicht klar, warum Gott "neugierig" sein kann, aber nicht "liebessuchend" sein kann.

Zweitens dein Hausvergleich ist mir unverständlich. Du schreibst: "Wenn jemand etwas liebt/will, aber dann vergißt was er liebt/will, dann liebt/will er auch nicht mehr." Das trifft aber auch auf das Haus zu. Wenn ich das Konzept des Hauses (oder realistischer zB das Konzept von mathematischen Funktionen) vergesse, dann kann ich dieses Konzept auch nicht mehr "wissen". Im Gegensatz dazu: Wenn ich ein Haus abreisse, aber es noch im Kopf habe, ist das für das Wissen kein Problem. Auch wenn meine Mutter stirbt, kann ich sie noch voll und ganz lieben. Nicht im "materiellen" Sinn, aber durch Gebet, Gedanken, nette Worte etc. .

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

Wenn Deine Mutter stirbt, kannst Du sie noch lieben, weil das Konzept Deiner Mutter noch in Deinem Kopf ist. Wenn Du aber Alzheimer hast, und vergißt wer Deine Mutter ist und was sie mit Dir zu tun hat, dann kannst Du sie auch nicht mehr lieben. Wenn Deine Mutter noch am Leben ist, kannst Du sie vielleicht aufs Neue lieben lernen, wenn Du es schaffst ein Konzept "Mutter" in Deinem Kopf zu erzeugen und aufrecht zu erhalten. Aber sobald Alzheimer dieses neue Konzept wieder zerstört, ist auch wieder Deine Liebe zerstört. Sie braucht die Zielvorgabe.

Ein Konzept in Deinem Geist ist eigenständig, selbst wenn es zunächst einmal durch Referenz auf etwas anderes aufgebaut wurde. Sobald es da ist, hat es quasi ein Eigenleben in Deiner inneren Welt. Ein Lieben / Wollen in Deinem Geist ist nicht eigenständig, sondern eben immer bedingt durch ein existierendes Konzept. Es gibt nicht ein eigenständiges Lieben/Wollen, Du liebst/willst immer "etwas". Insofern kommt die Erkenntnis immer vor dem Lieben / Wollen, und ist notwendig für sie.

In Gott ist das nun noch ein wenig anders, aber nur weil es Gottes Essenz ist zu existieren. Der Heilige Geist existiert schon aus sich heraus, aber weil er als Gott entstanden ist, nicht weil er durch Liebe/Wollen entstanden ist. Obwohl Gott immer notwendig existiert, kann man sagen, daß Gott der Vater primär existiert, Gott der Sohn sekundär existiert aus einem Existenz-schaffenden Prozeß heraus, und Gott der Heilige Geist tertiär existiert aus einem Existenz-orientiertem Prozeß heraus.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 6. Januar 2021, 14:06
Wenn Deine Mutter stirbt, kannst Du sie noch lieben, weil das Konzept Deiner Mutter noch in Deinem Kopf ist. Wenn Du aber Alzheimer hast, und vergißt wer Deine Mutter ist und was sie mit Dir zu tun hat, dann kannst Du sie auch nicht mehr lieben. Wenn Deine Mutter noch am Leben ist, kannst Du sie vielleicht aufs Neue lieben lernen, wenn Du es schaffst ein Konzept "Mutter" in Deinem Kopf zu erzeugen und aufrecht zu erhalten. Aber sobald Alzheimer dieses neue Konzept wieder zerstört, ist auch wieder Deine Liebe zerstört. Sie braucht die Zielvorgabe.
Alzheimer kann genau so gut mein "Haus-Konzept" zerstören.

Und warum schließt du so kategorisch aus, dass Gott von sich aus einfach lieben kann, ganz ohne ein Objekt. Sozusagen als liebende Kraft, die alles was liebenswert ist, liebt, ohne es kennen zu müssen. Eine Quelle der Liebe sozusagen.
Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 6. Januar 2021, 14:06
Ein Konzept in Deinem Geist ist eigenständig, selbst wenn es zunächst einmal durch Referenz auf etwas anderes aufgebaut wurde. Sobald es da ist, hat es quasi ein Eigenleben in Deiner inneren Welt. Ein Lieben / Wollen in Deinem Geist ist nicht eigenständig, sondern eben immer bedingt durch ein existierendes Konzept. Es gibt nicht ein eigenständiges Lieben/Wollen, Du liebst/willst immer "etwas". Insofern kommt die Erkenntnis immer vor dem Lieben / Wollen, und ist notwendig für sie.
Ich liebe immer etwas aber genau so gut weiß ich immer etwas. Wenn Alzheimer kommt und mein geistiges Haus-Konzept zerfrisst, dann ist das Haus in mir weg.
(Wenn wir aneinander vorbeireden tuts mir leid.)
Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 6. Januar 2021, 14:06
In Gott ist das nun noch ein wenig anders, aber nur weil es Gottes Essenz ist zu existieren. Der Heilige Geist existiert schon aus sich heraus, aber weil er als Gott entstanden ist, nicht weil er durch Liebe/Wollen entstanden ist. Obwohl Gott immer notwendig existiert, kann man sagen, daß Gott der Vater primär existiert, Gott der Sohn sekundär existiert aus einem Existenz-schaffenden Prozeß heraus, und Gott der Heilige Geist tertiär existiert aus einem Existenz-orientiertem Prozeß heraus.
Existenz-orientiert ist in dem Fall die Liebe (der Geist), die sich an der Existenz (des Vaters und des Sohnes) orientiert?

Germanus
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Germanus »

philipp hat geschrieben:
Mittwoch 6. Januar 2021, 11:47
Ich muss jetzt nur noch rausfinden was der heilige Geist genau ist und ob man ihn zu recht als "Liebe" bezeichnet hat. Wenn es zurecht heisst er gehe aus der Liebe hervor dann stimmt das Filioque jedenfalls. Mal schauen was die Bibel so sagt.Danke Tris.
Wenn Du das herausgefunden hast und bestätigen kannst, dass Was-auch-immer in der kirchlichen Position stimmt, dann darfst Du das kundtun. Ob Dir geglaubt wird, ist eine andere Frage. Es gibt nämlich Dinge, die entziehen sich der Analyse und der Definition, da sie - um ein Bild zu gebrauchen - gleichzeitig schwarz und weiß sind. Zu Beginn der Diskussion schien es mir jedenfalls, als ginge es Dir vielmehr um diese Fundamente und nicht so sehr um das, was die menschliche Begrenztheit in Worte (oder Wörter...) zu fassen vermag, ohne das Wesen des Beschriebenen wirklich auf den Punkt bringen zu können.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Mittwoch 6. Januar 2021, 14:15
Alzheimer kann genau so gut mein "Haus-Konzept" zerstören.
In der Tat. Aber wenn Du ein Psychopath bist, bist Du nicht liebesfähig. Sagen wir es gäbe eine Krankheit, die Psychopathie auslöst. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, wie Du die Liebe an Deine Mutter verlieren kannst. Entweder indem Du Deine Liebesfähigkeit an Psychopathie verlierst, oder indem Du das Konzept des Geliebten durch Alzheimer verlierst. Aber es gibt nur eine Art wie Du das Konzept verlierst, nämlich durch Alzheimer.

Wenn Du keine Liebe hast, kannst Du immer noch Konzepte haben. Aber wenn Du keine Konzepte hast, kannst Du keine Liebe haben.
philipp hat geschrieben:
Mittwoch 6. Januar 2021, 14:15
Und warum schließt du so kategorisch aus, dass Gott von sich aus einfach lieben kann, ganz ohne ein Objekt. Sozusagen als liebende Kraft, die alles was liebenswert ist, liebt, ohne es kennen zu müssen. Eine Quelle der Liebe sozusagen.
Sicherlich ist Gott unendlich liebesfähig, und wenn Du das "Quelle der Liebe" nennst, geht das in Ordnung. Aber Gott liebt nur unendlich, weil er sich selbst liebt (was aber in Gott keine narzistische Selbstliebe ist, wegen der Personen Gottes: in Gott liebt eine Person eine andere Person). Und er liebt nur endlich, weil er seine Schöpfung liebt. Liebe erfordert einen Liebenden und einen Geliebten. Es ist eine Brücke. Es gibt keine "einseitige Brücke".

Es ist übrigens eine bekanntes Argument für die Trinität im Gegensatz zu etwa dem jüdischen oder islamischen Monotheismus, daß nur in der Trinität Gott die Liebe sein kann. Denn was Gott ist, kann nicht an der Schöpfung hängen. Und ein unitärer Gott alleine kann nicht wirklich lieben. Und es ist auch ein bekannter Grund für die Schöpfung, daß die Liebe in Gott "überfließt". Aber wenn Liebe überfließt ist das eben nicht wie überfließende Milch, Liebe ist nicht ein Ding. Liebe ist eine Verbindung. Das Liebe aus Gott überfließt erfordert daß Gott etwas außerhalb sich schafft, denn Liebe kann nur im Miteinander existieren.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 6. Januar 2021, 16:32
In der Tat. Aber wenn Du ein Psychopath bist, bist Du nicht liebesfähig. Sagen wir es gäbe eine Krankheit, die Psychopathie auslöst. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, wie Du die Liebe an Deine Mutter verlieren kannst. Entweder indem Du Deine Liebesfähigkeit an Psychopathie verlierst, oder indem Du das Konzept des Geliebten durch Alzheimer verlierst. Aber es gibt nur eine Art wie Du das Konzept verlierst, nämlich durch Alzheimer.

Wenn Du keine Liebe hast, kannst Du immer noch Konzepte haben. Aber wenn Du keine Konzepte hast, kannst Du keine Liebe haben.
Wenn du keine Erkenntnisfähigkeit hast, kannst Du immer noch Konzepte haben. Aber wenn du keine Konzepte hast, kannst du keine Erkenntnis haben.

Trifft doch schon wieder auf beides zu :achselzuck: ....

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Mittwoch 6. Januar 2021, 18:00
Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 6. Januar 2021, 16:32
In der Tat. Aber wenn Du ein Psychopath bist, bist Du nicht liebesfähig. Sagen wir es gäbe eine Krankheit, die Psychopathie auslöst. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, wie Du die Liebe an Deine Mutter verlieren kannst. Entweder indem Du Deine Liebesfähigkeit an Psychopathie verlierst, oder indem Du das Konzept des Geliebten durch Alzheimer verlierst. Aber es gibt nur eine Art wie Du das Konzept verlierst, nämlich durch Alzheimer.

Wenn Du keine Liebe hast, kannst Du immer noch Konzepte haben. Aber wenn Du keine Konzepte hast, kannst Du keine Liebe haben.
Wenn du keine Erkenntnisfähigkeit hast, kannst Du immer noch Konzepte haben. Aber wenn du keine Konzepte hast, kannst du keine Erkenntnis haben.

Trifft doch schon wieder auf beides zu :achselzuck: ....
Es ging es in dem von Dir malträtierten Satz gerade um den Vergleich der Ergebnisse von zwei verschiedenen Dingen, Liebesfähigkeit und Erkenntnisfähigkeit, also um einen Vergleich von Liebe und Konzept. Dadurch, daß Du über Kreuz ein Ergebnis mit einer Quelle ausgetausch hast, haben wir jetzt einen Satz der nur noch über Erkennen redet, und Quelle und Resultat miteinander vergleicht. Weder ist das in irgendeiner Form ein sinnvoller Kommentar zu meiner Aussage, noch bleibt da für sich genommenn viel Sinn übrig. In welcher Hinsicht kann man etwa noch Konzepte haben, wenn man keine Erkenntnisfähigkeit hat? Meinst Du etwa, daß man mal Erkenntnisfähigkeit hatte, Konzepte erstellt hat, und die dann irgendwie magisch überleben wenn die Erkenntnisfähigkeit erlischt? Und was soll es heißen, daß wenn ich keine Konzepte habe, ich keine Erkenntnis haben kann? Offensichtlich kann ich das doch, da ja die Erkenntnis Konzepte erschafft. Wenn ich keine habe, macht sie halt neue. Oder willst Du sagen, daß ich überhaupt keine Konzepte haben kann? Nun, dann habe ich offensichtlich keine Erkenntnisfähigkeit, und der Satz wird trivial.

Egal. Wenn Du mit dem Abstrakten nicht zurecht kommst, dann lies halt die vorhergehende Veranschaulichung durch.

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