Verbindlichkeit des II. Vatikanischen Konzils

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Evagrios Pontikos
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Danke, taddeo, für die wichtigen Ausführungen. In Bezug auf die Elementen-Lehre möchte ich noch einen Unterschied zur Diskussion der Unbefleckten Empfängnis herausheben: Die Elementen-Lehre wurde von einem ökumenischen Konzil vertreten (egal nun, ob sie "nachgebessert" werden muss oder nicht). Dadurch ist sie status quo. Die Unbefleckten Empfängnis war aber zur Zeit von Thomas etc. noch nicht status quo. Sie durfte damals noch kontrovers, also in ganzer Bandbreite diskutiert werden. Für die Elementen-Lehre ist das nicht der Fall, weshalb sie nicht als "Irrlehre" bezeichnet werden darf. Bei ihr gilt ein anderer status der Diskussion!!

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Sempre
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Sempre »

taddeo hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Weiterhin: Wenn die Elementelehre eine authentische und folglich unfehlbare Entfaltung des unfehlbaren katholischen Glaubens wäre, dann dürfte die Glaubenskongregation sie nicht mehrfach nachflicken. Der Hl. Stuhl dürfte sich nicht erdreisten, Begriffe und Formulierungen einer authentischen und unfehlbaren Darlegung des katholischen Glaubens durch das höchste Lehramt als diskutierbar einzustufen.
Warum sollten denn theologische Weiterentwicklungen nicht diskutierbar sein?
Die Kirche hat immer gesagt, daß allein die katholische Kirche im Vollsinn Kirche sei. Das sagt sie auch heute noch genauso.
Im Gegensatz zu früher machte sie sich aber auf dem II. Vaticanum auch Gedanken, was denn dann mit den offenkundig vorhandenen "Elementen von Kirchlichkeit" in anderen Gruppierungen los sei. Und darüber hat das Konzil eine Diskussion angestoßen, die weder unfehlbar noch abgeschlossen ist, aber deswegen auch noch lang nicht falsch sein muß, wie Du es in Deinem Dogmenfetischismus annimmst.
Du übersiehst den Konjunktiv, den ich verwende: Wenn die Elementelehre eine authentische und folglich unfehlbare Entfaltung des unfehlbaren katholischen Glaubens wäre. Evagrios Pontikos meint irrtümlicherweise die Elementelehre des II. Vatikanum sei eine unfehlbare Lehre. Ich stimme Dir zu, dass sie keineswegs unfehlbar ist. Natürlich gibt es theologische Weiterentwicklungen, nicht aber solche, die unfehlbare Lehren ändern.

taddeo hat geschrieben:Schau Dir doch zum Vergleich etwa die Entwicklung der Lehre von der Unbefleckten Empfängnis Mariens an (um ein nebenan angesprochenes Beispiel zu nehmen) - die größten Geister der Scholastik inklusive Thomas haben die einhellig abgelehnt, und irgendwann haben sich die pöhsen Franziskaner damit doch durchgesetzt. Bis ein formelles Dogma draus wurde, hat es dann nochmal ein paar Jahrhunderte gedauert.
Ja, und seit der Definition des Dogmas sind weder das Dogma, noch verwendete Begriffe und Formulierungen diskutierbar.

taddeo hat geschrieben:Also: Was ist denn in Gottes Namen so schlimm an der Tatsache, daß kirchliche Lehren eine gewisse Zeit lang oder auch länger in der Diskussion stehen und einen Klärungsprozeß durchmachen? Nichts, rein gar nix.
So ist es.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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Sempre
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Sempre »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:Danke, taddeo, für die wichtigen Ausführungen. In Bezug auf die Elementen-Lehre möchte ich noch einen Unterschied zur Diskussion der Unbefleckten Empfängnis herausheben: Die Elementen-Lehre wurde von einem ökumenischen Konzil vertreten (egal nun, ob sie "nachgebessert" werden muss oder nicht). Dadurch ist sie status quo. Die Unbefleckten Empfängnis war aber zur Zeit von Thomas etc. noch nicht status quo. Sie durfte damals noch kontrovers, also in ganzer Bandbreite diskutiert werden. Für die Elementen-Lehre ist das nicht der Fall, weshalb sie nicht als "Irrlehre" bezeichnet werden darf. Bei ihr gilt ein anderer status der Diskussion!!
Selbst taddeo sagt Dir, dass die Elementelehre nicht unfehlbar ist. Auch er folgt offenbar der Unterscheidung, die Du fälschlicherweise als Haarspalterei von Traditionalisten einstufst und die selbst der Präfekt der Glaubenskongregation betont, um dessen Lehre in Dominus Iesus es Dir geht.
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von holzi »

Zwischenfrage: was ist die Elementenlehre?

Evagrios Pontikos
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Aber Dominus Jesus setzt die Elemente-Lehre (dass also echte Elemente von Kirchlichkeit auch in den kirchlichen Gemeinschaften vorhanden seien) offenbar als status quo kirchlicher Lehre voraus und hält sie als solche für verbindlich, wenn auch das eine oder andere "nachgebessert" wird, wie Du Dich ausdrückst, oder?

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von taddeo »

Sempre hat geschrieben:Natürlich gibt es theologische Weiterentwicklungen, nicht aber solche, die unfehlbare Lehren ändern.
Das tut auch die von Dir so genannte "Elementenlehre" nicht. Sie überlegt nur über den bereits dogmatisch definierten Punkt hinaus, wie man die Elemente einzuordnen habe. Damit ändert sie keineswegs irgendwas unfehlbar Definiertes.

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Sempre »

holzi hat geschrieben:Zwischenfrage: was ist die Elementenlehre?
Die subsistit-Lehre. Auch in "kirchlichen Gemeinschaften" und "Teilkirchen, die nicht in Einheit mit Rom stehen" finden sich Bruchstücke der Wahrheit und Elemente des Heils.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von taddeo »

holzi hat geschrieben:Zwischenfrage: was ist die Elementenlehre?
Das ist die von Sempre so titulierte "Lehre" des II. Vaticanums und von Dominus Jesus, daß sich auch in anderen Glaubensgemeinschaften "Elemente der Kirchlichkeit" finden, wenn auch in abgestuftem Maß. Ein offizieller Terminus ist das nicht.

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Sempre »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:Aber Dominus Jesus setzt die Elemente-Lehre (dass also echte Elemente von Kirchlichkeit auch in den kirchlichen Gemeinschaften vorhanden seien) offenbar als status quo kirchlicher Lehre voraus und hält sie als solche für verbindlich, wenn auch das eine oder andere "nachgebessert" wird, wie Du Dich ausdrückst, oder?
Eine Lehre, die unfehlbar ist, ist nicht reformierbar bzw. nachbesserbar.
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von lifestylekatholik »

Sempre hat geschrieben:
holzi hat geschrieben:Zwischenfrage: was ist die Elementenlehre?
Die subsistit-Lehre. Auch in "kirchlichen Gemeinschaften" und "Teilkirchen, die nicht in Einheit mit Rom stehen" finden sich Bruchstücke der Wahrheit und Elemente des Heils.
Ich verstehe noch nicht, was an dieser Aussage selber so problematisch ist. Wenn ein Lutheraner bekennt: Christus Jesus ist der einzig-geborene Sohn Gottes des Vaters, wahrer Gott vom wahren Gott – ist dass dann nicht mehr wahr? Also kein »Bruchstück der Wahrheit«?
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Sempre »

taddeo hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Natürlich gibt es theologische Weiterentwicklungen, nicht aber solche, die unfehlbare Lehren ändern.
Das tut auch die von Dir so genannte "Elementenlehre" nicht. Sie überlegt nur über den bereits dogmatisch definierten Punkt hinaus, wie man die Elemente einzuordnen habe. Damit ändert sie keineswegs irgendwas unfehlbar Definiertes.
Wie bereits gesagt: Ich lehne sie nicht mit der Begründung ab, dass sie keine theologische Weiterentwicklung sei. Ich lehne sie ab, weil sie eine unzulässige theologische Weiterentwicklung ist.

Die Rede von "Elementen der Kirchlichkeit" impliziert, dass es "mehr- oder weniger-Kirchen" gebe. Für eine solche Idee gibt es in der Tradition der Kirche keinerlei Anhaltspunkt und sie steht auch im Widerspruch zu dem Dogma, dass die Kirche eine und einig ist. Wenn die Kirche eine und einig ist, dann gibt es 1. keine andere und 2. auch keine 70,5%-Kirche, da die Kirche sonst mindestens eins komma sieben null fünf viele wäre und ein Mangel an Einigkeit zu konstatieren wäre.
Zuletzt geändert von Sempre am Mittwoch 11. Januar 2012, 13:41, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Sempre »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
holzi hat geschrieben:Zwischenfrage: was ist die Elementenlehre?
Die subsistit-Lehre. Auch in "kirchlichen Gemeinschaften" und "Teilkirchen, die nicht in Einheit mit Rom stehen" finden sich Bruchstücke der Wahrheit und Elemente des Heils.
Ich verstehe noch nicht, was an dieser Aussage selber so problematisch ist. Wenn ein Lutheraner bekennt: Christus Jesus ist der einzig-geborene Sohn Gottes des Vaters, wahrer Gott vom wahren Gott – ist dass dann nicht mehr wahr? Also kein »Bruchstück der Wahrheit«?
2 + 2 = 4 ist auch wahr. Dennoch besitzt eine mathematische Fakultät keine Kirchlichkeit. Die Moslems glauben an den Schöpfer des Himmels und der Erde, dennoch besitzt der Islam keine Kirchlichkeit.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von lifestylekatholik »

Sempre hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:Ich verstehe noch nicht, was an dieser Aussage selber so problematisch ist. Wenn ein Lutheraner bekennt: Christus Jesus ist der einzig-geborene Sohn Gottes des Vaters, wahrer Gott vom wahren Gott – ist dass dann nicht mehr wahr? Also kein »Bruchstück der Wahrheit«?
2 + 2 = 4 ist auch wahr. Dennoch besitzt eine mathematische Fakultät keine Kirchlichkeit. Die Moslems glauben an den Schöpfer des Himmels und der Erde, dennoch besitzt der Islam keine Kirchlichkeit.
Äh, ja, klar. – Aber wo ist der Zusammenhang? Die Kirchlichkeit oder Nichtkirchlichkeit leitet sich doch daraus gar nicht ab. Das wird sogar in deinem Zitat deutlich, in dem du die »kirchlichen Gemeinschaften« ja ausdrücklich mit anführst.

(Der Ausdruck »kirchliche Gemeinschaften« für Gemeinschaften, die eben keine Kirche sind, wird schon im 19. Jhd. von katholischer Seite für die protestantischen Genossenschaften verwendet.)
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Sempre hat geschrieben:
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Aber Dominus Jesus setzt die Elemente-Lehre (dass also echte Elemente von Kirchlichkeit auch in den kirchlichen Gemeinschaften vorhanden seien) offenbar als status quo kirchlicher Lehre voraus und hält sie als solche für verbindlich, wenn auch das eine oder andere "nachgebessert" wird, wie Du Dich ausdrückst, oder?
Eine Lehre, die unfehlbar ist, ist nicht reformierbar bzw. nachbesserbar.
"Nachbessern" ist Dein Begriff, nicht meiner. Ich würde von "Entfaltung" sprechen. Und hier ist durchaus denkbar, dass etwas, das als wahr erkannt worden ist (Bsp.: Maria als die zweite Eva; so die Alte Kirche), in der Entfaltung Konsequenzen hat, die zunächst noch nicht gesehen worden sind (im Bsp.: Die Unbefleckte Empfängnis, die Aufnahme in den Himmel etc.). Die "Nachbesserung" der Unbefleckten Empfängnis nötigt die Gläubigen heute z.B., etwa Tertullian (der auch von der zweiten Eva spricht) zu widersprechen, wenn er (ich glaube, er hat das auch vertreten) annimmt, dass Maria Sünden begangen habe. Das "subsistit" bedenkt den Glaubenssatz, dass die Kirche eine ist, und entfaltet ihn. Warum soll dieses Entfalten nicht legitim sein? Warum ist es ein Nachbessern? Dass Du "nachbessern" sagst, ist ein Privaturteil.

Dass Du nun plötzlich noch den Islam hinein nimmst, ist falsch: Wir sprechen über die offenbarte Theologie, nicht über die natürliche Theologie.

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taddeo
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von taddeo »

Sempre hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Natürlich gibt es theologische Weiterentwicklungen, nicht aber solche, die unfehlbare Lehren ändern.
Das tut auch die von Dir so genannte "Elementenlehre" nicht. Sie überlegt nur über den bereits dogmatisch definierten Punkt hinaus, wie man die Elemente einzuordnen habe. Damit ändert sie keineswegs irgendwas unfehlbar Definiertes.
Wie bereits gesagt: Ich lehne sie nicht mit der Begründung ab, dass sie keine theologische Weiterentwicklung sei. Ich lehne sie ab, weil sie eine unzulässige theologische Weiterentwicklung ist.
Das überschreitet Deine Kompetenz genau wie die jedes anderen Menschen, das einfach so zu behaupten.
Ein ökumenisches Konzil und vier Päpste haben das anders beurteilt, und daran halte ich mich - und beobachte, wie sich dieser theologische Disput zu meinen Lebzeiten entwickelt.
Sempre hat geschrieben:Die Rede von "Elementen der Kirchlichkeit" impliziert, dass es "mehr- oder weniger-Kirchen" gebe. Für eine solche Idee gibt es in der Tradition der Kirche keinerlei Anhaltspunkt und sie steht auch im Widerspruch zu dem Dogma, dass die Kirche eine und einig ist. Wenn die Kirche eine und einig ist, dann gibt es 1. keine andere und 2. auch keine 70,5%-Kirche, da die Kirche sonst mindestens eins komma sieben null fünf viele wäre und ein Mangel an Einigkeit zu konstatieren wäre.
Es gibt eine einzige geistige Kirche, deren menschliche Gestalt in verschiedene Erscheinungsformen aufgedröselt ist. Es ist ein Körper mit verschiedenen Gliedern, von denen manche unfallbedingt nur noch mit einer einzigen Sehne am Körper hängen, andere hingegen fast komplett funktionsfähig sind und zum Funktionieren des Gesamtorganismus beitragen können.
So würde ich das beschreiben - bei aller Fehlerhaftigkeit, die solchen Vergleichen immer anhaftet. Also bitte jetzt nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Sempre »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:Ich verstehe noch nicht, was an dieser Aussage selber so problematisch ist. Wenn ein Lutheraner bekennt: Christus Jesus ist der einzig-geborene Sohn Gottes des Vaters, wahrer Gott vom wahren Gott – ist dass dann nicht mehr wahr? Also kein »Bruchstück der Wahrheit«?
2 + 2 = 4 ist auch wahr. Dennoch besitzt eine mathematische Fakultät keine Kirchlichkeit. Die Moslems glauben an den Schöpfer des Himmels und der Erde, dennoch besitzt der Islam keine Kirchlichkeit.
Äh, ja, klar. – Aber wo ist der Zusammenhang?
Die Kirchlichkeit oder Nichtkirchlichkeit leitet sich doch daraus gar nicht ab. Das wird sogar in deinem Zitat deutlich, in dem du die »kirchlichen Gemeinschaften« ja ausdrücklich mit anführst.
Die Kirchlichkeit wird mit den Elementen der Wahrheit begründet. Dann wird nocheinmal zwischen "Kirchen im eigentlichen Sinn" und "kirchlichen Gemeinschaften" unterschieden. Auch die "Gemeinschaften" werden "kirchlich" genannt und ihnen somit Kirchlichkeit zugesprochen. Allen ist also Kirchlichkeit gemeinsam.
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Sempre »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:Dass Du nun plötzlich noch den Islam hinein nimmst, ist falsch: Wir sprechen über die offenbarte Theologie, nicht über die natürliche Theologie.
OK. Das 2 + 2 = 4 Beispiel zieht nicht. Islam und Judentum erkennen aber nun auch Offenbarungswahrheiten an.


P.S.: Zu dem anderen Punkt und zu taddeo später.
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von lifestylekatholik »

taddeo hat geschrieben:So würde ich das beschreiben - bei aller Fehlerhaftigkeit, die solchen Vergleichen immer anhaftet. Also bitte jetzt nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.
Der Vergleich ist aber schon sehr grenzwertig. Denn selbstverständlich ist die eine Kirche vollständig verwirklicht in der einen sichtbaren Kirche, eben der, die man die römisch-katholische nennt.

Ich zitiere aus der Enzyklika Mystici Corporis von Papst Pius XII, veröffentlich 1943 (Hervorhebungen von mir):
Mystici Corporis hat geschrieben:Bei einer Wesenserklärung dieser wahren Kirche Christi, welche die heilige, katholische, apostolische, römische Kirche ist (ibidem, Const. de fid. cath., cap. 1.), kann nichts Vornehmeres und Vorzüglicheres, nichts Göttlicheres gefunden werden als jener Ausdruck, womit sie als „der mystische Leib Jesu Christi“ bezeichnet wird. Dieser Name ergibt sich und erblüht gleichsam aus dem, was in der Heiligen Schrift und in den Schriften der heiligen Väter häufig darüber vorgebracht wird.

Daß die Kirche ein Leib ist, sagen die Heiligen Bücher des öfteren. „Christus ist das Haupt des Leibes der Kirche“ (Col. l, 18.). Wenn aber die Kirche ein Leib ist, so muß sie etwas Einziges und Unteilbares sein nach dem Worte des heiligen Paulus: „Viele zwar, bilden wir doch nur einen Leib in Christus“ (Rom. 12, 5.). Doch nicht bloß etwas Einziges und Unteilbares muß sie sein, sondern auch etwas Greifbares und Sichtbares, wie Unser Vorgänger sel. Anged. Leo XIII. in seinem Rundschreiben Satis cognitum feststellt: „Deshalb, weil sie ein Leib ist, wird die Kirche mit den Augen wahrgenommen“ (A. S. S., XXVIII, p. 710.). Infolgedessen weicht von der göttlichen Wahrheit ab, wer die Kirche so darstellt, als ob sie weder erfaßt noch gesehen werden könnte; als ob sie, wie man behauptet, nur etwas „Pneumatisches“ wäre, wodurch viele christliche Gemeinschaften, obgleich voneinander im Glauben getrennt, doch durch ein unsichtbares Band untereinander vereint wären.

[...]

Den Gliedern der Kirche aber sind in Wahrheit nur jene zuzuzählen, die das Bad der Wiedergeburt empfingen, sich zum wahren Glauben bekennen und sich weder selbst zu ihrem Unsegen vom Zusammenhang des Leibes getrennt haben, noch wegen schwerer Verstöße durch die rechtmäßige kirchliche Obrigkeit davon ausgeschlossen worden sind. „Denn – so sagt der Apostel – durch einen Geist wurden wir alle zu einem Leibe getauft, ob Juden oder Heiden, ob Sklaven oder Freie“ (l. Cor. 12, 13.).

Wie es also in der wahren Gemeinschaft der Christgläubigen nur einen Leib gibt, nur einen Geist, einen Herrn und eine Taufe, so kann es auch nur einen Glauben in ihr geben (Eph. 4, 5.); und deshalb ist, wer die Kirche zu hören sich weigert, nach dem Gebot des Herrn als Heide und öffentlicher Sünder zu betrachten (Matth. 18, 17.). Aus diesem Grunde können die, welche im Glauben oder in der Leitung voneinander getrennt sind, nicht in diesem einen Leib und aus seinem einen göttlichen Geiste leben.
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von lifestylekatholik »

Sempre hat geschrieben:Auch die "Gemeinschaften" werden "kirchlich" genannt und ihnen somit Kirchlichkeit zugesprochen.
Nein, das stimmt eben nicht. Deshalb hatte ich ja ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Ausdruck »kirchliche Gemeinschaft« bereits im 19. Jahrhundert von katholischer Seite benutzt wird, zur Abgrenzung, um eben deutlich zu machen, dass es sich nicht um Institutionen handele, denen Kirchlichkeit zukomme.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Sempre hat geschrieben:
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Dass Du nun plötzlich noch den Islam hinein nimmst, ist falsch: Wir sprechen über die offenbarte Theologie, nicht über die natürliche Theologie.
OK. Das 2 + 2 = 4 Beispiel zieht nicht. Islam und Judentum erkennen aber nun auch Offenbarungswahrheiten an....
Auch Islam und Judentum darfst Du nicht in einen Topf werfen. Du würdest sonst vom Nicaenum abfallen (III. Artikel: der Geist, der durch die Propheten gesprochen hat...). Der Islam ist eine postchristliche Häresie, während das Judentum das erwählte Bundesvolk Gottes ist.

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von taddeo »

@ Stylie

Dein Einwand ist berechtigt.

Aber, um ehrlich zu sein: Auch diese Enzyklika von Pius XII. verbietet nicht, den Gedanken der Zugehörigkeit zur Kirche theologisch weiterzudenken. Es ist ein Text von hohem lehramtlichen Gewicht, zweifellos, aber unfehlbar ist er nicht. Genauso wie man die übereinstimmende und sicher bestens begründete Auffassung von Thomas, Albertus Magnus, Bonaventura etc. zur Unbefleckten Empfängnis weitergedacht und letztendlich sogar verworfen hat, könnte das auch mit dieser Kirchenauffassung passieren.

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von lifestylekatholik »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Dass Du nun plötzlich noch den Islam hinein nimmst, ist falsch: Wir sprechen über die offenbarte Theologie, nicht über die natürliche Theologie.
OK. Das 2 + 2 = 4 Beispiel zieht nicht. Islam und Judentum erkennen aber nun auch Offenbarungswahrheiten an....
Auch Islam und Judentum darfst Du nicht in einen Topf werfen. Du würdest sonst vom Nicaenum abfallen (III. Artikel: der Geist, der durch die Propheten gesprochen hat...). Der Islam ist eine postchristliche Häresie, während das Judentum das erwählte Bundesvolk Gottes ist.
Nein. Die Kirche ist die bruchlose Fortsetzung des »Judentums« des alten Bundes, sowohl personell als auch religiös.

Das, was man heute gemeinhin »Judentum« nennt, die Synagoge, sind die verworfenen und verdorrten Äste, ist tatsächlich eine »postchristliche Häresie«, um deine Worte zu verwenden, auch wenn es sich um einen Teil des damaligen jüdischen Volkes handelt. Dass aber Teile des jüdischen Volkes aus dem Bund herausfallen können, zeigt das Beispiel der Samariter.
Zuletzt geändert von lifestylekatholik am Mittwoch 11. Januar 2012, 14:14, insgesamt 1-mal geändert.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Zur Kirchlichkeit der Teilkirchen und der kirchlichen Gemeinschaften: Ich würde das aus römischer Sicht so interpretieren: Die Christen in jenen Institutionen sind eigentlich Christen der römisch-katholischen Kirche, die kraft mangelnder Glaubenserkenntnis dies noch nicht erkannt und deshalb noch nicht die volle Einheit mit der Kirche verwirklicht haben. Bei einer solchen Sicht ist festgehalten, dass einerseits die römische Kirche die eine katholische Kirche ist und dass andererseits die Elemente echter Kirchlichkeit, die jene Christen bewahrt haben, gewürdigt werden. So verstehe ich das "subsistit"

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Evagrios Pontikos »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Evagrios Pontikos hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Dass Du nun plötzlich noch den Islam hinein nimmst, ist falsch: Wir sprechen über die offenbarte Theologie, nicht über die natürliche Theologie.
OK. Das 2 + 2 = 4 Beispiel zieht nicht. Islam und Judentum erkennen aber nun auch Offenbarungswahrheiten an....
Auch Islam und Judentum darfst Du nicht in einen Topf werfen. Du würdest sonst vom Nicaenum abfallen (III. Artikel: der Geist, der durch die Propheten gesprochen hat...). Der Islam ist eine postchristliche Häresie, während das Judentum das erwählte Bundesvolk Gottes ist.
Nein. Die Kirche ist die bruchlose Fortsetzung des »Judentums« des alten Bundes.

Das, was man heute gemeinhin »Judentum« nennt, die Synagoge, sind die verworfenen und verdorrten Äste, ist tatsächlich eine »postchristliche Häresie«, um deine Worte zu verwenden.
Das sieht der heutige Papst aber deutlich anders. Zu Recht. Du wirfst hier zwei Dinge zusammen: Von Gottes Seite her bleiben sie das erwählte Bundesvolk (vgl. Römer 9 bis 11). Von der Seite der Menschen her, von der Glaubenserkenntnis her sind sie in der Tat eine postchristliche Häresie, allerdings nicht in derselben Weise wie der Islam!! Aber dieses Thema müsste man sehr differenziert und ausführlich bedenken.
Zuletzt geändert von Evagrios Pontikos am Mittwoch 11. Januar 2012, 14:19, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von taddeo »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:Die Christen in jenen Institutionen sind eigentlich Christen der römisch-katholischen Kirche, die kraft mangelnder Glaubenserkenntnis dies noch nicht erkannt und deshalb noch nicht die volle Einheit mit der Kirche verwirklicht haben. Bei einer solchen Sicht ist festgehalten, dass einerseits die römische Kirche die eine katholische Kirche ist und dass andererseits die Elemente echter Kirchlichkeit, die jene Christen bewahrt haben, gewürdigt werden. So verstehe ich das "subsistit"
Laß das "römisch" weg ... ;D "katholisch" reicht völlig.

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Taddeo, mit "römisch" wollte ich nur zugespitzt deutlich machen, dass ich keinen spiritualistischen Begriff von "katholischer Kirche" vertreten will, wie es sonst die Lutheraner oft tun. Aber wenn ich Dich recht verstehe, bist Du an diesem Punkt mit mir einig? :klatsch:

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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Sempre »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Auch die "Gemeinschaften" werden "kirchlich" genannt und ihnen somit Kirchlichkeit zugesprochen.
Nein, das stimmt eben nicht. Deshalb hatte ich ja ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Ausdruck »kirchliche Gemeinschaft« bereits im 19. Jahrhundert von katholischer Seite benutzt wird, zur Abgrenzung, um eben deutlich zu machen, dass es sich nicht um Institutionen handele, denen Kirchlichkeit zukomme.
Ich bezweifle, dass Dominus Iesus den "kirchlichen Gemeinschaften" jegliche Kirchlichkeit absprechen will, denn Dominus Iesus nennt die "kirchlichen Gemeinschaften" "uneigentliche Kirchen" ("nicht Kirchen im eigentlichen Sinn") und begründet die ganze Sache ja mit den "vielfältigen Elementen der Heiligung und der Wahrheit". Aber selbst wenn das irgendwie klargestellt würde, änderte sich nichts an den Einwänden. Auch wenn nur den "Kirchen" und nicht den "kirchlichen Gemeinschaften" Kirchlichkeit zugesprochen würde, bliebe derselbe Verstoß gegen das Dogma, dass die Kirche eine und einig ist, wie ja auch Pius XII. ausführt, den Du zitierst.
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Evagrios Pontikos »

taddeo hat geschrieben:@ Stylie

Dein Einwand ist berechtigt.

Aber, um ehrlich zu sein: Auch diese Enzyklika von Pius XII. verbietet nicht, den Gedanken der Zugehörigkeit zur Kirche theologisch weiterzudenken. Es ist ein Text von hohem lehramtlichen Gewicht, zweifellos, aber unfehlbar ist er nicht. Genauso wie man die übereinstimmende und sicher bestens begründete Auffassung von Thomas, Albertus Magnus, Bonaventura etc. zur Unbefleckten Empfängnis weitergedacht und letztendlich sogar verworfen hat, könnte das auch mit dieser Kirchenauffassung passieren.
Zu bedenken ist, dass jene Enzyklika in sich eine Spannung hat: Sie spricht einerseits von "christlichen [!]Gemeinschaften", andererseits betont sie die Notwendigkeit der Zugehörigkeit zur römischen Kirche als der einen Kirche. Dies ist eine Spannung, die im II. Vaticanum durch das "subsistit" aufgehoben wird.

Noch ein Zweites: Die Einsicht der Kirche ins Mysterium des Glaubens wächst mit ihrer Geschichte. Jene Enzyklika wurde im Zweiten Weltkrieg verfasst. Gerade in jener Zeit erlebten viele Katholiken in KZs und sowjetischen Gulags, wie glaubenstreu manche Evangelische waren. Lebendig sind mir noch die Erzählungen von Prälat Hermann Scheipers in Erinnerung, einem katholischen Priester, der unter Lebensgefahr die Enzyklika In brennender Sorge auf dem Motorrad von Pfarrei zu Pfarrei fuhr, damit sie dort von der Kanzel verlesen wurde. Schließlich kam er ins KZ Dachau und starb vor kurzer Zeit, wie ich gehört habe, als letzter überlebender KZ-Priester. Viele Katholiken, auch Bischöfe, erlebten das KZ als einen Ort der brüderlichen Gemeinschaft über die Konfessionsgrenzen hinweg. Man betete zusammen. Man las die Bibel gemeinsam und stärkte sich gegenseitig. Diese Erfahrungen authentischer Glaubensgemeinschaft mussten einfach bedacht werden. Und dies geschah offenbar, wobei ein Ergebnis dieses Bedenkens das II. Vaticanum war. Ähnlich erlebte Josef Ratzinger als Professor in Tübingen während der Studentenunruhen die brüderliche Gemeinschaft mit dortigen evangelischen Theologieprofessoren. Man kann das nicht einfach ignorieren. Diese Glaubenserkenntnis echter Gemeinschaft musste bedacht werden. Mit diesem Hintergrund wird mir Lumen Gentium und Dominus Jesus voll verständlich.

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taddeo
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von taddeo »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:Taddeo, mit "römisch" wollte ich nur zugespitzt deutlich machen, dass ich keinen spiritualistischen Begriff von "katholischer Kirche" vertreten will, wie es sonst die Lutheraner oft tun. Aber wenn ich Dich recht verstehe, bist Du an diesem Punkt mit mir einig? :klatsch:
Im Prinzip schon - aber freu Dich bloß nicht zu früh ...
Die Protestanten kommen dabei nämlich nach wie vor beschissen schlecht weg. Zudem tun sie auch noch alles dazu, im Laufe der Zeit immer noch schlechter die Kriterien zu erfüllen, die ihnen wenigstens ein bißchen den Anschein von "Kirchlichkeit" verleihen könnten.
Die einzigen, die eine halbwegs positive Würdigung dadurch erfahren, sind die Orthodoxen und Altorientalen. Nicht einmal die Anglikaner sind da besonders gewürdigt - wie man mit denen verfahren muß, hat ja Anglicanorum coetibus klargestellt. Aber bei den Protestanten reicht es nicht mal dafür - wenn schon die gültige Spendung der Taufe nicht allgemein über jeden Zweifel erhaben ist, kann man auch nichts anderes erwarten.

Evagrios Pontikos
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Taddeo, das ist mir schon klar, dass Du so denkst, denken musst. Und Du hast ja auch nicht Unrecht. Aber damit wären wir bei einem anderen Thema. Mir geht es ja hier vor allem darum, das II. Vaticanum und seinen Geltungsrang in der katholischen Kirche zu verstehen. Z.B. war mir nicht so recht klar, dass es einen Unterschied zwischen "verbindlicher Lehre" und "Unfehlbarkeit" gibt. Es wäre also durchaus möglich, dass ein zukünftiges Konzil das "subsistit" in einer konkreten Entfaltung genauer definiert und diese Definition dann mit dem Rang der Unfehlbarkeit feststellt? Oder dass dies ein zukünftiger Papst ex cathedra tut? Wichtig scheint mir jedenfalls, dass man festhalten muss, dass das "subsistit" mit seiner Entfaltung (Teilkirchen, kirchliche Gemeinschaften) nicht als Irrlehre bezeichnet werden dürfte, oder? Sondern es scheint der vom Konzil verbindlich festgestellte status quo zu sein, hinter den man nicht mehr zurück darf, oder? Dann würden sich aber die Traditionalisten gegen die Kirche stellen, wenn sie das, was eigentlich verbindlich ist, nicht akzeptieren wollen, oder? Das ist ein Punkt, den ich noch nicht verstehe.

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taddeo
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von taddeo »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:Z.B. war mir nicht so recht klar, dass es einen Unterschied zwischen "verbindlicher Lehre" und "Unfehlbarkeit" gibt. Es wäre also durchaus möglich, dass ein zukünftiges Konzil das "subsistit" in einer konkreten Entfaltung genauer definiert und diese Definition dann mit dem Rang der Unfehlbarkeit feststellt? Oder dass dies ein zukünftiger Papst ex cathedra tut?
Ja, theoretisch wäre das denkbar - allerdings wäre es genauso denkbar, daß ein Konzil oder ein Papst diese Lehre mit dem Rang der Unfehlbarkeit verurteilt.
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Wichtig scheint mir jedenfalls, dass man festhalten muss, dass das "subsistit" mit seiner Entfaltung (Teilkirchen, kirchliche Gemeinschaften) nicht als Irrlehre bezeichnet werden dürfte, oder? Sondern es scheint der vom Konzil verbindlich festgestellte status quo zu sein, hinter den man nicht mehr zurück darf, oder?
Das "subsistit" ist der derzeitige Stand der kirchlichen Lehre, der ja auch schon eine Präzisierung der im Konzil formulierten Aussagen darstellt. Endgültig ist da noch gar nix.
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Dann würden sich aber die Traditionalisten gegen die Kirche stellen, wenn sie das, was eigentlich verbindlich ist, nicht akzeptieren wollen, oder? Das ist ein Punkt, den ich noch nicht verstehe.
Momentan stellt man sich nicht gegen eine unfehlbar definierte Glaubenslehre, wenn man das "subsistit" ablehnt. Das ist auch keineswegs das Problem mit den Tradis. Das besteht vielmehr darin, daß die Tradis behaupten, die dem "subsistit" zugrundeliegende Lehre widerspreche unfehlbar definierter Lehre. Damit stellen sie sich gegen die derzeitig allgemein vertretene lehramtliche Position der Kirche, weil sie dem höchsten Lehramt Häresie vorwerfen - und das ist das Problem.

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ottaviani
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Re: Vaticanum II. eine missratene Predigt des höchsten Lehramtes

Beitrag von ottaviani »

taddeo hat geschrieben:
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Z.B. war mir nicht so recht klar, dass es einen Unterschied zwischen "verbindlicher Lehre" und "Unfehlbarkeit" gibt. Es wäre also durchaus möglich, dass ein zukünftiges Konzil das "subsistit" in einer konkreten Entfaltung genauer definiert und diese Definition dann mit dem Rang der Unfehlbarkeit feststellt? Oder dass dies ein zukünftiger Papst ex cathedra tut?
Ja, theoretisch wäre das denkbar - allerdings wäre es genauso denkbar, daß ein Konzil oder ein Papst diese Lehre mit dem Rang der Unfehlbarkeit verurteilt.
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Wichtig scheint mir jedenfalls, dass man festhalten muss, dass das "subsistit" mit seiner Entfaltung (Teilkirchen, kirchliche Gemeinschaften) nicht als Irrlehre bezeichnet werden dürfte, oder? Sondern es scheint der vom Konzil verbindlich festgestellte status quo zu sein, hinter den man nicht mehr zurück darf, oder?
Das "subsistit" ist der derzeitige Stand der kirchlichen Lehre, der ja auch schon eine Präzisierung der im Konzil formulierten Aussagen darstellt. Endgültig ist da noch gar nix.
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Dann würden sich aber die Traditionalisten gegen die Kirche stellen, wenn sie das, was eigentlich verbindlich ist, nicht akzeptieren wollen, oder? Das ist ein Punkt, den ich noch nicht verstehe.
Momentan stellt man sich nicht gegen eine unfehlbar definierte Glaubenslehre, wenn man das "subsistit" ablehnt. Das ist auch keineswegs das Problem mit den Tradis. Das besteht vielmehr darin, daß die Tradis behaupten, die dem "subsistit" zugrundeliegende Lehre widerspreche unfehlbar definierter Lehre. Damit stellen sie sich gegen die derzeitig allgemein vertretene lehramtliche Position der Kirche, weil sie dem höchsten Lehramt Häresie vorwerfen - und das ist das Problem.
das ist so nicht richtig es wird dem "nachkonziliarem Lehramt "nicht haeresie vorgeworfen wohl aner Irrtum haeresie wäre es wenn sich die Konzilsväter mit Paul VI bewußt gegen die traditionelle Lehre entschieden hätten aber das ist nicht erkennbar

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