Unterschiedliche Orationen der Messbücher von 1962 und 1970

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ad-fontes
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Re: Unterschiedliche Orationen der Messbücher von 1962 und 1970

Beitrag von ad-fontes »

Festinantes omnipotens deus in occursum filii tui domini nostri nulli impediant actus terreni sed caelestis sapientiae eruditio faciat nos eius esse consortes. Per eundem dominum nostrum. Uel qui tecum

Uns, die wir zur Begegnung mit deinem Sohn, unserem Herrn, eilen, allmächtiger Gott, möge kein irdisches Handeln hindern, sondern die Unterrichtung in himmlischer Weisheit mache uns zu seinen Genossen*. Durch denselben, unseren Herrn. Oder der mit dir.


* besser "Miterben"?
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Robert Ketelhohn
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Re: Unterschiedliche Orationen der Messbücher von 1962 und 1970

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Von „Erben“ steht da nichts. Wenn du schon den lateinischen Text abwandelst, wieso
schreibst du dann nicht gleich coheredes?

Über die „Genossen“ kann man natürlich streiten, wie über jede Geschmacksfrage,
aber der Begriff paßt schon, und ich benutze ihn gern mal, um nicht solch ein schönes
und für die kirchliche Soziallehre auch nicht ganz unwichtiges Wort den Bolschewiken
zu überlassen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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ad-fontes
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Re: Unterschiedliche Orationen der Messbücher von 1962 und 1970

Beitrag von ad-fontes »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Von „Erben“ steht da nichts. Wenn du schon den lateinischen Text abwandelst, wieso
schreibst du dann nicht gleich coheredes?

Über die „Genossen“ kann man natürlich streiten, wie über jede Geschmacksfrage,
aber der Begriff paßt schon, und ich benutze ihn gern mal, um nicht solch ein schönes
und für die kirchliche Soziallehre auch nicht ganz unwichtiges Wort den Bolschewiken
zu überlassen.
Aus der gleichen Assoziation heraus war ich zum gegenteiligen Schluß gekommen.

Eigentlich müßte man anfangen, alte, fremde oder "besetzte" Wörter neu verstehen und annehmen zu lernen.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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ad-fontes
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Re: Unterschiedliche Orationen der Messbücher von 1962 und 1970

Beitrag von ad-fontes »

Karl Amon, Präsidialgebete, 1973 hat geschrieben:Die feste inhaltliche Bindung an die vorhergehende Kommunion entspricht in etwa der Bindung an das Offertorialgeschehen beim Gabengebet. In zahlreichen Fällen gelang in den Studientexten der Versuch, die Bezugnahme auf die Kommunion so zu fassen, daß sich die nicht kommunizierenden Teilnehmer eher freundlich zum Empfang des Sakramentes gemahnt als von diesem ausgeschlossen fühlen: nicht Wir haben das heilige Sakrament empfangen, sondern Du reichst uns diese große Gabe o.ä. Das dürfte besser für die sakramentale Teilnahme an der Messe werben.
Wenn dann bitteschön im Perfekt! :patsch:
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Maurus
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Re: Unterschiedliche Orationen der Messbücher von 1962 und 1970

Beitrag von Maurus »

ad-fontes hat geschrieben:
Karl Amon, Präsidialgebete, 1973 hat geschrieben:Die feste inhaltliche Bindung an die vorhergehende Kommunion entspricht in etwa der Bindung an das Offertorialgeschehen beim Gabengebet. In zahlreichen Fällen gelang in den Studientexten der Versuch, die Bezugnahme auf die Kommunion so zu fassen, daß sich die nicht kommunizierenden Teilnehmer eher freundlich zum Empfang des Sakramentes gemahnt als von diesem ausgeschlossen fühlen: nicht Wir haben das heilige Sakrament empfangen, sondern Du reichst uns diese große Gabe o.ä. Das dürfte besser für die sakramentale Teilnahme an der Messe werben.
Wenn dann bitteschön im Perfekt! :patsch:
Das nutzt in dem Fall auch nix mehr.

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ad-fontes
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Re: Unterschiedliche Orationen der Messbücher von 1962 und 1970

Beitrag von ad-fontes »

Da haste recht.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Niels
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Re: Unterschiedliche Orationen der Messbücher von 1962 und 1970

Beitrag von Niels »

Maurus hat geschrieben:
ad-fontes hat geschrieben:
Karl Amon, Präsidialgebete, 1973 hat geschrieben:Die feste inhaltliche Bindung an die vorhergehende Kommunion entspricht in etwa der Bindung an das Offertorialgeschehen beim Gabengebet. In zahlreichen Fällen gelang in den Studientexten der Versuch, die Bezugnahme auf die Kommunion so zu fassen, daß sich die nicht kommunizierenden Teilnehmer eher freundlich zum Empfang des Sakramentes gemahnt als von diesem ausgeschlossen fühlen: nicht Wir haben das heilige Sakrament empfangen, sondern Du reichst uns diese große Gabe o.ä. Das dürfte besser für die sakramentale Teilnahme an der Messe werben.
Wenn dann bitteschön im Perfekt! :patsch:
Das nutzt in dem Fall auch nix mehr.
Ja, leider. :roll:
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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Juergen
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Re: Unterschiedliche Orationen der Messbücher von 1962 und 1970

Beitrag von Juergen »

In folgendem Blogartikel macht sich jemand Gedanken zur Oration des heutigen Sonntags in der a.o. Form und vergleicht sie mit dem Tagesgebet des 16. Sonntags im Jahreskreis (Leseordnung B)
http://www.summorum-pontificum.de/theme ... gsten.html

Zum 8. Sonntag nach Pfingsten

Die Oration zum 8. Sonntag nach Pfingsten ist ein klassisches Beispiel für Inhalt und Stil der traditionellen Orationen des römischen Ritus:…
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Hubertus
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Re: Unterschiedliche Orationen der Messbücher von 1962 und 1970

Beitrag von Hubertus »

Juergen hat geschrieben:In folgendem Blogartikel macht sich jemand Gedanken zur Oration des heutigen Sonntags in der a.o. Form und vergleicht sie mit dem Tagesgebet des 16. Sonntags im Jahreskreis (Leseordnung B)
http://www.summorum-pontificum.de/theme ... gsten.html

Zum 8. Sonntag nach Pfingsten

Die Oration zum 8. Sonntag nach Pfingsten ist ein klassisches Beispiel für Inhalt und Stil der traditionellen Orationen des römischen Ritus:…
Hier wird übrigens auch wieder deutlich, daß stark vereinfacht werden muß, wenn das "Verstehen" der Gläubigen die oberste Priorität bekommt: In der Tat ist die lat. Oration selbst in ihrer dt. Übersetzung bei bloßem Hören nur schwer verständlich, da sie viel zu komplex gebaut ist. Natürlich ließe sich der Inhalt in einfacheren syntagmatischen Strukturen ausdrücken; aber dann würde die Oration viel länger und möglicherweise dann auch nicht mehr in ihrer vollen Einheit zu erkennen.
Ergo: Der pädagogisierende Grundcharakter der erneuerten Liturgie ließ nur auf Kosten an (inhaltlicher) Substanz erreichen.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

maliems
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Re: Unterschiedliche Orationen der Messbücher von 1962 und 1970

Beitrag von maliems »

Habe jetzt keinen Schott zur Hand. Ist das die Schott-Übersetzung?

Also, das Wort propitius ist doch offensichtlich ein Prädikativum zum Herrgott. Das wird in der Übersetzung völlig mißverstanden.

Es liegt keine 3er-Aufzählung (mit propitius), sondern eine Zweiteilung (ohne propitius) vor.

Und das ist dann klassisches römisches Denken: Die Alternative von cogitare und agere.

Dass das Verb cogitare erklärt wird (was recht ist), bringt die Erwartungshaltung, dass selbige Erklärung auch für agendi gilt, mit sich.
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Der Gedanke hinter "ut":

esse und vivere sind hier gleichbedeutend.

Wir können ohne dich nicht sein - wir wollen in deinem Sinne sein.

Im logischen Sinne schillert die Frage hinein: "ohne dich nicht sein können"; Ist das ein Moralismus, eine captatio benevolentiae? oder ist es eher schöpfungtheologisch gedacht: Gott als Schöpfer ist uns als Geschöpfen voraus.

Letzterer Gedanke scheint mir wahrscheinlicher. Man könnte (und ich tue es) diesen sehr juridischen Moralismus als Zweckoptimismus deuten: Wenn wir schon als Gottes Geschöpfe existieren, dann schenke uns doch auch das Vermögen, nach deinem Willen zu leben.

Gnadentheologisch formuliert: komme unserem Tun mit deiner Gnade zuvor.
--------------------
und zum logischen Gefüge von Hauptsatz/Nebensatz:

HS: Schenke und gutes Denken u Handeln,
NS: damit wir "nach dir" (=gut) leben können.
heißt: Leben=Denken und Handeln.

Das ist eben das katholische et-et entgegen dem protestantischen Satz "sola gratia":

Got gewärt (gratia/largiri), dass der Mensch im Stande ist, gut zu sein. Das heißt, er ist noch nicht automatisch durch Gnade oder Prädestination gut, er muss es noch verwirklichen/tun.

Ich danke der Seite Summorum-Pontificum dafür, diese geniale Oration thematisiert zu haben. Ich habe allerdings nicht den Vergleich zur neuen Oration einbedacht, da ich als Kulturpessimist in ihr keinen Fortschritt erwarte. Ich halte die überkommene Oration und ihr Denken für einen Höhepunkt klassischer Theologie, zu der es nur Rückschritte geben kann.

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