Pharisäer und Schriftgelehrte

Allgemein Katholisches.

Pharisäer und Schriftgelehrte: sind auch Kirchenvertreter gemeint?

Ja, ganz bestimmt
6
38%
Nein, ist ein jüdisches Problem
2
13%
Manchmal
8
50%
Weiß nicht
0
Keine Stimmen
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 16

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Julia Wolf
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Pharisäer und Schriftgelehrte

Beitrag von Julia Wolf »

Seht Ihr die Erzählungen der Bibel, die von den Pharisäern und Schriftgelehrten handeln, auch als notwendige Warnung für Kirchenvertreter, Theologen und sonstige gebildete Gläubige an, oder nicht?
Nur der Schwache wappnet sich mit Härte.
Wahre Stärke kann sich Toleranz, Verständnis und Güte leisten.
T. Boesche-Zacharow

Biggi
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Beitrag von Biggi »

Die Fragestellung finde ich gefährlich, denn sie lenkt vom eigentlichen Problem ab, nämlich dass wir alle, auch du und ich, in uns Haltungen von "Pharisäern und Schriftgelehrten" haben, und dass Jesus uns dazu aufruft, sie zu erkennen und zu bekämpfen.
Da "Vertreter der Kirche" auch Menschen wie du und ich sind, unterliegen sie selbstverständlich auch dieser Gefahr. Aber es ist kein Problem "der anderen"...
Deshalb meinerseits: Stimmenthaltung!

LG
Biggi

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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Die Haltung der Pharisäer drückt sich am deutlichsten im Gebet eines ihrer Vertreter im Tempel aus: "Herr, ich danke Dir, dass ich nicht so bin wie jener ...".

Diese Haltung, die Haltung des auf andere gerichteten spitzen Fingers, der sich auf andere konzentriert, sich aber nicht zur Faust ballt und an die eigene Brust klopft - "Herr, sei mir armen Sünder gnädig" - fand ich bei "konservativen" Gläubigen, bei "liberalen" Gläubigen, bei Laien wie Priestern, auch bei Ungäubigen sah ich sie und - shocking! - auch bei mir?! Es ließe sich vielleicht auch fragen, ob nicht auch diese Umfrage etwas von dieser Haltung an sich hat?

Ich habe nicht abgestimmt. Schließlich bin ich kein Pharisäer ... ups! Jetzt bin ich's doch :kratz:
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

Biggi
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Beitrag von Biggi »

Erich Dumfarth hat geschrieben:Diese Haltung, die Haltung des auf andere gerichteten spitzen Fingers...
...die nicht bemerkt, dass dabei im Normalfall 3 Finger auf einen selbst zeigen...

LG
Biggi

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Erich Dumfarth hat geschrieben:Ich habe nicht abgestimmt. Schließlich bin ich kein Pharisäer ... ups! Jetzt bin ich's doch :kratz:
Ja, das ist die Dialektik von Wahrheit und Interresse.
Es gibt (in der Welt) keine Wahrheit, die nicht auch ein Interesse enthält und kein reines Interesse, das nicht auch etwas Wahrheit enthält.

So ist bei jeder Rede nicht nur die Frage zu stellen: Verkünde ich eine Wahrheit?, sondern auch: Mit welchem Interesse verkündige ich sie?

Aus dieser Zwickmühle kommt man nicht raus, und indem ich dies schreibe, befinde ich mich mitten in ihr.

Schön ausgearbeitet ist diese Frage und das Problem in dem Buch: D. Hattrup: Die Wirklichkeitsfalle. Am Ende des Buches gibt der Autor Auskunft darüber, wie er dazu kam, über das Problem zu schreiben.
Als katholischer Priester verrichte ich in einem kleinen Dorf bei Paderborn in Westfalen einige wenige Dieste, das heißt ich feiere dort jeden Tag die hl. Messe, sonntags wie werktags. Gelegentlich lade ich in einem persönlichen Gespäch dazu ein oder ermahne Einzelne auch an die Berufung des Christen, Gott im öffentlichen Gottesdienst die Ehre zu geben. In diesem Sinne redete ich auch vor einigen Jahren zu meinem Nachbarn. Dieser erwiderte abweisend, nein, er wolle nicht. Er hätte vor Jahrzehnten eine Frau gekannt, die wäre jeden Tag in die Messe gerannt, aber wie hat die nicht den Mund über die Leute aufgerissen! Nein, seitdem will er nicht mehr in die Messe gehen. Ich feiere doch auch jeden Tag die Messe, habe ich wohl erwidert, und ich reiße doch auch nicht so den Mund über andere Leute auf. Ja, aber Sie werden auch dafür bezahlt, Sie müssen ja, war die prompte Antwort.
Das hat mir die Sprache verschlagen. Ich wollte noch etwas erwidern, habe aber den schon halb geöffneten Mund wieder geschlossen. Ich wünschte einen Guten Tag und empfahl mich. Ich war verblüfft, denn ich mußte dieser platten, banalen, geistlosen Alltagsrede recht geben, recht gegen mich selbst. Jetzt, im Augenblick, hatte ich wirklich ein Interesse an dem Besuch der hl. Messe, am Wohlergehen der Kirche überhaupt. Und diese Seite meines Lebens hat der gedankenlose Mensch kalt unter Verdacht genommen. Ich werde zwar nicht direkt für den Gottesdienst bezahlt, aber indirekt über die Lebendigkeit der Kirche doch. Außerdem liebe ich die Atmosphäre einer gut gefüllten Kirche, hatte also auch von der Seite des Gefühls ein Interesse vertreten.
Warum stand ich plötzlich auf der Gegenseite? Wieso war ich dort angekommen, wo ich gar nicht hin wollte? Hatte ich mich früher nicht ganz anders entschieden? Nicht meinem Interesse sollte die Messe dienen, sie sollte mich gerade aus der Welt der Interessen befreien. Erlösung durch das Opfer des Ich! Und auch theologisch kann der Sinn der hl. Messe - nicht nur, aber eben auch - im Opfer gesehen werden, zuerst im Opfer Christi, dann im Opfer der Kirche, dann in meinem Opfer. Durch die Teilnahme von Priester und Gläubigen am Opfer Christi werden dann im Mahl die Mittel zum Leben bereit gestellt. War einfach durch den Ablauf der Jahre aus dem Opfer ein Interesse geworden? Hier tat sich ein Abgrund auf, in den das Leben zu versinken drohte, besser gesagt, in den ich selbst abzurutschen drohte. Aber ich spürte, es war auch eine Tiefe, aus der das Leben ans Licht drängte. Einem grenzenlosen Urgrund entsteigen, im Joche festgezurrt, Wahrheit und Interesse in die begrenze Welt auf.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Biggi hat geschrieben:Die Fragestellung finde ich gefährlich, denn sie lenkt vom eigentlichen Problem ab, nämlich dass wir alle, auch du und ich, in uns Haltungen von "Pharisäern und Schriftgelehrten" haben, und dass Jesus uns dazu aufruft, sie zu erkennen und zu bekämpfen.
Da "Vertreter der Kirche" auch Menschen wie du und ich sind, unterliegen sie selbstverständlich auch dieser Gefahr. Aber es ist kein Problem "der anderen"...
Deshalb meinerseits: Stimmenthaltung!

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rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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otto
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Beitrag von otto »

Biggi hat geschrieben:Die Fragestellung finde ich gefährlich, denn sie lenkt vom eigentlichen Problem ab, nämlich dass wir alle, auch du und ich, in uns Haltungen von "Pharisäern und Schriftgelehrten" haben, und dass Jesus uns dazu aufruft, sie zu erkennen und zu bekämpfen.
Da "Vertreter der Kirche" auch Menschen wie du und ich sind, unterliegen sie selbstverständlich auch dieser Gefahr. Aber es ist kein Problem "der anderen"...
Deshalb meinerseits: Stimmenthaltung!

LG
Biggi
Ja Biggi eine sehr gute und punktgenaue Analyse.


Das Evangelium nach Matthäus, Kapitel 7
Vom Richten

1 Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!
2 Denn wie ihr richtet, so werdet ihr gerichtet werden, und nach dem Maß, mit dem ihr meßt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden.
3 Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?
4 Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen! - und dabei steckt in deinem Auge ein Balken?
5 Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen.

Erich Dumfarth hat geschrieben: Die Haltung der Pharisäer drückt sich am deutlichsten im Gebet eines ihrer Vertreter im Tempel aus: "Herr, ich danke Dir, dass ich nicht so bin wie jener ...".
Ja Erich Jesus erinnert uns daran nicht zu richten, auch nicht über jene die sich von IHM abgewandt haben.



Das Evangelium nach Matthäus, Kapitel 13

Das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen

24 Und Jesus erzählte ihnen noch ein anderes Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte.
25 Während nun die Leute schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen und ging wieder weg.
26 Als die Saat aufging und sich die Ähren bildeten, kam auch das Unkraut zum Vorschein.
27 Da gingen die Knechte zu dem Gutsherrn und sagten: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut?
28 Er antwortete: Das hat ein Feind von mir getan. Da sagten die Knechte zu ihm: Sollen wir gehen und es ausreißen?
29 Er entgegnete: Nein, sonst reißt ihr zusammen mit dem Unkraut auch den Weizen aus.
30 Lasst beides wachsen bis zur Ernte. Wenn dann die Zeit der Ernte da ist, werde ich den Arbeitern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheune.

....

Die Deutung des Gleichnisses vom Unkraut

36 Dann verließ er die Menge und ging nach Hause. Und seine Jünger kamen zu ihm und sagten: Erkläre uns das Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker.
37 Er antwortete: Der Mann, der den guten Samen sät, ist der Menschensohn;
38 der Acker ist die Welt; der gute Samen, das sind die Söhne des Reiches; das Unkraut sind die Söhne des Bösen;
39 der Feind, der es gesät hat, ist der Teufel; die Ernte ist das Ende der Welt; die Arbeiter bei dieser Ernte sind die Engel.
40 Wie nun das Unkraut aufgesammelt und im Feuer verbrannt wird, so wird es auch am Ende der Welt sein:
41 Der Menschensohn wird seine Engel aussenden und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben,
42 und werden sie in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt. Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen.
43 Dann werden die Gerechten im Reich ihres Vaters wie die Sonne leuchten. Wer Ohren hat, der höre!



Das Evangelium nach Lukas, Kapitel 13

Von der engen und von der verschlossenen Tür

22 Auf seinem Weg nach Jerusalem zog er von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und lehrte.
23 Da fragte ihn einer: Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden? Er sagte zu ihnen:
24 Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.
25 Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt, dann steht ihr draußen, klopft an die Tür und ruft: Herr, mach uns auf! Er aber wird euch antworten: Ich weiß nicht, woher ihr seid.
26 Dann werdet ihr sagen: Wir haben doch mit dir gegessen und getrunken und du hast auf unseren Straßen gelehrt.
27 Er aber wird erwidern: Ich sage euch, ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle Unrecht getan!
28 Da werdet ihr heulen und mit den Zähnen knirschen, wenn ihr seht, dass Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sind, ihr selbst aber ausgeschlossen seid.
29 Und man wird von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen.
30 Dann werden manche von den Letzten die Ersten sein und manche von den Ersten die Letzten.


Ich weiß sehr viel Evangelium, aber dort stehen alle Antworten auf unsere Fragen darum zitiere ich sehr gerne aus ihm.
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

Edith
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Beitrag von Edith »

Ich würde gerne mit "Nein" abstimmen,
aber da bei der Auswahl steht "nein, ist ein jüdisches Problem"

kann ich so nicht abstimmen.
Überheblichkeit ist keine Problem einer Berufsgruppe, und auch nicht eines Volkes.

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Ich sehe drei Ebenen in den Vergleichen mit Pharisäern und Schriftgelehrten.
Zwei davon gehen mich etwas an:

Die innere Überheblichkeit, besonders deutlich beim Gleichnis vom Opferstock (kenne ich gut).
Die äußere geäußerte Überheblichkeit: ich weiß es besser (könnte des öfteren auf mich zutreffen).

Aber dann gibt es noch eine dritte Ebene:

Das ist die Ebene des Machtmißbrauchs. Die Pharisäer und Schriftgelehrten haben Macht und benutzen sie. Und wenn ich die Texte zu diesem Thema im NT lese, dann denke ich schon, dass es da sehr deutliche Hinweise auf religiösen Machtmißbrauch kraft des Amtes gibt. Und dass es darum geht, nicht an den Gesetzen zu kleben, sondern mit dem Herzen zu entscheiden, auch in einer amtlichen Machtposition.
Nur der Schwache wappnet sich mit Härte.
Wahre Stärke kann sich Toleranz, Verständnis und Güte leisten.
T. Boesche-Zacharow

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Als Antwort auf Margaretes Beitrag (weiß nicht, ob inzwischen jemand davor ist).


Ich weiß, dass die Schriftgelehrten nicht lauter blöde, perfide Menschen waren. Es waren gelehrte und um ihre Religion besorgte Männer.

Und dennoch oder gerade deswegen waren sie es, die:

"Um die gleiche Zeit versammelten sich die Hohenpriester und die ältesten des Volkes im Palast des Hohenpriesters, der Kajaphas hieß, und beschlossen, Jesus mit List in ihre Gewalt zu bringen und ihn zu töten." Matthäus 26,4)

"Die Hohepriester und Schriftgelehrten suchten nach einer Möglichkeit, Jesus mit List in ihre Gewalt zu bringen, um ihn zu töten." (Markus 14,1)

"Die Schriftgelehrten und die Pahrisäer gaben acht, ob er am Sabbat heilen werde; sie suchten nämlich einen Grund zur Anklage gegen ihn....Er tat es, und seine Hand war gesund. Da wurden sie von sinnloser Wut erfüllt und berieten, was sie gegen Jesus unternehmen könnten." (Lukas 6,7-11)

"Und die Hohenpriester und die Schriftgelehrten suchten nach einer Möglichkeit, Jesus (unauffällig) zu beseitigen; denn sie fürchteten sich vor dem Volk." (Lukas 22,2)

"Pilatus rief die Hohenpriester und die anderen führenden Männer und das Volk zusammen und sagte zu ihnen: Ihr habt mir diesen Menschen hergebracht und behauptet, er wiegle das Volk auf. ...Sie aber schrieen und forderten immer lauter, er solle Jesus kreuzigen lassen, und mit ihrem Geschrei setzten sie sich durch" (Lukas 23,13-23)

"Kajaphas, der in jenem Jahr Hoherpriester war. Kajaphas aber war es, der den Juden den Rat gegeben hatte: Es ist besser, dass ein einziger Mensch für das Volk stirbt." (Johannes 18,13-14)

"Pilatus aber sagte zu ihnen: Euren König soll ich kreuzigen? Die Hohenpriester antworteten: Wir haben keinen König außer dem Kaiser. Da lieferte er ihnen Jesus aus, damit er gekreuzigt würde." (Johannes 19,15-16)


Und ER wußte um die Gefährlichkeit:

"Warum begreift ihr denn nicht, dass ich nicht von Brot gesprochen habe, als ich zu euch sagte: Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer? Da verstanden sie, dass er nicht gemeint hatte, sie sollten sich vor dem Sauerteig hüten, mit dem man Brot backt, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer." (Matthäus 16,11-12)


Es waren weder die Sünder, noch fanatische Irre und Chaoten, es waren nicht die politischen Mächte und es waren nicht die römischen Herren, es war auch erst später das Volk. Es waren Pharisäer, Saddzäer, Schriftgelehrte, Hohepriester - alle wahrscheinlich wirklich besorgt um die Lehre.
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T. Boesche-Zacharow

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Danke, eine gute, übersichtliche Zusammenfassung.

Mir geht es übrigens nicht um eine Verteufelung der Pharisäer, Schriftgelehrten oder der kirchlichen Amtsträger, mir geht es nur darum, zu erkennen, dass Amt vor Irrtum nicht schützt.

Und Irrtum verbunden mit Macht ist gefährlich.
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T. Boesche-Zacharow

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Zu des Herrn Anklage der Pharisäer und Schriftgelehrten:
Hl. Maximos Confessor hat geschrieben:Das sagst Du über uns, Herr... Und das, was unser Herr im Zorn über die Pharisäer sagte, beziehe ich auf uns, die heutigen Heuchler. Stellen denn nicht wir schwere Bürden zusammen, legen sie auf die Schultern der Menschen, selbst aber wollen wir sie nicht anrühren? Vollbringen wir denn nicht all unsere Taten, um uns vor den Leuten zu zeigen? Sitzen wir denn nicht gern an vorderster Stelle an den Tafeln und bei Versammlungen...? Haben wir nicht den Schlüssel der Führung an uns genommen und verschließen damit das Himmelreich vor Menschen, statt selbst einzutreten und sie eintreten zu lassen? ... Sind wir denn nicht jene blinden Führer, die eine Mücke herausfiltern, aber ein Kamel verschlingen? ... Sind es nicht wir, die wir Grabsteine über den Gräbern bauen und die die Ruhestätten der Apostel schmücken, selbst aber sind wir wie deren Mörder?"
(Leider kann ich derzeit nicht die genaue Quellenangabe dazu liefern.)

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Überhaupt lohnt es sich zu erwähnen, daß es in der Geschichte der apostolischen Kirche nie eine Zeit gab, die sich selbst für "golden" hielt. Nur ein paar Beispiele:
  • 2. Jahrhundert: "Ich spreche zu euch, die ihr in der Kirche Führer seid und ihr vorsitzt: seid nicht wie Bösewichter. Bösewichter tragen ihr Gift wenigstens in Gefäßen, ihr aber tragt eure Pest und euer Gift im Herzen..." (Hl. Clemens von Rom)
  • 3. Jahrhundert: "In den Priestern vermißt man wahre Frömmigkeit, in den Dienern den reinen Glauben, in den Taten die Gutherzigkeit und in der Moral die guten Sitten." (Hl. Kyprian von Karthago)
  • 4. Jahrhundert: "Die Christen zerstören das Christus gehörende schlimmer als deren Feinde und Barbaren." (Hl. Johannes Chrysostomos)
    "Die Kirchen sind fast im gleichen Zustand wie mein Leib: es gibt keine gute Hoffnung: die Dinge neigen sich beständig zum Üblen" und "Die Liebe ist erkaltet, die Lehre der Väter wird zerstreut, häufige Krisen des Glaubens, und es schweigen die Münder der Frommen." (Hl. Basileos d. Große)
  • 5. Jahrhundert: "Einer fragte den Ältesten: Wieso bemühen sich manche in den Städten und bekommen nicht die Gnade, wie die Vorfahren? Sprach der Älteste zu ihm: damals gab es die Liebe, und jeder teilte seines Nächsten Leid, aber jetzt, wo die Liebe erkaltet ist, reißt jeder seinen Nächsten mit herunter, und deswegen empfangen wir keine Gnade mehr." (aus dem "Alten Paterikon")
  • 6. Jahrhundert: "Unsere Väter haben bis zum Tode Enthaltsamkeit und Armut praktiziert, wir aber vergrößern nur unsere Bäuche und Geldbörsen." (Abba Athanasios)
  • 8. Jahrhundert: "Die jetzige Zeit ist völlig amoralisch geworden und ganz angefüllt von Selbsterhöhung und Heuchelei..." (Hl. Johannes Klimakos)
Das kann man ohne Probleme bis ins 20. Jahrhundert fortführen. Die Kirche hat immer ihre Unwürdigkeit bekannt und darüber geweint, und eben das Weinen ihrer Heiligen über die Sünden war das beste Anzeichen für ihre immer noch vorhandene geistliche Gesundheit. "Solche Gedanken verlassen mich weder bei Tag noch bei Nacht, trocknen mir das Hirn, mergeln meinen Leib aus, rauben mir den Sinn und gestatten es mir nicht, mit gehobenem Blick zu wandeln. Es demütigt mir das Herz, legt meinem Mund Zügel an und läßt mich nicht über die Führer nachdenken, nicht über die Besserung anderer, sondern darüber, wie ich selbst wenigstens ein wenig von dem Rost meiner Missetaten beseitigen kann." (Hl. Gregorios Theologos). (Sämtliche Zitate nach: Kuraev, A., "Über unsere Niederlage", Kap. "Auf der Suche nach dem Goldenen Zeitalter")

beth
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Beitrag von beth »

Hier ein Klärungsversuch, um die „Pharisäer“ (hebrä.: Peruschim - Abgesonderte) aus dem allgemeinen (christlichen) Negativimage zu lösen.

Die Pharisäer waren eine religiös-politische Gruppierung, die in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. entstand und ursprünglich aus der Richtung der „Frommen”, der Chassidim, hervorging, eine Sammelbezeichnung für die zu allen Zeiten verehrten jüdischen Weisen der talmudischen Zeit. Die Bezeichnung Die Pharisäer widersetzten sich allen griechischen und anderen fremden Kultureinflüssen. Im Gegensatz zu den Sadduzäern, die sich von ihnen in ihrer politischen und auch in ihrer religiöser Zielsetzung unterschieden, verlangten die Pharisäer, dass der Staat allein vom göttlichen Gesetz bestimmt und an diesem gemessen werden sollte.

Um eine erweiterte Sicht zu bekommen, ist ein Blick in den Talmud hilfreich. Schon der jerusalemer Talmud benennt sieben Sorten von Pharisäern. Die Kritik Jesu an (einzelnen) Pharisäern stimmt mit der dortigen Kritik überein. Jesus hat Auswüchse pharisäischen Lebensstils kritisiert, niemals aber die Pharisäer pauschal als Gruppe.
Jesus stand keiner der Gruppierungen des damaligen Judentums inhaltlich so nahe wie gerade den Pharisäern (von den meisten Theologen wird er dieser Gruppierung zugeordnet). Gruppierungen des Judentums gab es zu jener Zeit ja mehrere wie eben die Sadduzäer (jüdische Aristokratie, Thora als alleiniges Maß), Zeloten (waren radikale, militante Gegner der röm. Besatzungsmacht), Essäer (Gütergemeinschaft, strenge Askese) und andere.

Nach der Zerstörung des Tempels durch die Römer im Jahre 70 waren es die Pharisäer, welche die jüdische Tradition bewahrten, weitergaben und auf die Notwendigkeit hinwiesen, dass sie in jeder Epoche neu interpretiert werden muss und so eine Erstarrung in geronnene und leblose Traditionen verhindert wird. Unter den vielen damals vertretenen jüdischen Gruppierungen hat das rabbinische (pharisäische) Judentum die jüdische Tradition als Einzige während der fast zweitausendjährigen Zerstreuung überlebt und bis heute weitergetragen.

Ecce Homo
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Re: Pharisäer und Schriftgelehrte

Beitrag von Ecce Homo »

Sorry, wenn ich diesen sehr alten Thread reaktiviere...
aber es gab da heute ein Gespräch, wo ich echt noch total unsicher bin, wie ich das nehmen soll.
Hab mich mit einer guten Freundin, die auch täglich in die Messe geht, aber manche Sachen (wie z.B. unterschiedlichste liturgische Missbräuche oder so was) "lockerer" sieht, unterhalten - hier übers Dekanat und die Leute und so.
Sagen wir´s ehrlich: Ich leider darunter, dass ich hier kaum eine Messe finde, die einfach "normal" gefeiert wird - und hab das gesagt.
Sie meinte daraufhin, dass es aber gar nicht um diese Regeln ginge, sondern um das Leben dahinter und darum kommt es darauf nicht an, ob sich einer ans Messbuch oder so hält. UNd es geht doch um die Menschen, und die sollen das einfach mitmachen und nicht ständig drauf rumhacken, dass es eigentlich anders sein sollte. Weil das "Leben" sei, auf das es ankomme.
Die Liturgie mit ihren Regeln an sich sei nebensächlich.
Und vor Gott zähle das eh so nicht und de facto hat sich die KIrche vor Ort weiterentwickelt als die Regeln es sind - und da schaffe eben das Volk die Gesetze vor Ort.

Und Leute wie ich seien darum eigentlich Pharisäer, denn denen geht es nur um Regeln, aber nicht ums Herz dahinter...

Bitte, was denkt ihr darüber???? Was ist dran?
:hae?:
User inaktiv seit dem 05.06.2018.
Ihr seid im Gebet ... mal schauen, ob/wann ich hier wieder reinsehe ...

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cantus planus
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Re: Pharisäer und Schriftgelehrte

Beitrag von cantus planus »

Nichts. Gar nichts. Denn die Regeln sind nicht hohles Gesetz, wie manche meinen, sondern Ausfluss einer höheren Ordnung, die unser Gebet zum Gebet der ganzen Kirche macht, indem es gerade und absichtlich aus dem Bereich unserer Subjektivität herausgehoben wird.

Wer sich an den "Gesetzen" stört, sollte einmal eine gute mystagogische Einführung lesen, oder mittelalterliche Meßdeutungen (Brauns "Die Messe im deutschen Mittelalter" müsste sogar online zu finden sein, Rupert von Deutz, Amalar von Metz und ähnliche sicherlich auch); man wird vielleicht erahnen, wie vollkommen, schön und umfassend diese Ordnung ist. Und dann ahnt man auch, warum man diese Ordnung nicht stören darf.

Studier doch noch einmal die Schriften der Päpste zur Liturgie, besonders jene der Pius-Päpste, und "Der Geist der Liturgie" Benedikts XVI. Auch die alten Katechismen (Basel, Pius X., Thomas von Aquin) sprechen in guten Worten über die Notwendigkeit des Gottesdienstes im Allgemeinen, und der liturgischen Riten im Besonderen.

Im Übrigen ist der Vorwurf einerseits des Pharisäertums und andererseits des Ritualismus ein wirklich alter Hut, der regelmäßig hervorgeholt wird. Davon sollte man sich nicht verwirren lassen. Jene, die ihn vorbringen, sind oft einfach nicht imstande, ihre eigene Begrenztheit zu sehen und zu verlassen.

Bedenkliches "Pharisäertum" entsteht nur dort, wo man schon mit der Erwartungshaltung in die Messe geht, einen liturgischen Mißbrauch zu entlarven oder in der Predigt nach Häresien zu suchen. Das ist nicht nur bedenklich, sondern glatt verwerflich und man sollte sich hierauf sorgfältig selbst prüfen.
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

HeGe
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Re: Pharisäer und Schriftgelehrte

Beitrag von HeGe »

Ecce Homo hat geschrieben:Sie meinte daraufhin, dass es aber gar nicht um diese Regeln ginge, sondern um das Leben dahinter und darum kommt es darauf nicht an, ob sich einer ans Messbuch oder so hält. UNd es geht doch um die Menschen, und die sollen das einfach mitmachen und nicht ständig drauf rumhacken, dass es eigentlich anders sein sollte. Weil das "Leben" sei, auf das es ankomme.
Es geht nicht um die Menschen oder das Leben, es geht um Gott.
Ecce Homo hat geschrieben:Und vor Gott zähle das eh so nicht und de facto hat sich die KIrche vor Ort weiterentwickelt als die Regeln es sind - und da schaffe eben das Volk die Gesetze vor Ort.
Interessant, woher diese Leute immer wissen, was für Gott zählt und was nicht. :roll:
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Jorge_
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Registriert: Freitag 20. Mai 2011, 17:13

Re: Pharisäer und Schriftgelehrte

Beitrag von Jorge_ »

Ich sehe das ganz anders.

Der Rat, „manche Sachen lockerer zu sehen“, mag banal klingen. Er ist aber *sehr* bedenkenswert, gerade wenn er von einer guten Freundin kommt. Ich würde das an deiner Stelle als Vorsehung betrachten und sehr ernst nehmen. Sie will dir ganz gewiss nichts Schlechtes, und Gott bedient sich manchmal solcher Begegnungen, um uns ins Gewissen zu reden. Selbst wenn sie selber auch nicht alles richtig kapiert und auch Unsinn verzapft (die Pharisäerkeule zum Beispiel halte ich für ganz fehl am Platz, die schafft nur böses Blut und das Pharisäerbild passt hier auch gar nicht richtig), nimm es als einen Wink an, deine eigenen Einstellungen zu überprüfen und zum Wesentlichen deines Glaubens zurückzufinden.

Klar ist es der Glaube der Kirche, deshalb gehst du ja mit deiner Freundin in die Messe und vollziehst den Gottesdienst der Kirche mit, sonst könntest du auch zu Hause bleiben und bloß „innerlich“ beten, das ist klar. Trotzdem bleibt das Christentum eine Herzensreligion. Der Geist von Glaube, Hoffnung und Liebe zählt, nicht das Einhalten formaler Regeln, das ist immer nur ein Ausdruck der Verbundenheit im Geist Gottes und nie Selbstzweck.
cantus planus hat geschrieben:Denn die Regeln sind nicht hohles Gesetz, wie manche meinen, sondern Ausfluss einer höheren Ordnung, die unser Gebet zum Gebet der ganzen Kirche macht, indem es gerade und absichtlich aus dem Bereich unserer Subjektivität herausgehoben wird.
Das ist eben nur ein Aspekt. Mit denselben mystagogischen Argumenten haben die Priester des Hohen Rates Jesus den Kultkritiker verworfen. Gott ist eben keine unpersönliche „Ordnung“. Natürlich können Regeln hohl und leer werden, wenn man sie ihres Inhalts beraubt. Dein Gebet wird nicht dadurch zu dem der Kirche, dass du kleinlich auf Äußerlichkeiten achtest, um dein Gebet zu „entsubjektivieren“, sondern dass du dein subjektives Herz für ihn öffnest. Und dass du es in dem auch äußerlich sichtbaren Bewusstsein tust, es mit der Kirche zu ihm zu erheben in der Gewissheit, dass seine Großzügigkeit alles Begrenzte, Tote und Unzulängliche in Leben verwandelt. Dafür ist eine gut und richtig vollzogene Liturgie sehr hilfreich, aber deine gute und richtige Einstellung und Disposition ist eben auch notwendig.
cantus planus hat geschrieben:Wer sich an den "Gesetzen" stört, ...
Sie stört sich ja nicht an den „Gesetzen, sondern daran, dass sie befürchtet, in der Kirche würde man sich zu wenig genau daran halten. Hier ist eine „lockerere“ Einstellung gar nicht so falsch. Das Gebet der Kirche und damit auch das deine und das meine erreicht Gott, dieses Vertrauen muss einfach da sein (und zwar im „Herzen“, deshalb: Herzensreligion, nicht Kultreligion), sonst braucht man gar keine Liturgie zu feiern. Unsere Fehler und Missgriffe gleicht Gott schon irgendwie aus. Entscheidend dafür, ob er das schafft, ist aber nicht allein der korrekte Vollzug, sondern vor allem die korrekte Haltung Gott und den Mitfeiernden gegenüber. Der korrekte Vollzug hat den Sinn, die korrekte Haltung zu stärken und überhaupt erst zu ermöglichen, soviel ist richtig. Aber ohne liebevolle Hingabe ist Liturgie nichts, was dem Glauben der Kirche an Christus irgendwie dienen könnte.
HeGe hat geschrieben:Es geht nicht um die Menschen oder das Leben, es geht um Gott.
Unsinn. Das wäre platter Kultritualismus. Wer Gott und die Menschen nicht zusammenbringen kann und Nächstenliebe und Liturgie nur als Pflichterfüllung Gott gegenüber betrachtet, braucht überhaupt kein Christ zu sein.

Das Geheimnis der Menschwerdung Gottes beinhaltet ja gerade, dass es Gott selber in erster Linie um die Menschen und ihr Leben in Fülle geht, wie hochmütig und blind wäre es da, den menschgewordenen Gott wieder zurück über den tiefen Graben der Unnahbarkeit zu werfen und wie ein schmollendes Kind darauf zu bestehen: „Ich mag aber die Menschen nicht, ich will meinen Kult!“
cantus planus hat geschrieben:Bedenkliches "Pharisäertum" entsteht nur dort, wo man schon mit der Erwartungshaltung in die Messe geht, einen liturgischen Mißbrauch zu entlarven oder in der Predigt nach Häresien zu suchen. Das ist nicht nur bedenklich, sondern glatt verwerflich und man sollte sich hierauf sorgfältig selbst prüfen.
Das ist ein gutes Statement. Bedenke aber, wo die Erwartungshaltung herkommt. Die machst du dir mitunter selbst, weil du unsicher bist, ob Gottes Verheißung für dich gilt oder nicht. Aber solche innerlichen Glaubenszweifel lassen sich nicht durch äußerliche Überkorrektheit überwinden oder beruhigen, das wäre ein Selbstbetrug.
cantus planus hat geschrieben:Davon sollte man sich nicht verwirren lassen. Jene, die ihn vorbringen, sind oft einfach nicht imstande, ihre eigene Begrenztheit zu sehen und zu verlassen.
HeGe hat geschrieben:Interessant, woher diese Leute immer wissen, was für Gott zählt und was nicht. :roll:
Wie gesagt, die Vorsehung wirkt auch durch die Menschen und ihre begrenzten Einsichten. Man sollte das ernst nehmen, was andere fromme Menschen einem in guter Absicht sagen, und nicht darüber spotten. Sonst findet man sich noch unversehens plötzlich im Kreis der Spötter wieder und erkennt zu spät, das es der Menschensohn selbst ist, dem man gegenübersteht. Und das wäre dann wirklich gefährlich für das Seelenheil, nicht dagegen eine „etwas lockerere“ Einstellung gegenüber manchen Regeln liturgischer Vollzüge.
"El humor obscurece la verdad, endurece el corazón, y entorpece el entendimiento."

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Sempre
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Re: Pharisäer und Schriftgelehrte

Beitrag von Sempre »

Ecce Homo hat geschrieben:Und Leute wie ich seien darum eigentlich Pharisäer, denn denen geht es nur um Regeln, aber nicht ums Herz dahinter...

Bitte, was denkt ihr darüber???? Was ist dran?
Die Pharisäer waren nicht verrufen, weil sie Schriftgelehrte waren und sich an die Regeln gehalten hätten, sondern weil sie Schriftverdreher waren und sich allerlei Schabernack-Interpretationen ausdachten, mit denen sie vorgaben, die Regeln einzuhalten, während sie tatsächlich dagegen verstießen. Der Vorwurf ist daher gänzlich unpassend.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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Robert Ketelhohn
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Re: Pharisäer und Schriftgelehrte

Beitrag von Robert Ketelhohn »

cantus planus hat geschrieben:Wer sich an den "Gesetzen" stört, sollte einmal eine gute mystagogische Einführung lesen, oder mittelalterliche Meßdeutungen (Brauns "Die Messe im deutschen Mittelalter" müsste sogar online zu finden sein, Rupert von Deutz, Amalar von Metz und ähnliche sicherlich auch)
Genau Rupert von Deutz wollte ich auch gerade als Lektüreempfehlung vorschlagen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Re: Pharisäer und Schriftgelehrte

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die Liturgie der Kirche ist Abbild der himmlischen Liturgie. Das ist das Maß.
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cantus planus
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Re: Pharisäer und Schriftgelehrte

Beitrag von cantus planus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Wer sich an den "Gesetzen" stört, sollte einmal eine gute mystagogische Einführung lesen, oder mittelalterliche Meßdeutungen (Brauns "Die Messe im deutschen Mittelalter" müsste sogar online zu finden sein, Rupert von Deutz, Amalar von Metz und ähnliche sicherlich auch)
Genau Rupert von Deutz wollte ich auch gerade als Lektüreempfehlung vorschlagen.
Du darfst mich jederzeit zitieren. ;D
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