Lauralarissa hat geschrieben: ↑Freitag 29. Mai 2020, 20:51
Wieso dominieren die Frauen die Kirche?
Niemand - wirklich niemand - hindert Männer daran, sich zu engagieren und Angebote zu machen.
Als letztes der Pfarrer, der ja die Leitungsvollmacht hat.
Ich kann allerdings als Frau nichts dafür, wenn Männer sich nicht engagieren wollen.
Soll ich etwa nicht für den Pfarrgemeinderat kandidieren, weil ich eine Frau bin?
Also, mal kurz zu moderner Führungspraxis: wo deutliche Ungleichgewichte etwa bzgl. Geschlecht vorhanden sind, muß man das zunächst mal (an)erkennen, und dann einordnen. Je nach Umständen kann es höchste Priorität sein da etwas zu tun, oder ein weniger dringliches Problem. Aber die Minimalantwort ist: wo zwischen Alternativen zu entscheiden ist die anderweitig gleichwertig sind, wird die genommen, die das Ungleichgewicht reduziert. Das Problem bei Entscheidungen ausdrücklich mitzubedenken ist also schon mal das absolute Minimum.
Wird in der Kirche bei jeder Entscheidung mitbedacht, ob es mehr Männer in die Kirche bringt?
Die Kirche hat den von Gott gegebene Auftrag Kirche für alle zu sein. Die Minimalantwort reicht da sicher nicht, man muß schon aktiv gegenarbeiten. Heutzutage ist bei großen Ungleichgewichten direkte Diskriminierung meist nicht das Problem. Nicht, daß es die nicht mehr gibt, aber offen und im großen Stil, wie für große Zahlen nötig, eher nicht. Außerdem ist es relativ klar was man gegen direkte Diskriminierung tun kann, nämlich die Verantwortlichen angehen.
Sollte also jemand in der Kirche quasi persönlich Männer vergraulen, dann muß man mit dieser Person arbeiten, so daß das aufhört - oder die Person muß gehen.
Die schwierigere (und häufigere) Situation ist, daß es eine soziale Vorurteile gibt und/oder äußere Bedingungen meist ungewolllt indirekt diskriminieren. Zur den Vorurteilen: wer meinetwegen mehr männliche Krankenpfleger sehen will, muß sich sicher auch mit dem Problem beschäftigen, daß viele Menschen Pflegeberufe als "weiblich" sehen. Ein typisches Gegenmittel ist es in Webekampagnen entweder direkt das unterepräsentierte Geschlecht zu adressieren, oder wenigstens konsequent im Bildmaterial mehr Gleichverteilung zeigen als der Fall ist, um eben das Vorurteil zu durchbrechen.
Macht die Kirche starke Werbekampagnen die Männer addressieren und/oder trimmt sie konsequent ihr Werbematerial auf starke männliche Präsenz?
Schließlich kommen wir zur indirekten Diskriminierung durch Bedingungen. Hier geht es darum, daß Bedingungen es gewissen Gruppen systematisch schwer machen können teilzunehmen. Ein typische Beispiel sind lange und variable Arbeitszeiten. Die können von Singles gut verkraftet werden, von Menschen mit Kindern eher nicht. Also diskriminiert man mit solchen Arbeitszeiten indirekt gegen Familien, auch wenn man persönlich vielleicht Familien ganz toll findet. Andererseits gibt es auch Tätigkeiten, die einer Gruppe Menschen leichter fällt als der anderen. Ob nun genetisch oder durch Erziehung bedingt muß uns nicht primär interessieren (man kann nicht immer gleich die Welt retten). Ein typisches Beispiel ist das Präsentieren vor Gruppen, daß i.d.R. Männern leichter fällt als Frauen. Wenn nun das Präsentieren vor Gruppen das entscheidende Medium ist um vorwärts zu kommen, hat man wieder indirekt diskriminiert, selbst wenn die Präsentation an sich fair laufen. Die Antwort ist dort umzustellen wo es geht, mit einer vernünftigen Abwägung der Kosten, und wo es nicht geht gezielt Training und Hilfen anzubieten, um die Unterschiede abzumildern.
Hat die Kirche ihr derzeitiges Angebot konsequent darauf durchgesehen ob es Männer indirekt diskriminiert? Hat sie umgestellt was sie umstellen kann? Bietet sie gezielt Training und Hilfestellung für Männer an um besser mit dem umzugehen was sie nicht umstellen kann?
Das ist jetzt mal in groben Zügen die typische Antwort einer modernen Führung auf "zu mehr als 80% Frauen engagiert" wenn es ein
Hauptziel ist alle Menschen anzusprechen. Solche katastrophalen Zahlen wären Chefsache... Auf jeden Fall gäbe es Verantwortliche die sich nur um dieses schwere Problem zu kümmern haben und der Punkt stünde immer ganz weit oben auf der Tagesordnung. Regelmäßig würden wir uns da die neusten Zahlen anschauen, Trends bewerten, Gelder für neue Initiativen locker machen, ...
Erwarte ich derlei von der Kirche?
Natürlich nicht. Worum ich hier gebeten habe war nur, ähem, vielleicht mal Männer getrennt von Frauen und Kinder unter sich zusammen kommen zu lassen. Damit die dann mal für sich selbst etwas organisieren können, was sie - also Männer - anspricht.
Aber das ist anscheined auch schon zu viel verlangt. Im Übrigen ist mir Dein Geschlecht schnurzpiepegal bzgl. eines Postens im PGR oder sonstwo. Mir geht es darum was ein Mensch - oder meinetwegen auch Marsmensch - in seiner Rolle leistet, nicht was er ist, solange wir über professionelle Arbeit in irgendeinem Sinne reden.