"Die Kirche und das liebe Geld"

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Caviteño
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Caviteño »

Tinius hat geschrieben:Muss wirklich soviel Waldbesitz vorhanden sein? Wozu?
Ich habe nichts gegen eine vernünftige Vermögensstreuung und dazu gehört auch Wald, der langfristige Rendite bringt. Den soll die Kirche auch behalten.

Es ist halt nur unehrlich, zu behaupten, man habe kein Geld für bestimmte Vorhaben, u.U. von den Beschäftigten eine Nullrunde zu verlangen bzw. sogar Kündigungen auszusprechen und dann nicht nur die Bäume im Wald sondern auch die Gelder auf den Konten wachsen zu lassen.

Kilianus
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Kilianus »

Caviteño hat geschrieben: Wenn kein Geld da ist und Ausgaben anstehen, müssen auch Rücklagen eingesetzt werden. Dafür sind sie schließlich gebildet worden. Es ist jedenfalls in meinen Augen nicht glaubwürdig auf Betteltour zu gehen, dabei zu behaupten, man habe kein Geld und gleichzeitig über Rücklagen (in Finanzanlagen!) in Höhe eines 1,5fachen Haushaltsvolumen zu verfügen.
Das nominelle Allzeit-Hoch bei den Kirchensteuereinnahmen kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß in absehbarer Zeit ein dramtischer Einbruch bevorsteht. Da ist es ausgesprochen naheliegend, einen möglichst großen Kapitalstock aufzubauen, dessen Erträge diese Verluste künftig partiell kompensieren.

Um es am plakativen Beispiel zu verdeutlichen: Natürlich hat jede Diözese genug Geld, um all ihren Pfarreien Kirchenbanksitzkissen der Luxusklasse zu spendieren. Aber ist das wirklich sinnvoll, wenn man ahnt, daß man in ein paar Jahren einen guten Teil dieser Gebäude gar nicht mehr wird halten können? Hält man nicht lieber seine Kröten zusammen, um dann ein paar mehr Kirchen mit harten Bänken zu haben statt ein paar weniger Kirchen mit bis dahin zerschlissenen Luxussitzkissen?

Vir Probatus
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Vir Probatus »

Kilianus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben: Wenn kein Geld da ist und Ausgaben anstehen, müssen auch Rücklagen eingesetzt werden. Dafür sind sie schließlich gebildet worden. Es ist jedenfalls in meinen Augen nicht glaubwürdig auf Betteltour zu gehen, dabei zu behaupten, man habe kein Geld und gleichzeitig über Rücklagen (in Finanzanlagen!) in Höhe eines 1,5fachen Haushaltsvolumen zu verfügen.
Das nominelle Allzeit-Hoch bei den Kirchensteuereinnahmen kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß in absehbarer Zeit ein dramtischer Einbruch bevorsteht. Da ist es ausgesprochen naheliegend, einen möglichst großen Kapitalstock aufzubauen, dessen Erträge diese Verluste künftig partiell kompensieren.

Um es am plakativen Beispiel zu verdeutlichen: Natürlich hat jede Diözese genug Geld, um all ihren Pfarreien Kirchenbanksitzkissen der Luxusklasse zu spendieren. Aber ist das wirklich sinnvoll, wenn man ahnt, daß man in ein paar Jahren einen guten Teil dieser Gebäude gar nicht mehr wird halten können? Hält man nicht lieber seine Kröten zusammen, um dann ein paar mehr Kirchen mit harten Bänken zu haben statt ein paar weniger Kirchen mit bis dahin zerschlissenen Luxussitzkissen?
Ist es richtig, jetzt die Leute finanziell auszunehmen, und damit ein Polster für die Zukunft anzulegen: Letztlich für Gläubige, die gar nicht existieren?
Natürlich für den Wasserkopf, der sich trotzdem zu erhalten weiss
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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Yeti
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Yeti »

Vir Probatus hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Korrekt, aber ohne Zuschüsse kommen die meist nicht aus. Deswegen werden ja immer wieder auch mal welche geschlossen.
Da tun mir die Hauswirtschaftlerinnen und sonstigen Angestellten leid, die davon betroffen sind. Es wäre wahrscheinlich effizienter, man würde ganze Abteilungen in den Ordinariaten abschaffen. Oftmals öffnen ja auch solche von der Schließung bedrohten Einrichtungen ihre Räume für Gruppen, die nicht nur nichts mit Kirche oder Religion zu tun haben, sondern den (eigentlichen) Zielen der Kirche diametral entgegen stehen.
Das Problem ist also nicht mangelnde Kostendeckung, weil die Gäste nicht in der Lage oder nicht willens sind, den notwendigen Satz zu zahlen, sondern mangelnde Auslastung: Also Desinteresse.
Scheint so zu sein. Dasselbe Phänomen ist inzwischen m.E. auch bei vielen "katholischen Akademien" zu beobachten.
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Maurus
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Maurus »

Caviteño hat geschrieben: Ich würde mich nicht wundern, wenn in zehn Jahren die Finanzanlagen noch viel höher wären.....
Ja sicher, das müssen sie ja auch. Wenn die Kirchensteuer wegfällt, müssen die Kirchen ja auf andere Weise die Sozialabgaben und Pensionszahlungen sicherstellen.

Caviteño
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Caviteño »

Kilianus hat geschrieben:
Das nominelle Allzeit-Hoch bei den Kirchensteuereinnahmen kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß in absehbarer Zeit ein dramtischer Einbruch bevorsteht. Da ist es ausgesprochen naheliegend, einen möglichst großen Kapitalstock aufzubauen, dessen Erträge diese Verluste künftig partiell kompensieren.
Was mich weitaus mehr wundert, ist das nominelle Allzeit-Hoch. Wenn man den Unkenrufen glauben würde, müßte sich die Kirche aufgrund der Austritte schon lange auf einem absterbenden Ast befinden und die Einnahmen wegbrechen.
Aber nicht nur die Austritte müßten zu geringeren Kirchensteuereinnahmen führen. Weitaus gravierender dürfte die Alterung sein. Viele aktive Arbeitnehmer und Kirchensteuerzahler treten in das Rentenalter ein. Damit zahlen sie erheblich weniger oder keine Kirchensteuer mehr. Trotzdem steigen die Kirchensteuereinnahmen. :achselzuck:
Kilianus hat geschrieben: Um es am plakativen Beispiel zu verdeutlichen: Natürlich hat jede Diözese genug Geld, um all ihren Pfarreien Kirchenbanksitzkissen der Luxusklasse zu spendieren. Aber ist das wirklich sinnvoll, wenn man ahnt, daß man in ein paar Jahren einen guten Teil dieser Gebäude gar nicht mehr wird halten können? Hält man nicht lieber seine Kröten zusammen, um dann ein paar mehr Kirchen mit harten Bänken zu haben statt ein paar weniger Kirchen mit bis dahin zerschlissenen Luxussitzkissen?
Es geht nicht um den Kauf von Sitzkissen, sondern um die hier im Forum immer wieder aufgeführten fehlenden Zuschüsse für dringend notwendige Reparaturarbeiten, für eine behindertengerechte Umgestaltung und ähnliches mehr. Ganz besonders ärgerlich wird es, wenn Mitarbeiter entlassen werden (müssen), keine Lohnerhöhung mehr bekommen oder länger arbeiten sollen - weil angeblich kein Geld da ist.

Man kann nur hoffen, daß die Veröffentlichung der Bilanz und damit des Vermögens den Betroffenen hier bei den Besprechungen hilft, ihre Anliegen nachdrücklicher vorzutragen.
Vir Probatus hat geschrieben: Ist es richtig, jetzt die Leute finanziell auszunehmen, und damit ein Polster für die Zukunft anzulegen: Letztlich für Gläubige, die gar nicht existieren?
ME ein sehr wichtiger Gesichtspunkt! :daumen-rauf:

Während 195 noch über 95% der Menschen einer der beiden großen Kirchen angehörten, ist dieser Anteil in 211 auf knappe 6% gesunken.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Religionen_in_Deutschland

Sicher werden diese Zahlen durch den Beitritt der weitgehend konfessionslosen Bevölkerung der ehem. DDR beeinflußt. Gleichwohl ist der Rückgang an Gläubigen bedeutsam und es geht weiter bergab:
Deshalb werden in 2 Jahren weniger als 5 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen einer der beiden großen Kirchen angehören. Derzeit sind es rund 6 Prozent, nämlich 23 Millionen Protestanten und 24 Millionen Katholiken, deren Gesamtzahl alljährlich um rund 5. sinkt, und zwar hauptsächlich durch Todesfälle.
Dieser demografische Schwund wird weitergehen, ja, sich in den kommenden Jahren noch verstärken. Denn das Gros der Kirchenmitglieder findet sich heute in den älteren Generationen, die auf den Tod zugehen, während es in den ohnehin kleineren Generationen der Jüngeren viel mehr Konfessionslose gibt. Folglich werden die beiden Kirchen 233 zusammen deutlich weniger als 4 Millionen Mitglieder haben. Kirchlichkeit wird zur Angelegenheit einer Minderheit werden.
http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... rheit.html

Da stellt sich schon die Frage, ob die Kirche wirklich so erhebliche Rücklagen benötigt, deren Nutzung praktisch zum Tabu erklärt wird und die allenfalls noch weiter wachsen (sollen).

Die sinkende Mitgliederzahl wirkt sich auch auf den Einfluß der Kirchen bei der politischen Gestaltung des Landes aus. Aus diesem Grunde sollte man sich an die alte Erfahrung erinnern "Kasse macht sinnlich". Ist es wirklich ausgeschlossen, daß die "unnützen" Gelder der Bistümer in Zeiten klammer Kassen nicht die Begehrlichkeiten der politischen Klasse erregen? Dabei sind verschiedene Formen denkbar, z.B. eine Besteuerung oder eine Vermögensabgabe. Bei einem Bevölkerungsanteil der Christen von 5%, von denen allenfalls 1% - 15% auch kirchlich engagiert sind, ist in der Zukunft wohl kaum erheblicher Widerstand zu erwarten - insbesondere wenn der Zugriff auf die Gelder erfolgt, um damit soziale Werke zu finanzieren.
Ich bin wahrscheinlich nicht der einzige der fragt, warum der "normale" Steuerzahler auf seine Zinsen Steuern zahlen muß und die Kirchen bei der gleichen Einnahmeart sich der Finanzierung des Gemeinwesens entziehen können. :/

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Siard
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Siard »

Caviteño hat geschrieben:Ich bin wahrscheinlich nicht der einzige der fragt, warum der "normale" Steuerzahler auf seine Zinsen Steuern zahlen muß und die Kirchen bei der gleichen Einnahmeart sich der Finanzierung des Gemeinwesens entziehen können. :/
Diese Frage stellt sich viel mehr bei gewissen Großunternehmen.

Raphael

Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Raphael »

Caviteño hat geschrieben:Ich bin wahrscheinlich nicht der einzige der fragt, warum der "normale" Steuerzahler auf seine Zinsen Steuern zahlen muß und die Kirchen bei der gleichen Einnahmeart sich der Finanzierung des Gemeinwesens entziehen können. :/
Kirchen sind qua definition gemeinnützig und daher steuerbefreit. Allerdings sind auch andere Organisationen qua definition gemeinnützig und daher steuerbefreit.
Die von Dir gestellte Frage ist also falsch gestellt. Sie müßte lauten: Warum soll die Kirche in steuerlicher Hinsicht schlechter behandelt werden als andere gemeinnützige Organisationen?

Caviteño
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Caviteño »

Raphael hat geschrieben: Kirchen sind qua definition gemeinnützig und daher steuerbefreit. Allerdings sind auch andere Organisationen qua definition gemeinnützig und daher steuerbefreit.
Die von Dir gestellte Frage ist also falsch gestellt. Sie müßte lauten: Warum soll die Kirche schlechter behandelt werden als andere gemeinnützige Organisationen?
Knapp vorbei ist auch daneben.

Kirchen sind - wie alle anderen öffentl.-rechtlichen Körperschaften - keine Steuersubjekte i.S.d. Körperschaftsteuer (vgl. § 1 KStG). Steuerpflichtig werden nur die sog. "Betriebe gewerblicher Art", d.h. die Bereiche, in denen die Kirchen auf dem freien Markt in Wettbewerb mit anderen Anbietern treten (z.B. Pflegeheime usw. - sofern diese nicht in der Form einer Kapitalgesellschaft organisiert sind).

Die Vorschriften für die Gemeinnützigkeit greifen daher nicht!
Andernfalls müßten die Kirchen nämlich ihre Gemeinnützigkeit dem Finanzamt gegenüber nachweisen und ihre Finanzen offenlegen. Weitaus gravierender wäre aber für die Kirchen dann die Vorschrift, daß für die Gemeinnützigkeit die Bildung von Rücklagen zur Vermögensbildung nur eingeschränkt möglich wäre (§ 62 AO). Ob das bei der Höhe der Rücklagen Auswirkungen auf die Steuerbefreiung hätte, wäre eine interessante Frage.

Deswegen ist die Frage weiterhin erlaubt, warum die Zinsen und Gewinnanteile steuerfrei vereinnahmt werden können. Das übliche Argument für die Steuerfreiheit bei Körperschaften des öffentlichen Rechts ist, das damit die Selbstbesteuerung des Staates vermieden werden soll. Ob das hier greift, darüber kann man geteilter Meinung sein.
Sollte es wirklich einmal zu einer Vermögensabgabe zur Begleichung der Staatsschulden kommen, wird diese Frage - Körperschaft des öffentlichen Rechtes hin oder Gemeinnützigkeit her - wohl deutlich von der Öffentlichkeit gestellt werden.
Siard hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben: Ich bin wahrscheinlich nicht der einzige der fragt, warum der "normale" Steuerzahler auf seine Zinsen Steuern zahlen muß und die Kirchen bei der gleichen Einnahmeart sich der Finanzierung des Gemeinwesens entziehen können. :/
Diese Frage stellt sich viel mehr bei gewissen Großunternehmen
Da hat die Kirche aber eine gaaaanz andere Auffassung, zumindest wenn sie selbst involviert ist:
Domprobst Norbert Feldhoff wies die Vorwürfe zurück – es sei alles "nach Recht und Gesetz gelaufen" und der Begriff "legale Steuertricks" unpassend, sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Es sei weder anrüchig noch unverantwortlich, die Möglichkeiten des Steuerrechts zu nutzen. "Das macht jeder Steuerzahler – wenn er schlau ist." Er habe es als seine Pflicht gesehen, unnötige Kosten zu vermeiden.
http://www.welt.de/regionales/koeln/art ... irche.html

;D Aber das mit den Großunternehmen paßt schon.

Raphael

Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Raphael »

Caviteño hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Kirchen sind qua definition gemeinnützig und daher steuerbefreit. Allerdings sind auch andere Organisationen qua definition gemeinnützig und daher steuerbefreit.
Die von Dir gestellte Frage ist also falsch gestellt. Sie müßte lauten: Warum soll die Kirche schlechter behandelt werden als andere gemeinnützige Organisationen?
Knapp vorbei ist auch daneben.
..........
Meine Antwort war weniger auf die Legaldefinition von Gemeinnützigkeit und die damit zusammenhängenden Folgen gerichtet, sondern mehr auf die tatsächliche gesellschaftliche Wirkung, die durch kirchliche Tätigkeiten erzielt wird.

Ivo Matthäus
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Ivo Matthäus »

Caviteño hat geschrieben:(...)

Knapp vorbei ist auch daneben.

Kirchen sind - wie alle anderen öffentl.-rechtlichen Körperschaften - keine Steuersubjekte i.S.d. Körperschaftsteuer (vgl. § 1 KStG). Steuerpflichtig werden nur die sog. "Betriebe gewerblicher Art", d.h. die Bereiche, in denen die Kirchen auf dem freien Markt in Wettbewerb mit anderen Anbietern treten (z.B. Pflegeheime usw. - sofern diese nicht in der Form einer Kapitalgesellschaft organisiert sind).

Die Vorschriften für die Gemeinnützigkeit greifen daher nicht!
Richtig, die KdöR ist mit dem "Hoheitsbereich" normalerweise für das Finanzamt eine Blackbox,
Caviteño hat geschrieben: (...)
Andernfalls müßten die Kirchen nämlich ihre Gemeinnützigkeit dem Finanzamt gegenüber nachweisen und ihre Finanzen offenlegen. Weitaus gravierender wäre aber für die Kirchen dann die Vorschrift, daß für die Gemeinnützigkeit die Bildung von Rücklagen zur Vermögensbildung nur eingeschränkt möglich wäre (§ 62 AO). Ob das bei der Höhe der Rücklagen Auswirkungen auf die Steuerbefreiung hätte, wäre eine interessante Frage.
aber die Staatsaufsicht hat teilweise schon Einblick, da können schon im Einzelfall Rückfragen kommen, seit der Beinahe-Pleite des Deutschen Ordens wird das in Bayern etwas anders gehandhabt.

Man muss aber daran denken, dass die Hürden zur Errichtung einer KdöR hoch sind, siehe den langjährigen Rechtsstreit der Zeugen Jehovas zur Erlangen des Status.
Raphael hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Ich bin wahrscheinlich nicht der einzige der fragt, warum der "normale" Steuerzahler auf seine Zinsen Steuern zahlen muß und die Kirchen bei der gleichen Einnahmeart sich der Finanzierung des Gemeinwesens entziehen können. :/
Kirchen sind qua definition gemeinnützig und daher steuerbefreit. Allerdings sind auch andere Organisationen qua definition gemeinnützig und daher steuerbefreit.
Die von Dir gestellte Frage ist also falsch gestellt. Sie müßte lauten: Warum soll die Kirche in steuerlicher Hinsicht schlechter behandelt werden als andere gemeinnützige Organisationen?
Richtig, die Gemeinnützigkeit dient der Finanzierung von dem Gemeinwohl verpflichteten Aktivitäten. Kirchliche Zwecke (§ 54 Abgabenordnung) und die Förderung von religiösen Zwecken (§ 52 Abgabenordnung) sind gemeinnützige Zwecke oder gleichgestellt. Im Übrigen ist die KdöR eine Rechtsubjekt, das durch Mitglieder geprägt wird, ähnlich wie ein Verein. Was ist also der Unterschied, lieber Caviteno? :hmm: ;D

I. M.
Ich schenke Euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in Euch. Ich nehme das Herz von Stein aus Eurer Brust und gebe Euch ein Herz von Fleisch. Ich lege meinen Geist auf Euch und bewirke, dass .. Ihr auf meine Gebote achtet und sie erfüllt. (Ez 36)

Ivo Matthäus
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Ivo Matthäus »

Caviteño hat geschrieben:
Tinius hat geschrieben:Muss wirklich soviel Waldbesitz vorhanden sein? Wozu?
Ich habe nichts gegen eine vernünftige Vermögensstreuung und dazu gehört auch Wald, der langfristige Rendite bringt. Den soll die Kirche auch behalten.
Der übliche Stiftungswald hat sich über Jahrhunderte angesammelt, und stammt oft aus Schenkungen und Erbschaften. Die Rendite ist auch bei ordentlicher Bewirtschaftung mit regelmäßigen Holzeinschlag meist kaum höher als 2 % p.a., aber berechenbar. Früher diente der Baumbestand als Bauholz und als Feuerholz für den Pfarrhof. Die Rolle als Tauschobjekt für Arrondierungen und Ausgleichsflächen für die Kommunen ist in der Praxis nicht zu unterschätzen, oft aber ist der Besitz stark zersplittert, eine Flurbereinigung im Wald parallel zu den übrigen landwirtschaftlichen Flächen fand mW. nicht statt...

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Ivo Matthäus
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Ivo Matthäus »

Caviteño hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Die Bistümer veröffentlichen ja auch ihre Haushalte, wenn auch nicht bis auf alle Kostenstellen.
Na ja, die Haushalte sind nicht nur nicht aussagekräftig, sie ermöglichen auch keinen Überblick über den tatsächlichen Vermögensstatus. Ich habe das bereits mehrfach am Beispiel des Bistums Limburg dargelegt. Aber auch in anderen Diözesen sieht es wohl nicht anders aus. Hier das Beispiel der Diözese Augsburg, die ebenfalls ihre - allerdings abgespeckte - Bilanz (ohne Prüfbericht und Testat) veröffentlicht hat:

http://www.bistum-augsburg.de/index.php ... hnung-213

Danach ergeben sich folgende Finanzanlagen zum 31. 12. 213

Anlagevermögen - Finanzanlagen = 283,3 Mio €
Erläuterung hierzu:
"Sie enthalten im Wesentlichen Wertpapiere unterschiedlicher Kategorien, die nach konservativen Gesichtspunkten langfristig angelegt sind. Ferner sind Ausleihungen an kirchliche Stiftungen und sonstige Rechtsträger erfasst."

Umlaufvermögen - Wertpapiere = 32,9 Mio €
Umlaufvermögen - Bankguthaben = 121,5 Mio €
Erläuterung hierzu:
"Die im Umlaufvermögen enthaltenen Wertpapiere und Bankguthaben dienen im Wesentlichen dazu, den Vollzug des laufenden Haushalts zu gewährleisten."

An Rückstellungen wurden knappe 137 Mio €, die Verbindlichkeiten betragen 65,5 Mio € und betreffen ua Verrechnungskonten gegenüber anderen kirchlichen Trägern. Auffallend ist, das die Rückstellungen nur Pensionsrückstellungen für Schulwerk der Diözese Augsburg enthalten. Offensichtlich werden die Pensionen der Priester usw. wohl aus einem anderen Topf bezahlt.

Das Bistum Augsburg weist also zum 31. 12. 213 flüssige Mittel iHv 437 Mio € aus, darüberhinaus wurden der Grundbesitz mit über 1 Mio € bewertet. Man muß allerdings beachten, daß die Finanzanlagen des Anlagevermögens zu den Anschaffungskosten bzw. zum niedrigeren Zeitwert angesetzt wurden. Der Gegenwartswert dürfte höher sein.

Das Haushaltsvolumen 213 betrug 316 Mio €, die darin enthaltenen KiSt-Einnahmen beliefen sich auf 277,2 Mio €. Die beiden nächstgrößeren Posten sind Pflichtleistungen des Landes Bayern (= 17,4 Mio €) und Vermögenserträge (= 1,3 Mio €).

Die flüssigen Mittel des Bistums betragen also das 1,5fache des Kirchensteueraufkommens, sie decken die Personalausgaben iHv 194,3 Mio für über zwei Jahre ab.
Wenn also kirchlicherseits behauptet wird, es sei kein Geld vorhanden, sollte man diese Aussage nicht an den Haushalten, sondern an den Bilanzen überprüfen.
Diese Bilanz und GuV ist m.E. kameralistisch geprägt, das merkt man an der Ausgabenposition "Investitionen (Bau, Instandhaltung, Grundstücke)" und den Inhalten der "Sonderposten" und "Rückstellungen", dazu kommen die Bezeichnung als "Jahresrechnung" und "Ausgaben". Das erschwert die Vergleichbarkeit. Der Haushalt ist sowieso kameralistisch angelegt und hat mit einem Wirtschafts- und Finanzplan nur bedingt etwas zu tun. Soweit die Vorbemerkung.

Wenn man nun die Zahlen analysiert, fällt die problembehaftete langfristige Finanzierung des Anlagevermögens auf. 236,5 Mio EUR Eigenkapital stehen 387,7 Mio EUR Anlagenvermögen gegenüber, mithin eine Lücke von 151,2 Mio EUR, die durch Fremdkapital bzw. kurzfristige Finanzierungen geschlossen werden muss. Die Sonderposten und die Rückstellungen enthalten z. T. zugesagte Haushaltmittel für Dritte, die man wohl großteils als kurzfristige Verbindlichkeiten zu sehen hat. Zwar enthalten die "Verbindlichkeiten" langfristige Baufinanzierungen und Verrechnungen mit andere kirchlichen Rechträger, aber das schließt überschlagsmäßig nicht die Lücke. Umgekehrt wenn die Liquidität ansieht, bleiben von 154,4 Mio EUR Barmittel (Bankguthaben und kurzfristige Wertpapiere) nach Abzug der kurzfristigen Verbindlichkeiten (geschätzt max. 5 % der 65 Mio EUR) und der zusagten Haushaltmittel (geschätzt max. 5%, max. 125 Mio EUR) wahrscheinlich nichts oder maximal ein bis zwei Monatsausgaben (geschätzt 26-52 Mio EUR auf Grund der Ausgaben) übrig. Das ist vergleichweise wenig, als Mindestausstattung im normalen Wirtschaftsleben werden 3 Monatsausgaben und mehr erwartet.

Auf gut deutsch: Die Diözese Augsburg hat nominell viel Geld, das aber gut verplant (Pensionsrückstellungen, zugewiesene Haushaltmittel) oder verbaut ist und ansonsten für das Tagesgeschäft (Personalkostenanteil 61% der Ausgaben, was im kirchlich-sozialen Bereich als ortsüblich gelten kann) gebraucht wird. Die Diözese ist im Übrigen mangels andere Einkünfte auf das Kirchensteuereinkommen m. E. zwingend angewiesen.

I. M.
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Caviteño
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Caviteño »

Ivo Matthäus hat geschrieben: Richtig, die Gemeinnützigkeit dient der Finanzierung von dem Gemeinwohl verpflichteten Aktivitäten. Kirchliche Zwecke (§ 54 Abgabenordnung) und die Förderung von religiösen Zwecken (§ 52 Abgabenordnung) sind gemeinnützige Zwecke oder gleichgestellt. Im Übrigen ist die KdöR eine Rechtsubjekt, das durch Mitglieder geprägt wird, ähnlich wie ein Verein. Was ist also der Unterschied, lieber Caviteno? :hmm: ;D

I. M.
Kirchen - soweit sie als KöR organisiert sind - sind kein Steuersubjekt, sie werden steuerlich nicht erfaßt. Eine andere juristische Person, die den Status der Gemeinnützigkeit beansprucht, muß dies dem Finanzamt gegenüber belegen. Dazu gehört nicht nur, daß sie gemeinnützige Zwecke verfolgt, auch die Rechnungslegung wird überprüft. Insbesondere ist die Bildung von Rücklagen oder Reserven nur in eingeschränktem Umfang möglich (§ 62 AO - sog. zeitnahe Mittelverwendung). Dadurch soll sichergestellt werden, daß die Organsition kein Kapital ansammelt, sondern ihre Einnahmen auch zeitnah den gemeinnützigen Zwecken zuführt.

Bei dem in Rede stehenden Kapitalstock scheint mir die Frage schon interessant, ob dieser tatsächlich aus Schenkungen bzw. Erbschaften, für die die zeitnahe Mittelverwendung nicht gilt oder aus lfden Einnahmen (Haushaltsresten bzw. -zuweisungen) gebildet wurde. Bei letzteren könnte es ein Problem geben.

Im übrigen sehe ich die Steuerfreiheit von Erträgen bei der Vermögensverwaltung gemeinnütziger Körperschaften ebenso kritisch wie die nicht steuerliche Erfassung dieses Bereiches bei KöR's. Ausnahmen sollten mE allenfalls bei staatliche Gebietskörperschaften gelten. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum ein Schützen- oder Karnevalsverein auf seine Guthaben keine Abgeltungssteuer entrichten muß, die Rentnerin XY aber sehr wohl. Allerdings werden die Guthaben der meisten gemeinnützigen Vereine oder Körperschaften nicht die Höhe erreichen, über die wir im kirchlichen Bereich diskutieren.

Caviteño
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Caviteño »

Ivo Matthäus hat geschrieben: Diese Bilanz und GuV ist m.E. kameralistisch geprägt, das merkt man an der Ausgabenposition "Investitionen (Bau, Instandhaltung, Grundstücke)" und den Inhalten der "Sonderposten" und "Rückstellungen", dazu kommen die Bezeichnung als "Jahresrechnung" und "Ausgaben". Das erschwert die Vergleichbarkeit. Der Haushalt ist sowieso kameralistisch angelegt und hat mit einem Wirtschafts- und Finanzplan nur bedingt etwas zu tun. Soweit die Vorbemerkung.

Wenn man nun die Zahlen analysiert, fällt die problembehaftete langfristige Finanzierung des Anlagevermögens auf. 236,5 Mio EUR Eigenkapital stehen 387,7 Mio EUR Anlagenvermögen gegenüber, mithin eine Lücke von 151,2 Mio EUR, die durch Fremdkapital bzw. kurzfristige Finanzierungen geschlossen werden muss.

Das Anlagevermögen besteht zu 73% aus "Wertpapiere(n) unterschiedlicher Kategorien, die nach konservativen Gesichtspunkten langfristig angelegt sind. Ferner sind Ausleihungen an kirchliche Stiftungen und sonstige Rechtsträger erfasst." (O-Zitat) Nur 27% sind Sachanlagen und Nutzungsrechte, überwiegend wohl Grundstücke und Gebäude.
Wir kennen zwar nicht die Struktur des Wertpapierportfolios, aber von einer "problembehafteten" Finanzierung zu sprechen, halte ich für ziemlich übertrieben. Der Gegenposten auf der Passivseite sind kaum Kredite, die Verbindlichkeiten betragen 65,5 Mio €, davon sind nur ein Teil "langfristige Baufinanzierungen". Überwiegend besteht die "problembehaftete" Finanzierung der langfristigen Finanzanlagen, sofern sie über das Eigenkapital hinausgeht, aus Bilanzposten mit einem ähnlichen Zeitrahmen: Pensionsverpflichtungen oder "Sonderposten" (dazu: s.u.). Bankverbindlichkeiten sind nicht ersichtlich.
Diese Art von "Problemen" hätte ich auch gerne.
Ivo Matthäus hat geschrieben: Die Sonderposten und die Rückstellungen enthalten z. T. zugesagte Haushaltmittel für Dritte, die man wohl großteils als kurzfristige Verbindlichkeiten zu sehen hat. Zwar enthalten die "Verbindlichkeiten" langfristige Baufinanzierungen und Verrechnungen mit andere kirchlichen Rechträger, aber das schließt überschlagsmäßig nicht die Lücke. Umgekehrt wenn die Liquidität ansieht, bleiben von 154,4 Mio EUR Barmittel (Bankguthaben und kurzfristige Wertpapiere) nach Abzug der kurzfristigen Verbindlichkeiten (geschätzt max. 50 % der 65 Mio EUR) und der zusagten Haushaltmittel (geschätzt max. 50%, max. 125 Mio EUR) wahrscheinlich nichts oder maximal ein bis zwei Monatsausgaben (geschätzt 26-52 Mio EUR auf Grund der Ausgaben) übrig. Das ist vergleichweise wenig, als Mindestausstattung im normalen Wirtschaftsleben werden 3 Monatsausgaben und mehr erwartet.
Wie Du oben zutreffend ausgeführt hast, sind die Zahlen nicht sehr aussagekräftig. Einerseits werden in der Bilanz für (mögliche) künftige Verbindlichkeiten Schuldposten (als "Sonderposten" und "Rücklagen") ausgewiesen, andererseits wird auf den Zahlungsverkehr abgestellt.
Bei dem als "Sonderposten" ausgewiesenen Betrag ist mE fraglich, ob die Absicht bereits eine Verbindlichkeit begründet oder ob der Verbindlichkeitscharakter erst mit der Bewilligung eintritt. ME dürfte letzteres der Fall sein, denn erst mit Bewilligung hat der Empfänger einen Anspruch auf Auszahlung. Dafür spricht auch, daß die bewilligten Beträge als "Rückstellungen" ausgewiesen werden. Die Beschreibung des Bilanzpostens wurde bewußt vage gehalten:
Der Sonderposten enthält im Wesentlichen Haushaltsmittel für die verschiedenen Seelsorgebereiche, die vom Diözesansteuerausschuss in Vorjahren bereitgestellt, den Zuschussempfängern jedoch zum Bilanzstichtag formal noch nicht bewilligt waren.
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß es sich allenfalls um die genehmigte langfristige Finanzplanung (Bezugnahme nicht auf das Vorjahr, sondern auf die Vorjahre!) handelt, aufgrund dessen ein entsprechender Betrag für künftige mögliche Aufwendungen in den Bilanz eingestellt wurde. Man kann aber nicht Ausgaben, die irgendwann in der Zukunft einmal geplant sind, heute als Verbindlichkeit ansetzen und gleichzeitig die entsprechenden voraussichtlich anfallenden Einnahmen weglassen. Grundlage der Finanzplanung ist nicht das heute vorhandene Vermögen sondern die künftig anfallenden Einnahmen und Ausgaben.
In diesem Falle wäre der Sonderposten aber nicht als Fremd- sondern als Eigenkapital anzusehen. Offensichtlich versuchte man, aus verständlichen Gründen, das Eigenkapital gering zu halten.
Pensionsrückstellungen sind langfristig durch die entsprechenden Finanzanlagen im Anlagevermögen gedeckt - ein löblicher Unterschied zur gesetzlichen Rente. ;D Gleiches gilt für die langfristigen Baufinanzierungen.
An kurzfristigen Verbindlichkeiten, die durch die Gelder des Umlaufvermögens gedeckt werden sollten, verbleiben mE nur die noch nicht abgerufenen Haushaltsmittel sowie die Lohnsteuerverbindlichkeiten.
Insofern ergäbe sich auch kein Problem einer mangelhafte Barreserve.

Es wäre zu wünschen, daß sich die Diözese zu einer Veröffentlichung des testierten Bilanzberichtes entschließen könnte, um eine genauere Analyse der finanziellen Situation zu ermöglichen.

Ivo Matthäus
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Ivo Matthäus »

Caviteño hat geschrieben:
Es wäre zu wünschen, daß sich die Diözese zu einer Veröffentlichung des testierten Bilanzberichtes entschließen könnte, um eine genauere Analyse der finanziellen Situation zu ermöglichen.
Das wäre schön :umkuck: , aber in der Praxis kann ein Wirtschaftsprüfer einen Jahresabschluss testieren, der so meilenweit weg von HGB und IFRS ist, dass es kracht, denn für die KdöR gibt es de facto keine verbindlichen Rechnungsstandards und bislang ist mir beruflich noch keine KdöR-Satzung untergekommen, die eine Vorgabe zur Anwendung selber enthält. Wo keine Pflicht zu irgendetwas besteht, braucht es auch kein Testat, da wird eine Steuerbilanz als höchstes der Gefühle erstellt.

Zudem sind die KdöR mit Ausnahme der Orden stark kameralistisch geprägt, der Umstieg auf Doppik braucht Zeit, allein um das "Inventar" zu erfassen, darf man mit Monaten rechnen...

Das mit den Sonderposten und den Rückstellungen sehe ich ähnlich. Die Sonderposten sind dabei besonders kurios, üblicherweise bezeichnen diese im NPO-Bereich erhaltene Förderungen, also solche, die der Diözese zufließen. Wahrscheinlich sind steuerliche Sonderposten mit Rücklagenanteil gemeint, was dann aber eher Eigenkapital wäre. In der Praxis sind auch die NPO- Sonderposten de facto ein Eigenkapitalersatz. Hier ist aber das Problem, das aus dem Anhangserläuterungen die Fristigkeit und die rechtliche Verbindlichkeit der Zusagen nicht eindeutig hervorgeht, so dass ich bei konservativer Betrachtung die Bilanzpositionen als kurzfristige Rückstellungen anzusehen habe...
Caviteño hat geschrieben: (...)

Kirchen - soweit sie als KöR organisiert sind - sind kein Steuersubjekt, sie werden steuerlich nicht erfaßt. Eine andere juristische Person, die den Status der Gemeinnützigkeit beansprucht, muß dies dem Finanzamt gegenüber belegen. Dazu gehört nicht nur, daß sie gemeinnützige Zwecke verfolgt, auch die Rechnungslegung wird überprüft. Insbesondere ist die Bildung von Rücklagen oder Reserven nur in eingeschränktem Umfang möglich (§ 62 AO - sog. zeitnahe Mittelverwendung). Dadurch soll sichergestellt werden, daß die Organsition kein Kapital ansammelt, sondern ihre Einnahmen auch zeitnah den gemeinnützigen Zwecken zuführt.

Bei dem in Rede stehenden Kapitalstock scheint mir die Frage schon interessant, ob dieser tatsächlich aus Schenkungen bzw. Erbschaften, für die die zeitnahe Mittelverwendung nicht gilt oder aus lfden Einnahmen (Haushaltsresten bzw. -zuweisungen) gebildet wurde. Bei letzteren könnte es ein Problem geben.
In der Praxis gibt es genug Möglichkeiten, um der zeitnahen Mitttelverwendung gerecht zu werden. In der Praxis höchst bewährt ist die Betriebsmittelrücklage, ein Art Notfallreserve, um mehrerer Monate ohne Einnahmen zu überzubrücken. Normalerweise reicht diese aus, um jeden Zweifel auszuräumen. Wenn das noch nicht reicht, wird sich schon ein Bauvorhaben finden, für das man ein Projektrücklage bilden kann usw. Zudem sind Altvermögen aus der Zeit vor 1977, als die heutige Abgabenordnung mit der Mittelbindungsvorschrift in Kraft trat, außen vor.

Eher ein Problem ist mal die sachgerechte Verwendung. Finanzämter werden verdammt sauer, wenn z. B. die Prinzengarde von 1800schlagmichtot zu oft "gesellige Zusammenkünfte" für Mitglieder veranstalten.
Caviteño hat geschrieben: Im übrigen sehe ich die Steuerfreiheit von Erträgen bei der Vermögensverwaltung gemeinnütziger Körperschaften ebenso kritisch wie die nicht steuerliche Erfassung dieses Bereiches bei KöR's. Ausnahmen sollten mE allenfalls bei staatliche Gebietskörperschaften gelten. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum ein Schützen- oder Karnevalsverein auf seine Guthaben keine Abgeltungssteuer entrichten muß, die Rentnerin XY aber sehr wohl. Allerdings werden die Guthaben der meisten gemeinnützigen Vereine oder Körperschaften nicht die Höhe erreichen, über die wir im kirchlichen Bereich diskutieren.
Der Grund ist die Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben, die sonst von staatlicher Seite übernommen werden müssten. Das wird aber jetzt wirtschaftsphilosophisch...

I. M.
Ich schenke Euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in Euch. Ich nehme das Herz von Stein aus Eurer Brust und gebe Euch ein Herz von Fleisch. Ich lege meinen Geist auf Euch und bewirke, dass .. Ihr auf meine Gebote achtet und sie erfüllt. (Ez 36)

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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von HeGe »

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Siard
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Siard »

Das ist sehr zu begrüßen, da es sie Einziehung von Kirchenvermögen deutlich erleichtert. :pfeif:

Tinius
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Tinius »

http://www.spiegel.de/wirtschaft/sozial ... 18989.html

Das Erzbistum Köln legt sein Milliardenvermögen offen.
Auch wenn man ein Milliardenvermögen hat, kann man trotzdem "arm" sein.....

Das werden zumindest wieder die "Profis" dieser Finanzstruktur behaupten.

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Maurus
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Maurus »

Also in Limburg ist das Vorschrift. Dort liegt der Haushalt im Pfarrbüro aus. Kein Mensch interessiert sich dafür.

Tinius
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Tinius »

Maurus hat geschrieben:
Also in Limburg ist das Vorschrift. Dort liegt der Haushalt im Pfarrbüro aus. Kein Mensch interessiert sich dafür.
Das liegt an den "Kunden" der Pfarrämter.

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Maurus
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Maurus »

Tinius hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
Also in Limburg ist das Vorschrift. Dort liegt der Haushalt im Pfarrbüro aus. Kein Mensch interessiert sich dafür.
Das liegt an den "Kunden" der Pfarrämter.
Ja, fehlendes Interesse liegt immer am irgendwem. Ganz richtig. Ich halte das auch nicht für eine Katastrophe. Mich interessiert der Haushalt meiner Pfarrei auch nicht, ich kenne ihn auch nicht. Ich kenne grad mal die Eckdaten des Bundeshaushalts.

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umusungu
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von umusungu »

Die Gemeinden legen ihre Jahresrechnungen immer offen - und kündigen das öffentlich an.

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PaceVeritas
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von PaceVeritas »

Wo ist eigentlich der Artikel "Gummisohlen der Macht" über Kardinal Marx aus dem Cicero abgeblieben?
Der Link http://www.cicero.de/berliner-republik/ ... acht/58943 funktioniert nicht mehr. Gab es da eine Beschwerde oder ist das gängige Praxis, dass die Artikel nach ein paar Tagen von der Seite genommen werden? :hmm:
» Sic enim dilexit Deus mundum ... «
(Joh. 3,16)
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Siard
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Siard »

PaceVeritas hat geschrieben:Gab es da eine Beschwerde oder ist das gängige Praxis, dass die Artikel nach ein paar Tagen von der Seite genommen werden? :hmm:
Gängige Praxis ist das wohl nicht, ich habe Links zu Ciceroartikeln, die auch nach Jahren noch funktionieren.
Vielleicht ist das Heft (müßte das Jubiläumsheft Mai 2914 sein) ja noch zu haben?

Lilaimmerdieselbe
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

In Preußischen Landen geht die Offenlegungspflicht der Gemeindefinanzen auf Bismark zurück, wann das "immer" sonstwo in Deutschland angefangen hat, weiß ich nicht.

Didymus
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Didymus »

Trotz Mitgliederschwundes:

"Kirchen kassieren Steuern in Rekordhöhe "

Bei den Katholiken sind es 5,68 Milliarden, bei den Evangelischen erstmals über 5 Milliarden Euro.

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Niels
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Niels »

Auch Herr Beck sieht keinen Grund, die "Kirchensteuer" abzuschaffen: http://www.bistum-essen.de/start/news-d ... teuer.html

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Yeti
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Yeti »

Niels hat geschrieben:Auch Herr Beck sieht keinen Grund, die "Kirchensteuer" abzuschaffen: http://www.bistum-essen.de/start/news-d ... teuer.html
Erster! ;D
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Vir Probatus
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Vir Probatus »

https://skydaddy.wordpress.com/2015/03/ ... en-zahlen/

Schulfinanzierung in NRW

Kirche gibt sich selbst Kredite und lässt den Staat die Zinsen zahlen
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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Juergen
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Juergen »

Ja und… wenn's rechtlich so erlaubt ist.

Was würdest Du machen, wenn Du privat die gleichen Möglichkeiten hättest?
Würdest Du dem Staat sagen: „Laß Dein Geld mal stecken. Ich will es nicht.“?
Gruß Jürgen

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Vir Probatus
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Re: "Die Kirche und das liebe Geld"

Beitrag von Vir Probatus »

Juergen hat geschrieben:Ja und… wenn's rechtlich so erlaubt ist.

Was würdest Du machen, wenn Du privat die gleichen Möglichkeiten hättest?
Würdest Du dem Staat sagen: „Laß Dein Geld mal stecken. Ich will es nicht.“?
Was ich privat machen würde ist hier gar nicht das Thema.
(Ich stecke privat der Kirche auch noch manches zu, was ich demnach wohl besser unterlassen sollte.)
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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