Verpflichtungsgrad der Aussagen des Vaticanum II

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ar26
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Verpflichtungsgrad der Aussagen des Vaticanum II

Beitrag von ar26 »

Diese Beiträge entstammen ursprünglich der Sakramentskapelle. Niels, Mod.
Taddeo hat geschrieben:Das ist ja wohl selbstverständlich. Es reicht allerdings keineswegs aus, um sich katholisch nennen zu können - und genau darin liegt wohl der Haken, den auch Bischof Fellay in seiner oben zitierten Predigt nennt. Die Professio fidei verlangt nämlich - genauso selbstverständlich - auch eine Zustimmung und Gehorsam zum Lehramt auch hinsichtlich der NICHT feierlich dogmatisierten Aussagen.
Damit geht sie dann aber über die Forderungen des allgemeinen Kirchenrechtes hinaus, sehe ich das richtig?
Canon 752 CIC hat geschrieben:Nicht Glaubenszustimmung, wohl aber religiöser Verstandes und Willensgehorsam ist einer Lehre entgegenzubringen, die der Papst oder das Bischofskollegium in Glaubens- oder Sittenfragen verkündigen, wann immer sie ihr authentisches Lehramt ausüben, auch wenn sie diese Lehre nicht definitiv als verpflichtend zu verkünden beabsichtigen; die Gläubigen müssen also sorgsam meiden, was ihr nicht entspricht.
Auf meine auch hier schon häufiger gestellte Frage, was das genau heißt, konnte mir bislang leider niemand eine vernünftige Antwort geben. Aus der systematischen Auslegung des Gesetzes kann ich nur ersehen, daß ich die Aussagen des Vaticanum II nicht wie ein Dogma (Can 750) glauben muss; muss ich sie gewissermaßen nur gehorsam ertragen? Muss ich sie aber glauben, wenn ich die Hl. Weihen anstrebe?
...bis nach allem Kampf und Streit wir dich schaun in Ewigkeit!

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taddeo
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von taddeo »

ar26 hat geschrieben:
Taddeo hat geschrieben:Das ist ja wohl selbstverständlich. Es reicht allerdings keineswegs aus, um sich katholisch nennen zu können - und genau darin liegt wohl der Haken, den auch Bischof Fellay in seiner oben zitierten Predigt nennt. Die Professio fidei verlangt nämlich - genauso selbstverständlich - auch eine Zustimmung und Gehorsam zum Lehramt auch hinsichtlich der NICHT feierlich dogmatisierten Aussagen.
Damit geht sie dann aber über die Forderungen des allgemeinen Kirchenrechtes hinaus, sehe ich das richtig?
Canon 752 CIC hat geschrieben:Nicht Glaubenszustimmung, wohl aber religiöser Verstandes und Willensgehorsam ist einer Lehre entgegenzubringen, die der Papst oder das Bischofskollegium in Glaubens- oder Sittenfragen verkündigen, wann immer sie ihr authentisches Lehramt ausüben, auch wenn sie diese Lehre nicht definitiv als verpflichtend zu verkünden beabsichtigen; die Gläubigen müssen also sorgsam meiden, was ihr nicht entspricht.
Auf meine auch hier schon häufiger gestellte Frage, was das genau heißt, konnte mir bislang leider niemand eine vernünftige Antwort geben. Aus der systematischen Auslegung des Gesetzes kann ich nur ersehen, daß ich die Aussagen des Vaticanum II nicht wie ein Dogma (Can 750) glauben muss; muss ich sie gewissermaßen nur gehorsam ertragen? Muss ich sie aber glauben, wenn ich die Hl. Weihen anstrebe?
Nein, die Professio fidei entspricht genau diesem Canon und geht nicht darüber hinaus. Du mußt die nicht feierlich dogmatisierten Lehren der Kirche immer mit religiösem Gehorsam annehmen; wenn Du die Weihen anstrebst oder auch sonst ein höheres Amt in der Kirche, wirst Du nur ausdrücklich darauf verpflichtet - ansonsten gilt die Bindung im Gewissen.

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Pelikan
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Pelikan »

Darüber hinaus gibt es aber auch definitive Lehrsätze, die durch einen nicht-definitiven Akt verkündet worden sind, aber dennoch nicht nur befolgt, sondern auch geglaubt werden müssen. Um diese Lücke zu schließen hat Johannes Paul II. mit seinem Brief motu proprio Ad Tuendam Fidem, der die Professio Fidei verpflichtend vorschrieb, dem can. 750 einen §2 hinzugefügt.

Aussagen des II. Vatikanums können auch unter diesen Absatz fallen. Dann müssen sie geglaubt werden.

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ottaviani
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von ottaviani »

dann steht man eben vor der Frage we irrt die Päpste vor dem Konzil oder Paul VI und seine Nachfolger die sog Hermeneuthik der Kontinuität ist durch nichts zu beklegen und ein verzweofelter Versuch etwas herbei zu reden was nicht existiert

iustus
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von iustus »

ottaviani hat geschrieben:dann steht man eben vor der Frage wer irrt
In welcher Frage?
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

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Libertas Ecclesiae
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Libertas Ecclesiae »

Pelikan hat geschrieben:Darüber hinaus gibt es aber auch definitive Lehrsätze, die durch einen nicht-definitiven Akt verkündet worden sind, aber dennoch nicht nur befolgt, sondern auch geglaubt werden müssen. Um diese Lücke zu schließen hat Johannes Paul II. mit seinem Brief motu proprio Ad Tuendam Fidem, der die Professio Fidei verpflichtend vorschrieb, dem can. 750 einen §2 hinzugefügt.

Aussagen des II. Vatikanums können auch unter diesen Absatz fallen. Dann müssen sie geglaubt werden.
Welche Aussagen des II. Vatikanums?

Und was ist mit religiösem Gehorsam des Verstandes und des Willens inhaltlich gemeint? Nehmen wir zum Beispiel das Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils über die sozialen Kommunikationsmittel "Inter mirifica". Welche "Lehre" dieses Konzilsdekrets muss ich als Katholik mit Verstandes- und Willensgehorsam annehmen? Und wieso eigentlich? Darf ich nicht katholisch sein, wenn ich dieser "Lehre" nicht folge? Das Dekret enthält doch keine dogmtisch relevanten Aussagen.
:hmm:
„Die letzte Messe ist noch nicht gelesen.“
(Jelena Tschudinowa)

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ottaviani
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von ottaviani »

iustus hat geschrieben:
ottaviani hat geschrieben:dann steht man eben vor der Frage wer irrt
In welcher Frage?
bei dem was uns als "ordentliches Lehramt "
seit dem Konzil verkauft werden soll

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Pelikan
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Pelikan »

Libertas Ecclesiae hat geschrieben:
Pelikan hat geschrieben:Aussagen des II. Vatikanums können auch unter diesen Absatz fallen. Dann müssen sie geglaubt werden.
Welche Aussagen des II. Vatikanums?
Diejenigen, die das kirchliche Lehramt durch Art und Weise ihrer Vorlage als solche verstanden wissen will. Es veröffentlicht keine erschöpfenden Listen.
Und was ist mit religiösem Gehorsam des Verstandes und des Willens inhaltlich gemeint?
Äußerliche Zustimmung, mindestens aber die Unterlassung innerlicher Ablehnung und öffentlicher Kritik.

Über den richtigen Umgang mit Zweifeln an reformablen Lehraussagen hat sich auch die Glaubenskongregation geäußert: Donum Veritatis, 24-31.
Daraus:
Auch wenn die Glaubenslehre nicht gefährdet ist, wird der Theologe seine abweichenden Meinungen oder Hypothesen nicht so vortragen, als ob es um undiskutable Schlußfolgerungen ginge. [...] Ebensowenig ist das Urteil des eigenen subjektiven Gewissens des Theologen ausreichend, weil dieses keine autonome und exklusive Instanz ist, um über die Wahrheit einer Lehre zu urteilen.

Auf keinen Fall darf dabei die Grundhaltung einer Bereitschaft leiden, die Lehre des Lehramtes loyal anzunehmen, denn dazu ist jeder Gläubige aufgrund seines Glaubensgehorsams verpflichtet. Daher wird sich der Theologe bemühen, diese Lehre nach ihrem Inhalt, ihren Gründen und Motiven zu verstehen, und er wird darauf seine tiefere und geduldige Reflexion richten in der Bereitschaft, seine eigenen Ansichten zu überdenken und die Einwände zu prüfen, die ihm etwa von seinen Kollegen vorgetragen werden. [...]

Der Theologe wird in diesen Fällen nicht auf die Massenmedien zurückgreifen, sondern vielmehr die verantwortliche Autorität ansprechen, denn durch das Ausüben von Druck auf die öffentliche Meinung kann man nicht zur Klärung von lehrhaften Problemen beitragen und der Wahrheit dienen.

Es kann ferner vorkommen, daß die Schwierigkeit nach Abschluß einer ernsthaften Prüfung in der Bereitschaft, ohne inneren Widerstand gegen den Spruch des Lehramtes zu hören, bestehen bleibt, weil dem Theologen die Gegengründe zu überwiegen scheinen. Er muß dann angesichts einer Zustimmung, die er nicht geben kann, bereit bleiben, die Frage gründlicher zu studieren.

Für eine loyale Einstellung, hinter der die Liebe zur Kirche steht, kann eine solche Situation gewiß eine schwere Prüfung bedeuten. Sie kann ein Aufruf zu schweigendem und betendem Leiden in der Gewißheit sein, daß, wenn es wirklich um die Wahrheit geht, diese sich notwendig am Ende durchsetzt.
---
Nehmen wir zum Beispiel das Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils über die sozialen Kommunikationsmittel "Inter mirifica". Welche "Lehre" dieses Konzilsdekrets muss ich als Katholik mit Verstandes- und Willensgehorsam annehmen?
Alle.
Und wieso eigentlich?
Weil die Kirche lehrt, daß du mußt, und dies mit wesentlich größerem Nachdruck als über soziale Kommunikationsmittel.

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Sempre
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Sempre »

Pelikan hat geschrieben:
Und was ist mit religiösem Gehorsam des Verstandes und des Willens inhaltlich gemeint?
Äußerliche Zustimmung, mindestens aber die Unterlassung innerlicher Ablehnung und öffentlicher Kritik.
Nachdem der Hl. Stuhl am 14. September 2011 erklärt hat, dass die Texte des Vatikanum II. sowie des folgenden Lehramts Begriffe und Formulierungen verwenden, die unklar und diskutabel sind, kann vernünftigerweise überhaupt nicht verlangt werden, dass man solchen Lehren in welcher Art und Weise auch immer folgt, denn es handelt sich gar nicht um Lehren. Was keine klare und eindeutige Bedeutung hat, ist weder zutreffend noch nicht zutreffend. Man kann nicht sinnvollerweise zustimmen, weder innerlich noch ungeheuchelt äußerlich. Man kann nicht einmal blind dem Lehramt vertrauen, dass es wohl Zutreffendes lehre, da das Lehramt selbst sagt, dass es die Bedeutung der Lehren nicht kennt.

Ein Lehramt, das religiösen Gehorsam des Verstandes und des Willens für "Lehren" verlangt, deren Bedeutung nicht feststeht, kann gar nicht ernstgenommen werden.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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taddeo
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von taddeo »

Hast Du das Posting als Textbaustein im PC? :hmm:
Irgendwie kommt mir das so bekannt vor. :achselzuck:

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ar26
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von ar26 »

@ Pelikan
Danke für Deinen Hinweis auf Donum Veritatis. Das scheint bislang der einzige praktische Beitrag zur Antwort auf meine Frage zu sein. Ich werde mir das Dokument am WE mal näher anschauen.

Indes halte ich Deine Schlussfolgerungen nicht für ganz nachvollziehbar. Äußerliche Zustimmung bei fehlender (und nicht geschuldeter) innerlicher Zustimmung wäre Lug und Heuchelei, was das Lehramt schon mit Hinblick auf das achte Gebot nicht fordert.

Im übrigen dürfte sehr wohl eine Verpflichtung des Lehramtes bestehen, Glaubensinhalte so darzulegen, daß dem Adressaten klar ist, was er zu glauben hat. Dies taten die Katechismen ja früher auch.

@ Taddeo
Was heißt mit religiösem Gehorsam annehmen im Verhältnis zur verbindlicheren Glaubenszustimmung? Mir ist klar, daß ich z. Bsp. die Jungfrauengeburt für wahr halten muss, es ist nicht gestattet, hieran freiwillig zu zweifeln. Religiöser Gehorsam verlangt aber wohl weniger, sonst sähe das Gesetz keine Abstufung vor. Ich hatte ehrlich gesagt gehofft, daß Du als ausgebildeter Kanonist hierzu etwas sagen kannst.
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Sempre
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Re: FSSPX: Aussöhnung mit dem Vatikan

Beitrag von Sempre »

@ar26
Ludwig Ott, Grundriß der Dogmatik, Einleitung in die Dogmatik, §8 Die theologischen Gewissheitsgrade hat geschrieben:[...] gleichwohl sind sie mit einer aus dem Beweggrund des Gehorsams gegen die kirchliche Lehrautorität hervorgehenden inneren Zustimmung (assensus religiosus) anzunehmen. Das sog. silentium obsequiosum, d.h. das ehrfürchtige Schweigen, genügt im allgemeinen nicht. Ausnahmsweise kann die Pflicht der inneren Zustimmung aufhören, wenn ein kompetenter Beurteiler nach erneuter gewissenhafter Prüfung aller Gründe zur sicheren Überzeugung gelangt, dass die Entscheidung auf einem Irrtum beruht. Vgl. DH 2880, 3408, 3503.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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