Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

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Melody
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Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von Melody »

In verschiedenen anderen Threads hat man sich immer wieder mal über die Kasuistik bei Jone lustig gemacht, und es kam dadurch in meinen Augen zu etlichen unnötigen OTs. Vielleicht könnte man dieses Thema ja mal in einem eigenen Strang erörtern.

Anlass ist für mich, dass ich, der ich selbst die 15. Auflage von 1953 habe, nun in die 17. Auflage von 1958 hineingeschaut habe, die übrigens neben dem Titel "Katholische Moraltheologie" den Untertitel trägt "auf das Leben angewandt" (weshalb ich erst dachte, es handele sich um ein anderes Buch).

Das Vorwort wurde um einen - wie mir scheint interessanten - Absatz ergänzt, den ich hiermit zitieren möchte:
Heribert Jone hat geschrieben:Es ist nicht verwunderlich, daß die Gegner der Kasuistik dem Buche auch seine kasuistische Anlage zum Vorwurf machen. Diesen Gegnern der Kasuistik gegenüber möchte ich auf die Ausführungen hinweisen, mit denen Mausbach die Kasuistik verteidigt.
Mausbach schreibt: ,,Es gibt innerhalb der Entwicklung der theologischen Literatur drei Arten von Moralbehandlung, die wissenschaftliche Methode, die aszetisch-mystische und die kasuistische Behandlung. Die letztere fußt zum Teil auf der rechtlichen Seite der kirchlichen Verpflichtungen, zum Teil auf den Bedürfnissen des Beichtstuhles...
Die eigentliche Moral wird dabei als Pflichtenlehre behandelt; der Seelsorger soll wissen, was als unumgängliche Pflicht zu fordern, was als schwere Sünde dem Bußgericht zu unterwerfen ist. Daher erklärt es sich von selbst, daß in diesen Werken der Lichtseite des christlichen Lebens, dem Streben nach Vollkommenheit, wenig Beachtung geschenkt wird...
Der Beichtvater schlägt sein Moralwerk auf, um über zweifelhafte Fälle Auskunft zu erhalten, nicht um fromme Anmutungen über die Schönheit der Tugend und Verdammungsurteile über das Laster zu lesen".
In der Anmerkung auf S. 72 fügt Mausbach noch das Urteil des protestantischen Theologen J. Werner hinzu. Dieser protestantische Theologe schreibt:
"Hier erfordert doch die Gerechtigkeit zu sagen, daß man dabei vielfach den eigentlichen Zweck jener Moraltheologien übersieht... Sie wollen im Grunde gar nicht darstellen, was sittlich recht und gut ist, sondern dem Beichtvater unter Voraussetzung vorhandener sittlicher Not seiner Beichtkinder das erforderliche Verständnis und die Beurteilung ihrer Notlage an die Hand geben."
Der Rest, der dann folgt, stand auch schon im alten Vorwort, und Jone schreibt dort, dass selbstverständlich in der katholischen Moraltheologie nicht nur Forderungen aufgestellt werden dürfen, sondern diese auch begründet werden müssen, aber dafür fehlte in seinem Buch der Platz, da es sonst seinen Hauptzweck nicht erfüllt hätte. Aus selbigem Grund musste auch eine Behandlung der Tugenden ausfallen.

Übrigens stand auch schon im alten Vorwort von 1953 der Absatz:
Gerade in unserer Zeit gibt es auch, besonders in der katholischen Aktion, genug Laien, die sich - ohne sich immer an einen Seelsorger wenden zu müssen - ein Urteil darüber bilden wollen, wie diese oder jene Tat vom katholischen Standpunkt aus zu bewerten ist. Auch ihnen will das Buch behilflich sein, sich selbst ein Urteil darüber zu bilden.
In der fünf Jahre jüngeren Ausgabe wird das nochmal im Klappentext ausdrücklich erwähnt:
"Das Werk will im einzelnen: (...) c) religiös interessierten Laien die Möglichkeit bieten, sich selbständig Aufschluß zu holen in Gewissensfragen, die immer wieder auftauchen."


Dies sei nochmal gegenüber dem immer wieder hier auftauchenden Vorwurf erwähnt, dass dieses Buch nicht in Laienhände gehöre.

Auch sei nochmals betont, dass Jone nirgendwo den Anspruch erhebt, ein unfehlbares Dogma zu sein.
Er ist (bzw. WAR) eine Hilfe für a) Beichtväter, b) Studierende und c) Laien.

"Non scholae sed vitae discimus" ist noch eine Änderung in der 17. Auflage, dieses wahre Zitat steht auf der ersten Seite... :)
(und das verstehe ausnahmsweise sogar mal ich... nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir...)


Gibt es eigentlich noch halbwegs aktuelle Werke mit ähnlicher Ausrichtung? Oder wo holen sich heutige Beichtväter Aufschluss in Einzelfragen, auf die sie ggfs. keine Antwort haben?! :achselzuck:
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Marion
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von Marion »

Melody hat geschrieben:Übrigens stand auch schon im alten Vorwort von 1953 der Absatz:
Gerade in unserer Zeit gibt es auch, besonders in der katholischen Aktion, genug Laien, die sich - ohne sich immer an einen Seelsorger wenden zu müssen - ein Urteil darüber bilden wollen, wie diese oder jene Tat vom katholischen Standpunkt aus zu bewerten ist. Auch ihnen will das Buch behilflich sein, sich selbst ein Urteil darüber zu bilden.
Danke für diese Aufklärung :daumen-rauf:

Ich kam mir nämlich schon fast etwas zu neugierig vor, wenn ich wissen wollte was Jone schreibt :D
Melody hat geschrieben:Gibt es eigentlich noch halbwegs aktuelle Werke mit ähnlicher Ausrichtung? Oder wo holen sich heutige Beichtväter Aufschluss in Einzelfragen, auf die sie ggfs. keine Antwort haben?! :achselzuck:
Auf diese Antwort bin ich sehr gespannt. Von Jone gibt es ja m. W. keine Neuauflagen, sodaß da jeder Priester so einfach rankommt.
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Marion
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von Marion »

Melody hat geschrieben:In verschiedenen anderen Threads hat man sich immer wieder mal über die Kasuistik bei Jone lustig gemacht, und es kam dadurch in meinen Augen zu etlichen unnötigen OTs.
Es gibt welche im Forum, die sich auch diese letzten Tage, seit es den Strang gibt, für unser Thema Jone interessieren :breitgrins: allerdings aber wohl keine Lust haben, ordentlich on-topic drüber zu reden :hae?:
viewtopic.php?p=591993&f=1#p591993
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Melody
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von Melody »

@Marion
Ja, das hab ich auch gesehen... :)
Jone scheint irgendwie immer nur für Witzchen herhalten zu müssen... aus mir unerfindlichen Gründen nimmt den hier keiner ernst... das ist ja grad, als ob sich innerhalb von 50 Jahren die ganze Welt verändert hätte und all das, was mal gut und richtig war, heute falsch ist... :achselzuck:
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Marion
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von Marion »

Berolinensis hat das mal treffend beschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Der völlige Zusammenbruch der Moraltheologie, der in diesem Strang zu besichtigen ist, ist bestürzend, ebenso wie die Weigerung, sich mit der Lehre der Kirche auseinanderzusetzen, um sich anstatt dessen ganz irgendwelchen unreflektierten Gefühlswallungen zu überlassen, und nicht zuletzt die typische Anmaßung des Gegenwartsmenschen, als hätten sich die Generationen vor ihm - angefangen vom hl. Augustinus - mit dieser Frage nicht beschäftigt oder wären irgendwie zu dumm oder zu herzlos gewesen, um ...
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Stefan

Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von Stefan »

Kann man den Jone noch irgendwo erwerben?
Würde sich gut machen zwischen meinem Denzinger, Schott und Hettinger.

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Melody
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von Melody »

Stefan hat geschrieben:Kann man den Jone noch irgendwo erwerben?
Antiquarisch immer wieder... Preise zwischen ca. 8,- (für "akzeptablen" Zustand) und ca. 33,- Euro...
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Stefan

Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von Stefan »

Ok, danke! (was man nicht gelesen hat, kann man auch nicht bewerten ;)

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cantus planus
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von cantus planus »

Melody hat geschrieben:@Marion
Ja, das hab ich auch gesehen... :)
Jone scheint irgendwie immer nur für Witzchen herhalten zu müssen... aus mir unerfindlichen Gründen nimmt den hier keiner ernst... das ist ja grad, als ob sich innerhalb von 50 Jahren die ganze Welt verändert hätte und all das, was mal gut und richtig war, heute falsch ist... :achselzuck:
Manchmal kommt es auch vor, dass man heute an die Zeit von vor 100 oder mehr Jahren anschließt, und das, was vor 50 Jahren aktuell war, in sich schon eine Dekadenzerscheinung war. Nur, weil etwas alt ist, ist es nicht gut. Und Jone lag nie in jedem Beichtstuhl. Das muss hier einmal in aller Deutlichkeit betont werden. Es wird hier ja der Eindruck erweckt, als sei es vor dem letzten Konzil ohne den Jone einfach nicht gegangen...
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Sempre
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von Sempre »

Das Lustige: Die heftigsten "Jone-Gegner" hier im Forum setzen Jone dann eine Privat-Kasuistik entgegen.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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cantus planus
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von cantus planus »

Die Nutzung des gesunden Menschenverstandes hat noch nie geschadet. Der Jone ist hingegen ziemlich entbehrlich.
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Raimund J.
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von Raimund J. »

cantus planus hat geschrieben:Die Nutzung des gesunden Menschenverstandes hat noch nie geschadet. Der Jone ist hingegen ziemlich entbehrlich.
Das eine hat meines Erachtens mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Es schadet doch nichts sich mal anzuschauen, welche moraltheologischen Richtlinien noch vor nicht allzulanger Zeit von der Kirche als gültig erachtet wurden. Wissen schadet nie.

Man hat ja manchmal fast den Eindruck als solle der Jone hier auf einen Index der verbotenen Bücher gesetzt werden ... ;)
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

civilisation
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von civilisation »

klugscheißmodus on
Seine Bedeutung für die katholische Lehre erwarb sich Jone durch seine beiden Hauptwerke, den Kommentar zum Codex Iuris Canonici (CIC) von 1917 und die „Katholischen Moraltheologie“ (1930). Während der Kommentar zum CIC durch die Novellierung des Gesetzbuchs 1983 an Bedeutung verloren hat, gehört das zweite Werk weiterhin zu den wichtigsten Nachschlagewerken auf seinem Gebiet.
Quelle: wikipedia

/klugscheissmodus off

:doktor: :doktor:

Der Kommentar zum (alten) CIC ist m.E. ein glanzvolles Werk, das viele Definitionen und Erklärungen beinhalte, die keineswegs an Bedeutung verloren haben. Und was das "Nachschlagewerk" betrifft, so darf man auch nicht übersehen, daß auch darin einige wichtige Sachen enthalten sind, die man auch noch heute heranziehen kann. Nicht alle §§, aber doch einiges.

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lifestylekatholik
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von lifestylekatholik »

cantus planus hat geschrieben:Manchmal kommt es auch vor, dass man heute an die Zeit von vor 100 oder mehr Jahren anschließt, und das, was vor 50 Jahren aktuell war, in sich schon eine Dekadenzerscheinung war. Nur, weil etwas alt ist, ist es nicht gut.
Das ist völlig richtig. Die Anwendung auf den Jone müsste aber dann schon irgendwie konkreter belegt werden.
cantus planus hat geschrieben:Es wird hier ja der Eindruck erweckt, als sei es vor dem letzten Konzil ohne den Jone einfach nicht gegangen...
Das ist schlicht nicht richtig. Das gibt der Gesprächsverlauf nirgends her. Vielmehr ist es gerade umgekehrt: Als ChrisCross eine konkrete Frage gestellt hatte, antworteten mehrere mit ihrer persönlichen Meinung (»gesunder Menschenverstand«). Sie kamen alle zur selben Bewertung. Melody lieferte dann noch den betreffenden Abschnitt aus dem Jone nach, der zu derselben Bewertung kam. Und plötzlich regte sich eine Handvoll Leutchen hier auf und schrie Zeter & Mordio, sprach von »Dekadenz« und sah darin einen Angriff auf den gesunden Menschenverstand.
:patsch:

Danach hat diese Handvoll Leutchen in allen möglichen anderen Strängen unmotiviert und ohne Zusammenhang mit herabwürdigenden Bemerkungen gegen den Jones Front gemacht und betrieb fast schon eine Art Mobbing gegen jene, die sich ihrer Verteufelung des Jone nicht anschließen mochten.

Meines Erachtens hat die starke emotionale Abwehrreaktion dieser Handvoll Leutchen keine rationale Basis, sondern ist rein irrational. Das hat leider zur Folge, dass diese Leutchen argumentativ nicht zu erreichen sind. Interessanterweise handelt es sich im Wesentlichen um Akademiker. Es wäre nicht uninteressant, genauer zu untersuchen, was genau bei ihnen diese emotionale Abwehrreaktion auslöst.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Senensis
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von Senensis »

Ja, genau: :patsch: Das dachte ich mir auch. Ganz Deiner Meinung.
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Melody
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Re: Kasuistik à la Jone - Pro und Contra

Beitrag von Melody »

cantus planus hat geschrieben:Und Jone lag nie in jedem Beichtstuhl. Das muss hier einmal in aller Deutlichkeit betont werden. Es wird hier ja der Eindruck erweckt, als sei es vor dem letzten Konzil ohne den Jone einfach nicht gegangen...
Das hab ich nie behauptet, aber er scheint schon ein weit verbreitetes Werk gewesen zu sein. :achselzuck:


1) Es gibt z. B. einen alten Spiegel-Artikel vom 25.09.1972 mit dem Titel "Recht auf Lust - Der katholische Moraltheologe Pfürtner wirft dem Papst vor, er zerstöre die Sittlichkeit."

Der ist irgendwie ein interessantes Zeitzeugnis, aber ich poste ihn wegen des folgenden Zitats:
Suspekt ist dem Dominikanerpater die Kirchen-Moral wegen ihrer penetranten Sexualfeindschaft, die bis in die Gegenwart wirksam ist. Als eins ihrer typischen Zeugnisse spießt Pfürtner die "Katholische Moraltheologie" von Heribert Jone auf. Das Lehrbuch (17 Auflagen, sieben Sprachen) gehört zu den einflußreichsten dieses Jahrhunderts.
( Dieser Pater Pfürtner erwähnt natürlich auch ausgerechnet die Sache mit den ehrbaren und weniger ehrbaren Körperteilen, die ja zugegebenermaßen selbst ich nicht nachvollziehen konnte.)

2) Desweiteren sagt die Kathpedia:
Es war so weit verbreitet und bekannt, daß es sogar in Graham Greenes Roman "Monsignore Quijote" als Gewissensinstanz "der Jone" auftaucht.
3) Auch in einer anderen Abhandlung wird der Jone als (Negativ-)Beispiel angeführt und als "vielbenutztes kleines Handbuch" bezeichnet.

4) Und auch hier heißt es:
(...) Ist das unkeusch?

Bis Anfang der 60er Jahre konnte man diese Frage leicht mit "Ja" beantworten. Im Zweifel hätte man im "Jone" nachgeschlagen. Pater Heribert Jones "Katholische Moraltheologie, auf das Leben angewandt“ war das Standardwerk in all diesen Fragen. 1961 erschien das erfolgreiche, in zahlreiche Sprachen übersetzte Buch in der 17. Auflage zum letzten Mal. Es war das schillerndste Zeugnis der Definitionshoheit der katholischen Kirche über die "Unkeuschheit".

Quasi jede nur denkbare Situation, in der das Laster "Unkeuschheit" um die Ecke biegen konnte, hat Pater Jone minutiös aufgelistet. Was ehrbar, was unehrbar war – Pater Jone wusste es.(...)

Heute schmunzelt man über solche Zeilen. Doch der "Jone" war zu seiner Zeit auch deshalb so erfolgreich, weil quasi alle Fragen in "punctum sextum", dem sechsten Gebot "Du sollst nicht Unzucht treiben", im Beichtstuhl besprochen wurden. Die Menschen wollten Gewissheit, ob ihr Leben im Einklang mit der kirchlichen Sexualmoral stand. Die Seelsorger hingegen waren in der Not, die jeweiligen Anfragen ad hoc gemäß dem Kirchenrecht beurteilen zu müssen. Da war der "Jone" eine nützliche Handreichung.

Doch mit Einführung der Pille und im Zuge der "sexuellen Revolution" Ende der 60er Jahre stürzte die rigide, tabuisierende Sexualmoral in massive gesellschaftliche Bedeutungslosigkeit. Heute herrscht in den westlichen Industrieländern eine Liberalität mit einer durch und durch sexualisierten Medien- und Lebenswelt, die kaum noch Tabus zu kennen scheint.

Unbefangenes Umgehen mit Sexualität scheint in unserer Gesellschaft selbstverständlich geworden. Die Ehe gilt vielen nicht mehr als die einzige Beziehungsform, in der geschlechtlicher Umgang miteinander erlaubt ist. Der Katechismus der Katholischen Kirche schreibt das zwar immer noch vor, doch nicht alle Gläubige billigen ihm in diesen Dingen Autorität zu. (...)
Damals hat es also wohl noch mehr Menschen als heute interessiert, was Sünde ist und was nicht. Heute nutzt jeder sein "Gewissen", selbst wenn dieses nicht am KKK geschult wurde...


Ich habe damals ja nicht gelebt, aber ich hab schon den Eindruck, als sei dieses Büchlein seinerzeit recht verbreitet gewesen, dies einfach mal völlig unabhängig von seiner Beurteilung... :achselzuck:
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