lutherbeck hat geschrieben:Liebe Freunde,
ich möchte den Anlaß des Besuches Papst Benedikts in der evangelischen Kirche zu Rom dazu nützen, das Thema "Ökumene" ernsthaft mit euch zu erörtern;
Dieser Besuch ist weder Grund, große Hoffnungen zu hegen, noch rechtfertigt er es, Tränen zu vergießen. Daß er stattgefunden hat, ist vor allem dadurch interessant und bemerkenswert, daß er
nach Besuchen bei Moslems und Juden angesetzt war, lange danach. Damit trägt der Papst der Tatsache Rechnung, daß es aus dem Bereich der reformierten Gemeinschaften derzeit wenig gibt, was die Welt prägt, nicht im Guten und nicht im Schlechten. Die Reformierten lassen sich prägen, sind aber keine global players.
Auch wenn "katholisch.de" in einer begeisterten Tonart darüber berichtet, daß dieser Besuch stattgefunden hat, haben sie doch wenig mehr zu melden, als eben diese Tatsache. Nichts von dem, was gesagt wurde, reißt neue Perspektiven auf - wie sollte es auch. Der Papst hat gesagt, daß die andauernde Spaltung Grund zu tiefer Trauer ist - völlig zu Recht. Und er hat deutlicher als manacher andere darauf hingewiesen, daß er keinen Weg sieht, etwas gegen diesen traurigen Zustand zu tun:
Papst Benedikt hat geschrieben: Und da steht die Frage der Ökumene mit uns auf: die Trauer darüber, dass wir dieses Wir zerrissen haben, dass wir doch den einen Weg in mehrere Wege zerteilen und so das Zeugnis verdunkelt wird, das wir damit geben sollten – dass die Liebe selbst nicht ihre volle Gestalt finden kann. Was sollen wir dazu sagen?“
Wer will, kann hier kritisieren, daß der Papst scheinbar alle Christen gleicherweise anspricht, als ob alle gleich weit vom richtigen Weg entfernt wären, aber diese Deutung wäre kaum zu halten - er rückt nur ins Bewußtsein, daß alle Seiten dafür verantwortlich sind, daß es dahin gekommen ist. Und im Übrigen findet er es unangebracht, die Protestanten beim Besuch in ihrer schönen Kirche als Ketzer zu beschimpfen - das kann man nachvollziehen.
Für hektische ökumenische Betriebsamkeit, wie sie in Deutschland gerne geübt wird, sieht er keinen Anlaß:
Papst Benedikt hat geschrieben:Eine Einheit, die wir selbst aushandeln würden, wäre menschengemacht, und so brüchig wie alles, was Menschen machen. Das Ende der Trennung kann nur von Gott kommen, und statt über einen Stillstand der Ökumene zu klagen, sollen wir dankbar sein, dass es so viel Einheit gibt.
Daraus könnte man sogar herauslesen, daß es jetzt erst mal genug mit dem Dialogisieren wäre und Zeit zum Atemholen - aber so entschieden ist es wohl auch nicht gemeint.
Viel mehr vom Text habe ich bisher noch nicht gesehen - kommt wohl erst morgen. Wahrscheinlich hat er auch dazu aufgerufen, da, wo man an einem Strang ziehen kann, das auch zu tun - etwa im karitativen Bereich oder bei der Abwehr staatlicher Machtansprüche auf alle Lebensbereiche. Das wäre nur zu unterstützen.
Während hier also diplomatisch höfliches business as usual betrieben wird, liegt Anglicanorum Coetibus auf dem Tisch und sagt to whom it may concern: Wenn ihr den Katechismus (in allen seinen Punkten, versteht sich) anerkennt, können wir über alle dem nicht widerstreitende kulturelle Erbschaft und lehrmäßige Sondertradition reden. Man muß kein Römer werden, um katholisch zu sein. Das ist ein unerhörtes Angebot - das aber bei den rk. Ortskirchen anscheinend gar nicht gut angekommen ist, weil sie sich "katholisch" offenbar nur so vorstellen können, wie das von den zur Verwaltung der Ökumene beauftragten Gremien ausgehandelt worden ist - von Bürokratie zu Bürokratie sozusagen.
Ob es bei deutschen Protestanten in irgendeiner Form angekommen ist, weiß ich nicht - gehört habe ich nichts. Aber genau das wäre der Weg, auf dem es ökumenisch langsam vorangehen könnte, alles andere ist Beschäftigungstherapie.
Und zwar eine ziemlich riskante, wenn sie so betrieben wird, wie hierzulande üblich, wo man unter Ökumene offenbar nur versteht, alles beiseite zu lassen, was sich nicht dem kleinsten gemeinsamen Nenner unterordnen läßt.