Pilgerer hat geschrieben:Es handelt sich dann entweder um die Sünde Sauls oder um eine heidnische Verirrung: 1Sam 15,23 "Denn Ungehorsam ist Sünde wie Zauberei, und Widerstreben ist wie Abgötterei und Götzendienst." 5. Mose 11,16-17 "16 Hütet euch aber, dass sich euer Herz nicht betören lasse, dass ihr abfallt und dient andern Göttern und betet sie an,17 und dass dann der Zorn des HERRN entbrenne über euch".
Gesetze/Gebote sind für Menschen guten Willens normalerweise relativ einfach zu befolgen, und meist ist die Sache eindeutig, solange der Mensch in keinen Konflikt zwischen mehreren Gesetzen/Geboten gerät, also in eine Situation, aus der er nicht "unschuldig" herauskommen kann.
Beispiel Straßenverkehrsordnung: Obwohl ich mich normalerweise an die Verkehrsregeln halte, erinnere ich mich noch gut an den Tag, als ich mit Tempo 80 über einen ungeteerten Feldweg bretterte ("nur für landwirtschaftliche Fahrzeuge"), anschließend mehrere dunkelgelbe Ampeln überfuhr und schließlich meinen Wagen in einem gesperrten Bereich ("nur Einsatzfahrzeuge") vor der Notaufnahme eines Krankenhauses zum Stehen brachte, weil hinten im Auto mein Sohn lag, der sich beim Spielen im Wald schwer verletzt hatte.
Ich habe in diesem Fall also ganz bewusst, soweit man bei dem Schock von "bewusst" überhaupt reden kann, gegen eine ganze Menge Regeln verstoßen. Und zwar nicht deshalb, weil ich so gerne ungehorsam bin und auf die StVO sowieso pfeife oder weil ich gerne andere Verkehrsteilnehmer ärgere oder in Gefahr bringe, sondern weil mir in dieser Situation ein anderes Gut (nämlich das Leben meines Kindes) wesentlich wichtig
er erschien als die Einhaltung der StVO und mein schönes (immer makellos sauberes) Punktekonto in Flensburg.
Anderes Beispiel: Das deutsche Recht verbietet (völlig zurecht, finde ich) jeden Einsatz und auch die Androhung von körperlicher Gewalt bei der Vernehmung von Tatverdächtigen. Vielleicht erinnerst Du Dich noch an den Entführungsfall vor ein paar Jahren in Frankfurt, bei dem der stellvertretende Polizeipräsident dem festgenommen Entführer (M.Gäfgen) körperliche Gewalt androhen ließ, weil er irrtümlich glaubte, auf diese Weise das Leben des entführten Jungen retten zu können? Er wollte auf diese Weise erreichen, dass der Entführer das Versteck des vermeintlich noch lebenden Jungen verrät. Dem Polizisten erschien in diesem Moment das Leben des Jungen wichtig
er als das gesetzliche Folterverbot. Ein klarer Gesetzesverstoß -- pfui! --, der Polizist stand nachher völlig zurecht vor Gericht, aber ich hätte an seiner Stelle vermutlich kein bisschen anders gehandelt. Ich hatte Respekt vor diesem Polizisten und litt mit ihm, (und das, obwohl ich prinzipiell das Folterverbot für richtig halte).
Deshalb greift Deine "Sünde Sauls" oder die "heidnische Verirrung" in einigen Fällen katastrophal zu kurz, finde ich. Und ich hoffe für Dich, dass Du niemals in eine echte Konfliktsituation gerätst.
Pilgerer hat geschrieben:Diese beiden Verfehlungen sind möglicherweise schwerwiegender als eine unwissentliche Sünde gegen das kirchliche Eherecht.
In den meisten Fällen wird es sich wohl um einen
wissentlichen Verstoß gegen das kirchliche Eherecht handeln.
(Auch in dem von mir beschriebenen Fall. Genau das macht ja einen Gewissenskonflikt aus, dass man
wissentlich zwischen zwei Übeln/Verstößen wählen muss.)