Raphael hat geschrieben:Diese Schöpfung hat jedoch eine Ordnung, die der Kritiker Jorge (absichtsvoll) verkennt
Erstmal weise ich die Unterstellungen zurück (von wegen „absichtsvoll verkennt“ usw.). Die sind m.E. nur Reflex von Misstrauen. Das Misstrauen verbaut einem natürlich den ungeschminkten und unvoreingenommenen Blick auf die Realität. Es ist dasselbe Misstrauen, das die Verkündigungen Jesu für manche Zeitgenossen so schwer verdaulich machte: Sie dachten immer, er will irgendwas verdrehen oder das Gesetz verfälschen. Dabei wollte er ihnen nur die Grundlagen und die wahre Bedeutung des Gesetzes klarmachen.
Raphael hat geschrieben:Der Geschlechtsakt ist den Eheleuten vorbehalten!
Darum geht es in der von Spaemann beanstandeten Passage von
Amoris laetitia aber gar nicht. Es geht nur darum, inwieweit ein Geschlechtsakt, der
trotz dieses Vorbehalts
außerhalb der Ehe stattfindet, eine Sünde ist oder nicht.
Bei der ganzen Kommunion- und Sakramentenfrage geht es ja nicht um Ehe, sondern allein und ausschließlich um Sünde. Nur Sünde kann die Gottesbeziehung gefährden und damit von der sakramentalen Vereinigung mit dem Herrn ausschließen.
Deshalb gehen auch alle Argumente fehl, die auf irgendwelchen Analogien der Ehe zum Gottesbund aufbauen und meinen, weil Gott „kein Bigamist“ sei (vgl. Titel der Einlassung Spaemanns zum Judenthema von 2009), dürfe der menschliche Bigamist nicht zur Kommunion gehen.
Das ist Unsinn, für den Kommunionempfang kommt es nicht darauf an, ob der Mensch „Bigamist“ ist, sondern ob er Sünder ist (was man voraussetzen kann) und ob er seine Sünden bereut und wiedergutmacht (also im „Gnadenstand“ lebt).
Da ein Geschlechtsakt, selbst wenn er trotz des Ehevorbehalts außerhalb der Ehe stattfindet, nichts in sich Böses ist (wie Spaemann und seine Freunde aus der amerikanischen Neothomistenszene unbegreiflicherweise meinen), sondern naturrechtlich betrachtet etwas ganz Normales (was die mittelalterliche Lehre übrigens genau weiß, weshalb uneheliche Kinder traditionell auch als „natürliche“ Nachkommen bezeichnet werden), muss man von Fall zu Fall sehen, wo und wann und warum in so gen. „irregulären“ (also nichtehelichen) Geschlechtsbeziehungen etwas unbereut Sündiges liegt und wo und wann und warum nicht. Das ist eigentlich schon alles.
Zum Thema Schöpfungsordnung etc. könnte man noch einige Sachen schreiben, mach ich vllt. später noch.
Viel wichtiger finde ich aber die Einsicht, dass es bei der ganzen Diskussion eigentlich gar nicht um Sexualität geht, auch nicht um die Sünden der anderen, sondern um die Einstellung gegenüber dem, was man bei anderen an potenzell sündhaften Dingen zu entdecken glaubt.
Diese „wvh. Gesch.“ sind ja eigtl. nur der
Aufhänger, nicht die Protagonisten dieser ganzen Debatte.
Es geht nicht
wirklich um sie, sondern es geht eigtl. darum, wie
du dich (oder ich mich oder sonst jmd. sich) als „Regulärer“ solchen „Irregulären“ oder sonstigen Außenseitern gegenüber fühlst und verhältst, ohne dein eigenes Heil zu riskieren. Die Schlüsselstellen im Evangelium sind dementsprechend auch überhaupt nicht in erster Linie das Scheidungsverbot oder die Samaritanerin, sondern das Schuldturmgleichnis (wo der Schuldner nicht begreift, dass er andere genauso großzügig beurteilen sollte, wie der König ihn selbst beurteilt) und das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, die unterschiedlich lang arbeiten und trotzdem gleich entlohnt werden und wo der Herr am Ende den unzufriedenen Beschwerdeführer fragt: „Oder ist dein Auge böse, weil ich gut bin?“ Darum geht es eigentlich.
Solange du nicht jeden Strohhalm als Entschuldigungsgrund für andere gelten lässt, wirst du selbst auch keinen Strohhalm zu fassen bekommen, um dich vor dem Gericht zu verantworten.