Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

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Amigo
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Amigo »

Lycobates hat geschrieben:
Montag 17. September 2018, 22:56
Den verlinkten Text von John Daly bitte ich, genau zu lesen
Ich konnte weder hier noch in einem anderen Thread im Kreuzgang einen verlinkten Text von John Daly finden. Allerdings fand ich mittels Suchfunktion nach "John Daly" im Forum den Verweis auf romeward.com, und dort ist ein seitenlanger Artikel von John Daly, der in größter Ausführlichkeit erklärt, warum wissenschaftliche Denkweise für Katholiken nur die Position eines "nicht-sektiererischen Sedisvakantismus" zulässt.

Was soll demnach an oder von John Daly relevant sein für diesen Thread namens "Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie"? Seine Erörterungen wären wohl in einem Thread zu Sedisvakantismus besser aufgehoben.

Melicus
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Melicus »

Amigo hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 13:45
Lycobates hat geschrieben:
Montag 17. September 2018, 22:56
Den verlinkten Text von John Daly bitte ich, genau zu lesen
Ich konnte weder hier noch in einem anderen Thread im Kreuzgang einen verlinkten Text von John Daly finden. Allerdings fand ich mittels Suchfunktion nach "John Daly" im Forum den Verweis auf romeward.com, und dort ist ein seitenlanger Artikel von John Daly, der in größter Ausführlichkeit erklärt, warum wissenschaftliche Denkweise für Katholiken nur die Position eines "nicht-sektiererischen Sedisvakantismus" zulässt.

Was soll demnach an oder von John Daly relevant sein für diesen Thread namens "Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie"? Seine Erörterungen wären wohl in einem Thread zu Sedisvakantismus besser aufgehoben.
Urspünlich ging es um romeward.com als Einstieg zum Thema Romanità.
(Dort lautet sogar eine Rubrik Sedevacantists and Fidelity to Rome.)
Lycobates schrieb:
„[…] die dogmatische Grundlage für das grundsätzliche Römisch-Sein der Kirche wird im verlinkten Text klar herausgearbeitet […].“
Zuletzt geändert von Melicus am Dienstag 18. September 2018, 14:16, insgesamt 3-mal geändert.
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Amigo
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Amigo »

Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 14:13
Amigo hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 13:45
Lycobates hat geschrieben:
Montag 17. September 2018, 22:56
Den verlinkten Text von John Daly bitte ich, genau zu lesen
Ich konnte weder hier noch in einem anderen Thread im Kreuzgang einen verlinkten Text von John Daly finden. Allerdings fand ich mittels Suchfunktion nach "John Daly" im Forum den Verweis auf romeward.com, und dort ist ein seitenlanger Artikel von John Daly, der in größter Ausführlichkeit erklärt, warum wissenschaftliche Denkweise für Katholiken nur die Position eines "nicht-sektiererischen Sedisvakantismus" zulässt.

Was soll demnach an oder von John Daly relevant sein für diesen Thread namens "Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie"? Seine Erörterungen wären wohl in einem Thread zu Sedisvakantismus besser aufgehoben.
Urspünlich ging es um romeward.com als Einstieg zum Thema Romanità.
Dort lautet eine Rubrik sogar Sedevacantists and Fidelity to Rome.
Lycobates schrieb:
„[…] die dogmatische Grundlage für das grundsätzliche Römisch-Sein der Kirche wird im verlinkten Text klar herausgearbeitet […].“
Ah ok, vielen Dank für den Kontext! :daumen-rauf:

Melicus
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Melicus »

Amigo hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 14:15
Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 14:13
Amigo hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 13:45
Lycobates hat geschrieben:
Montag 17. September 2018, 22:56
Den verlinkten Text von John Daly bitte ich, genau zu lesen
Ich konnte weder hier noch in einem anderen Thread im Kreuzgang einen verlinkten Text von John Daly finden. Allerdings fand ich mittels Suchfunktion nach "John Daly" im Forum den Verweis auf romeward.com, und dort ist ein seitenlanger Artikel von John Daly, der in größter Ausführlichkeit erklärt, warum wissenschaftliche Denkweise für Katholiken nur die Position eines "nicht-sektiererischen Sedisvakantismus" zulässt.

Was soll demnach an oder von John Daly relevant sein für diesen Thread namens "Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie"? Seine Erörterungen wären wohl in einem Thread zu Sedisvakantismus besser aufgehoben.
Urspünlich ging es um romeward.com als Einstieg zum Thema Romanità.
Dort lautet eine Rubrik sogar Sedevacantists and Fidelity to Rome.
Lycobates schrieb:
„[…] die dogmatische Grundlage für das grundsätzliche Römisch-Sein der Kirche wird im verlinkten Text klar herausgearbeitet […].“
Ah ok, vielen Dank für den Kontext! :daumen-rauf:
Ihm ging es um genuine Katholizität, nicht um Sedisvakantismus.
Vielleicht ist er deswegen in diesen Thread gezogen.
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Amigo »

Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 14:16
Ihm ging es um genuine Katholizität, nicht um Sedisvakantismus.
Das mag sein, jedoch: Sedisvakantisten sind idR nicht in der Lage, eine klare Trennung zwischen diesen beiden Dingen zu machen, müssen sie doch zur Selbstrechtfertigung ihre Position mit sehr katholischen Argumenten belegen.

Bei John Daly ist es jedenfalls ganz klar so, ich zitiere ihn inhaltlich: Wer genuin römisch-katholisch denkt und schlussfolgert, kann nur Sedisvakantist sein; zwar ist Mr. Daly laut eigenem Bekunden grundsätzlich bereit, mit ernsthaften und belesenen Katholiken auch allfällige Meinungsunterschiede zu diskutieren, denn er ist sich seiner Fehlbarkeit durchaus bewusst, aber an seiner korrekten Erfassung und Interpretation der Fakten ist nicht zu rütteln.

Und wenn jemand auf dieser Position steht, dann sind all seine gelehrigen Ausführungen auch mit diesem Hintergrund zu betrachten.

Und jetzt hör ich damit auf, denn das passt ja hier genauso wenig herein wie in einen Ostkirchen-Thread :tuete:

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Lycobates
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Lycobates »

Amigo hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 14:33
Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 14:16
Ihm ging es um genuine Katholizität, nicht um Sedisvakantismus.
Das mag sein, jedoch: Sedisvakantisten sind idR nicht in der Lage, eine klare Trennung zwischen diesen beiden Dingen zu machen, müssen sie doch zur Selbstrechtfertigung ihre Position mit sehr katholischen Argumenten belegen.
Beide Aspekte sind untrennbar, und gehören sehr wohl gerade in einen ekklesiologischen Strang, wie diesen.

Daß öffentliche und formelle Häretiker (und Schismatiker) keine (ordentliche) Jurisdiktion haben (mit dem Aquinaten: jurisdictio in haereticis et schismaticis non manet, S.Th. IIª-IIae q. 39 a. 3 co.), und demnach kein Amt wirksam formell bekleiden können, ist ohne wenn und aber seit immer katholische Lehre.
(Wobei, daß der Amtsverlust von sich aus eintritt, seit Bellarmin opinio communior ist, dazu etwa Regatillo, Institutiones Iuris Canonici, I, n. 396).

Die "sedisvakantistische" Position (warum ich Anführungszeichen verwende, habe ich im Parlatorium einmal erklärt) ist nichts anderes als die Schlußfolgerung aus dieser Lehre bezüglich der Hierarchen der Konzilskirche (dieser Terminus: ® Montini/Paul VI).
Diese Schlußfolgerung ist entweder richtig oder falsch, ein Drittes gibt es nicht.

Wenn sie richtig ist, ist die "sedisvakantistische" Position genuin katholisch, und zwar in diesem Punkt die einzig mögliche Position.
(Was nicht unbedingt bedeutet, daß ein "Sedisvakantist" nicht andere Irrtümer verfechten kann, die u.U. seine Katholizität doch beeinträchtigen könnten)

Wenn sie falsch ist, unterliegen ihre Verfechter einem error facti, weil nämlich das, was sie als formelle Häresie oder Schisma betrachten, in Wahrheit keine formelle Häresie oder Schisma ist. Grundsätzlich lägen sie in puncto Amtsverlust aber richtig, wenn ihre Prämisse stimmt. (Zur Faktenlage müßten wir dann im Parlatorium weiter diskutieren, aber das ist auch schon geschehen.)
Wobei dann nur zur Feststellung ihrer Katholizität im Einzelfall zu prüfen wäre, ob der Betroffene dem error facti guten Glaubens, oder nicht, unterlegen ist.

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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Lycobates »

Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 12:12
Lycobates hat geschrieben:
Montag 17. September 2018, 22:56
Wo gibt es Anknüpfungspunkte für Tradiertes, ins Heute Überkommenes und fruchtbar Gemachtes in der römisch-katholischen Kirche?
Kann man ernsthaft eine solche Frage stellen?
Es gibt nur Tradiertes, ins Heute Überkommenes und fruchtbar Gemachtes in der römisch-katholischen Kirche!
Es genügt ein römisches Missale, ein Brevier, den Denzinger oder eine klassische Dogmatik, etwa Scheeben, aufzuschlagen. Und dann reden wir nicht von Mystikern oder Moralisten, nicht von Kirchenvätern und dem Kirchenrecht.
Alles atmet förmlich Tradition, jeweils ins Aktuelle, Jetzige versetzt.
Man kann ernsthaft ein solche Frage stellen.
Ausgehend von der Romanità-Filterblase.
Meine These war: Sie ist eine weitere Filterblase, die platzt, wenn man sich von der Theorie in die Praxis begibt.
Ohne ihre Katholizität schmälern zu wollen.
Wo sind in der gelebten Praxis Anknüpfungspunkte in der offiziellen römisch-katholischen Kirche?
Wer lebt dort bereits aus dem Geist Christi?
Lycobates hat geschrieben:
Montag 17. September 2018, 22:56

Wo atmet Römisch-Sein den Geist Christi?

Die Frage ist müßig.
Es gibt keinen "Geist Christi" außerhalb der Kirche.
Der Herr kommt zu uns durch die von Ihm gegründete Kirche (Mt. 16,18), und nur durch sie, Er spricht durch sie und hat ihr, und nur ihr, Seine Autorität mitgeteilt (Mt. 28,20), und durch den Geist der Wahrheit sie, und nur sie, in die ganze Wahrheit eingeführt (Joh. 16,13-15), damit sie, und nur sie, dieselbe allen Völkern lehre.
Und so geschah es, und geschieht es.
Diese Antwort basiert ebenfalls auf abstrakter Theorie.
Wer den Geist Christi atmet, hat der Herr selbst beantwortet.
Jene, die aus dem Weinstock leben.
Und an ihren Taten sollt ihr sie erkennen (vgl. 1. Johannes 2,1-6).
Wenn es selbst bei den Piusbrüdern Mißbrauch gibt, wird es auch bei der Romanità keine genuine Katholizität ohne Mißbrauch geben.
Warum?
Weil Menschen eben nicht nur Theoretiker sind.
Die Kirche hienieden, die streitende, in statu viatoris, ist immer, und wird es bis zum Jüngsten Tage bleiben, eine Kirche von (wenigen) Heiligen und (vielen, auch schweren) Sündern.
Diese Tatsache beeinträchtigt keineswegs die Wahrheit ihrer Lehre, auch nicht deren Praxistauglichkeit, noch die Tatsache, daß diese immer wieder, opportune importune, eingeschärft werden muß, die Sünde verurteilt, und der Sünder bestraft.

Wer für die Kirche hienieden eine Kirche der Engel postuliert, wird an diesem Postulat zerbrechen.

Melicus
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Melicus »

Amigo hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 14:33
Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 14:16
Ihm ging es um genuine Katholizität, nicht um Sedisvakantismus.
Das mag sein, jedoch: Sedisvakantisten sind idR nicht in der Lage, eine klare Trennung zwischen diesen beiden Dingen zu machen, müssen sie doch zur Selbstrechtfertigung ihre Position mit sehr katholischen Argumenten belegen.
Ja eben.
Diese klare Trennung gibt es nicht.
Meine Erfahrung zeigt: Menschen, die in ihren Denkgebäuden gefangen sind, wollen und können nicht über deren Mauern hinausdenken.
Ihr Fundament gerät dabei ins Wanken.
Das verursacht Angst ...
Deswegen mein Ansinnen, die Trennung durch die Differenz Theorie/Praxis zu überwinden.
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Melicus »

Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 15:23
Die Kirche hienieden, die streitende, in statu viatoris, ist immer, und wird es bis zum Jüngsten Tage bleiben, eine Kirche von (wenigen) Heiligen und (vielen, auch schweren) Sündern.
Diese Tatsache beeinträchtigt keineswegs die Wahrheit ihrer Lehre, auch nicht deren Praxistauglichkeit, noch die Tatsache, daß diese immer wieder, opportune importune, eingeschärft werden muß, die Sünde verurteilt, und der Sünder bestraft.
Das rechtfertigt nicht, als Gläubiger, dem seine Sünden bewußt sind, in der Sünde zu verharren!
Das Bestrafen von Sünde kommt aus dem Verharren und ist infolgedessen nur dort weiterhin probates Mittel.
Barmherzigkeit dem Sünder gegenüber ist aber ein spiritueller Fortschritt!
Fortschritt ist dort, wo der Herr als Heiland erkannt, erfahren und angenommen wird.
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 15:23
Wer für die Kirche hienieden eine Kirche der Engel postuliert, wird an diesem Postulat zerbrechen.
Das tut m. W. niemand.
Das kann Papst Franziskus nicht von gaudete et exsultate abhalten.
Denn das Streben nach Heiligkeit unter Katholiken geht leider gegen null.
Die Praxistauglichkeit von Strafen kann vor diesem Hintergrund nicht die Barmherzigkeit überwiegen.
Wer für die Kirche hienieden eine Kirche der Strafe postuliert, wird an diesem Postulat zerbrechen.
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Lycobates »

Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:05
Das rechtfertigt nicht, als Gläubiger, dem seine Sünden bewußt sind, in der Sünde zu verharren!
Wer tut das?
Wenn nicht derjenige, der einen überführten schweren und unbußfertigen Sünder wissentlich weiter beschützt und schönredet?
Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:05
Das Bestrafen von Sünde kommt aus dem Verharren und ist infolgedessen nur dort weiterhin probates Mittel.
Nein, das ist eine moralische Verirrung.
Keine Sünde ohne Strafe.
Die Strafe wird vom bußfertigen Sünder in Demut angenommen und damit u.U. verdienstvoll (wie die Buße in der Beichte).
Das gilt sogar für die Todesstrafe, die demnach u.U. auch auf einen bereits Bußfertigen angewandt werden kann und muß (vgl. Lk. 23,41).
Dem Unbußfertigen bleibt sie eine schwer zu tragende, jedoch ebenso gerechte, Last.

Beiden aber muß sie werden.

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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Amigo »

Nochmal zu John Daly und seiner Grundsatzerklärung.

Ich habe dieses Dokument beim ersten Mal einfach neugierig, beim zweiten Mal aber skeptisch und mit Fokus auf logische Fehler durchgelesen. Deshalb ist mir auch erst beim zweiten Mal aufgefallen, wie löchrig die Argumentationkette ist und was den Autor eigentlich motiviert: Er erklärt den "traditionalistischen Sediplenisten" (konkret der FSSPX), dass ihre Position römisch-katholisch unhaltbar ist. Das ganze Vorspiel des Dokuments - die Begründung, warum neben Glaube, Gemeinschaft und Gehorsam auch die "Romanity" zur notwendigen Pflicht des Katholiken gehört und warum die "Romanity" es gebietet, das 2. Vatikanische Konzil und die seither im Amt befindliche Hierarchie (Bischöfe und natürlich Papst) abzulehnen - dient diesem Argument, und der Rest des Dokuments dreht sich nur noch um die Argumentation wider die Position der FSSPX. Er beruft sich auf die "main sedisvacantist scholars", um die Ablehnung der "Konzilskirche" seit 1958 zu begründen, und erklärt dann, dass die FSSPX irrt, weil sie vertreten müsse, dass "Rom sich nicht maßgeblich geirrt hat", während die Sedisvakantisten korrekterweise meinen, dass "das, was sich geirrt hat, nicht Rom ist, sondern die Häretiker, die dort nur dem Anschein nach das Sagen haben".

Das argumentative Loch, in das Daly sich selbst hineingräbt, ist unschwer auszumachen: Er überzeugt sich selbst davon, dass die "Romanity" das wichtigste aller Elemente des Katholischseins ist - neben dem katholischen Glauben, der Gemeinschaft mit dem Papst und den Bischöfen, und dem Gehorsam gegenüber dem Lehramt - und dass diese "Romanity" im Vatikan 1958 verloren gegangen ist. Deshalb ist er als Sedisvakantist nicht wirklich von der Gemeinschaft getrennt oder ungehorsam, Hauptsache er bleibt "römisch". Aber der Löwenanteil des Dokuments befasst sich überhaupt nicht mit der "Romanity" oder den Irrtümern der "Konzilskirche" seit 1958, sondern kreist um die Inkonsistenz der Position der Piusbruderschaft, die zugleich der Kirche zugehören und von ihr in wesentlichen Aspekten unterschiedlich sein will.

Meine Kurzfassung des Daly-Dokuments:

Diejenigen, die jetzt in Rom sitzen, sind seit 1958 nicht mehr "römisch" - das weiß ich sicher, und schlaue Leute haben mich in meiner Meinung bestätigt - und ich bleibe daher der jetzt unsichtbaren "römischen" Kirche gehorsam und im Glauben verbunden, nicht den Häretikern im Vatikan. Wer aber der jetzt sichtbaren, scheinbar römischen Kirche trotz ihres Glaubensabfalls treu bleibt, der müsste ihr vollen Gehorsam leisten, also das 2. Vatikanum und alle seither erfolgten Äußerungen des Lehramts vollumfänglich anerkennen. Das tut ihr Piusbrüder nicht, und darum seid ihr Heuchler. Ihr seid nicht "römisch-treu", was bedeuten würde, dass ihr euch von Rom komplett trennen müsstet, sondern ihr versucht euch an "die Konzilskirche" anzubiedern.

Daly scheut sich nicht, der "Resistance" Mord an der "Romanity" vorzuwerfen - der "linke Flügel der FSSPX" sei bereit, den rechten Glauben, die Moral und die gültigen Sakramente aufzugeben, nur um die formelle Verbindung mit Rom (hier wiederum ist der heutige Vatikan gemeint) aufrechtzuerhalten.

Das ist also eine Streitschrift einer extremistischen Position (Daly, Sedisvakantismus) gegen eine "weniger extremistische" Position (FSSPX, kein Sedisvakantismus). Sowas kann IMHO nur bedingt als wertvoller konstitutiver Beitrag für eine Diskussion über katholische Ekklesiologie dienen, auch wenn viele relevante Informationen und Referenzen darin stecken. Ich nehms mit der gleichen Wertigkeit auf, mit der ich bibelwissenschaftliche Analysen von professionellen evangelischen Bibelwissenschaftlern aufnehme: Da steckt auch viel Wissenswertes drin, aber solange die Interpretationen nicht von der ganzen Breite des katholischen Lehramts getragen und damit verwoben sind, dafür aber ein Teil der pilgernden Kirche und ihres Lehramts abgelehnt (und bei Daly auch beleidigend abqualifiziert) wird, ist es halt doch nur menschliche Erkenntnis und damit Stückwerk.

Melicus
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Melicus »

Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:26
Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:05
Das rechtfertigt nicht, als Gläubiger, dem seine Sünden bewußt sind, in der Sünde zu verharren!
Wer tut das?
Wenn nicht derjenige, der einen überführten schweren und unbußfertigen Sünder wissentlich weiter beschützt und schönredet?
Ja, derjenige auch.
Meine Perspektive war jedoch: Wenn ich mir meiner Sünden bewußt bin, darf ich nicht in ihnen verharren.
Buße und Fasten ist dabei ein Weg, Sünden zu sühnen.
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:26
Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:05
Das Bestrafen von Sünde kommt aus dem Verharren und ist infolgedessen nur dort weiterhin probates Mittel.
Nein, das ist eine moralische Verirrung.
Keine Sünde ohne Strafe.
Die Strafe wird vom bußfertigen Sünder in Demut angenommen und damit u.U. verdienstvoll (wie die Buße in der Beichte).
Das gilt sogar für die Todesstrafe, die demnach u.U. auch auf einen bereits Bußfertigen angewandt werden kann und muß (vgl. Lk. 23,41).
Dem Unbußfertigen bleibt sie eine schwer zu tragende, jedoch ebenso gerechte, Last.

Beiden aber muß sie werden.
Nein, bei mir ist keine moralische Verirrung.
Mein Strafverständnis orientiert sich nur nicht am weltlichen Strafvollzug.
Lesenswert Johannes Gründel, Schuld und Versöhnung .
Ein solches Verständnis versperrt den Zugang zum Heilsgeschehen Gottes, sagt er.
Lukas 23,41 kann demnach niemals die Todesstrafe im Christentum rechtfertigen!
Denn den Strafvollzug auf der Schädelstätte, wollten die Menschen!
Der Strafvollzug folgte einem anderen Strafkonzept.
Es war damals einfach die übliche Strafe, Übeltäter zu kreuzigen (ebd.).

Heute aber das Christentum als Fortschritt zu deuten, darauf kommt es an (vgl. Joseph Ratzinger 2006: 72, Jesus von Nazareth)!
Denn der Jude Jesus straft nicht.
Denn der Jude Jesus heilt Kranke.
Denn der Jude Jesus treibt Dämonen aus.
Und der Jude Jesus vergibt die Sünden!
Jesus sagt:
„Geh nach Hause und berichte deiner Familie alles, was der Herr für dich getan und wie er Erbarmen mit dir gehabt hat! (vgl. Markus 5, 19).
Und seine zentrale Aussage dazu ist:
„Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden“ (vgl. Matthäus 5, 7).

Barmherzigkeit ist der Schlüssel zum Verständnis des fünften Gebots: Du sollst nicht töten.
Beziehungsweise: Du wirst nicht töten!
Denn wenn Deine innere Haltung barmherzig ist, wirst du nicht mehr töten wollen, sondern Verständnis für den Übeltäter entwickeln.
Hier setzt Seelsorge an.
Hier setzt Umkehr an.
Hier setzt Nachfolge an.
Aber Barmherzigkeit fällt nicht vom Himmel.
Sie ist zwar in jedweder Seele angelegt, muß aber kultiviert werden.
Durch Gottesdienst.
Und Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe.
Daß Liebe Arbeit ist, zeigt die Verhärtung der Herzen der Jünger, die Jesus erzürnte:
„Denn sie waren durch die Brote nicht verständig geworden, sondern ihr Herz war verhärtet“ (vgl. Markus 6, 52).
Strafe (geregelter Strafvollzug) taugt schlußendlich nur als probates Mittel der unverständigen (verhärteten) Gesellschaft.
Strafe in der Kirche zeigt an, wie verhärtet die Herzen immer noch sind!
„Manchmal verliert man das Gute, wenn man das Bessere sucht.“
(Pietro Antonio Domenico Bonaventura Trapassi)

Junias
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Junias »

Melicus hat geschrieben:
Mittwoch 19. September 2018, 09:51
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:26
Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:05
Das rechtfertigt nicht, als Gläubiger, dem seine Sünden bewußt sind, in der Sünde zu verharren!
Wer tut das?
Wenn nicht derjenige, der einen überführten schweren und unbußfertigen Sünder wissentlich weiter beschützt und schönredet?
Ja, derjenige auch.
Meine Perspektive war jedoch: Wenn ich mir meiner Sünden bewußt bin, darf ich nicht in ihnen verharren.
Buße und Fasten ist dabei ein Weg, Sünden zu sühnen.
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:26
Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:05
Das Bestrafen von Sünde kommt aus dem Verharren und ist infolgedessen nur dort weiterhin probates Mittel.
Nein, das ist eine moralische Verirrung.
Keine Sünde ohne Strafe.
Die Strafe wird vom bußfertigen Sünder in Demut angenommen und damit u.U. verdienstvoll (wie die Buße in der Beichte).
Das gilt sogar für die Todesstrafe, die demnach u.U. auch auf einen bereits Bußfertigen angewandt werden kann und muß (vgl. Lk. 23,41).
Dem Unbußfertigen bleibt sie eine schwer zu tragende, jedoch ebenso gerechte, Last.

Beiden aber muß sie werden.
Nein, bei mir ist keine moralische Verirrung.
Mein Strafverständnis orientiert sich nur nicht am weltlichen Strafvollzug.
Lesenswert Johannes Gründel, Schuld und Versöhnung .
Ein solches Verständnis versperrt den Zugang zum Heilsgeschehen Gottes, sagt er.
Lukas 23,41 kann demnach niemals die Todesstrafe im Christentum rechtfertigen!
Denn den Strafvollzug auf der Schädelstätte, wollten die Menschen!
Der Strafvollzug folgte einem anderen Strafkonzept.
Es war damals einfach die übliche Strafe, Übeltäter zu kreuzigen (ebd.).

Heute aber das Christentum als Fortschritt zu deuten, darauf kommt es an (vgl. Joseph Ratzinger 2006: 72, Jesus von Nazareth)!
Denn der Jude Jesus straft nicht.
Denn der Jude Jesus heilt Kranke.
Denn der Jude Jesus treibt Dämonen aus.
Und der Jude Jesus vergibt die Sünden!
Jesus sagt:
„Geh nach Hause und berichte deiner Familie alles, was der Herr für dich getan und wie er Erbarmen mit dir gehabt hat! (vgl. Markus 5, 19).
Und seine zentrale Aussage dazu ist:
„Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden“ (vgl. Matthäus 5, 7).

Barmherzigkeit ist der Schlüssel zum Verständnis des fünften Gebots: Du sollst nicht töten.
Beziehungsweise: Du wirst nicht töten!
Denn wenn Deine innere Haltung barmherzig ist, wirst du nicht mehr töten wollen, sondern Verständnis für den Übeltäter entwickeln.
Hier setzt Seelsorge an.
Hier setzt Umkehr an.
Hier setzt Nachfolge an.
Aber Barmherzigkeit fällt nicht vom Himmel.
Sie ist zwar in jedweder Seele angelegt, muß aber kultiviert werden.
Durch Gottesdienst.
Und Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe.
Daß Liebe Arbeit ist, zeigt die Verhärtung der Herzen der Jünger, die Jesus erzürnte:
„Denn sie waren durch die Brote nicht verständig geworden, sondern ihr Herz war verhärtet“ (vgl. Markus 6, 52).
Strafe (geregelter Strafvollzug) taugt schlußendlich nur als probates Mittel der unverständigen (verhärteten) Gesellschaft.
Strafe in der Kirche zeigt an, wie verhärtet die Herzen immer noch sind!
:daumen-rauf:

Raphael

Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Raphael »

Melicus hat geschrieben:
Mittwoch 19. September 2018, 09:51
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:26
Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:05
Das rechtfertigt nicht, als Gläubiger, dem seine Sünden bewußt sind, in der Sünde zu verharren!
Wer tut das?
Wenn nicht derjenige, der einen überführten schweren und unbußfertigen Sünder wissentlich weiter beschützt und schönredet?
Ja, derjenige auch.
Meine Perspektive war jedoch: Wenn ich mir meiner Sünden bewußt bin, darf ich nicht in ihnen verharren.
Buße und Fasten ist dabei ein Weg, Sünden zu sühnen.
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:26
Melicus hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:05
Das Bestrafen von Sünde kommt aus dem Verharren und ist infolgedessen nur dort weiterhin probates Mittel.
Nein, das ist eine moralische Verirrung.
Keine Sünde ohne Strafe.
Die Strafe wird vom bußfertigen Sünder in Demut angenommen und damit u.U. verdienstvoll (wie die Buße in der Beichte).
Das gilt sogar für die Todesstrafe, die demnach u.U. auch auf einen bereits Bußfertigen angewandt werden kann und muß (vgl. Lk. 23,41).
Dem Unbußfertigen bleibt sie eine schwer zu tragende, jedoch ebenso gerechte, Last.

Beiden aber muß sie werden.
Nein, bei mir ist keine moralische Verirrung.
Mein Strafverständnis orientiert sich nur nicht am weltlichen Strafvollzug.
Lesenswert Johannes Gründel, Schuld und Versöhnung .
Ein solches Verständnis versperrt den Zugang zum Heilsgeschehen Gottes, sagt er.
Lukas 23,41 kann demnach niemals die Todesstrafe im Christentum rechtfertigen!
Denn den Strafvollzug auf der Schädelstätte, wollten die Menschen!
Der Strafvollzug folgte einem anderen Strafkonzept.
Es war damals einfach die übliche Strafe, Übeltäter zu kreuzigen (ebd.).

Heute aber das Christentum als Fortschritt zu deuten, darauf kommt es an (vgl. Joseph Ratzinger 2006: 72, Jesus von Nazareth)!
Denn der Jude Jesus straft nicht.
Denn der Jude Jesus heilt Kranke.
Denn der Jude Jesus treibt Dämonen aus.
Und der Jude Jesus vergibt die Sünden!
Jesus sagt:
„Geh nach Hause und berichte deiner Familie alles, was der Herr für dich getan und wie er Erbarmen mit dir gehabt hat! (vgl. Markus 5, 19).
Und seine zentrale Aussage dazu ist:
„Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden“ (vgl. Matthäus 5, 7).

Barmherzigkeit ist der Schlüssel zum Verständnis des fünften Gebots: Du sollst nicht töten.
Beziehungsweise: Du wirst nicht töten!
Denn wenn Deine innere Haltung barmherzig ist, wirst du nicht mehr töten wollen, sondern Verständnis für den Übeltäter entwickeln.
Hier setzt Seelsorge an.
Hier setzt Umkehr an.
Hier setzt Nachfolge an.
Aber Barmherzigkeit fällt nicht vom Himmel.
Sie ist zwar in jedweder Seele angelegt, muß aber kultiviert werden.
Durch Gottesdienst.
Und Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe.
Daß Liebe Arbeit ist, zeigt die Verhärtung der Herzen der Jünger, die Jesus erzürnte:
„Denn sie waren durch die Brote nicht verständig geworden, sondern ihr Herz war verhärtet“ (vgl. Markus 6, 52).
Strafe (geregelter Strafvollzug) taugt schlußendlich nur als probates Mittel der unverständigen (verhärteten) Gesellschaft.
Strafe in der Kirche zeigt an, wie verhärtet die Herzen immer noch sind!
Das ist viel zu sehr schwarz-weiß gezeichnet und verkennt völlig die kirchenrechtliche Lage! :daumen-runter:

Melicus
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Melicus »

Ja, das ist kirchenrechtlich sicherlich unterkomplex.
Ich habe beabsichtigt, mit der Schwarz-Weiß-Zeichnung Argumente herauszuarbeiten, die für die Abschaffung der Todesstrafe relevant sind.
Dabei habe ich Satz für Satz Zusammenhänge herausgeschält, die nicht für alle Mitleser auf der Hand liegen dürften.
Zuletzt geändert von Melicus am Mittwoch 19. September 2018, 20:56, insgesamt 1-mal geändert.
„Manchmal verliert man das Gute, wenn man das Bessere sucht.“
(Pietro Antonio Domenico Bonaventura Trapassi)

Junias
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Junias »

Melicus hat geschrieben:
Mittwoch 19. September 2018, 20:45
Ja, das ist kirchenrechtlich sicherlich unterkomplex.
Ich habe beabsichtigt, mit der Schwarz-Weiß-Zeichnung Argumente herausarbeiten, die für die Abschaffung der Todesstrafe relevant sind.
Dabei habe ich Satz für Satz Zusammenhänge herausgeschält, die nicht für alle Mitleser auf der Hand liegen dürften.
Für meinen Religionsunterricht dürfte das kaum komplexer sein. Ich kann damit viel anfangen. Danke, Melicus. :)

Raphael

Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Raphael »

Melicus hat geschrieben:
Mittwoch 19. September 2018, 20:45
Ja, das ist kirchenrechtlich sicherlich unterkomplex.
Ich habe beabsichtigt, mit der Schwarz-Weiß-Zeichnung Argumente herauszuarbeiten, die für die Abschaffung der Todesstrafe relevant sind.
Dabei habe ich Satz für Satz Zusammenhänge herausgeschält, die nicht für alle Mitleser auf der Hand liegen dürften.
Ich will Dir nicht zu nahe treten, aber ich muß auf eine Gefahr hinweisen, die bei so einer Denkhaltung, wie sie von Dir ausformuliert worden ist, entsteht. :hmm:

Die Gefahr ist greifbar geworden, weil es genau diese Denkhaltung ist, die zu dem real existierenden Umgang mit dem Mißbrauchsskandal in der Kirche geführt hat. Es ist eine Denkhaltung die einseitig die Belange der Barmherzigkeit betont! :glubsch:

Zunächst einmal bleibt festzuhalten, daß es gute Gründe für die Todesstrafe gibt. Und darüber hinaus gibt es gewichtige Autoritäten in der Kirchengeschichte, die sich für die Möglichkeit der Todesstrafe in der weltlichen Justiz ausgesprochen haben. Beides hatte dazu geführt, daß im KKK das zur Todesstrafe stand, was bis vor kurzem da noch stand. :pfeif:

Warum hielt der KKK die Möglichkeit der Todesstrafe in der weltlichen Justiz für geboten? :detektiv:

Weil die weltliche Justiz nicht das himmlische Urteil im Jüngsten Gericht ersetzen kann.
Wenn das irdische Urteil gerecht war, wird es im Jüngsten Gericht bestätigt werden.
Wenn das irdische Urteil ungerecht war, wird es im Jüngsten Gericht konterkariert werden.

Wenn man jetzt etwas spitzfindig formulieren würde ( :tuete: ), könnte man argumentieren, daß die von PP Franziscus vor Kurzem vorgenommene Änderung des KKK, das Vertrauen in die himmlische Gerechtigkeit vermissen läßt. :feuerwehr:

Melicus
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Melicus »

Ja, eine Überbetonung der Barmherzigkeit hatte meine Einlassung ja zum Ziel.
Ihre Überbetonung sehe ich gegenwärtig sogar als heilsnotwendig. :doktor:
Das macht Papst Franziskus also goldrichtig! :heiligschein:

Die biblischen Gründe, die für die Todesstrafe angeführt werden, kenne ich.
Allein sie überzeugen mich nicht.
Und die Argumentation der Kirchenlehrer kenne ich nicht.
Allein sie würden mich nicht überzeugen.
Denn das Bewußtsein der Menschen hat sich weiterentwickelt.
Menschen wissen heute, daß Strafen wirkungslos bleiben, wenn sich im Innern nichts von der Stelle bewegt.
Rückfälle in alte Sünden sind programmiert.

Natürlich war die Todesstrafe das Strafmaß, daß Jesus kannte.
Aber als Menschensohn ist er nicht gekommen, um die Todesstrafe zu erfüllen! :/
Im Gegenteil: Indem er gekommen ist, die Gesetze zu erfüllen, wird gerade die Todesstrafe überflüssig!
Warum?
Indem Menschen Gebote halten, werden Strafen ad absurdum geführt!
(Zumindest benötigt der weltliche Strafvollzug keine so drastischen Strafen mehr, die dem fünften Gebot widersprechen.
Gott sei Dank ist das Bewußtsein in Europa so weit gediehen.)

Jesus ist gekommen, die Menschen in ihrem Innern zu bewegen.
Von Liebe, Friede, Wahrheit und Freiheit pulsiert das Leben im Evangelium.
In ihm wird der Weg der Umkehr und Nachfolge aufgezeigt.
Und aufgezeigt, daß Gott unendlich barmherzig ist.
Wieso sollte Jesus ausgerechnet an der Todesstrafe festhalten wollen? :achselzuck:

Entsprechend wollte Jesus nicht, daß die Menschen richten:
„Und richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden, verurteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden, sprecht frei, und ihr werdet freigesprochen werden!“ (Lukas 6,37).
Richten ist allein dem Jüngsten Gericht vorbehalten.
Mit anderen Worten, es ist allein Gottes zu Tode zu richten ...
Entsprechend zeugt die Entscheidung des Papstes von einem tiefen Vertrauen in die himmlische Gerechtigkeit. :daumen-rauf:
Das ist nicht spitzfindig, sondern für alle, die es fassen können, wunderbar! :ja:
„Manchmal verliert man das Gute, wenn man das Bessere sucht.“
(Pietro Antonio Domenico Bonaventura Trapassi)

Raphael

Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Raphael »

Melicus hat geschrieben:
Donnerstag 20. September 2018, 10:17
Ja, eine Überbetonung der Barmherzigkeit hatte meine Einlassung ja zum Ziel.
Ihre Überbetonung sehe ich gegenwärtig sogar als heilsnotwendig. :doktor:
Das macht Papst Franziskus also goldrichtig! :heiligschein:
Derlei schwärmerische Einlassungen disqualifizieren sich selber! :daumen-runter:
Melicus hat geschrieben:
Donnerstag 20. September 2018, 10:17
Die biblischen Gründe, die für die Todesstrafe angeführt werden, kenne ich.
Allein sie überzeugen mich nicht.
Und die Argumentation der Kirchenlehrer kenne ich nicht.
Allein sie würden mich nicht überzeugen.
Denn das Bewußtsein der Menschen hat sich weiterentwickelt.
Menschen wissen heute, daß Strafen wirkungslos bleiben, wenn sich im Innern nichts von der Stelle bewegt.
Rückfälle in alte Sünden sind programmiert.
Spannend! :roll:
Du kennst die Argumentation der Kirchenlehrer nicht, aber Du weißt bereits jetzt, daß sie Dich nicht überzeugen werden. :patsch:
Melicus hat geschrieben:
Donnerstag 20. September 2018, 10:17
Natürlich war die Todesstrafe das Strafmaß, daß Jesus kannte.
Aber als Menschensohn ist er nicht gekommen, um die Todesstrafe zu erfüllen! :/
Im Gegenteil: Indem er gekommen ist, die Gesetze zu erfüllen, wird gerade die Todesstrafe überflüssig!
Warum?
Indem Menschen Gebote halten, werden Strafen ad absurdum geführt!
(Zumindest benötigt der weltliche Strafvollzug keine so drastischen Strafen mehr, die dem fünften Gebot widersprechen.
Gott sei Dank ist das Bewußtsein in Europa so weit gediehen.)
Was meinst Du mit Bewußtsein und von wessen Bewußtsein redest Du? :detektiv:
Melicus hat geschrieben:
Donnerstag 20. September 2018, 10:17
Jesus ist gekommen, die Menschen in ihrem Innern zu bewegen.
Von Liebe, Friede, Wahrheit und Freiheit pulsiert das Leben im Evangelium.
In ihm wird der Weg der Umkehr und Nachfolge aufgezeigt.
Und aufgezeigt, daß Gott unendlich barmherzig ist.
Wieso sollte Jesus ausgerechnet an der Todesstrafe festhalten wollen? :achselzuck:

Entsprechend wollte Jesus nicht, daß die Menschen richten:
„Und richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden, verurteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden, sprecht frei, und ihr werdet freigesprochen werden!“ (Lukas 6,37).
Richten ist allein dem Jüngsten Gericht vorbehalten.
Mit anderen Worten, es ist allein Gottes zu Tode zu richten ...
Entsprechend zeugt die Entscheidung des Papstes von einem tiefen Vertrauen in die himmlische Gerechtigkeit. :daumen-rauf:
Das ist nicht spitzfindig, sondern für alle, die es fassen können, wunderbar! :ja:
Schwärmereien und Euphemisierungen des menschlichen Existentials sind Äußerungen, die vom schmalen Pfad abbringen. :dudu:

Es gibt viele Menschen, die während ihres Lebens (bildlich gesprochen) von einem 100 m hohen Hochhaus springen und nach einem freien Fall von 99,5 m noch sagen:
Na, das fliegt sich aber toll! 8)

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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Amigo »

Die Sache mit der Todesstrafe... Der Katechismus hat vor der Änderung die Rechtfertigung der Todesstrafe ausschließlich an der zwingenden Notwendigkeit des Schutzes der Allgemeinheit vor dem Täter festgemacht (nie etwa an Abschreckung oder gar der Ausübung von Gerechtigkeit/Rache) und auch klargestellt, dass andere Maßnahmen als die Todesstrafe der Würde des Menschen eher entsprechen. Eine "weitere Verengung" der Rechtfertigbarkeit der Todesstrafe war also im KKK vor der Änderung schon darin grundgelegt, falls die "zwingende Notwendigkeit" nicht mehr gegeben wäre. Und eine Weiterentwicklung im Sinn immer besseren Schutzes der Allgemeinheit vor inhaftierten Straftätern hat - zumindest in den meisten Ländern und Kulturen der Welt - nachvollziehbar stattgefunden. Im (zeitlosen) Sittengesetz steht der Staatsgewalt das grundsätzliche Recht zu, aber im (zeitbedingten) Zustand der Gesellschaft, z.B. aufgrund von hochsicheren Gefängnissen, findet dieses Recht keine akzeptable Gelegenheit zur Anwendung. (Möge es lange so bleiben...!)

Deshalb sehe ich in dieser Änderung keine unveränderlich lehramtliche Entscheidung und auch keine Neubalancierung zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, sondern eine Konsequenz von besseren staatlichen Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Verbrechern. Diesem Aspekt - wirksamere Inhaftierungsmöglichkeiten - trägt die aktuelle Neuformulierung von Absatz 2267 im Katechismus ja auch Rechnung.

Ob und warum die Revision dieses Paragraphen im Katechismus gerade jetzt stattgefunden hat, das ist freilich eine andere Geschichte.

Melicus
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Melicus »

Das klingt sehr sachlich, Amigo.
Doch ursprünglich ging es weniger um die Todesstrafe als vielmehr um Strafen allgemein.
Und speziell um die Haltung, die Jesus zu Strafen einnimmt.
In den Evangelien ist offensichtlich: Barmherzigkeit mit dem Sünder überwiegt die Haltung Sünder bestrafen zu wollen.
Die Bedeutung, die Umkehr für Jesus hat, ist dafür Beleg.
Geh hin und sündige fortan nicht mehr! (vgl. Johannes 8,10–11)
Denn die Umkehr, zu der Jesus Christus und Papst Franziskus bewegen wollen, wäre sinnlos, wenn es der Kirche nicht tatsächlich um eine innere Wandlung auf dem Weg der Nachfolge gehen würde ...
Es wäre jedenfalls wünschenswert, wenn die Berichterstattung bei solch emotional besetzten Themen wie der Todesstrafe mehr Sachlichkeit an den Tag legen würde.
Vielleicht nicht nur Sachlichkeit, sondern Kompetenz.
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Amigo »

OK, dann hab ich wohl nicht weit genug gelesen. Ich war bis hierher gekommen:
Melicus hat geschrieben:
Mittwoch 19. September 2018, 20:45
Ich habe beabsichtigt, mit der Schwarz-Weiß-Zeichnung Argumente herauszuarbeiten, die für die Abschaffung der Todesstrafe relevant sind.

Melicus
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Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Melicus »

Danke.
Der Kontext war dieser:
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 18. September 2018, 16:26
Keine Sünde ohne Strafe.
Die Strafe wird vom bußfertigen Sünder in Demut angenommen und damit u.U. verdienstvoll (wie die Buße in der Beichte).
Das gilt sogar für die Todesstrafe, die demnach u.U. auch auf einen bereits Bußfertigen angewandt werden kann und muß (vgl. Lk. 23,41).
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(Pietro Antonio Domenico Bonaventura Trapassi)

Raphael

Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von Raphael »

Amigo hat geschrieben:
Donnerstag 20. September 2018, 12:58
...................

Deshalb sehe ich in dieser Änderung keine unveränderlich lehramtliche Entscheidung und auch keine Neubalancierung zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, sondern eine Konsequenz von besseren staatlichen Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Verbrechern. Diesem Aspekt - wirksamere Inhaftierungsmöglichkeiten - trägt die aktuelle Neuformulierung von Absatz 2267 im Katechismus ja auch Rechnung.
Ob die Todesstrafe verhängt werden kann oder nicht, ist keine Glaubensfrage sensu strictu, sondern eine Frage der Moraltheologie.

Demzufolge ist der KKK 2267 nicht ex cathedra gesprochen! :emil:

Daß die Todestrafe allerdings die Gemeinschaft besser vor rückfällig werdenden Tätern schützt als eine Gefängnisstrafe, selbst wenn sie in einem Hochsicherheitsgefängnis verbüßt wird, steht wohl außerhalb einer vernünftigen Diskussion. 8)
Amigo hat geschrieben:
Donnerstag 20. September 2018, 12:58
Ob und warum die Revision dieses Paragraphen im Katechismus gerade jetzt stattgefunden hat, das ist freilich eine andere Geschichte.
Nun, es besteht ja auch die Möglichkeit, daß einige ihr ach so großes Herz "heraushängen" lassen, um bei den Menschen beliebt zu werden. :hmm:

CIC_Fan

Re: Allgemeine Fragen zur katholischen Ekklesiologie

Beitrag von CIC_Fan »

das ist hier wirklich sehr unterhaltsam bitte weiter :blinker:

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