In der gegenwärtigen Krisensituation wäre eine Ausdehnung der Möglichkeit, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen, ganz kontraproduktiv.
Ich stimme dir da nicht so einfach zu. Die Wertigkeiten sind ganz anders. Annodazumal wurde man aus vielerlei Gründen Priester (politischen, wirtschaftlichen, existentiellen, Karrierechancen.....), das Zölibat hierbei war hier ein Punkt unter vielen. Auserdem lange existiert er ja noch nicht und selbst in der kurzen Zeit in der er existierte wurde er nicht wirklich ernstgenommen. Wenn der Erzbischof von Salzburg ne Konkubine hatte das erzählte man sich das höschtens hinter vorgehaltener Hand. Wenn die Pfarrersköchin von Gratwein nach ihren 1 wöchigen Klosteraufenthalten um 10 kg leichter heimkam, machte man auch keinen wirbel darum.
Tatsächlich wird über das Zölibat erst ab Ende des 19 Jhdts. streng gewacht, wobei wirklich streng erst ab der 2. Hälfte des 20. Jhdts.
Heute wird man nurmehr Priester wegen seines Glaubens, also aus einem "idealistischen" Motiv heraus, da hat natürlich das Zölibat einen ganz anderen Stellenwert. Und der junge Wugl muß sich entscheiden zwischen Berufung und Familie beides ist der Wille Gottes.
Ein Ideall ohne Realität ist eine Chimäre, dehalb sollte es neben dem Ideall auch die Realitätsmöglichkeit geben. Nämlich eine Rückfallmöglichkeit für den Priester ohne das er deshalb zwischen Berufung und Familie entscheiden müsste, man zwingt ihn im Endefeckt immer dazu gegen den Willen Gottes zu handeln.
Um das zu vermeiden wäre meines erachtens eine umsetzung der orthodoxen Praxis ganz gut, wobei man noch eine Altersgranze setzen sollte. Das wäre auch allgemein sinnvoll, der Neopriester hat gerade mal das Elternhaus verlassen um wiederum in sicherer Umgebung zu studieren. Die Typen haben ja null Lebenserfahrung und die lasse ich dann auf Menschen los? Von denen verlange ich solch eine gravierende Entscheidung? Diese Praxis ist doch purer Schwachsinn. Und natürlich auch die Ausnahmefälle wenn ein Priester dann doch noch später heiraten will, aber nicht als automatismus gestaltet sondern als Bußakt mit Nachdenkpause (immerhin verletzt er ein Gelübde).
Auserdem ist es ungerechte und inkonsequente Praxis, wenn jeder x-beliebige Konvertit der in seiner Gemeinschaft ein geistliches Amt bekleidet, mit Kind und Kegel bei Rückkehr zum Priester geweiht wird. Denn hier gibt man eigentlich offen und ehrlich zu, Priesteramt und Familie schließen sich nicht aus.
Die Krise der Kirche – insofern sie Krise des Klerus ist (nebenbei ist sie natürlich auch eine der Laien) – kommt ja nicht vom Mangel an Vögelgelegenheit, sondern vom Mangel an Glauben.
Warum dann nicht der Intention des Paulus folgen? Ein Priester mit Familie, erlebt das gleiche wie jeder andere, wird sozusagen zu einem gleichrangigen. So jemand ist für die Masse hundertmal mehr Vorbild im gelebten Glauben, als der abgehobene Quasi-Heilige am Sonntag vorne am Altar.
Wir sind immer noch zu stark vom 2 Klassenglauben geprägt, was meines erachtens ein starker Grund für die Abkehr vom Glauben ist. Uns wird von "Übermenschen" (Klerikern) ein Ideal gepredigt und vorgelebt mit dem wir nichts anfangen können.
LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas