Danke für das schöne Zitat von JPII.
Ich habe aber doch noch ein wenig mehr gesagt. Der Utilitarismus ist inzwischen unbestritten die moralische Leitideologie der (westlich dominierten) Welt. Wenn man sich die Verlautbarungen aus den Mündern der Bischöfe anhört - oder auch allgemein christlicher Führer, das ist keineswegs auf die katholische Kirche begrenzt - spricht da auch fast immer nur der Utilitarismus. Nur ist es quasi ein Utilitarismus in einer christlichen Zwangsjacke. An gewissen Prinzipien kommt man (noch nicht...) vorbei, also macht man die utilitaristische Rechnung unter der Bedingung auf, daß diese Prinzipien nicht (vollständig) verletzt werden. Verkauft wird das, wo es den Leuten bewußt ist, als "Utilitarismus plus", will sagen, ein besserer Utilitarismus weil göttliche Regeln in Betracht gezogen werden. Klappen tut das aber selbstverständlich überhaupt nicht. Der Utilitarismus funktioniert, weil alle Betroffenen gefragt werden wie sie es denn gerne hätten, und dann wird abgewogen, was wohl die Lösung ist die allen am meisten von dem gibt was sie wollen. Das ist klar, sauber, und Gott kommt nicht vor - allenfalls kommt er noch im Wollen eines bestimmten Individuums vor, aber warum jemand etwas will ist hier einfach nicht die Frage, sondern nur was. Der "Utilitarismus plus" ist darum eine prinzipiell schlechtere Optimierung (eingschränkte Optionen), und wird auch genau so von der Welt wahrgenommen.
Eine der einfachsten Regeln zum Wahrnehmen des "Utilitarismus plus" im Gegensatz zu klassischen Morallehren betrifft die "Nähe zur Sünde". Klassisch wird man angewiesen, die Sünde möglicht weiträumig zu meiden. Es wird angenommen, daß wenn man viele Möglichkeiten zur Sünde kriegt die Wahrscheinlichkeit groß ist, daß man sündigen wird. Und das nicht nur als einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung, sondern auch weil die Gewohnheit eine solch große Rolle spielt. Wenn man sich an das gewöhnt, was der Sünde nahe ist, dann wird man für die Sünde selbst viel anfälliger. Kurz, jemand der mit dem Alkoholismus kämpft sollte das Kneipenviertel meiden. Was sagt hingegen der "Utilitarismus plus"? Nun dieser Mensch will ja offenbar etwas, und zwar sehr. Also soll er es nach Möglichkeit auch bekommen. Wenn dem nicht andere Leute im Wege stehen (wo man zwischen verschiedenen Willen abwägen müßte), dann bleibt nur das Prinzip das hier "Sünde" deklariert als Hindernis der Willensoptimierung. Also sollte man soviel man kann erlauben, alles was gerade noch irgendwie mit dem Prinzip vereinbar ist. Der "Utilitarismus plus" gibt dem Menschen der mit Alkohlismus kämpft also eine Freikarte für eine große Kneipentour, aber unter der Bedingung, daß er bitte nichts trinken soll.
Das nächste Mal wenn z.B. von Homosexualität die Rede ist, einfach mal zuhören wie das Gesagte mit der "Nähe zur Sünde" umgeht.