Reform, Restauration, Neustart

Allgemein Katholisches.
Pacanv
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Reform, Restauration, Neustart

Beitrag von Pacanv »

Guten Tag!

Wie ich sehe, ist dieser Thread nicht der erste zu diesem Themenkomplex. Ich habe dennoch beschlossen, einen neuen zu öffnen, da der Grundimpetus meines Beitrags ein anderer ist.

Die katholische Kirche fußt auf einer sehr langen Geschichte. Das gilt für vieles, doch hat dieser Umstand in der Kirche besonderes Gewicht, da es sich nicht nur um eine lange Abfolge, sondern um eine lange Kontinuität handelt. Diese Kontinuität ist jedoch mit gewissen … Herausforderungen verbunden. Konkret meine ich die lange Geschichte der groben Verfehlungen.

Ich nehme einen Einwand gleich vorweg: Menschen sind fehlbare Sünder und die Kirche beruht auf menschlichem Handeln, ergo kann die Kirche nicht frei von Fehlern sein. Ich stimme zu, sehe das Problem der Kirche damit jedoch keinesfalls gelöst. Nur zwei Beispiele:

I Die Heiligen. »Heilige« sollten, wenn ich mich recht erinnere, Vorbilder sein. Das sind nun jedoch sehr viele heiliggesprochene Personen durchaus nicht. Ich denke beispielsweise an Pius V., der es zumindest mit dem fünften Gebot nicht so eng sah, und an viele weitere. Nach meinem Dafürhalten ist dadurch die Heiligsprechung an und für sich diskreditiert. Auch die »Heiligkeit« von Personen wie Johannes Paul II, die erst jüngst heiliggesprochen wurden, sehe ich nicht über jeden Zweifel erhaben. Bezeichnenderweise fiel es der Kirche entsprechend schwerer, jemanden wie Óscar Romero überhaupt einmal seligzusprechen, aber das alles ist eine andere Geschichte.

II Die Schriften. Genauso, wie es Heilige gibt, die man heute eher einem Tribunal als einem Heiligsprechungsverfahren zuführen würde, gibt es auch zahlreiche päpstliche Schriften, die heute kein vernünftiger Mensch schreiben würde und die im Gegenteil Inhalten späterer Schriften widersprechen, etwa der Syllabus errorum. Man sollte doch meinen, dass zumindest in einem so gravierenden Fall wie der ausdrücklichen Ächtung von Meinungen (und unzähligen anderen Bullen, Enzykliken etc.) eine gewisse überzeitliche Wahrheit ausgedrückt werde, zumal es ja den Heiligen Geist gibt und die Kirche doch eine bestimmte Verbindung mit der Dreifaltigkeit (oder deren Elementen) postuliert. Sie scheint sich bloß nicht manifestiert zu haben. Auch aus Enzykliken des 20. Jahrhunderts gewinne ich indes keine große Faszination für die Kirche.

Es gäbe freilich noch viele Punkte, etwa die Frage, ob denn im »Kampf gegen den Kommunismus« wirklich alle Mittel heilig waren, die Bereicherungen der Kirche, die Rolle bei den Hexenverfolgungen, die Diskrepanzen zwischen dem Evangelium und dem päpstlichen Gebaren usf., es geht mir jedoch viel eher darum, worauf das hinausläuft: Ich halte eine Kirche, die keinen eindeutigen, dicken Strich unter diesen Geschichten macht, für nicht glaubwürdig. Mit »dickem Strich« meine ich,
  • einzugestehen, dass Teile der Heiligensammlung und Teile der apostolischen Sukzession Verbrecher waren oder zumindest aus heutiger Sicht —wobei gerade die heutige Sicht für eine Institution problematisch ist, die den Werterelativismus bekämpft— zu verurteilen und nicht als Vorbild zu verwenden sind.
  • Zu bekennen, dass ein guter Teil der päpstlichen Literatur den heutigen (kirchlichen) Ansichten zuwiderlaufen.
  • Das Dogma der Unfehlbarkeit aufzuheben und ähnliche Formulierungen zu verwerfen
Ich bin mir im Klaren darüber, dass so etwas nicht geschehen wird und nicht geschehen kann, aber wäre es nicht notwendig, um einer Kirche, deren Wirklichkeit so weit hinter dem Anspruch zurückbleibt, wieder Glaubwürdigkeit zu verleihen? Für mich steht diese Frage weit vor den Kleinigkeiten wie Priesterinnen, verheiratete Priester, liturgische Feinheiten etc. (Wobei ich die Forderungen nach Rückkehr zum lateinischen Ritus einerseits als Lateinliebhaber und andererseits aus Interesse am Interesse einigermaßen spannend finde: Geht es um den Verlust des Numinosen, mit Jung gesprochen?)

Hinweis: Ich glaube nicht an Gott und bin kein Katholik. Allerdings bin ich in einem sehr katholischen Umfeld (Westösterreich) aufgewachsen und habe einige Jahre ministriert, was mir auch ermöglicht hat, am Weltjugendtag 2005 teilzunehmen. — Eindrucksvoll, aber mehr des internationalen flairs wegen als aufgrund der Papstbesichtigungsekstase. Das ist deshalb auch mein letzter Thread. Ich hoffe entsprechend, dass man ihm trotz seines Autors einige Zeit und Antworten zugesteht.
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Junias
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Re: Reform, Restauration, Neustart

Beitrag von Junias »

Pacanv hat geschrieben:
Samstag 18. August 2018, 18:06
Ich bin mir im Klaren darüber, dass so etwas nicht geschehen wird und nicht geschehen kann, aber wäre es nicht notwendig, um einer Kirche, deren Wirklichkeit so weit hinter dem Anspruch zurückbleibt, wieder Glaubwürdigkeit zu verleihen?
Woher beziehst du deine Klarheit? Intuition? Woher willst du denn wissen, was in Zukunft geschehen wird? Prophetie? Auf meinem bescheidenen Beobachterposten (ich unterrichte Religion und Sport in Luxemburg) ist doch der Papst bereits dabei, an einem Strich zu zeichnen. Natürlich nicht im Tempo eines Sprinters. Und natürlich nicht gemäß deinen vorgefertigten Vorstellungen.

Als spiritueller Mensch weiß der Papst natürlich, dass das Konzept der Kontinuität nicht aufgeht, wenn man die entsprechenden Maßstäbe anlegt. Und dass sich autopoetische Systeme, die in sich komplex und nicht linear sind, durch Druck von innen und außen verändern, gilt heute auch für die römisch-katholische Kirche. Ihr Organismus ist da keine Aussnahme. Der Druck auf ihre Glieder ist heuer so hoch wie nie!

Und es ist beispielsweise wirklich bahnbrechend, wie sich gerade ignatianische Spiritualität durchsetzt:

„This sort of discernment – listening to all and contemplating everything before acting – is a cardinal virtue of the Ignatian spirituality that is at the core of Francis' being and his commitment to a "conversion" of the papacy as well as the entire church. It’s hard to predict what will come next.“


Wie ich an anderer Stelle bereits schrieb, ist die Kirche noch nie so nah dran gewesen, zu gesunden:

„Pope Francis breaks Catholic traditions whenever he wants because he is “free from disordered attachments.”

Mit anderen Worten, er klebt nicht auf Teufel komm raus am Konzept der Kontinuität, weil er frei von Anhaftung ist. Er wird aber auch nicht sinnvolle Traditionen mit der Wurzel herausreißen. Dass der Teufel in der Kontinuität steckt, ist dabei sprichwörtlich ... Der Parenthese wegen: Woher beziehst du also deine Klarheit? Woher weißt du, was die Zukunft bringt?

[Textstellen aus: http://saltandlighttv.org/blogfeed/getpost.php?id=72516]

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Siard
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Re: Reform, Restauration, Neustart

Beitrag von Siard »

Benedikt hat mehr erreicht als der "böse alte Mann", der seine Arbeit und die Kirche nach Gutdünken demoliert und demontiert.

CIC_Fan

Re: Reform, Restauration, Neustart

Beitrag von CIC_Fan »

Pacanv hat geschrieben:
Samstag 18. August 2018, 18:06
Guten Tag!

Wie ich sehe, ist dieser Thread nicht der erste zu diesem Themenkomplex. Ich habe dennoch beschlossen, einen neuen zu öffnen, da der Grundimpetus meines Beitrags ein anderer ist.

Die katholische Kirche fußt auf einer sehr langen Geschichte. Das gilt für vieles, doch hat dieser Umstand in der Kirche besonderes Gewicht, da es sich nicht nur um eine lange Abfolge, sondern um eine lange Kontinuität handelt. Diese Kontinuität ist jedoch mit gewissen … Herausforderungen verbunden. Konkret meine ich die lange Geschichte der groben Verfehlungen.

Ich nehme einen Einwand gleich vorweg: Menschen sind fehlbare Sünder und die Kirche beruht auf menschlichem Handeln, ergo kann die Kirche nicht frei von Fehlern sein. Ich stimme zu, sehe das Problem der Kirche damit jedoch keinesfalls gelöst. Nur zwei Beispiele:

I Die Heiligen. »Heilige« sollten, wenn ich mich recht erinnere, Vorbilder sein. Das sind nun jedoch sehr viele heiliggesprochene Personen durchaus nicht. Ich denke beispielsweise an Pius V., der es zumindest mit dem fünften Gebot nicht so eng sah, und an viele weitere. Nach meinem Dafürhalten ist dadurch die Heiligsprechung an und für sich diskreditiert. Auch die »Heiligkeit« von Personen wie Johannes Paul II, die erst jüngst heiliggesprochen wurden, sehe ich nicht über jeden Zweifel erhaben. Bezeichnenderweise fiel es der Kirche entsprechend schwerer, jemanden wie Óscar Romero überhaupt einmal seligzusprechen, aber das alles ist eine andere Geschichte.

II Die Schriften. Genauso, wie es Heilige gibt, die man heute eher einem Tribunal als einem Heiligsprechungsverfahren zuführen würde, gibt es auch zahlreiche päpstliche Schriften, die heute kein vernünftiger Mensch schreiben würde und die im Gegenteil Inhalten späterer Schriften widersprechen, etwa der Syllabus errorum. Man sollte doch meinen, dass zumindest in einem so gravierenden Fall wie der ausdrücklichen Ächtung von Meinungen (und unzähligen anderen Bullen, Enzykliken etc.) eine gewisse überzeitliche Wahrheit ausgedrückt werde, zumal es ja den Heiligen Geist gibt und die Kirche doch eine bestimmte Verbindung mit der Dreifaltigkeit (oder deren Elementen) postuliert. Sie scheint sich bloß nicht manifestiert zu haben. Auch aus Enzykliken des 20. Jahrhunderts gewinne ich indes keine große Faszination für die Kirche.

Es gäbe freilich noch viele Punkte, etwa die Frage, ob denn im »Kampf gegen den Kommunismus« wirklich alle Mittel heilig waren, die Bereicherungen der Kirche, die Rolle bei den Hexenverfolgungen, die Diskrepanzen zwischen dem Evangelium und dem päpstlichen Gebaren usf., es geht mir jedoch viel eher darum, worauf das hinausläuft: Ich halte eine Kirche, die keinen eindeutigen, dicken Strich unter diesen Geschichten macht, für nicht glaubwürdig. Mit »dickem Strich« meine ich,
  • einzugestehen, dass Teile der Heiligensammlung und Teile der apostolischen Sukzession Verbrecher waren oder zumindest aus heutiger Sicht —wobei gerade die heutige Sicht für eine Institution problematisch ist, die den Werterelativismus bekämpft— zu verurteilen und nicht als Vorbild zu verwenden sind.
  • Zu bekennen, dass ein guter Teil der päpstlichen Literatur den heutigen (kirchlichen) Ansichten zuwiderlaufen.
  • Das Dogma der Unfehlbarkeit aufzuheben und ähnliche Formulierungen zu verwerfen
Ich bin mir im Klaren darüber, dass so etwas nicht geschehen wird und nicht geschehen kann, aber wäre es nicht notwendig, um einer Kirche, deren Wirklichkeit so weit hinter dem Anspruch zurückbleibt, wieder Glaubwürdigkeit zu verleihen? Für mich steht diese Frage weit vor den Kleinigkeiten wie Priesterinnen, verheiratete Priester, liturgische Feinheiten etc. (Wobei ich die Forderungen nach Rückkehr zum lateinischen Ritus einerseits als Lateinliebhaber und andererseits aus Interesse am Interesse einigermaßen spannend finde: Geht es um den Verlust des Numinosen, mit Jung gesprochen?)

Hinweis: Ich glaube nicht an Gott und bin kein Katholik. Allerdings bin ich in einem sehr katholischen Umfeld (Westösterreich) aufgewachsen und habe einige Jahre ministriert, was mir auch ermöglicht hat, am Weltjugendtag 2005 teilzunehmen. — Eindrucksvoll, aber mehr des internationalen flairs wegen als aufgrund der Papstbesichtigungsekstase. Das ist deshalb auch mein letzter Thread. Ich hoffe entsprechend, dass man ihm trotz seines Autors einige Zeit und Antworten zugesteht.
es ist schlicht nicht möglich ein Dogma aufzuheben das widerspricht nach kath Auffassung der Natur eines Dogmas

CIC_Fan

Re: Reform, Restauration, Neustart

Beitrag von CIC_Fan »

Siard hat geschrieben:
Samstag 18. August 2018, 21:45
Benedikt hat mehr erreicht als der "böse alte Mann", der seine Arbeit und die Kirche nach Gutdünken demoliert und demontiert.
was hat den "der alte Mann " Josef Ratzinger erreicht?
mutierst du jetzt zum Sedisvakantisten daß Du den Papst der katholischen Kirche nicht als solchen titulierst

Pacanv
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Re: Reform, Restauration, Neustart

Beitrag von Pacanv »

Junias hat geschrieben:
Samstag 18. August 2018, 20:54
Woher beziehst du deine Klarheit? Intuition? Woher willst du denn wissen, was in Zukunft geschehen wird? Prophetie?

[...]

Woher beziehst du also deine Klarheit? Woher weißt du, was die Zukunft bringt?
Du hast recht, ich kann es nicht wissen, insofern war meine Formulierung nicht klug gewählt. Eher hätte ich schreiben sollen, dass es sehr schwierig ist, so einen Schritt zu setzen und dass ich mir der tiefen Verwurzelung der zitierten Angelegenheiten mit allen guten und schlechten Seiten bewusst bin. Die ungleich dezidiertere Ausdrucksweise beruht wohl auf meiner Einschätzung, dass manche fraglichen Bereiche in einem Maß konstitutiv sind, dass mit deren Fall auch ein wesentliches Maß an katholischem Selbstverständnis verlorenginge. Die apostolische Sukzession ist so ein Punkt. Mit ihr steht und fällt die Exklusivität der Kirche, die dank der Sukzession »den ganzen, unverfälschten Glauben« verkünde (Katechismus [Kompendium] § 830 s., eindeutig in Catechismus § 830). Hält man sich einige Glieder dieser Sukzession und deren Auslegung des Glaubens vor Augen, erscheint ein solches Selbstverständnis doch einigermaßen skurril — und doch wäre es ein sehr starkes Stück, die Sukzession und die entsprechenden Abschnitte im Katechismus zu tilgen, auch eingedenk dessen, dass selbst in vergleichsweise jüngerer Vergangenheit noch ähnliche Töne zu hören waren oder etwa Benedikt XVI. angesichts der Conquista Lateinamerikas von einer »Ausweitung der Heilsgeschichte« sprach und die einschlägige Schuld, wenn überhaupt, dann meist unpersönlich oder passivisch formuliert wird.

Hinzu kommt noch, dass es in der Kirche ja durchaus sehr konservative Kräfte gibt, die in progressiven Tendenzen und Änderungen gerne den Teufel als agens absconditus wähnen. Und es geht dabei nicht (vornehmlich) um einen Altersunterschied in dem Sinn, dass eine jüngere Generation Reformwillen zeigt, der einer älteren konservativen Schicht gegenüberstünde. Zudem habe ich den Eindruck (hier betone ich: Eindruck), dass viele Katholiken und Katholikinnen in der katholischen Kirche mehr finden als nur den (vermeintlich) authentischen Weiterträger des christlichen Glaubens, nämlich auch eine Festung von Tradition, Sicherheit, Größe, Würde etc. Alles Phänomene, die nicht unmittelbar mit dem Glauben in Verbindung stehen. Diese Werte jedoch wären mit dem von mir angedachten Schritt gefährdet.

Auch CIC Fan meint indes:
CIC_Fan hat geschrieben:
Sonntag 19. August 2018, 12:21
es ist schlicht nicht möglich ein Dogma aufzuheben das widerspricht nach kath Auffassung der Natur eines Dogmas
... und verweist auf die Basis meiner Aussage.
Τεκμήρια καί ’ορφοί λογισμοί ποιούσι την τιμήν.

Raphael

Re: Reform, Restauration, Neustart

Beitrag von Raphael »

Pacanv hat geschrieben:
Sonntag 19. August 2018, 14:00
.............
Warum sollte man denn Dogmen aufheben wollen? :hmm:
Was wahr ist bleibt wahr, auch wenn Ungläubige diese Wahrheit nicht erkennen und/oder erkennen wollen? :doktor:

CIC_Fan

Re: Reform, Restauration, Neustart

Beitrag von CIC_Fan »

die Antwort ist aus dem ersten Posting zu entnehmen

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Siard
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Re: Reform, Restauration, Neustart

Beitrag von Siard »

CIC_Fan hat geschrieben:
Sonntag 19. August 2018, 12:23
was hat den "der alte Mann " Josef Ratzinger erreicht?
Er hat das Schweigen und vertuschen beendet. Ohne ansehen der Person, ohne Günstlingswirtschaft.
Da ist der entscheidende Unterschied.
CIC_Fan hat geschrieben:
Sonntag 19. August 2018, 12:23
mutierst du jetzt zum Sedisvakantisten daß Du den Papst der katholischen Kirche nicht als solchen titulierst
Welchen? Es gibt mindestens zwei. :pfeif:

Petrus
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Re: Reform, Restauration, Neust

Beitrag von Petrus »

Siard hat geschrieben:
Samstag 18. August 2018, 21:45
Benedikt hat mehr erreicht als der "böse alte Mann", der seine Arbeit und die Kirche nach Gutdünken demoliert und demontiert.
also.

Joseph Ratzinger hat als Papst erreicht, meiner Meinung nach, zwei Sachen.

1) Er hat angefangen, den Saustall aufzuräumen (sein Vorgänger hatte sich wohl dafür nicht so sehr interessiert).

2) Die Annäherung an die Juden (aber da ist er, soweit ich das aus den neuesten Veröfentlichungen entnehme möchte, sich vielleicht sich selbst immer noch nicht so ganz sicher).

so. zweiter Teil.

Den Herrn Jose Bergoglio mag ich überhaupt nicht. Für mich ist das ein brutaler Machtmensch.

Trotzdem, dennoch, und deswegen: Wie willst Du anfangen, aufzuräumen, in dieser Kurie, an deren Reform schon mehrere gescheitert sind? Anders geht das nicht, Leute.

Für mich ist - Animositäten hin, Animositäten her - Papst Franziskus ein Segen für die Kirche.

Und, den Papst Benedikt mag ich irgendwie. Ein bißchen schüchtern, sehr ehrlich. Meine Meinung (ich hatte mir meine Meinung gebildet, nach der Werktagsmesse, wo ich ministriert hatte, und seine Ältere Schwester dann das Frühstück bereitet hatte)


meine Meinung.

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Siard
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Re: Reform, Restauration, Neust

Beitrag von Siard »

Petrus hat geschrieben:
Sonntag 19. August 2018, 20:05
Papst Franziskus ein Segen für die Kirche.
Das wäre er (wenigstens in diesem Bereich), wenn er konsequent wäre. Das ist er jedoch nicht, wie ich oben schon andeutete.

Petrus
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Re: Reform, Restauration, Neust

Beitrag von Petrus »

Siard hat geschrieben:
Sonntag 19. August 2018, 20:10
Petrus hat geschrieben:
Sonntag 19. August 2018, 20:05
Papst Franziskus ein Segen für die Kirche.
Das wäre er (wenigstens in diesem Bereich), wenn er konsequent wäre. Das ist er jedoch nicht, wie ich oben schon andeutete.
nun, er ist ein Jesuit.

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Siard
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Re: Reform, Restauration, Neust

Beitrag von Siard »

Petrus hat geschrieben:
Sonntag 19. August 2018, 20:18
nun, er ist ein Jesuit.
Im dunkelsten Sinne des Wortes.

Junias
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Re: Reform, Restauration, Neustart

Beitrag von Junias »

Pacanv hat geschrieben:
Sonntag 19. August 2018, 14:00
Junias hat geschrieben:
Samstag 18. August 2018, 20:54
Woher beziehst du deine Klarheit? Intuition? Woher willst du denn wissen, was in Zukunft geschehen wird? Prophetie?

[...]

Woher beziehst du also deine Klarheit? Woher weißt du, was die Zukunft bringt?
Du hast recht, ich kann es nicht wissen, insofern war meine Formulierung nicht klug gewählt. Eher hätte ich schreiben sollen, dass es sehr schwierig ist, so einen Schritt zu setzen und dass ich mir der tiefen Verwurzelung der zitierten Angelegenheiten mit allen guten und schlechten Seiten bewusst bin. Die ungleich dezidiertere Ausdrucksweise beruht wohl auf meiner Einschätzung, dass manche fraglichen Bereiche in einem Maß konstitutiv sind, dass mit deren Fall auch ein wesentliches Maß an katholischem Selbstverständnis verlorenginge. Die apostolische Sukzession ist so ein Punkt. Mit ihr steht und fällt die Exklusivität der Kirche, die dank der Sukzession »den ganzen, unverfälschten Glauben« verkünde (Katechismus [Kompendium] § 830 s., eindeutig in Catechismus § 830). Hält man sich einige Glieder dieser Sukzession und deren Auslegung des Glaubens vor Augen, erscheint ein solches Selbstverständnis doch einigermaßen skurril — und doch wäre es ein sehr starkes Stück, die Sukzession und die entsprechenden Abschnitte im Katechismus zu tilgen, auch eingedenk dessen, dass selbst in vergleichsweise jüngerer Vergangenheit noch ähnliche Töne zu hören waren oder etwa Benedikt XVI. angesichts der Conquista Lateinamerikas von einer »Ausweitung der Heilsgeschichte« sprach und die einschlägige Schuld, wenn überhaupt, dann meist unpersönlich oder passivisch formuliert wird.

Hinzu kommt noch, dass es in der Kirche ja durchaus sehr konservative Kräfte gibt, die in progressiven Tendenzen und Änderungen gerne den Teufel als agens absconditus wähnen. Und es geht dabei nicht (vornehmlich) um einen Altersunterschied in dem Sinn, dass eine jüngere Generation Reformwillen zeigt, der einer älteren konservativen Schicht gegenüberstünde. Zudem habe ich den Eindruck (hier betone ich: Eindruck), dass viele Katholiken und Katholikinnen in der katholischen Kirche mehr finden als nur den (vermeintlich) authentischen Weiterträger des christlichen Glaubens, nämlich auch eine Festung von Tradition, Sicherheit, Größe, Würde etc. Alles Phänomene, die nicht unmittelbar mit dem Glauben in Verbindung stehen. Diese Werte jedoch wären mit dem von mir angedachten Schritt gefährdet.
Deine Einschätzungen seien dir unbenommen. Dafür, dass du nicht an Gott glaubst und kein Katholik bist, hast du dich aber ausführlich mit der Materie befasst. Chapeau!

Jedoch vertrete ich die Auffassung, die Exklusivität der Kirche steht und fällt mit Jesus Christus – nicht mit der apostolischen Sukzession. Er ist der wahre Weinstock, alle anderen sind nur Reben! Es ist exklusiv dem Weingärtner vorbehalten zu entscheiden, wer hinausgeworfen wird und verdorrt bzw. verbrennt (vgl. Johannes 15, 1–7).

Nach meinem katholischen Selbstverständnis sind also von vornherein unbotmäßige Reben einkalkuliert. Von einer höheren Warte aus kann deswegen die apostolische Sukzession gar nicht unterbrochen werden, (weswegen ich übrigens den sedisvakantistischen Ansatz als kleingläubig betrachte, das nur nebenbei bemerkt). Denn der allmächtige Gott sorgt dafür, dass die Ordnung überzeitlich greift. Das ist die Ordnung des Melchisedek! Und diese wird zufälligerweise ja auch nicht per Sukzession weitergegeben (vgl. Hebräer 7, 3)! Da das Priestertum an dieser Ordnung teilhat, halte ich die apostolische Sukzession zwar auch für ein katholisches Schwergewicht, vor allem in der Theorie, aber für die (Weihe-)Praxis dann doch nicht so schwer, als dass daran das katholische Selbstverständnis vieler bzw. aller zugrunde gehen müsste. Denn an den Früchten werdet ihr sie erkennen (vgl. Matthäus 7, 16).

Sonst denke ich, dass diejenigen Katholiken und Katholikinnen, denen ihr katholisches Selbstverständnis an den von dir geschilderten Phänomenen wie „Tradition, Sicherheit, Größe, Würde“ hängt, gegenüber den Unbedarften des 21. Jahrhunderts zunehmend zusammenschrumpfen werden, weswegen diese bei den Überlegungen des Papstes weitaus weniger ins Gewicht fallen dürften, als sie sich das wünschen. Aber Veränderungsprozesse dauern ja bekanntlich einige Zeit und diejenigen, für die ihr Glaube eine „Festung“ darstellt, und nicht das Dreifachgebot aus Liebe, Nächstenliebe und Selbstliebe, sterben aus.

Was ich damit sagen will, ist, dass das katholische Selbstverständnis so vielfältig ist, dass nicht für jeden das Konzept der apostolischen Sukzession oder auch der Kontinuität so im Vordergrund steht wie für dich. Ich fürchte, so klar ist in Wirklichkeit rein gar nichts.

Lieber Gruß

Junias

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