Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

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Robert Ketelhohn
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Petur hat geschrieben:Eine Sekte kann derartige Ansichten (Auserwählte vs die böse Welt) vertreten, aber nicht die Kirche Christi.
Du bist von der Welt und verstehst nichts.
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cantus planus
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@ Siard:

Beitrag von cantus planus »

Solange die theologische Ausbildung an den weltlichen Fakultäten erfolgt, sind Seminare überflüssig wie ein Kropf. Ja, heute sind Seminare oft sogar schädlich.

Dennoch sollte man sei keinesfalls aufgeben. Die akademische Ausbildung der Theologen gehört zurück in die kirchlichen Anstalten, die neben der Wissensvermittlung und dem Erlernen der wissenschaftlichen Arbeits- und Denkprinzipien auch eine umfassende geistliche Formung ermöglichen. Priester wird man nicht alleine durch die Handauflegung, sondern durch das bewusste Anlegen des geistlichen Kleides, welches das unauslöschliche Priestertum Christi ist.

Es ist kein Zufall, dass immer mehr Priester ausbrennen: die alten werden verschlissen, und die jungen sind nie angeleitet worden, ein giestliches Leben zu führen. Bei den ganzen innerkirchlichen Veränderungen spielt der Glaube ja auch merkwürdigerweise kaum eine Rolle.

Dass solche Seminare nur noch Kleriker verlassen, die menschlich, akademisch und pastoral unteres Mittelmaß sind (Ausnahmen bestätigen die Regel. Zwei haben wir hier im Kreuzgang) und in vielen Dingen eine erschreckende Unreife zeigen, ist dabei nur zu verständlich.
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Siard
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Re: @ Siard:

Beitrag von Siard »

cantus planus hat geschrieben:Solange die theologische Ausbildung an den weltlichen Fakultäten erfolgt, sind Seminare überflüssig wie ein Kropf. Ja, heute sind Seminare oft sogar schädlich.
Fulda hat ja eine päpstliche theologische Fakultät, zumindest damals mit sehr hohem Priesteranteil. Aber ansonsten stimme ich zu.
Der mangelnde Kontakt zwischen Bischof und Seminar bzw. Priestern ist aber anscheinend an einigen Orten ein großes Problem.

Die Zeiten, in denen auch Studentinnen in Seminarien wohnten (wie mir einmal ein Seminarist erzählte) ist ja wohl vorbei.

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Bernado
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Bernado »

Gamaliel hat geschrieben:Ich kenne die Verhältnisse in Eichstätt nicht, die "Bindung" der Seminaristen an ihren Bischof, wäre jedoch das Normalste, das man sich vorstellen kann. Der Bischof soll nicht nur Vater und Vorbild seiner Seminaristen sein, sondern er muß auch eine genaue Kenntnis seiner Alumnen haben, um sie mit gutem Gewissen zu den hl. Weihen zulassen zu können.
Volle Zustimmung - auch zu dem Zitat des Erzbischofs. Ein Bischof sollte genau so wenig gezwungen werden, seine Priester anzuzeigen, wie ein Vater seine Kinder. Wobei es zweifellos Fälle gibt, in denen das ein notwendiger Ausweg aus einer unhaltbaren Situation ist.

Aber das ist natürlich nur nostalgische Erinnerung an ein veraltetes Bischofs- und Priesterbild. Zu den modernen Pfarrkolchosen und Bischöfen mit MMA passt das natürlich nicht - da hilft nur die 110%ige Verrechtlichung aller Beziehungen.
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Bernado
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Bernado »

Petra hat geschrieben:Übrigens habe ich vorhin noch ca. 5 Minuten einen Stammtisch im bayrischen TV mitbekommen. Dort war man sicher, der Zölibat gehöre weg, dann gäbe es sowas nicht. Also dass Bischof Mixa als junger Priester Ohrfeigen verteilt. Daran ist der Zölibat schuld. :vogel:
Ja natürlich. Und an der Vulkanasche auch.
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Raphael

Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Raphael »

Klaus Störtebecker hat geschrieben:Gottes Freund und aller Welt Feind!
Und? :roll:
Stört das den Bäcker? :narr:

Raphael

Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Raphael »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Es hilft ja nichts: Die Kirche muß als Sauerteig in der Welt wirken. Das ist unser Auftrag. Igelt die Kirche sich ein, verfehlt sie ihre Mission und handelt nicht im Sinne des Herrn.

Und so schwer die Erkenntnis fällt: Auch in "dieser" Gesellschaft gibt es Menschen guten Willens (funny enough, daß Robert überhaupt das Wort "Gesellschaft" in den Mund nimmt, aber es ist wahrscheinlich pejorativ gemeint). Ebenso gibt es in der Kirche Sünder. Es ist nicht alles schlecht und böse, und es ist eben auch nicht alles nur schwarz oder weiß.

Insofern ist der extreme Dualismus, den Robert hier skizziert, ein großer Fehler.
Es gibt gnostisch-manichäischen Gut-böse-Dualismus. Der ist verkehrt.
Andererseits (völlig anderer Seits) gibt es die realistische Erkenntnis der
Dualität zweier einander entgegengesetzter Gemeinschaften, wie Augu-
stin sie treffend beschrieb. Das ist übrigens im Grundsatz de fide. Es gibt
nur die Möglichkeit der Errettung oder der Verdammnis. Tertium non
datur
.
Die überaus Klugen aber säkular Denkenden meinen, aus diesem Dualismus eine übergeordnete Sicht synthetisieren zu können, die dann das "wahre Christentum" sein soll. Sozusagen "the best of both worlds"! :/

Nichtsdestoweniger ist diese Synthetisirerei ein Irrglaube!

Stephen Dedalus
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Re: @ Siard:

Beitrag von Stephen Dedalus »

cantus planus hat geschrieben:Solange die theologische Ausbildung an den weltlichen Fakultäten erfolgt, sind Seminare überflüssig wie ein Kropf. Ja, heute sind Seminare oft sogar schädlich.

Dennoch sollte man sei keinesfalls aufgeben. Die akademische Ausbildung der Theologen gehört zurück in die kirchlichen Anstalten, die neben der Wissensvermittlung und dem Erlernen der wissenschaftlichen Arbeits- und Denkprinzipien auch eine umfassende geistliche Formung ermöglichen. Priester wird man nicht alleine durch die Handauflegung, sondern durch das bewusste Anlegen des geistlichen Kleides, welches das unauslöschliche Priestertum Christi ist.

Es ist kein Zufall, dass immer mehr Priester ausbrennen: die alten werden verschlissen, und die jungen sind nie angeleitet worden, ein giestliches Leben zu führen. Bei den ganzen innerkirchlichen Veränderungen spielt der Glaube ja auch merkwürdigerweise kaum eine Rolle.
:ikb_thumbup:
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Stephen Dedalus
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Stephen Dedalus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: Andererseits (völlig anderer Seits) gibt es die realistische Erkenntnis der
Dualität zweier einander entgegengesetzter Gemeinschaften, wie Augu-
stin sie treffend beschrieb. Das ist übrigens im Grundsatz de fide. Es gibt
nur die Möglichkeit der Errettung oder der Verdammnis. Tertium non
datur
.[/color]
Richtig. Es ist ganz gut, den Heiligen Augustinus hier zu erwähnen.

In welcher Situation schrieb er De Civitate Dei? Vor den Toren von Hippo standen die heidnischen Barbaren.

Es boten sich eigentlich genau zwar Möglichkeiten dar:

1. Widerstand bis zum Letzten und damit das Martyrium der Kirche.
2. Öffnen der Stadttore, Unterwerfung unter die Heiden, Aufgabe der eigenen Identität und damit Verrat am Glauben.

Augustinus hat aber erkannt: Die Kirche geht nicht unter, auch wenn sie unter neuen Voraussetzungen existieren muß. Die civitas Dei besteht unter und mit der civitas terrena, auch wenn sie andere Loyalitäten kennt und diese überdauern wird.

Und genau das ist das, was die Kirche ist. Vorgezeichnet finden wir das schon in dem biblischen "in der Welt, aber nicht von ihr". Augustinus hat dies in seinem Werk jedoch tiefer durchdacht.
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LaudaSion870
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von LaudaSion870 »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben: Andererseits (völlig anderer Seits) gibt es die realistische Erkenntnis der
Dualität zweier einander entgegengesetzter Gemeinschaften, wie Augu-
stin sie treffend beschrieb. Das ist übrigens im Grundsatz de fide. Es gibt
nur die Möglichkeit der Errettung oder der Verdammnis. Tertium non
datur
.[/color]
Richtig. Es ist ganz gut, den Heiligen Augustinus hier zu erwähnen.

In welcher Situation schrieb er De Civitate Dei? Vor den Toren von Hippo standen die heidnischen Barbaren.

Es boten sich eigentlich genau zwar Möglichkeiten dar:

1. Widerstand bis zum Letzten und damit das Martyrium der Kirche.
2. Öffnen der Stadttore, Unterwerfung unter die Heiden, Aufgabe der eigenen Identität und damit Verrat am Glauben.

Augustinus hat aber erkannt: Die Kirche geht nicht unter, auch wenn sie unter neuen Voraussetzungen existieren muß. Die civitas Dei besteht unter und mit der civitas terrena, auch wenn sie andere Loyalitäten kennt und diese überdauern wird.

Und genau das ist das, was die Kirche ist. Vorgezeichnet finden wir das schon in dem biblischen "in der Welt, aber nicht von ihr". Augustinus hat dies in seinem Werk jedoch tiefer durchdacht.






Also bewundernswert : Hast Du Philolsophie und Theologie studiert ? Du bist ja voll fit. Nicht schlecht.

Raphael

Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Raphael »

LaudaSion870 hat geschrieben:Also bewundernswert : Hast Du Philolsophie und Theologie studiert ? Du bist ja voll fit. Nicht schlecht.
Das mag sein, hat ihn aber zu einem der von mir weiter oben skizzierten Synthetiker gemacht! :/

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cantus planus
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von cantus planus »

Stephen Dedalus hat geschrieben:In welcher Situation schrieb er De Civitate Dei? Vor den Toren von Hippo standen die heidnischen Barbaren.

Es boten sich eigentlich genau zwar Möglichkeiten dar:

1. Widerstand bis zum Letzten und damit das Martyrium der Kirche.
2. Öffnen der Stadttore, Unterwerfung unter die Heiden, Aufgabe der eigenen Identität und damit Verrat am Glauben.

Augustinus hat aber erkannt: Die Kirche geht nicht unter, auch wenn sie unter neuen Voraussetzungen existieren muß. Die civitas Dei besteht unter und mit der civitas terrena, auch wenn sie andere Loyalitäten kennt und diese überdauern wird.

Und genau das ist das, was die Kirche ist. Vorgezeichnet finden wir das schon in dem biblischen "in der Welt, aber nicht von ihr". Augustinus hat dies in seinem Werk jedoch tiefer durchdacht.
Einen kleinen Einwand hätte ich: in jenen Tagen war die Kirche Nordafrikas blühend. Sie war ein geistliches - wenn nicht das geistliche - Zentrum der Weltkirche. Wie tief muss man heute im Sand graben, um die Bischofsstühle von damals wiederzufinden? Was ist aus der nordafrikanischen Kirche geworden? :achselzuck:

Das hat jetzt nicht direkt etwas mit deiner Entgegnung auf Roberts Beitrag zu tun. Wir sehen aber deutlich, dass die Kirche durch Erosion des Glauben regional sehr wohl verschwinden kann. Wir sehen auch, dass dieser Prozeß kaum wieder rückgängig gemacht werden kann.
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Gamaliel
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Gamaliel »

Angesichts einiger Beiträge auf den letzten Seiten, muß ich wieder einmal eine Literaturempfehlung abgeben. Allen säkular Angehauchten, übermäßig Harmoniebedürftigen, Kampfesmüden,... sei herzlich als Frühlingslektüre (das auch online verfügbare Buch) empfohlen:
Der Liberalismus ist Sünde

von
Monsignor Dr. Felix Sardà y Salvany

(Mit Approbation der heil. Index-Kongregation und des Hochw. fürsterzb. Ordinariates Salzburg.)
Daraus (Hervorhebungen von mir):
Das innerste Wesen des sogenannten katholischen Liberalismus oder, wie man gewöhnlich hört, bloß liberalen Katholizismus besteht, genau betrachtet, wahrscheinlich einzig in einer falschen Auffassung des Glaubensaktes. Nach den Erklärungen der liberalen Katholiken über ihren Standpunkt scheint es, daß ihr ganzes Glaubensmotiv nicht etwa auf der unendlich wahrhaften und unfehlbaren Autorität Gottes beruhe, welcher sich würdigte, uns den einzigen Weg zu offenbaren, der uns zur übernatürlichen Glückseligkeit führen soll, sondern auf der freien Abwägung der eigenen persönlichen Urteilskraft, welche dem Menschen sagt, dieser Glaube sei besser als jener. Das Lehramt der Kirche wollen sie nicht anerkennen als die einzig von Gott gesetzte Anstalt, den Gläubigen die geoffenbarte Lehre vorzustellen und ihren echten Sinn zu bestimmen, sondern sie werfen sich vielmehr zu Richtern über die Lehre der Kirche auf und nehmen von derselben nur jenes an, was ihnen gut dünkt und behalten sich allemal das Recht vor, die gegenteilige Lehre zu glauben, so oft Scheingründe ihnen zu beweisen scheinen, es sei heute falsch, was sie gestern als wahr geglaubt haben.

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Torsten
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Torsten »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Daraus:
Nur dann, wenn Kirche vorlebt, wie wir miteinander umgehen können - bei allem Versagen, bei aller Schuld -, dann hat sie überhaupt noch eine Chance, in der Gesellschaft ernst genommen zu werden.
„Die Kirche“ (d. h. wir, die wir aktual in ihr auf unserer irdischen Pilgerfahrt sind) hat nur dann eine Chance auf das himmlische Ziel, wenn sie von dieser Gesellschaft gehaßt wird.
Das sind ja zwei Dinge, die sich gegenseitig nicht ausschließen müssen. Das Vorleben und der Hass. Aber der Hass muss schon aus den richtigen Gründen geweckt werden, und nicht dadurch, dass sich die Kirche zum Spiegelbild der Welt macht. Mit Skandalen wie sie in der Welt herrschen und einen Umgang damit, der ebenfalls aus der Welt kommt. Jeder arbeitsscheue Punker macht es da besser. Weil er die Werte der Welt in Frage stellt. Und auch nicht mit diesem Staat verflochten ist, wie die Kirche hierzulande.

Einfach nur Hass um des Hasses willen, das kann es ja wohl nicht sein bei der Erreichung des himmlischen Zieles. Hass aus Ablehnung der Welt. Aus Unzufriedenheit über die Arbeit, und nicht darüber, dass es zu wenig davon gibt. Aus Unzufriedenheit über die Familie, die eigene und die aller anderen.
Damit macht man sich Feinde.

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Lutheraner
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Lutheraner »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Daraus:
Nur dann, wenn Kirche vorlebt, wie wir miteinander umgehen können - bei allem Versagen, bei aller Schuld -, dann hat sie überhaupt noch eine Chance, in der Gesellschaft ernst genommen zu werden.
„Die Kirche“ (d. h. wir, die wir aktual in ihr auf unserer irdischen Pilgerfahrt sind) hat nur dann eine Chance auf das himmlische Ziel, wenn sie von dieser Gesellschaft gehaßt wird.
Na, dann hatte Deine Gemeinschaft dieses Ziel ja weit über ein Jahrtausend aus den Augen verloren. Ungefähr von Kaiser Konstantin bis zur Aufklärung.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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cantus planus
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von cantus planus »

Quatsch.
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Torsten
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Torsten »

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http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,691112,00.html
Westerwelle übt sich in Demut

Der FDP-Chef zeigt sich in einer neuen Rolle: Vor den Delegierten des Kölner Bundesparteitags bekennt sich Guido Westerwelle zu den Anfangsproblemen der Koalition und dankt seiner Partei, die ihn während der Zeit der härtesten Angriffe solidarisch beigestanden habe.

Köln - So haben die FDP-Delegierten ihren Parteichef noch nicht erlebt. Demütig, bescheiden, zurückhaltend. "Es gibt Momente, da drückt es auf die Seele, aufs Herz", sagt er.
Ach, wenn die Kirche doch nur gehasst würde. Verhöhnt von der "Welt" und anderen wird sie.

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Lutheraner
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Lutheraner »

cantus planus hat geschrieben:Quatsch.
Wieso?
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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cantus planus
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von cantus planus »

Lutheraner hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Quatsch.
Wieso?
Weil du von offensichtlich falschen Prämissen ausgehst.
Und überhaupt ist das hier alles off topic.
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Stephen Dedalus
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Stephen Dedalus »

Gamaliel hat geschrieben:von
Monsignor Dr. Felix Sardà y Salvany

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Danke, Gamaliel!

Das Werk ist übrigens 1889 erschienen.
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Linus
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Linus »

cantus planus hat geschrieben:Das habe ich schon richtig gesehn. So besoffen kann Linus gar nicht sein, Hans Küng vorzuschlagen. Aber Klaus Küng sehe ich auch mit einer gewissen Skepsis. Allerdings ist der ja erst nach meiner Österreich-Zeit richtig "prominent" geworden. Seine Auftragsarbeit bei der Aufklärung des St.-Pölten-Skandals hat bei mir eher gemischte Gefühle hinterlassen.
Ich kenne ihn vor allem als "Familienbischof". Still, ruhig, unauffällig die richtigen Initativen gesetzt, und Familien& die Ehe bestärkend. (beispielsweise das Salzburger Familienberatungsmodell in den Osten geholt) Was will man mehr?
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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FranzSales
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von FranzSales »

Bei den ganzen innerkirchlichen Veränderungen spielt der Glaube ja auch merkwürdigerweise kaum eine Rolle.
Wozu? Es reicht doch aus, eine Kommission zu gründen, die nach mehrjährigen Beratungen beschließt Gutachten über die Situation zu erstellen. Dann wird für viel Geld ein Gutachten erstellt. Danach sichtet es eine andere Kommission und beschließt dies basisdemokratisch aufzustellen. Das Gutachten/Studien wird allen Pfarrgemeinderäten vorgestellt, die die Essenz dem gemeinen Laienpöbel klarmachen sollen. In der Zwischenzeit sind die 30 Minuten Rosenkranz und die 8 1/2 minütige wöchentliche Eucharistische Anbetung eingestellt worden. Der letzte praktizierende Besucher hat einen Blutsturz erlitten.
Die Rezeption dieser Studie auf Gemeindeebene wird dann wieder auf Bistumsebene hochgehieft.
Nach 5 Jahren weiß dann eine Ortsgemeinde, dass sie in einem Umkreis zB. mit Schwerpunkt Akademikern mit Familien liegt.
Das Ergebnis wird im Gottesdienst vorgestellt, dazu wird vom Kirchenchor -der Altersdurchschnitt liegt bei 73 Jahren- "Die Sache Jesu braucht Begeisterte" gesungen. Aus einer der letzten Bankreihen hört man ein undeutliches Schnarchen ...
Aber so richtig weiß auch der Pfarrer nicht, wie man auf die Akademiker mit Familie zugehen kann. Ob die "Sache Jesu" sich historisch überhaupt so zugetragen hat, weiß schließlich auch niemand so genau.
Zwischenzeitlich mußte der konservative Bischof F. aus F. gehen, da er sich geweigert hat der Katze eines Kommunionkindes die Erstkommunion zu reichen. Der Papst hat seinen Rücktritt angenommen, um weiteren Schaden von der Kirche zu verhindern.

Schließlich hat die ganze Sache dann soviel Energie gekostet, dass alle irgendwie keinen Bock mehr haben weiterzumachen.
Nach weiteren 10 Jahren beschließt der Pfarrgemeinderat (der jetzt mit der Kerngemeinde identisch ist), dass der Küster nach der letzten Wort-Gottes-Feier die Tür abschließt und das Licht ausmacht.

Beim Rausgehen fällt dem Küster ein, dass ihm seine Oma 1966 mal etwas erzählt hat. Er kann sich kaum noch erinnern, was das war. Langsam formt sich in seinem Gedächtnis ein Wort. Es ist zunächst noch etwas nebelartig, dann fällt es ihm wieder ein: GEBET.
Der Küster schüttelt den Kopf und geht. Er hat vergessen, was das Wort bedeutet.

:narr:
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

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cantus planus
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von cantus planus »

:D :daumen-rauf: :klatschhops: :narr:
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Gamaliel
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Gamaliel »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:von
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Danke, Gamaliel!

Das Werk ist übrigens 1889 erschienen.
Ja, das weiß ich. Ich besitze das Buch als unveränderten Nachdruck.


Wenn Du noch mehr zum Thema suchst, kann ich an ausgezeichneten Werken empfehlen:

Louis Veuillot - "Die liberale Illusion", 1866 (Übersetzung und Herausgabe 2007 durch "Editiones Scholasticae")

Fr. A. Roussel - Liberalism & Catholicism, 1926 (Übersetzung und Herausgabe 1998 durch "Angelus Press")

Petra
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Petra »

FranzSales hat geschrieben:
Bei den ganzen innerkirchlichen Veränderungen spielt der Glaube ja auch merkwürdigerweise kaum eine Rolle.
Wozu? Es reicht doch aus, eine Kommission zu gründen, die nach mehrjährigen Beratungen beschließt Gutachten über die Situation zu erstellen. Dann wird für viel Geld ein Gutachten erstellt. Danach sichtet es eine andere Kommission und beschließt dies basisdemokratisch aufzustellen. Das Gutachten/Studien wird allen Pfarrgemeinderäten vorgestellt, die die Essenz dem gemeinen Laienpöbel klarmachen sollen. In der Zwischenzeit sind die 30 Minuten Rosenkranz und die 8 1/2 minütige wöchentliche Eucharistische Anbetung eingestellt worden. Der letzte praktizierende Besucher hat einen Blutsturz erlitten.
Die Rezeption dieser Studie auf Gemeindeebene wird dann wieder auf Bistumsebene hochgehieft.
Nach 5 Jahren weiß dann eine Ortsgemeinde, dass sie in einem Umkreis zB. mit Schwerpunkt Akademikern mit Familien liegt.
Das Ergebnis wird im Gottesdienst vorgestellt, dazu wird vom Kirchenchor -der Altersdurchschnitt liegt bei 73 Jahren- "Die Sache Jesu braucht Begeisterte" gesungen. Aus einer der letzten Bankreihen hört man ein undeutliches Schnarchen ...
Aber so richtig weiß auch der Pfarrer nicht, wie man auf die Akademiker mit Familie zugehen kann. Ob die "Sache Jesu" sich historisch überhaupt so zugetragen hat, weiß schließlich auch niemand so genau.
Zwischenzeitlich mußte der konservative Bischof F. aus F. gehen, da er sich geweigert hat der Katze eines Kommunionkindes die Erstkommunion zu reichen. Der Papst hat seinen Rücktritt angenommen, um weiteren Schaden von der Kirche zu verhindern.

Schließlich hat die ganze Sache dann soviel Energie gekostet, dass alle irgendwie keinen Bock mehr haben weiterzumachen.
Nach weiteren 10 Jahren beschließt der Pfarrgemeinderat (der jetzt mit der Kerngemeinde identisch ist), dass der Küster nach der letzten Wort-Gottes-Feier die Tür abschließt und das Licht ausmacht.

Beim Rausgehen fällt dem Küster ein, dass ihm seine Oma 1966 mal etwas erzählt hat. Er kann sich kaum noch erinnern, was das war. Langsam formt sich in seinem Gedächtnis ein Wort. Es ist zunächst noch etwas nebelartig, dann fällt es ihm wieder ein: GEBET.
Der Küster schüttelt den Kopf und geht. Er hat vergessen, was das Wort bedeutet.

:narr:
:D Du siehst ja wirklich alles in Dunkelschwarz.

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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von holzi »

Petra hat geschrieben: :D Du siehst ja wirklich alles in Dunkelschwarz.
Pessimismus hat einen Vorteil: entweder hast du recht gehabt, oder du kriegst eine positive Überraschung. ;D

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Bernado
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Bernado »

Petra hat geschrieben: :D Du siehst ja wirklich alles in Dunkelschwarz.
Nun, ich denke, F.S.' Vision hat hohen Realitätsgehalt. Wegen meiner Grippe bin ich heute nicht vormittags ins Amt in St. Afra gefahren (2 x 50 min S- und U-Bahn), sondern zur Abendmesse in die zuständige Kirche gegangen (2 x 7 min zu Fuß). Die liturgischen Mißbräuche hielten sich im Rahmen des übrigen und tun hier nichts zur Sache - aber die resignative Stimmung war mit Händen zu greifen. Gleich zu Beginn meinte der Vorsteher, heute sei zwar der Sonntag des guten Hirten, aber mit den Hirten sei das ja so eine Sache, seit so viele Priester und Bischölfe so schwer versagt hätten - aber das beziehe sich ja auch nicht nur auf den Klerus, sondern jeder sei zum Hirten berufen, unabhängig von Alter und Geschlecht.

In der Predigt dann eine weitere Entschuldigung: Die Rede von den Schafen und dem Hirten bedeute nicht, daß die Gläubigen unmündig seien und sich blind der Führung anvertrauen sollten - der Gute Hirte sei Jesus, und dem in freier Verantwortung zu folgen seien alle aufgerufen. Von der Kirche kein Wort. Die erste Fürbitte war dann, daß der Runde Tisch gelingen möge, die zweite, daß der ökumenische Kirchentag weiter dazu beitrage, die Einheit herbeizuführen, die dritte, daß viele Frauen und Männer zum Geistlichen Dienst berufen werden mögen.

Aber das alles ohne einen Funken von Elan oder Widerständigkeit - einfach nur traurige Pflichtübung eines traurigen Restes. Der einzige Funken von auch geistiger Bewegung war wie so oft beim allgemeinen Händeschütteln des Friedensgrußes zu ahnen - beim abschließenden "Gehet hin und bringet Frieden" stand dann wieder nur noch Lethargie im Raum.

Und das alles in einer Gemeinde, die zu den besseren und lebhafteren gezählt wird.
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Petra
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Petra »

Bernado hat geschrieben:die dritte, daß viele Frauen und Männer zum Geistlichen Dienst berufen werden.
:) Immerhin. - Die Zeiten sind eben sehr schwer. Und man muss damit rechnen, dass auch Gläubige alles eins zu eins glauben, was die Medien vermitteln wollen. Das macht die Gläubigen ja nicht böse, sie sind eben nur naiv.

Schnelle gute Besserung, damit du bald die Messe deiner Wahl besuchen kannst. :streichel:

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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lutheraner hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Quatsch.
Wieso?
Weil ich geschrieben habe: »wenn sie von dieser Gesellschaft gehaßt wird«.

Die Situation ist eine andere in einer Gesellschaft, in welcher die Christenheit die Prärogative hat. – Nun verständlicher, was ich meine?
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Bernado »

Hinweis auf einen interessanten Zeitartikel zum Thema "Die Jesuiten und die Schattenseiten von 68" samt kritischen Kommentaren hier: http://intelligam.blogspot.com/21/4/ ... n-von.html
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Robert Ketelhohn
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Robert Ketelhohn »

LaudaSion870 hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Andererseits (völlig anderer Seits) gibt es die realistische Erkenntnis der Dualität zweier einander entgegengesetzter Gemeinschaften, wie Augustin sie treffend beschrieb. Das ist übrigens im Grundsatz de fide. Es gibt nur die Möglichkeit der Errettung oder der Verdammnis. Tertium non datur.
Richtig. Es ist ganz gut, den Heiligen Augustinus hier zu erwähnen.
In welcher Situation schrieb er De Civitate Dei? Vor den Toren von Hippo standen die heidnischen Barbaren.

Es boten sich eigentlich genau zwei Möglichkeiten dar:
1. Widerstand bis zum Letzten und damit das Martyrium der Kirche.
2. Öffnen der Stadttore, Unterwerfung unter die Heiden, Aufgabe der eigenen Identität und damit Verrat am Glauben.

Augustinus hat aber erkannt: Die Kirche geht nicht unter, auch wenn sie unter neuen Voraussetzungen existieren muß. Die civitas Dei besteht unter und mit der civitas terrena, auch wenn sie andere Loyalitäten kennt und diese überdauern wird.

Und genau das ist das, was die Kirche ist. Vorgezeichnet finden wir das schon in dem biblischen "in der Welt, aber nicht von ihr". Augustinus hat dies in seinem Werk jedoch tiefer durchdacht.
Also bewundernswert : Hast Du Philosophie und Theologie studiert ? Du bist ja voll fit. Nicht schlecht.
Je nun. Während der Belagerung Hippos hätte Augustin wohl kaum die civitas Dei schreiben können. Daran hat er vielmehr über ein Jahrzehnt lang gearbeitet, unter dem Eindruck der Eroberung Roms durch Alarichs Westgoten im Jahr 410. Vor der Belagerung von Hippo Regius durch Geiserichs Wandalen 430 war das Werk aber längst abgeschlossen.

Die Wandalen waren, ebenso wie die Goten, Arianer und keine Heiden. Augustins Haltung während der Belagerung hat Possidius in seiner Vita Augustini beschrieben, wo er auch Augustins Brief aus dieser Zeit an den Bischof Honoratus von Thiabe überliefert, in welchem es um die Verpflichtung des Hirten geht, in Zeiten solcher Not und Verfolgung bei seiner Herde zu bleiben.

Die Verteidiger Hippos unter dem comes Africæ Bonifacius waren übrigens hauptsächlich alliierte Goten, also enge Verwandte der belagernden Wandalen und ebenso wie diese Arianer.

Wie schon die geschichtlichen Details nicht stimmen, so ist der ganze Vergleich falsch und die Folgerung verkehrt. Augustin hat keine Stadttore geöffnet – beim Fall Hippos war er bereits tot – und dazu vermutlich auch nicht geraten, aber die Frage, ob eine Stadt einem Angreifer standhält, hat absolut nichts mit dem Glauben – oder gar »Verrat am Glauben« – zu tun.

Gegen die Feinde des Glaubens allerdings hat Augustinus seit seiner Bekehrung und vor allem als Bischof stets gekämpft. Wichtiger als sein konkretes Vorbild freilich war mir bei obigem Hinweis, der wegen genannter Sachirrtümer nicht recht gewürdigt wurde, die Erinnerung an Augustins Lehre von den zwei Staaten.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Stephen Dedalus
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Re: Die aktuelle Mißbrauchsdebatte

Beitrag von Stephen Dedalus »

Geschenkt. Mir mit dieser historischen Beschreibung (Heiden vor den Toren der Stadt) um eine zugespitzte Charakterisierung der gesamten weltgeschichtlichen Situation, nicht um eine detaillierte Situationsanalyse der konkreten Situation des Schreibens.

Zum Verhältnis der beiden Reiche: Zwar trennt Augustinus sie genau, aber stellt er nicht auch fest, daß die Kirche, obwohl zur civitas Dei gehörig, in ihrer irdischen Existenz immer ein corpus permixtum sein wird, mit Elementen der civitas terrena durchsetzt und niemals ganz "rein". Ist nicht die Trennung beider Reiche und die Überwindung der civitas terrena für Augustinus ein eschatologisches Ereignis, das erst der Herr der Ernte schafft.

Wenn Augustinus die beiden zu unterscheidenden Reiche (civitates) beschreibt, dann geht es ihm nicht unwesentlich darum herauszuarbeiten, daß das Gottesreich zwar unter den äußeren Voraussetzungen einer weltlichen Ordnung besteht, aber von dieser nicht abhängig ist, sondern eigenen Gesetzen folgt und auch unabhängig von dieser bestehen kann. Für diese Erkenntnis ist der Hintergrund des Zusammenbruches des weströmischen Reiches durchaus bedeutsam. Die Trennung der beiden Reiche (bei gleichzeitiger Durchdringung) führt aber nicht zwangsläufig zu einer dauerhaften Opposition der Kirche zur weltlichen Macht oder zur "Gesellschaft". Auch charakterisiert Augustinus die civitas terrena nicht ausschließlich als Reich des Bösen, sondern gesteht ihr eine notwendige Funktion als von Gott autorisierte Ordnungsmacht durchaus zu.

Ich denke, Augustinus hätte einen extremen Kirche-Welt-Dualismus, wie Du ihn hier vertrittst, abgelehnt.

Aber das müßte man ggf. in einem eigenen Strang diskutieren.
Zuletzt geändert von Stephen Dedalus am Montag 26. April 2010, 11:42, insgesamt 2-mal geändert.
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