Schmerzempfinden Mariens

Allgemein Katholisches.
Dr. Dirk
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Schmerzempfinden Mariens

Beitrag von Dr. Dirk »

In einem anderen Forum wird darüber diskutiert, inwiefern Maria Schmerzen empfunden haben kann, da sie doch von der Erbsünde befreit war. Immerhin spielen ja die Schmerzen Mariens in der katholischen Frömmigkeitstradition eine nicht eben geringe Rolle. Irgendwie kommt die Diskussion nicht zu einem befriedigenden Ergebnis. Da ich weiß, dass es in diesem Forum viele theologisch versierte Leute gibt, will ich diese Frage mal hier stellen.

Also wie ich das bisher verstanden habe, war Maria von der Erbsünde befreit - der Schmerz, den sie empfunden hat, war also nicht der Schmerz eines Sünders (durch Mangel, Verletzungen, etc.), sondern eine Art "intellektueller" Schmerz über die Sünden in der Welt.

Gut, wenn das so ist, verstehe ich allerdings nicht, warum Maria den Schmerz über das (oder die Angst bei dem) Verschwinden Jesu empfinden konnte, der mir doch sehr menschlich vorkommt (Lk 2, 48 ).

Kann mir das irgendjemand hier erklären, wie das mit den Schmerzen Mariens trotz Befreiung von der Erbsünde zu verstehen ist? Ist das, was ich bisher zu verstehen glaube, überhaupt richtig.

Danke schonmal für Antworten...
Zuletzt geändert von Dr. Dirk am Freitag 13. August 2004, 00:44, insgesamt 2-mal geändert.

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Ach ja, als theologisch substanzloser, romhöriger Katholik glaube ich übrigens, dass das Lehramt recht hat, wenn es sagt, dass Maria ohne Sünde war - also Antworten, die etwas anderes als die Lehre der Kirche zur Grundlage haben, helfen mir nicht weiter.

Benedikt

Beitrag von Benedikt »

Dirk, das Leid ist eine Folge der Sünde, aber nicht in jedem Falle eine Folge der eigenen Sünde. Wir Menschen sitzen alle in einem Boot. Deswegen war sogar Christus selbst schmerzempfindlich.

Edith
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Beitrag von Edith »

Benedikt hat geschrieben:Dirk, das Leid ist eine Folge der Sünde, aber nicht in jedem Falle eine Folge der eigenen Sünde. Wir Menschen sitzen alle in einem Boot. Deswegen war sogar Christus selbst schmerzempfindlich.
skurrile Frage. :nein:
Wir verehren einen Erlöser, der unsagbar gelitten hat und gestorben ist, um uns zu erlösen.
Und da fragen sich Christen, ob seine Mutter leidensfähig war. ???
Hatten wir da nicht einen kirchlichen Gedenktag... der Schmerzen Mariens?

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Mariamante
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Leid und Schmerz

Beitrag von Mariamante »

Wie Edith richtig sagte, hat unser göttlicher Jesus Christus menschliche Natur angenommen. Und die menschliche Natur ist nun mal leidensfähig.

Die heiligste Jungfrau Maria ist Mensch -und damit ebenso wie ihr göttlicher sohn leidensfähig. Da es nicht nur physischen Schmerz gibt (den Jesus bei seiner Passion in besonderer Weise erlitten hat) sondern das Empfinden (seelilschen Schmerzes) auch von der Sensibilität abhängt möchte ich folgendes erwägen:

Je feinfühliger ein Mensch ist, umso tiefer empfindet er Schmerz und Leid in seinem Herzen. Manche sind gegenüber den Leiden ihrer Mitmenschen "cool". Andere leiden zutiefst mit, wenn sie die Leiden, Schmerzen oder auch verkehrten Wege anderer sehen.

Wenn Jesus und die heiligste Jungfrau sicher in besonderer Weise sensibel und feinfühlig waren und sind, dann war auch die Fähigkeit zu leiden besonders ausgeprägt. Wenn ein Mensch zu tiefer Freude fähig ist, dann ist er auch zu tiefem Schmerz fähig.
Gelobt sei Jesus Christus

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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Dirks Frage zeigt nur, wie weit es schon mit der Quasi-Vergöttlichung der Mutter Gottes gekommen ist. Das finde ich schon irgendwie erschreckend.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Dieselbe Diskussion kann man auch führen, wenn es um Mariæ „Entschlafung“ oder unmittelbare Aufnahme in den Himmel geht. Während die Ostkirche Mariæ Entschlafung feiert (Tod und leibliche Aufnahme in den Himmel, ohne daß ihr Leib die Verwesung geschaut hätte), wird im Westen seitens einer Mehrheit der Theologen (die überhaupt dran glauben) ins Feld geführt, Maria könne nicht erst gestorben sein, weil der Tod erst eine Folge der Erbsünde, die Gottesmutter von dieser jedoch ausgenommen sei.

Ja, und wie konnte Jesus Christus dann sterben? Wie konnte Er leiden?

Benedikts Antwort trifft also genau den Kern. Offensichtlich ist durch das geschichtliche Ereignis der Ursünde die ganze Menschennatur auch materiell-physisch derart betroffen, daß sie dem Tode unterliegt. Bekanntlich wird die Sterblichkeit des Leibes auch durch die Taufe nicht beseitigt. Ebensowenig das Schmerzempfinden.

Wir müssen also unterscheiden zwischen der von der Ursünde herrührenden Sündenschuld, mit der einer als Individuum von seiner Zeugung her ererbtermaßen behaftet ist, und der Hinfälligkeit und Sterblichkeit des Leibes als materieller Folge der Ursünde. Von der Sündenschuld werden wir in der Taufe befreit – Maria ist schon in der Empfängnis befreit oder bewahrt worden, der Sohn selber ohnehin –, doch der sterbliche Todesleib bleibt derselbe, bis er in der Auferstehung verklärt wird.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Jesus hat ja freiwillig gelitten, denn wäre sein Leiden nicht freiwillig gewesen, wäre seine Liebe nicht vollkommen gewesen - deswegen musste er ja als Gottmensch leiden und sterben, nicht als Mensch. Sein Leiden war also stellvertretend - er ist für uns zur Sünde geworden.
Erich_D hat geschrieben:Dirks Frage zeigt nur, wie weit es schon mit der Quasi-Vergöttlichung der Mutter Gottes gekommen ist. Das finde ich schon irgendwie erschreckend.
Das kommt mir irgendwie affekthaft vor. Waren Adam und Eva vor dem Sündenfall etwa auch Götter? Sind wir Menschen, wenn wir erlöst sein werden, auch Götter?
Benedikt hat geschrieben:Dirk, das Leid ist eine Folge der Sünde, aber nicht in jedem Falle eine Folge der eigenen Sünde. Wir Menschen sitzen alle in einem Boot. Deswegen war sogar Christus selbst schmerzempfindlich.
Wenn Jesus gelitten hat, weil alle Menschen in einem Boot sitzen, dann war sein Leiden nicht vollkommen freiwillig.

Was Maria betrifft: Sie war ja nicht nur von ihren eigenen Sünden befreit, sondern von den Folgen der Erbsünde. Und die Folgen der Erbsünde sind Schmerz und Tod.
Im Katechismus steht:
Im Laufe der Jahrhunderte wurde sich die Kirche bewußt, daß Maria, von Gott "mit Gnade erfüllt" (Lk1,28 ), schon bei ihrer Empfängnis erlöst worden ist. (KKK 491, Hervorhebung von mir)

Wenn Maria schon bei der Empfängnis erlöst worden ist, dann heißt das doch nichts anderes, als dass sie von allem Leiden als Folge der Sünde befreit war (einschließlich der Sünden anderer). Ihr Schmerz kann dann doch nur der Schmerz über die Sünden sein, nicht ein Schmerz wegen der Sünde, oder sehe ich das falsch?

Interessant finde ich, was man mir hier alles unterstellt... :roll:

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Wir müssen also unterscheiden zwischen der von der Ursünde herrührenden Sündenschuld, mit der einer als Individuum von seiner Zeugung her ererbtermaßen behaftet ist, und der Hinfälligkeit und Sterblichkeit des Leibes als materieller Folge der Ursünde. Von der Sündenschuld werden wir in der Taufe befreit – Maria ist schon in der Empfängnis befreit oder bewahrt worden, der Sohn selber ohnehin –, doch der sterbliche Todesleib bleibt derselbe, bis er in der Auferstehung verklärt wird.
OK, danke. Das ist bisher der einzige Abschnitt, mit dem ich was anfangen kann.

Was den Tod Mariens betrifft, sagt der Ott:
Der Tod war für Maria infolge ihrer Freiheit von der Erbsünde und von persönlichen Sünden nicht eine Straffolge der Sünde. Es war jedoch angemessen, dass der von Natur aus sterbliche Leib Mariens in Gleichförmigkeit mit ihrem göttlichen Sohn dem allgemeinen Gesetzt des Todes unterworfen wurde.

Das würde bedeuten, dass auch wir getauften - wenn wir keine persönliche Sünde täten - nicht als Folge der Sünde sterben würden, sondern nur, weil wir einen Auferstehungsleib bräuchten. Kann man das so sagen?
Zuletzt geändert von Dr. Dirk am Freitag 13. August 2004, 09:31, insgesamt 1-mal geändert.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Dirk hat geschrieben:»Wenn Jesus gelitten hat, weil alle Menschen in einem Boot sitzen, dann war sein Leiden nicht vollkommen freiwillig.«
Entschuldige, aber das ist Unfug. Freiwillig heißt nicht: „künstlich“, „selbstgemacht“, „mutwillig selber herbeigeführt“. „Freiwillig“ heißt nicht, daß Jesus sich hingehockt, meditiert und beschlossen hätte: So, jetzt leide ich. Nach dem Motto: Großhirn an Rücken: Wehtun!

„Freiwillig“ heißt, das Jesus dem Leiden hätte entgehen können. Der Versucher hat Ihm den Weg gezeigt.

Jesus hatte denselben Leib wie du und ich, aus dem gefallenen Fleische Adams stammend.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Dirk hat geschrieben:»Wenn Maria schon bei der Empfängnis erlöst worden ist, dann heißt das doch nichts anderes, als daß sie von allem Leiden als Folge der Sünde befreit war«
Meinen vorvorigen Beitrag hast du nicht gelesen, oder?
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Dirk hat geschrieben:»OK, danke. Das ist bisher der einzige Abschnitt, mit dem ich was anfangen kann.«
Ah, jetzt haste’s ja gelesen! Entschuldige, ich war etwas ungeduldig!
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Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: „Freiwillig“ heißt, das Jesus dem Leiden hätte entgehen können. Der Versucher hat Ihm den Weg gezeigt.
Ich habe mir das bisher immer so vorgestellt, dass er aus dem Grund dem Leiden hätte entgehen können, weil er Mensch und Gott war. Leiden kann nur vollkommen freiwillig sein, wenn man ihm jederzeit entgehen könnte. Als Gott sollte man das können.

Für mich ist das ein Grund, warum Jesus nicht nur Mensch war, sondern auch Gott - eben wegen der Freiwilligkeit. Ist das auch falsch? Tut mir leid, aber ich bin theologisch ziemlich ungebildet.

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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Wenn Jesus gelitten hat, weil alle Menschen in einem Boot sitzen, dann war sein Leiden nicht vollkommen freiwillig.

Die Freiwilligkeit Jesu bezieht sich von allem Anfang an auf die Menschwerdung: "Er war Gott gleich", schrieb der Heilige Paulus, er "hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern entäußerte sich und wurde ein Sklave... er erniedrigte sich und wurde gehorsam bis zum Tod" (Phil 2:6-8 ). Selbstverständlich war sein Leiden freiweilig, weil er sich freiwillig uns anschloss, sich uns gemein machte.
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Benedikt

Beitrag von Benedikt »

Dirk hat geschrieben:Jesus hat ja freiwillig gelitten, denn wäre sein Leiden nicht freiwillig gewesen, wäre seine Liebe nicht vollkommen gewesen - deswegen musste er ja als Gottmensch leiden und sterben, nicht als Mensch. Sein Leiden war also stellvertretend - er ist für uns zur Sünde geworden.
Ja, aber das sagt ja nichts darüber aus, ob er prinzipiell fähig war zu leiden. Und das war er nach meinem Dafürhalten ebenso wie Maria. Erst mit der Auferstehung hat sein Leib jenen verklärten Zustand eingenommen, der frei ist von Leiden und Tod.
Benedikt hat geschrieben:Dirk, das Leid ist eine Folge der Sünde, aber nicht in jedem Falle eine Folge der eigenen Sünde. Wir Menschen sitzen alle in einem Boot. Deswegen war sogar Christus selbst schmerzempfindlich.
Wenn Jesus gelitten hat, weil alle Menschen in einem Boot sitzen, dann war sein Leiden nicht vollkommen freiwillig.
Jesus hat nicht gelitten, weil er Mensch war, aber er war leidensfähig, weil er Mensch (von dieser Welt) war. Sein Leiden war freiwillig,

Was Maria betrifft: Sie war ja nicht nur von ihren eigenen Sünden befreit, sondern von den Folgen der Erbsünde. Und die Folgen der Erbsünde sind Schmerz und Tod.
Im Katechismus steht:
Im Laufe der Jahrhunderte wurde sich die Kirche bewußt, daß Maria, von Gott "mit Gnade erfüllt" (Lk1,28 ), schon bei ihrer Empfängnis erlöst worden ist. (KKK 491, Hervorhebung von mir)
Nun, hier kommen zum Kern der Sache. Waren Jesus und Maria von allen Folgen der Erbsünde, neben Schmerz und Tod ist das ja auch die Neigung zur Sünde, befreit? Ich muss sagen, dass ich mir der Antwort nicht mehr so sicher bin: Auf der einen Seite habe ich immer geglaubt, dass Maria und Christus niemals zur Sünde neigten. Auf der anderen Seite kommt die Befreiung von Schmerz und Tod doch gerade im nachösterlichen Leib Christi zum Ausdruck.

Benedikt

Beitrag von Benedikt »

Dirk hat geschrieben:Das würde bedeuten, dass auch wir getauften - wenn wir keine persönliche Sünde täten - nicht als Folge der Sünde sterben würden, sondern nur, weil wir einen Auferstehungsleib bräuchten. Kann man das so sagen?
Nein, kann man nicht. Denn als Menschen sind wir den Folgen der Erbsünde unterworfen. Von diesen werden wir erst dann befreit sein, wenn der Herr wiederkommt.

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Benedikt hat geschrieben:
Im Laufe der Jahrhunderte wurde sich die Kirche bewußt, daß Maria, von Gott "mit Gnade erfüllt" (Lk1,28 ), schon bei ihrer Empfängnis erlöst worden ist. (KKK 491, Hervorhebung von mir)
Nun, hier kommen zum Kern der Sache. Waren Jesus und Maria von allen Folgen der Erbsünde, neben Schmerz und Tod ist das ja auch die Neigung zur Sünde, befreit? Ich muss sagen, dass ich mir der Antwort nicht mehr so sicher bin: Auf der einen Seite habe ich immer geglaubt, dass Maria und Christus niemals zur Sünde neigten. Auf der anderen Seite kommt die Befreiung von Schmerz und Tod doch gerade im nachösterlichen Leib Christi zum Ausdruck.
Eben, das greift irgendwie alles ineinander. Wenn Maria zur Sünde geneigt hätte, weil sie eben doch ein Mensch war wie wir, dann wäre sie nicht ohne persönliche Sünde gewesen.

Eben deswegen habe ich mir vorgestellt, dass durch Befreiung von der Erbsünde bei Maria schon der Zustand vor der Erbsünde wiederhergestellt worden war, der bei uns erst nach dem Tod wiederhergestellt sein wird.
Adam und Eva hatten keine Neigung zur Sünde, aber sie waren nicht davon befreit, sündigen zu können. Genauso müsste es doch auch mit Leiden und Tod bei Maria gewesen sein.

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Benedikt hat geschrieben:
Dirk hat geschrieben:Das würde bedeuten, dass auch wir getauften - wenn wir keine persönliche Sünde täten - nicht als Folge der Sünde sterben würden, sondern nur, weil wir einen Auferstehungsleib bräuchten. Kann man das so sagen?
Nein, kann man nicht. Denn als Menschen sind wir den Folgen der Erbsünde unterworfen. Von diesen werden wir erst dann befreit sein, wenn der Herr wiederkommt.
D.h. laut Ott gibt es also doch einen Unterschied zwischen unserer Taufe und der Befreiung Marias von der Erbsünde. Denn der Ott nennt ja als Grund für Marias Sterben die Gleichförmigkeit mit ihrem Sohn, nicht etwa das Unterworfen sein unter die Erbsünde:

Der Tod war für Maria infolge ihrer Freiheit von der Erbsünde und von persönlichen Sünden nicht eine Straffolge der Sünde. Es war jedoch angemessen, dass der von Natur aus sterbliche Leib Mariens in Gleichförmigkeit mit ihrem göttlichen Sohn dem allgemeinen Gesetzt des Todes unterworfen wurde.

Aber worin liegt der Unterschied konkret bei Maria?

Benedikt

Beitrag von Benedikt »

Die katholische Enzyklopädie schreibt zu dem Thema:
The formal active essence of original sin was not removed from her soul, as it is removed from others by baptism; it was excluded, it never was in her soul. Simultaneously with the exclusion of sin. The state of original sanctity, innocence, and justice, as opposed to original sin, was conferred upon her, by which gift every stain and fault, all depraved emotions, passions, and debilities, essentially pertaining to original sin, were excluded. But she was not made exempt from the temporal penalties of Adam -- from sorrow, bodily infirmities, and death.

uli
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Beitrag von uli »

Mal eine ganz naive Zwischenfrage: Wenn Schmerz und Tod des Menschen materielle Folge der Ursünde sein sollen - wovon ist dann eigentlich der Tod z. B. der Dinosaurier oder der Tod der Hominiden (Menschenaffen) die Folge? Tiere können doch nicht sündigen - wieso haben sie dann Schmerzen und sterben?


Uli

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Von den Dinosauriern ist in den biblischen Schöpfungserzählungen keine Rede...
:kratz:
"Das Wahre ist nicht sicherer als das Wahrscheinliche."
(Diogenes Laërcius)

uli
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Beitrag von uli »

Ich halte diese Diskussion über ein "Schmerzempfinden Marias" für ungefähr so abstrus und fernab von der Welt wie die mittelalterliche Diskussion darüber, wie viele Engel auf einer Stecknadel Platz finden ;) ... Aber nun gut, wenn denn schon, denn hab ich noch ´ne Anmerkung: Die kirchliche Tradition setzt die Frau aus Offenbarung Kapitel 12 mit Maria gleich. Und dort steht: "Und es erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen. Und sie war schwanger und schrie in Kindsnöten und hatte große Qual bei der Geburt" = große Geburts-Schmerzen. Frage: Also war Maria doch (nicht nur seelisch, wie es die kirchliche Sieben-Schmerzen-Mariä-Tradition lehrt, sondern zudem körperlich) schmerz-empfindlich, auch als ohne Erbsünde Empfangene ...? (Übrigens: Laut dem Islam/Koran hat Maria Jesus unter Schmerzen geboren, laut dem kirchlich nicht anerkannten Barnabas-Evangelium hat sie ihn schmerzfrei geboren.)
Und weiter oben hab ich ja außerdem ganz naiv gefragt, warum eigentlich die Tiere (wenn denn Schmerz und Tod Folge der Erbsünde sein sollen) Schmerz haben und sterben, wo sie doch überhaupt nicht sündigen können bzw. nicht von Erbsünde "befallen" sind ...

Uli

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Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Uli, meiner Meinung nach (das sagte ich irgendwo gestern schon mal in einem Thread) ist die Schmerz und dem Tod einfach eine Sache der Wahrnehmung. Der Tod kam sicher nicht plötzlich auf die Menschen nieder und auch nicht der Geburtsschmerz - das gabs schon vor dem Sündenfall. Ich nehme an, die Menschen hatten davor einfach keine Angst vor dem Tod und empfanden die Schmerzen anders - vielleicht waren sie einfach eins mit sich und der Welt und Gott. Sie dachten und fühlten einfach anders. Die Entfremdung macht es erst schwer, die Entfremdung von Gott und der Natur.

Natürlich haben die Tiere auch Todesangst oder Angst vor Schmerzen, aber nur im konkreten Moment. Sie leben nicht ihr Leben lang mit dem Gedanken, dass sie sterben müssen und ihr Leben endlich ist und dass ihr Leben jederzeit zu Ende sein kann.

Und möglicherweise war dies der paradiesische Seinszustand der Menschheit vor dem Sündenfall.

Geronimo

Edith
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Beitrag von Edith »

uli hat geschrieben:Ich halte diese Diskussion über ein "Schmerzempfinden Marias" für ungefähr so abstrus und fernab von der Welt wie die mittelalterliche Diskussion darüber, wie viele Engel auf einer Stecknadel Platz finden ;) ..

ja... da ungefähr... würde ich das auch ansetzen... hat für meine Innerlichkeit nicht die geringste Bedeutung. Drum klinke ich mich hier aus.... bevor ich mich ärgere.... :roll: 8) :sleep:

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Uli hat geschrieben:»Die kirchliche Tradition setzt die Frau aus Offenbarung Kapitel 12 mit Maria gleich«
Eindeutig: nein. Vielmehr mit der Kirche. (Maria hat mittelbar damit zu tun, als – in gewissen Sinn – „Urbild“ der Kirche. Aber dies Bild der Apocalypse gilt der Kirche selbst.)
Uli hat geschrieben:»Übrigens: Laut dem Islam/Koran hat Maria Jesus unter Schmerzen geboren, laut dem kirchlich nicht anerkannten Barnabas-Evangelium hat sie ihn schmerzfrei geboren«
Erstens rührt die kirchliche Überlieferung von der schmerzfreien Geburt Jesu aus Maria nicht von einer theologischen Überlegung über den Schmerz als Folge der Erbsünde her, wovon Maria daher ausgenommen sein müsse. Vielmehr geht es um Jesu wunderbare Geburt, welche die Jungfräulichkeit Mariens als Zeichen ihrer einzigartigen Mutterschaft bewahrt.

Diese wunderbare Geburt des Heilands wird bereits von sehr alten Quellen bezeugt, wie ich nebenan schrieb, und ist seitdem Glaubensgut der Kirche. Unsinnig ist dagegen der Hinweis auf das sogenannte Pseudobarnabas-Evangelium, eine späte Fälschung, nicht vor dem 14. Jahrhundert entstanden und vermutlich islamischer Provenienz. Niemand beruft sich in der Kirche auf derlei obskures zeug, das sollte man darum auch nicht unterstellen. Die tatsächlichen Quellen für Mariens Jungfräulichkeit in partu gehen vielmehr aufs frühe zweite Jahrhundert zurück, wenn nicht – im Fall des Protevangelium Jacobi – sogar aufs erste.
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Edith
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Beitrag von Edith »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: Unsinnig ist dagegen der Hinweis auf das sogenannte Pseudobarnabas-Evangelium, .............. Niemand beruft sich in der Kirche auf derlei obsures Zeug, .............



ach Robert. Du Stern meiner Internetnächte. :ja:

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Die Tagespost bringt einen interessanten Artikel zum Thema. Habe ihn bisher nur überflogen, aber werde ihn mir noch genauer anschauen:

http://www.die-tagespost.de/Archiv/tite ... p?ID=10353

Dieser Artikel zeigt mir, dass es ganz und gar nicht abstrus ist, sich damit auseinanderzusetzen. Ganz im Gegenteil: Gerade hier kommt der Glanz und die Schönheit des Glaubens zum Ausdruck. Wie das die Innerlichkeit nicht berühren kann, ist mir ein Rätsel.

uli
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Beitrag von uli »

Geronimo hat geschrieben: Der Tod kam sicher nicht plötzlich auf die Menschen nieder und auch nicht der Geburtsschmerz - das gabs schon vor dem Sündenfall. Ich nehme an, die Menschen hatten davor einfach keine Angst vor dem Tod und empfanden die Schmerzen anders - vielleicht waren sie einfach eins mit sich und der Welt und Gott. Sie dachten und fühlten einfach anders. Die Entfremdung macht es erst schwer, die Entfremdung von Gott und der Natur.
Und möglicherweise war dies der paradiesische Seinszustand der Menschheit vor dem Sündenfall.
Dann frage ich mich, lieber Geronimo, aber Folgendes:

1.) Ist der Tod dann doch nicht die Folge der Ursünde ("des Sündenfalls"), wie Robert es schreibt und es auch offiziell im Katholischen Katechismus vertreten wird? Denn du schreibst ja, dass es den Tod schon vor dem Sündenfall gab, also noch im "paradiesischen Zustand" der Menschheit. Wobei: Schließt sich "Paradies" und "Tod" nicht irgendwie aus - selbst wenn man den Tod im Paradies "anders" = als nicht schlimm empfinden sollte?
2.) Wann genau in der Entwicklung der Welt bzw. unseres Planeten bzw. der Menschheit datierst du diesen paradiesischen Seinzustand des Menschen (ob ohne Tod oder mit dem als noch nicht schlimm empfundenen Tod)? Beim Übergang zum aufrecht gehenden Menschen? Noch beim felltragenden Höhlenmenschen? Und wann erfolgte eigentlich die Ursünde, wann ist sie wiederum zu datieren?
Wobei: Es gibt ja keinen Menschen, der nicht gestorben wäre. Also muss es (falls der Tod Folge der Ursünde wäre) die Ursünde direkt bei den allerersten Urzeit-Menschen gegeben haben, noch vor den Höhlenmenschen. Die allerersten Menschen müssten dann noch ohne Glauben an Gott, aber im Zusammenhang mit ihrem Gewissen aus freier Entscheidung gesündigt haben (Ursünde). Wann genau oder so ungefähr auf welcher Stufe der Entwicklung gab es diese allersten "wirklichen" Menschen mit freier Gewissensentscheidung und konkreter Entscheidung für das Böse - womit ich wieder bei der Frage wäre: Wann ist die Ursünde zu datieren?
Und wenn der Tod nicht Folge der Ursünde ist, sondern es ihn schon vor der Ursünde gegeben hat, wie du schreibst, dann bin ich wieder bei Frage 1.
3.) Ich könnte auch folgendermaßen fragen: Hat es überhaupt je in der Entwicklung unseres Planeten einen paradiesischen Zustand im Sinne eines länger währenden insgesamten irdischen Paradieses gegeben? Oder ist bzw. war "paradiesisch" nur a) eine Angelegenheit, die sich einzig auf das "Innere" des Menschen bezieht (=sündenloser Zustand) und b) de facto nur eine winzig kurze Zeitspanne dauerte - nämlich von dem Augenblick an, als der erste "wirkliche" Menschen (mit Willensfreiheit) auftrat, bis exakt zu dem Augenblick, wo er sich bewusst für das Böse ("gegen das Gewissen") entschied?

Ich selbst habe, wie du siehst, hier im Einzelnen meine Schwierigkeiten und Fragen (Fragen nicht nur an dich, sondern Fragen, die ich unabhängig von diesem konkreten Anlass persönlich schon immer habe und auf die ich, davon gehe ich aus, auch nie eine hunderprozentige Antwort finden werde). Ich bin aber grundsätzlich der Auffassung, dass es eine "Grundverfassung" des Menschen zum Bösen hin im Sinne der Ursünde gibt. Kein Mensch kann sich dem entziehen, dass er von Beginn seiner Existenz an sich in einem grundsätzlichen Zustand der Absonderung von Gott befindet (Ursünde, Urschuld, die keine persönliche Schuld ist, kein konkretes Sündigen, sondern ein Zustand - die persönliche Schuld ergibt sich erst später beim konkret-bewussten Tun des Bösen). Mein "allgemeiner" Zustand der Sünde hat mit meinem Hineingezeugt- und -geborensein in eine von Sünde geprägte Welt zu tun. Das bedeutet weiter: Was mir widerfährt, widerfährt jedem Menschen, allen Menschen aller Zeiten - von Beginn der Menschheit an. Dies ist die Grundverfassung des Menschen, dies ist seine Ur-Sünde, die Ursprungssünde, Grund-Sünde, Erb-Sünde oder Erbschuld. Es geht um den Ursprrung des Bösen in der Welt, das dunkle und letzztlich undurchschaubare Geheimnis der Sünde - und wenn es Geheimnis ist, gibt es offene, nie letztlich zu beantwortende Fragen, kann kein Mensch eine 100 Prozent befriedigende Erklärung und Antwort geben. Damit muss und kann ich leben: "Unsere Erkenntnis ist bruchstückhaft. Noch ist uns vieles unklar und rätselhaft. Wenn aber das Vollkommene da ist, werde ich alles klar erkennen, so deutlich, wie Gott mich schon sieht." (1. Korintherbrief 13)

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm
Zuletzt geändert von uli am Samstag 14. August 2004, 12:33, insgesamt 1-mal geändert.

uli
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Beitrag von uli »

Vielen Dank, Dirk, für den Hinweis auf den Tagespost-Artikel. Da wird tatsächlich auch genau die Eingangsfrage dieses Threads abgehandelt. Und im Zusammenhang dieses Artikels (aber eben im Zusammenang!) erscheint mir die Frage nun gar nicht mehr so sehr abstrus, als wenn sie "losgelöst", " einfach so" gestellt wird. Der Artikel ist wirklich interessant.

Uli

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uli
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Beitrag von uli »

@Robert:
Ich korrigiere mich bezüglich "Offenbarung 12 und kirchliche Tradition". Habe nicht genau auseinander gehalten zwischen lehramtlicher Tradition einerseits (Frau der Apokalypse = in erster Linie die Kirche gemeint) und liturgischer/künstlerischer etc. kirchlicher Tradition andererseits (Frau der Apokalypse = Maria gemeint). Und zwar, weil ich auch die lehramtlichen Aussagen eher in Richtung Frau = Maria eingeordnet hatte, irritiert durch einen Satz aus dem Rundschreiben Pauls VI. „Signum magnum“ über Maria: „Wenn es in der Offenbarung des Johannes heißt (Kap 12,1): «Ein großes Zeichen erscheint am Himmel», so ist damit Maria zu einem Zeichen der Endzeit, der Entscheidung und der Verheißung erhoben.“
Allerdings heißt es dort auch, gleich zu Beginn des Schreibens: „Das große Zeichen, das der Apostel Johannes am Himmel sah – eine Frau, mit der Sonne bekleidet – ist in der heiligen Liturgie (Hervorhebung von mir) nicht grundlos auf Maria bezogen worden.“
Dementsprechend auch Johannes Paul II. in einer Generalaudienz: „Wir haben zu Beginn dieser Begegnung einen der bekanntesten Abschnitte aus der Offenbarung des Johannes gehört. In der schwangeren Frau, die einen Sohn zur Welt bringt, während ein feuerroter Drache gegen sie und gegen denjenigen, den sie geboren hat, wütet, erkennt die liturgische und künstlerische christliche Tradition (Hervorhebung von mir) das Bild Marias, der Mutter Christi. Gemäß der ursprünglichen Absicht des heiligen Autors allerdings verkörpert die Frau – wenn die Geburt des Kindes das Kommen des Messias darstellen soll – ganz offensichtlich das Volk Gottes, und zwar sowohl das biblische Volk Israel als auch die Kirche. Die marianische Deutung steht nicht im Gegensatz zum kirchlichen Sinn des Textes, denn Maria ist der »Typus der Kirche«.“

Und in einem älteren Messbuch lese ich zur Liturgie (!) des 15. August, zum Eingangsvers Offenbarung 12,1: „Maria ist das große Zeichen der Offenbarung, in dem die Kirche sich selbst wiedererkennt“. (Robert formuliert es auf die andere Weise = „ursprüngliche Absicht des heiligen Autors“: Die Kirche ist das große Zeichen der Offenbarung, in dem sie – die Kirche – aber auch Maria als eben den Typus der Kirche wiedererkennt.)

„Es ist ein grandioses Bild voll Dynamik und Dramatik. Als Bild ist es aber auch offen auf verschiedene Deutungen hin. Diese Frau wird traditionell mit dem Volk Israel verglichen, das die Geburt des messianischen Zeitalters erwartet, oder mit dem “wahren” Israel, der Kirche, die zwar bedroht, aber nicht vernichtet werden könne. Andere Schriftausleger/innen sind der Überzeugung, daß dieses Kind ohne Zweifel Jesus Christus darstelle, es sei aber nicht die historische Geburt Jesu gemeint, sondern die Einsetzung des erhöhten Messiaskönigs in Macht.“ (Fidelis Steininger)

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

@Uli:

Es scheint mir, dass der Sündenfall eine ungemein wichtige Phase in der Menschheitsgeschichte beschreibt - die ich natürlich nicht genau datieren kann, aber ich würde mich soweit vorwagen zu sagen, der Bruch zwischen dem weitgehendst noch animalischen Seinszustand und dem denkenden Menschen ...
Ich geh davon aus, dass es Tod, Werden und Vergehen schon immer gab; es sei denn, man setze das Paradies als einen vom Irdischen und seinen Mechanismen losgelösten Zustand an (wäre dann eine ganze andere Sichtweise als meine hier). Ich halte das Paradies einfach für einen Zustand von Geborgenheit, Eins sein mit der Schöpfung und Unwissen über die Zukunft, also den drohenden Tod etc.
Ich glaube auch nicht, dass es die Erkenntnis war, die den Menschen das Paradies gekostet hat, sondern der Ungehorsam Gott und seiner Weisung gegenüber.

Ich denke nicht, dass eine solche Geschichte einfach aus dem Nichts heraus entsteht (und sie kann auch nicht das Ziel haben, theologisch Erbsünde zu definieren, denn zu der Zeit, als diese Geschichte weitererzählt wurde, war von unserem Konzept der Erbsünde noch gar nicht die Rede.) Sie hat verschiedene Dimensionen - ich beschränke mich hier darauf, sie in einen Kontext mit der Menschheitsentwicklung zu bringen. Wenn ich das Buch Genesis ernst nehme als Schilderung der tatsächlichen Schöpfungsvorgänge (die allerdings in äußerst komprimierter Form dargestellt) die in angemessener Reihenfolge die biologische Entwicklung, das Streben des Lebens aus dem Wasser auf das Land etc. beschreiben, muss ich auch die Paradiesgeschichte irgendwie in diese Entwicklung einsortieren.
Danach folgt der bewußte Brudermord - ein weiterer Schritt in der Entwicklung des Menschen. Ein Tier tötet auch, aber aus anderen Gründen. Nur der Mensch tötet aus Habgier, Rachsucht und Haß. Und bereut nicht ...
Die Paradiesgeschichte, die Geschichte der Entfremdung des Menschen von Gott, muss die Menschen über viele Jahrtausende ungeheuer beschäftigt haben, denn sie ist ja nicht für das Buch Genesis erfunden worden, sondern war Erzähltradition in der einen oder anderen Art und wurde als so herausragend empfunden, dass sie als Meilenstein in das Buch Genesis aufgenommen wurde.

Geronimo

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Was ich schon anderswo gebracht habe, gehört eigentlich auch hierher:
Hans Urs von Balthasar unterscheidet einmal in einer seiner Schriften zwischen den natürlichen Dehnungsschmerzen einer Geburt, die auch Maria gehabt haben könnte, und den Geburtsschmerzen, die als "Gottesfluch" (Gen 3,16) erfahren werden (für Maria unmöglich!).
Eine Analogie: Auch harte Arbeit kann als "Fluch" (Gen 3,17) erlebt oder - erlöst in Christus - als "Synergie" mit Gott (1 Kor 3,9 u.ö.) erfahren werden. Nicht äußere Bedingungen bestimmen letztlich unsere Welt-Erfahrung, sondern das Verhältnis zu Gott.

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