Moderne Kirchenarchitektur III

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Niels
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von Niels »

Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

15mula34
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von 15mula34 »

Ich habe mal eine Frage. Gibt es einen Grund warumm so viele Kirchen durch Umgestaltung verschandelt werden aber der Anteil der katholischen viel höcher ist als der der evangelischen? Oder anders gefragt warumm werden so viele katholische Kirchen "modernisiert" während evangelische in iherem ursprünglichen Zustand erhalten werden?

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Moser
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von Moser »

15mula34 hat geschrieben:Ich habe mal eine Frage. Gibt es einen Grund warumm so viele Kirchen durch Umgestaltung verschandelt werden aber der Anteil der katholischen viel höcher ist als der der evangelischen? Oder anders gefragt warumm werden so viele katholische Kirchen "modernisiert" während evangelische in iherem ursprünglichen Zustand erhalten werden?
Ich denke, der wichtigste Grund ist in der Liturgiereform zu suchen, die es ja so in der evangelischen Kirche nicht gab. Nicht selten wird es so sein, dass man eine (vermeintlich) erforderliche Umgestaltung des Altarraums dazu nutzt, gleich umfassende Renovierungsarbeiten vorzunehmen.
Außerdem scheint mir durch die Liturgiereform eine Art "Renovierungsdruck" aufgekommen zu sein. Zwar braucht man strenggenommen keinen Volksaltar, aber de facto (und erst recht im Empfinden der Gläubigen) hat dann doch in fast jeder Kirche einer zu stehen. Dagegen stört es in der evangelischen Kirche niemanden, wenn der Altar nicht umschreitbar ist und die Kanzel benutzt wird. Das ist einfach normal und die Leute sind dran gewöhnt. Katholischerseits würde doch schon allein, wenn jemand wieder eine Kanzel benutzen würde, der Ruf "vorkonziliar" wie Donnerhall erschallen.

Im übrigen ist die Frage, was denn nun eine "Verschandelung" darstellen soll, höchst subjektiv und liegt im Auge des Betrachters. Aber zugegebenermaßen sind nicht alle hier dargestellten Renovierungen als unbedingt glücklich anzusehen...
Zuletzt geändert von Moser am Montag 10. September 2012, 15:06, insgesamt 1-mal geändert.

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Gallus
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von Gallus »

15mula34 hat geschrieben:Ich habe mal eine Frage. Gibt es einen Grund warumm so viele Kirchen durch Umgestaltung verschandelt werden aber der Anteil der katholischen viel höcher ist als der der evangelischen? Oder anders gefragt warumm werden so viele katholische Kirchen "modernisiert" während evangelische in iherem ursprünglichen Zustand erhalten werden?
Einerseits vielleicht, weil bei den Protestanten die Liturgie keine so große Rolle spielt und damit der Raum auch nicht so eine große Bedeutung hat. Vor allem aber wohl, weil es in der EKD kein Gegenstück zur "Generation Konzil" gibt. Veränderungen erfolgen dort eher bruchlos, während es bei uns eben dieses eine Ereignis gibt, das grundlegende Veränderungen und Traditionsbrüche eingeleitet hat. Diese "Generation Konzil", die gerade mit einer gewissen Angst bemerkt, wie der Nachwuchs wieder glaubenstreuer und traditionsbewußter wird, will nun so lange es noch möglich ist ihren Irrsinn in die Kirchenräume hinein betonieren.

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lifestylekatholik
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von lifestylekatholik »

Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass der Bildersturm in den katholischen Kirchen bereits in den 50er-Jahren einsetzte, also noch vor der offiziellen Liturgiereform 1969/70.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Niels
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von Niels »

lifestylekatholik hat geschrieben:Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass der Bildersturm in den katholischen Kirchen bereits in den 50er-Jahren einsetzte, also noch vor der offiziellen Liturgiereform 1969/70.
:!:
"Früchte" der sog. "liturgischen Bewegung" ab 1900.
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cantus planus
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von cantus planus »

Das ging schon zwanzig Jahre früher los, zuerst in Klosterneuburg, war in den 1940er Jahren schon in Wien hie und da etabliert, dann kam Deutschland mit Maria Laach und dem Bund Neuland. Das alles wurde 1945 vom Staatssekretariat unter Pius XII. kritisiert, die römische Kritik von den Kardinälen Bertram (Breslau) und Innitzer (Wien) abgewimmelt, der Ruf aus Rom, Eigenmächtigkeiten zu unterlassen wurde ignoriert. Im Westen nichts Neues...

Und diese Bewegung griff merkwürdigerweise auch bei Protestanten und Anglikanern um sich.
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Florianklaus
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von Florianklaus »

cantus planus hat geschrieben:Das ging schon zwanzig Jahre früher los, zuerst in Klosterneuburg, war in den 1940er Jahren schon in Wien hie und da etabliert, dann kam Deutschland mit Maria Laach und dem Bund Neuland. Das alles wurde 1945 vom Staatssekretariat unter Pius XII. kritisiert, die römische Kritik von den Kardinälen Bertram (Breslau) und Innitzer (Wien) abgewimmelt, der Ruf aus Rom, Eigenmächtigkeiten zu unterlassen wurde ignoriert. Im Westen nichts Neues...

Und diese Bewegung griff merkwürdigerweise auch bei Protestanten und Anglikanern um sich.
Die haben aber wenigstens nicht so viele Kirchen verschandelt.

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Niels
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von Niels »

Aber (zumeist wohl ungewollt) die Grundsteine gelegt, konkret: die Seilschaften geschaffen.
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taddeo
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von taddeo »

Mit den Kirchen ist es wie in den Kommunen. Wenn was gebaut oder renoviert wird, sind die Hauptmacker irgendwelche Architekten und/oder "Künstler", die sich verwirklichen wollen und dürfen. Was dabei rauskommt, ist selten genug der Sache dienlich und den Umständen entsprechend richtig - von ästhetisch mal gar nicht zu reden. In den Ordinariaten hat man genauso Angst, diesen Halbgöttern zu widersprechen, wie in den Rathäusern; man könnte ja als rückständig erscheinen.

Daß von diesen Quacksalbern kaum einer eine wirkliche Ahnung von katholischer Theologie und Liturgie hat, für die er eine Kirche "gestaltet", oder im Falle der gemeindlich engagierten Architekten von Topographie und landschaftsgebundenem Bauen, wird leider nirgends als Hindernis gesehen, ihnen Geld in den Rachen zu schmeißen für ästhetischen Sondermüll.

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Niels
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von Niels »

Es ist m.E. längst überfällig ("transparency international"), dass offengelegt wird, welche "Künstler" und "Architekten" in den vergangenen Jahrzehnten welche Beträge wofür erhalten haben.
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Kilianus
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von Kilianus »

So begrüßenswert der ambitionierte Neubau einer der Tradition verwurzelten Kathedrale ist: Das Ergebnis finde ich äußerst irritierend. So weit sich das von den bislang veröffentlichten Bildern her beurteilen läßt, ist die Ausstattung ein astreiner Abklatsch - und zwar sehr viel stärker noch der Neugotik als der Gotik. Anders gesagt: Abklatsch vom Abklatsch. So sehr ich mir bewußt bin, daß eine Synthese zwischen kirchlicher Tradition und zeitgenössischer Formensprache bislang nur selten gelungen ist: Dieses Modell kann nicht die Lösung sein.

Obendrein gelten doch liturgische Vorschriften auch in Kasachstan, oder? Der Altar scheint mir (wiederum mit dem Vorbehalt: soweit sich das auf den Bildern erkennen läßt) nicht umschreitbar. Und warum um alles in der Welt steht auf dem Hauptaltar einer Kathedrale ein Tabernakel? Das ist auch nach den alten Vorschriften nicht korrekt.

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Niels
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von Niels »

St. Antonius, Düren:



Heizen die da noch (oder wieder) mit Brennholz, oder wieso liegt da eine Baumscheibe vor dem Altar bzw. ist dort angelehnt? :hmm:
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Hubertus
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von Hubertus »

Niels hat geschrieben:Heizen die da noch (oder wieder) mit Brennholz, oder wieso liegt da eine Baumscheibe vor dem Altar bzw. ist dort angelehnt? :hmm:
Das ist doch offensichtlich. :unbeteiligttu:
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

civilisation
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von civilisation »

Majestix wurde auf einem Schild rumgetragen ...
Vielleicht läßt sich der Bischof ja ... ... ... ... ... ...

:narr:

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Jarom1
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von Jarom1 »

Niels hat geschrieben:St. Antonius, Düren:



Heizen die da noch (oder wieder) mit Brennholz, oder wieso liegt da eine Baumscheibe vor dem Altar bzw. ist dort angelehnt? :hmm:
Ich kenne das noch aus meiner Kindheit. Da wurde samstags auch immer der mit Holz beheizte Ofen für die Badewanne angeworfen. Die Kacheln auf dem Bild erinnern auch irgendwie an ein Badezimmer aus den 70ern.
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Juergen
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von Juergen »

Da drin war ich am Sonntag.

http://www.mariengemeinde-bl.de/


Bild

Bild


Kaum Fenster aber dafür umso mehr Betonggggg
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Kilianus
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von Kilianus »

Ich hatte zuvor auch andere Bilder gesehen, die ich bei der Einschätzung mit einbezogen habe:
http://www.mutter-aller-nationen.org/in ... 65&lang=de

Eine erneute und genauere Sichtung läßt mich vermuten: Man hat hier tatsächlich einen nicht umschreitbaren Hochaltar aufgebaut, dessen Mensa nur eine geringe Tiefe aufweist. Zelebriert wird an einem (tragbaren?) Volksaltar, der unmittelbar davor plaziert wird.

Liturgisch befriedigend ist das nicht.

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cantus planus
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von cantus planus »

Kilianus hat geschrieben:Ich hatte zuvor auch andere Bilder gesehen, die ich bei der Einschätzung mit einbezogen habe:
http://www.mutter-aller-nationen.org/in ... 65&lang=de
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15mula34
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von 15mula34 »

Wie siehts denn von innen aus?

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Peregrin
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von Peregrin »

Juergen hat geschrieben:Da drin war ich am Sonntag.

http://www.mariengemeinde-bl.de/


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War das Dein Spital?
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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Robert Ketelhohn
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Kilianus hat geschrieben:Ich hatte zuvor auch andere Bilder gesehen, die ich bei der Einschätzung mit einbezogen habe:
http://www.mutter-aller-nationen.org/in ... 65&lang=de

Eine erneute und genauere Sichtung läßt mich vermuten: Man hat hier tatsächlich einen nicht umschreitbaren Hochaltar aufgebaut, dessen Mensa nur eine geringe Tiefe aufweist. Zelebriert wird an einem (tragbaren?) Volksaltar, der unmittelbar davor plaziert wird.

Liturgisch befriedigend ist das nicht.
Hast du nicht gelesen, worauf du da selber referenziert hast? :hae?:
Der Hauptaltar wird freistehend in der Apsis aufgebaut
Also umschreitbar. Natürlich kannste von hinten schlecht zelebrieren, ist ja ein Hochaltar. Aber freistehend. Woher de den „Volksaltar“ hast, weeßte wohl selber nich. Schlechter Traum oder so, schätz’ ick.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Robert Ketelhohn
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die Beckmesserei gegen gotischen Stil oder gotische Stilelemente in heutiger
Zeit ist gleichfalls unbegreiflich. Ist Nachahmung herausragender Vorbilder
schlecht?

Hinter solchem Denken steht der kranke Originalitätsbegriff in „der Kunst“,
ja das heutige Verständnis der „Kunst“ und des „Künstlers“ ist selbst schon
Symptom des Siechtums.

Geboren ist das in der Renaissance, namentlich in der italienischen: sagen wir
darum lieber Rinascimento. Diese Epoche hat Grandioses hervorgebracht – vor
allem aber die fixe Idee der Originalität. Nicht mehr ging es darum, daß der
Meister ein Abbild schuf, ein Abbild der Wirklichkeit, welche ihrerseits wie-
der die ewigen Gedanken Gottes abbildete – also jawohl! ein Abbild vom Ab-
bilde –, sondern der Meister wollte „Künstler“ werden, Schöpfer sein von Ori-
ginalen
, wollte esse sicut Deus, »sein wie Gott«.

Kein Zweifel, diese Idee hat Gewaltiges geleistet. Sie hat beeindruckt, und sie
tut es noch. Allein sie hat lang schon ihre Kraft verloren. Als die Ahnen von ihr
kosteten als von der verbotnen Frucht, da schmeckte sie gar köstlich. Allein der
Geschmack verging, alsbald folgten die Vertreibung aus dem Paradise, Gewor-
fensein in Schmutz und in die Not, trotz längst geschehenen Verbrauches aller
Möglichkeiten dem eignen leeren Geiste immer neue Originale abzuquälen, zu
welchem Behuf – da alle Schönheit ausgereizt – man Anstoß, Ekel, Häßlichkeit
zu neuen Zielen setzte, zwanghaft sich übertreffen müssend an Abartigkeit und
eklem Nervenkitzel.

Das alles ist ein fast schon toter Ast, der einmal kräftig wucherte, doch seit Jahr-
hunderten in die Kloake eingewachsen ist und dessen neue Triebe, kaum ge-
sprossen, eins mit der Kloaken Kot und Jauche werden. Doch schafft ein Sproß
es, durch den Deckel des Kanals emporzuwachsen an das alte Licht, in dessen
Schein die alten, schönen Zweige ob der Erde anzustaunen und nach ihrem Bild
sich selbst zu recken und zu strecken, daß er ihnen gleich Gestalt gewinnt, so
blubbert’s giftge Blasen aus dem faulen Jauchesumpf, der in seiner Häßlichkeit
keine Schönheit kann ertragen.
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Robert Ketelhohn
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Mußte einmal gesagt sein, obgleich ich kein Verfechter der Gotik bin und
altkirchliche Bauweise bis hin zur Romanik bevorzuge.
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Robert Ketelhohn
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Was mich an der Kathedrale von Karaganda stört, und zwar gewaltig stört,
ist das ominöse Patrozinium und die Pseudovisionsgeschichte der Betreibe-
rin Frau Agnes Ritter, die zum Himmel stinkt. Es ist Symptom der vielleicht
letalen Krankheit der lateinischen Kirche, daß in ihr die „Konservativen“ –
im leeren Wahne zu bewahren – auf derart unerhörten Ohrenkitzel herein-
fallen und wie die Dominosteine kippen.

Damit ist freilich nichts gegen die Kathedrale als solche gesagt (abgesehen
vom Globus unterm Tabernakel des Hauptaltars, der doch ein wenig stört).
Ich würde als Bischof das Patrozinium ganz fix ändern in »ULF von Kara-
ganda« und die ritterschen Gottvaterseher abhängen.
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lifestylekatholik
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von lifestylekatholik »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Hinter solchem Denken steht der kranke Originalitätsbegriff in „der Kunst“, ja das heutige Verständnis der „Kunst“ und des „Künstlers“ ist selbst schon Symptom des Siechtums.
:ja:
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Kilianus
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von Kilianus »

Ich gehe davon aus, daß mit dem Begriff "Altar" in den liturgischen Vorschriften die Mensa gemeint ist. Die ist in diesem Fall nicht umschreitbar, da sie fest mit dem deutlich breiteren Rückwand verbunden ist, auf der das Retabel ruht. Die Gesamtkonstruktion ist dann in der Tat freistehend und damit umschreitbar - so wie nahezu jeder klassische Barockaltar, der rechts und links einen Durchgang zum als Abstellraum genutzten Bereich hinter dem Altar bietet. Eine Umschreitbarkeit im liturgischen Sinn ist das aber wohl kaum. Es käme wohl niemand auf die Idee, inzensierend da hinten durchzumarschieren, wo in der Regel eine beeindruckendes Sammelsurium aus nicht benutzten Blumentöpfen, Kniebank und Kerzenvorräten untergebracht ist.

Der zusätzliche Volksaltar ist in der Galerie auf dem letzten Bild rechts unten zu sehen. Kieckste?

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Florianklaus
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von Florianklaus »

Ich habe schon reichlich Barockaltäre gesehen, deren Rückseite nicht zugänglich ist. Bei den Prämonstratensern z.B. war die Umschreitbarkeit Vorschrift, deren Barockkirchen haben daher alle einen umschreitbaren Hochaltar. Inwieweit dieser in der Liturgie tatsächlich umschritten wurde, weiß ich allerdings nicht.

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Protasius
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von Protasius »

Kilianus hat geschrieben:Ich gehe davon aus, daß mit dem Begriff "Altar" in den liturgischen Vorschriften die Mensa gemeint ist. Die ist in diesem Fall nicht umschreitbar, da sie fest mit dem deutlich breiteren Rückwand verbunden ist, auf der das Retabel ruht. Die Gesamtkonstruktion ist dann in der Tat freistehend und damit umschreitbar - so wie nahezu jeder klassische Barockaltar, der rechts und links einen Durchgang zum als Abstellraum genutzten Bereich hinter dem Altar bietet. Eine Umschreitbarkeit im liturgischen Sinn ist das aber wohl kaum. Es käme wohl niemand auf die Idee, inzensierend da hinten durchzumarschieren, wo in der Regel eine beeindruckendes Sammelsurium aus nicht benutzten Blumentöpfen, Kniebank und Kerzenvorräten untergebracht ist.

Der zusätzliche Volksaltar ist in der Galerie auf dem letzten Bild rechts unten zu sehen. Kieckste?
Er scheint recht zu haben, die beiden Seitenaltäre sind richtige Hochaltäre und vor dem Hauptaltar steht ein Tischaltar. Aber wieso haben die beiden Seitanaltäre eigentlich auch Tabernakel, wo es doch nur einen dauerhaften Ort der Aufbewahrung des Allerheiligsten pro Kirchenraum geben sollte?
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Robert Ketelhohn
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Kilianus hat geschrieben:Der zusätzliche Volksaltar ist in der Galerie auf dem letzten Bild rechts unten
zu sehen. Kieckste?
O. k., habe Brille geputzt und verstehe, was du meinst. Sieht man auch auf wei-
teren Bildern. Hatte das als Teil des Hauptaltars angesehen. Ist schlecht zu er-
kennen, scheint aber tatsächlich abgesetzt davorgestellt zu sein, sonst käme man
wohl auch schlecht an den Tabernakel heran. Zugegeben, das ist etwas merkwür-
dig und soll denn wohl die liturgische „Umschreitbarkeit“ gewährleisten.
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Robert Ketelhohn
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche III

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Protasius hat geschrieben:Aber wieso haben die beiden Seitanaltäre eigentlich auch Tabernakel, wo es doch
nur einen dauerhaften Ort der Aufbewahrung des Allerheiligsten pro Kirchenraum
geben sollte?
Nun, die können der Übertragung des Allerheiligsten dienen, oder auch zur Aus-
setzung genutzt werden, würde ich mal sagen.
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civilisation
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Re: Moderne Kirchenarchitektur III

Beitrag von civilisation »

Frankfurt Nieder-Erlenbach
Jesus Christus, der Gute Hirte






Siehe auch hier: http://www.st-jakobus-harheim.de/php/Jur/bildbo-n.htm

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