Was macht meinen Glauben aus?

Allgemein Katholisches.
Stefan

Beitrag von Stefan »

Heinrich hat geschrieben:Ich saß ziemlich lange da und schaute zum Kreuz des Außenaltars. Irgendwann wurde meine Wut durch ein tiefes Gefühl, dem ich keine wirkliche Bezeichnung geben kann, vollkommen "ersetzt".
Bingo.
Ich glotzte damals auf den Gekreuzigten und dachte nur: Was hier alles so an Mist passiert, was ich die ganze Zeit anstelle - dafür ist ER gestorben. Das hat mich nicht mehr losgelassen.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich möchte die Frage ein wenig umformulieren: Worauf ruht mein Glaube, und um wessentwillen halte ich an ihm fest? – Die Antwort auf den ersten Teil ist eine doppelte: Mein Glaube ruht auf dem Fundament des glaubwürdigen Zeugnisses der Apostel von jenem Geschehen vor rund zweitausend Jahren. Er ruht andererseits auf meinem Scheitern, meinem verpfuschten, sinnlosen Leben – und der Antwort Jesu darauf, der scheinbar gegen jede Vernunft und gegen jedes Verdienst mich unermeßlich beschenkt hat.

Ich halte an ihm fest, weil es keinen andern Weg gibt. Zu wem sollte ich sonst gehen? Ohne den Herrn, meinen Retter, meinen Heiland bin ich verloren. Ebenso sind die meinen verloren. Das hat der Herr mir auferlegt – und mir damit zugleich vieles, was mir lieb war, aber wohl doch überflüssig, abgeschnitten –, auch meiner Frau und meinen Kindern den Weg zu ihm zu ebnen. Auch wenn ich nicht zu mehr tauge, als Putzlappen des Heiligen Geistes zu sein. Wenn überhaupt.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Bernd Heinrich Stein

Beitrag von Bernd Heinrich Stein »

Edith hat geschrieben: aus der Gottesbegegnung heraus handeln. An Anderen. Am Nächsten.

Weitergeben, was man empfangen hat.
Dazu muß man sich öffnen.... um empfangen zu können... damit man was zum Weitergeben hat.
Wir wollen doch nicht nur uns selber weitergben, nicht?
Die Nächstenliebe hat "Gefahren", oder besser, ich überprüfe ob Nächstenliebe nicht eigentlich Selbstliebe ist. Ob ich mich nicht nur "auf-opfere", damit andere mich bewundern. Nächstenliebe gepaart mit Demut und Bescheidenheit, dass Bewustsein, dass ich Werkzeug bin, ist nicht unbedingt einfach, wenn man fast 50 Jahre anders gelebt hat -insbesondere ohne das ich wußte, dass ich anders gelebt habe.

Heinrich

Ralf

Beitrag von Ralf »

Im Römerbrief spricht Paulus so schön davon, dass man den Nächsten in seinem Glauben, so minimini er auch sein mag, aufbauen und nicht zerstören soll.
Das kann sehr schwierig sein, bspw. bei einigen mir bekannten Homosexuellen. Sie fühlen sich so sehr abgelehnt (viel mehr als unverheiratet Zusammenlebende übrigens). Nein, keine Debatte darüber! Ich maße mir auch nicht an, die Lehre der Kirche zu ändern.

Nichts ist so leicht und so falsch wie Richter sein (übrigens besonders auch in der Medizin, wenn man selbst auf der machtvollen Seite steht).

Matti
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Beitrag von Matti »

ich möchte mit einem vers aus psalm 42 antworten

Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser,
so lechzt meine Seele, Gott, nach dir.
Meine Seele dürstet nach Gott,
nach dem lebendigen Gott.

Edith
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Beitrag von Edith »

Heinrich hat geschrieben:Huch! :shock:

So eine (scheinbar) einfache Frage und dann sitze ich hier und weiß nicht so recht, wie ich das Ausdrücken soll, ohne in die Gefahr der Plattheit zu kommen.
das bestürzt mich auch immer wieder!
Wir können uns in den abstrusesten Randtheman sicher argumentativ bewegen..... aber wenn uns jemand nach dem "Grund unserer Hoffnung" fragt.... werden wir unsicher, stammeln. Wir sollten das öfter üben. :ja:

Ralf

Beitrag von Ralf »

Ich muss auch zugeben, auch wenn das vielleicht privilegiert oder arrogant erscheinen mag, dass meine persönlichen existentiellen Gotteserfahrungen, die nicht überhäufig waren und sicher auch nicht von allen als solche interpretiert werden würden, ein sehr wichtiges Element meines Glaubens sind.
Sie kamen stets unverhofft, wenn auch einmal mit Tränen in den Augen erbetet.
Und sie kamen immer dann, wenn ich, was so gar nicht meinem Naturell entspricht (und genau deswegen zeigte Er sich dann), alle Zügel aus der Hand gelassen hatte und in kleiner Hilfslosigkeit und Ohnmacht nackt vor Ihm stand.

Edith
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Beitrag von Edith »

Ralf hat geschrieben:Ich muss auch zugeben, auch wenn das vielleicht privilegiert oder arrogant erscheinen mag, dass meine persönlichen existentiellen Gotteserfahrungen, die nicht überhäufig waren und sicher auch nicht von allen als solche interpretiert werden würden, ein sehr wichtiges Element meines Glaubens sind.
Lass es Dir wurscht sein, wie das andere finden.
Wichtig ist, was es mit Dir macht.

Und: wenn man mal bohrt... stellt man fest, daß Mystik (also Gotteserfahrung) durchaus weit verbreitet ist. Die Leute wissen nur oft nicht, daß sie Mystiker sind! :D Und das sind mir auch die liebsten! :ja:

Edith
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Beitrag von Edith »

Edith hat geschrieben: Und: wenn man mal bohrt... stellt man fest, daß Mystik (also Gotteserfahrung) durchaus weit verbreitet ist. :ja:
lasst es raus Leute...... helft den anderen Beim Suchen!

Was trägt Euren Glauben?

Edith
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Beitrag von Edith »

In kath.net sprach mich mal jemand an, weil ich in einem Posting erwähnte, daß ich "einen Mystiker" kenne.
Der Mensch wollte mehr darüber wissen. Ich fragte zurück, was der Mensch sich denn unter "einem Mystiker" vorstelle. Ist das jemand der schwebt, oder so?
Nein... ein Mystiker ist jemand, der mit seinem Gott lebt!


[schild=random fontcolor=000000 shadowcolor=C0C0C0 shieldshadow=1]mystic area[/schild]

Edith
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Beitrag von Edith »

Nun lässt du, Herr, deinen Knecht,*
wie du gesagt hast, in Frieden scheiden.

Denn meine Augen haben das Heil gesehen,*
das du vor allen Völkern bereitet hast,

ein Licht, das die Heiden erleuchtet,*
und Herrlichkeit für dein Volk Israel.

Lk 2, 29-32

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Godjonga
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Beitrag von Godjonga »

Grüß Dich Edith !

Du fragst nach dem Glaubensleben, nach der Praxis, wie erlebe und erfahre ich Gott, wie antworte ich darauf und warum diskutiert man hier "anscheinend" belanglosere Dinge ... ???

Ich will meine Sicht der Dinge schildern:
Wir diskutieren hier in einem "Internetforum" und man ist hier einigermaßen "anonym" - damit meine ich fällt es viel leichter sich über Dinge auszutauschen, die man "objektiv-subjektiv" betrachten und sich darüber austauschen kann ..., aber was Du fragst, ist zwar ganz richtig der Kern unseres Glaubens, aber damit auch was ganz persönliches, etwas was mir heilig ist, was mich ausmacht; und das hier so "einfach" zu schreiben, fällt - zumindest mir - nicht ganz leicht ... !
Ich finde das gut so; ich glaube das "gehört" so!

Deine fast "drängende" Art nach dem Glaubensleben anderer zu fragen und darüber zu reden "stößt" mich eher ab, als es mich "anzieht" oder anspricht; aber weil sich bereits so viele "geöffnet" haben und ihr Glaubensleben geschildert haben, werde, so denke ich bis jetzt meines auch erzählen; aber das dauert noch ein wenig ...
Vertrauen wächst ... ;)

Für mich ist es also nicht verwunderlich, wenn der Thread "Verhütung" sehr viele Antworten erfährt oder oft gelesen wird, aber der Glaubenskern ... nicht "so" angesprochen wird - das kann er ja auch gar nicht, es ist schließlich eine ganz ander Ebene ... - oder ?

Herzliche Grüße und vielen Dank an alle die schon geschrieben haben, sehr wertvolle Postings - meines kommt noch ;)
MPHCEV: Mater perfectam habebit curam et victoriam

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Edith hat geschrieben:»Und: wenn man mal bohrt... stellt man fest, daß Mystik (also Gotteserfahrung) durchaus weit verbreitet ist. Die Leute wissen nur oft nicht, daß sie Mystiker sind! Und das sind mir auch die liebsten!«
Ha! Wenn du das Mystik nennst … :) Ich nenne es gesunden Realitätssinn. Die Gegenwart Gottes in meiner Geschichte erkennen, in den ganz konkreten Ereignissen. Also, wenn deine „Mystik“ derart bodenständig ist, dann klopf’ ich dir gleich freudig auf den – äh … auf die Schulter.
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rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Edith
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Beitrag von Edith »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: Ha! Wenn du das Mystik nennst … :) Ich nenne es gesunden Realitätssinn. Die Gegenwart Gottes in meiner Geschichte erkennen, in den ganz konkreten Ereignissen. Also, wenn deine „Mystik“ derart bodenständig ist, dann klopf’ ich dir gleich freudig auf den – äh … auf die Schulter.
:ja: Nun, für den, der Gott als real erkennt, ist Mystik Realitätssinn! :mrgreen: Eigentlich ein guter Hinweis... Robert! :ja:

*freundschaftlich-zurückklopf*

Cicero
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Beitrag von Cicero »

Edith hat geschrieben:... aber wenn uns jemand nach dem "Grund unserer Hoffnung" fragt.... werden wir unsicher, stammeln. Wir sollten das öfter üben. :ja:
Ja, das sollten wir.

[Metaebene]
Aber:

Habt ich euch schon einmal mit einem "Freikirchler auf Missionszug" unterhalten?

Das werdet ihr "zugetextet bis zum gehtnichtmehr"

Die können über ihren Glauben reden, weil sie ihre Formeln auswendig gelernt haben.
Unsere Großeltern konnten das auch noch, weil sie ihren Katechismus auswendig konnten.
Wir können das nicht mehr oder tun uns schwer, weil wir keine Sprache für das Reden über den Glauben mehr erlernen.
[/Metaebene]

Was meinen Glauben trägt,
ist die Erfahrung und feste Überzeugung nicht von einem anonymen und grausamen Zufall/Schicksal in die Existenz geworfen zu sein, sondern von Gott geschaffen, gerufen und gewollt zu sein.
Von Gott, der mich auch dann nicht fallen läßt, wenn ich nur noch Mist baue, wenn mir nichts mehr gelingt, wenn ich nach menschlichen Gesichtspunkten nichts mehr wert bin.
Ja er geht sogar darüber hinaus und kommt meinem Scheitern mit seinem Erlösungshandeln zuvor, ohne daß ich das in irgendeiner Weise verdient hätte oder mir verdienen könnte.

Dabei darf ich aber nicht stehen bleiben, sondern ich bin gerufen mich aufzumachen an seinem Werk mitzuwirken (Wie es in Westfalen so schön hießt Matthäus am letzten)

Und das sind wir wieder dabei, wie rede ich über meinen Glauben.
Wenn ich das, was ich oben geschrieben habe, jmd. erzähle, der nichts von Gott weiß, wissen will, zeigt der mir Vögelchen.

Ich habe viel mit Jugendlichen zu tun /zu tun gehabt.
Eines könnt ihr mir glauben, die meisten sind in den Dingen des Glaubens komplett "unbelastet". Haben ein diffuses Verständnis von Religion und Kirche, das sich aus den Quellen eines (meistens) schlechtem Religionsunterrichts, den Medien, dem Elternhaus und dem Freundeskreis speist.
Diese Mischung produziert ein diffuses Verständnis von Glauben und Kirche, das im günstigsten Falle noch religöser Indifferentismus ist, meistens aber ein unreflektiert gedachter und praktizierter Atheismus (Nach dem Motto: Gott, haben sich die Priester doch nur ausgedacht, um ...) Diejenigen unter den Jugendlichen, die zu ihrem Glauben stehen, schweigen darüber, um nicht von der Mehrheit niedergemacht zu werden.

- Ich habe diesen frechen Aufkleber nicht umsonst gemacht -

Wie finde ich eine Sprache, die den Jugendlichen die nichts vom Glauben wissen, den Glauben der Kirche nahebringen kann?

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lancelot
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Beitrag von lancelot »

Edith hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben: Ha! Wenn du das Mystik nennst … :) Ich nenne es gesunden Realitätssinn. Die Gegenwart Gottes in meiner Geschichte erkennen, in den ganz konkreten Ereignissen. Also, wenn deine „Mystik“ derart bodenständig ist, dann klopf’ ich dir gleich freudig auf den – äh … auf die Schulter.
:ja: Nun, für den, der Gott als real erkennt, ist Mystik Realitätssinn! :mrgreen: Eigentlich ein guter Hinweis... Robert! :ja:

*freundschaftlich-zurückklopf*
Hier geht es aber dann doch um ein Verständnis von Mystik, das früheren Jahrhunderten und Jahrzehnten so nicht geläufig war, so weit ich weiß. Man nimmt den Flair, das Besondere, Exquisite der alten "Mystik" mit und gibt dem normalen Glaubensleben, das vielleicht nicht einmal im strengen Sinn Gotteserfahrung ist, oft eher Stillhalten, Wüste, Suchen und Tasten, Gehorchen, einen attraktiven Touch.

Ich für meinen Teil halte das Treusein, das ausdauernde, nicht unbedingt erfahrungsgesättigte Stehen zur eigenen Wahl und zur Wahl GOttes für mindestens so wichtig wie die Momente des Vorübergangs, wo ER sich fast tasten läßt.

Aber mystisch möchte ich das nicht nennen - solange an diesem Wort noch der Duft der großen Mystiker hängt.

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Nähe der Liebe

Weite der Ewigkeit


Staunen
Hingabe

Schauen dürfen, auch hier und jetzt.
Nur der Schwache wappnet sich mit Härte.
Wahre Stärke kann sich Toleranz, Verständnis und Güte leisten.
T. Boesche-Zacharow

Stefan

Beitrag von Stefan »

Matti hat geschrieben:ich möchte mit einem vers aus psalm 42 antworten

Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser,
so lechzt meine Seele, Gott, nach dir.
Meine Seele dürstet nach Gott,
nach dem lebendigen Gott.
Kann ich ziemlich viel mit anfangen, Matti. Wie überhaupt die Psalmen eine Stütze im Glauben sind. Sehnsucht nach Gott eben.

Bernd Heinrich Stein

Beitrag von Bernd Heinrich Stein »

Cicero hat geschrieben:
Edith hat geschrieben:... aber wenn uns jemand nach dem "Grund unserer Hoffnung" fragt.... werden wir unsicher, stammeln. Wir sollten das öfter üben. :ja:
Ja, das sollten wir.

[Metaebene]
Aber:

Habt ich euch schon einmal mit einem "Freikirchler auf Missionszug" unterhalten?

Das werdet ihr "zugetextet bis zum gehtnichtmehr"

Die können über ihren Glauben reden, weil sie ihre Formeln auswendig gelernt haben.
Unsere Großeltern konnten das auch noch, weil sie ihren Katechismus auswendig konnten.
Wir können das nicht mehr oder tun uns schwer, weil wir keine Sprache für das Reden über den Glauben mehr erlernen.
[/Metaebene]
Ein Aspekt, der mir Schwierigkeiten bei meinem Beitrag bereitete. Das Bedürfnis nicht in einen Jargon zu verfallen, der von anderen besetzt wird und bei mir einen negativen Beiklang hat.

Und das sind wir wieder dabei, wie rede ich über meinen Glauben.
Wenn ich das, was ich oben geschrieben habe, jmd. erzähle, der nichts von Gott weiß, wissen will, zeigt der mir Vögelchen.
Ja, das Problem als rückständiger, hinterwäldlerischer und naiver Zeitgenosse gesehen zu werden, ist nicht garade gering.
Ich habe viel mit Jugendlichen zu tun /zu tun gehabt.
Eines könnt ihr mir glauben, die meisten sind in den Dingen des Glaubens komplett "unbelastet". Haben ein diffuses Verständnis von Religion und Kirche, das sich aus den Quellen eines (meistens) schlechtem Religionsunterrichts, den Medien, dem Elternhaus und dem Freundeskreis speist.
Diese Mischung produziert ein diffuses Verständnis von Glauben und Kirche, das im günstigsten Falle noch religöser Indifferentismus ist, meistens aber ein unreflektiert gedachter und praktizierter Atheismus (Nach dem Motto: Gott, haben sich die Priester doch nur ausgedacht, um ...) Diejenigen unter den Jugendlichen, die zu ihrem Glauben stehen, schweigen darüber, um nicht von der Mehrheit niedergemacht zu werden.

- Ich habe diesen frechen Aufkleber nicht umsonst gemacht -

Wie finde ich eine Sprache, die den Jugendlichen die nichts vom Glauben wissen, den Glauben der Kirche nahebringen kann?
Ich erlebe nicht wenige Jugendliche auch auf der Suche nach Tiefe. Und ebenso, dass Sie in ihrer Umgebung, bis hin zu den Eltern, niemandem auch nur zutrauen, ihnen bei dem Finden von Antworten zu helfen. Bei Freunden meiner Söhne hatte ich des öfteren das Gefühl, "adoptiert" zu werden. Bei Gesprächen um Sinn, Zukunft usw. spreche ich eher von christlichen Grundwerten. Ich benutze dann zuerst nicht den Begriff der Nächstenliebe, sondern "Geminschaftsgefühl", "Solidarität" und ähnliches und komme meist erst viel später dazu, dies mit den konkreten Glaubensbegriffen zu verbinden.
Gespräche machen sich oft am konkreten Tagesgeschehen fest. Wenn z.B. über Ackermann (Deutsche Bank) gesprochen wird und sich Empörung über Abfindungszahlungen breit macht, spreche ich auch darüber, dass jemand der nicht Gläubig ist und den Menschen mit seinen intelektuellen Fähigkeiten für das Maß der Dinge hält, eben nicht aus dem Gefühl heraus handelt, sich und seine Taten einmal rechtfertigen oder zumindest erklären zu müssen.

Heinrich

Biggi
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Beitrag von Biggi »

Wow, kaum war ich gestern abend raus aus dem Kreuzgang, da ging in diesem Thread die Post ab. Danke für eure Impulse!
Edith hat geschrieben:Mich beschäftigt sehr stark der Gedanke:
ich möchte Sakrament seiner Gegenwart unter den Menschen sein.
Sakrament= Zeichen und Werkzeug.
Mir kam vor ähnlicher Zeit ein ähnlicher Gedanke, der mich immer noch beschäftigt: "Monstranz sein" --> IHN im Mittelpunkt meines Lebens haben (auch meines Alltags!), auf IHN zentriert sein, IHN den Menschen sichtbar machen.... - und immer wieder neu beginnen, wenn ich dabei scheitere.
Was mir dabei wichtig ist und hilft:
1.) das Leben aus den Sakramenten: der täglichen hl. Messe und der häufigen Beichte, gelegentlich (so oft wie möglich) Gebet vor dem ausgesetzten Allerheiligsten;
2.) feste Zeiträume des freien inneren Gebets, des "Zusammenseins mit Gott", ob mit oder ohne Lust...
3.) mir in meinem Glaubensleben von anderen Menschen helfen lassen, deren Gott sich bedienen will, und merken, wo Gott sich meiner bedienen will, um andere Menschen näher an sich zu ziehen.

LG
Biggi

Cicero
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Beitrag von Cicero »

Heinrich hat geschrieben: Ich erlebe nicht wenige Jugendliche auch auf der Suche nach Tiefe.
In absoluten Zahlen, ja.

Relativ zu den vielen, eher nein.

Das ist aber

1. ein Problem der Wahrnehmung, weil viele sich erst langsam öffnen können.
2. ein Problem der Masse, gerade in einer Zeit, in der ich eine große Masse von Jugendlichen erlebe, die sich aus unterschiedlischsten Gründen auf die Firmung vorbereiten oder nicht vorbereiten, sondern sie nur mitnehmen wollen.

Im persönlichen Gespräch erlebe ich diese Suche nach Tiefe ebenso wie in der kleinen Gruppe Jugendlicher, die sich in unserer Gemeinde zusammengeschlossen hat, weil sie mehr wollen.

Das Reden über den Glauben bekommt dann eine andere Qualität, weil es im geschützten Raum stattfindet.

Marlene
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Beitrag von Marlene »

Edith hat geschrieben:Wenn ich mir die Themen so ansehe (Verhütung, Sexualität, Unfehlbarkeit, Zölibat, verheiratete Priester...etc pp) stellt sich mir die Frage:

Was prägt eigentlich unser Glaubensleben?
Was prägt mein Christsein in meiner Umwelt?

Mal ganz ehrlich: sind die o.g. Themen wirklich so elementar wichtig für unser Leben mit Gott?
Hi Edith,
danke für die Frage!

Ganz ehrlich: Ich finde die Themen reichlich randständig.
Mein Leben mit Gott wird überhaupt nicht tangiert von Fragen der Unfehlbarkeit, des Zölibats, der unbefleckten Empfängnis, Marienerscheinungen, Privatoffenbarungen und dergleichen mehr. Und meine Sexualität ist Bestandteil meiner Selbst und damit integriert in mein Leben mit IHM.

Ich habe in meinem Zimmer eine Gebetsbank, die direkt unter einem großen Dachfenster steht. Jeden Morgen gehe ich möglichst als erstes in ein kurzes Gebet: Ich knie mich hin, schaue in den Himmel, nehme aus Seiner Hand den neuen Tag entgegen und danke Ihm dafür. Ich sage Ihm, was ich am Tag tun möchte und bitte Ihn um Seine Begleitung und um Seinen Segen. Vor dem Schlafengehen knie ich mich wieder hin, gucke wieder in den Himmel, sehe mit Gott zusammen den Tag an und gebe ihn Ihm zurück. Und dieses Zurückgeben fällt gar nicht so leicht, wird mir doch jeden Abend wieder die Diskrepanz zwischen dem, was ein von Ihm gesegneter Tag sein sollte, und dem, was ich konkret damit angestellt habe, deutlich.

Aber so lerne ich allmählich Seine Barmherzigkeit und Liebe kennen - und meine Sehnsüchte und Grenzen.

Das sind sozusagen die täglichen Eckpfeiler.

Und sonst? Je nach Tagespensum ... Ich habe immer einen kleines Büchlein mit den Psalmen in meiner Tasche. Das krame ich öfter mal heraus ...

Ganz wichtig sind mir zwei Dinge:
- Die Übung, andere Menschen als Kind Gottes zu sehen (das hat hier schon jemand geschildert)
- Und einmal am Tag ganz still zu werden, und mich einfach ganz in Seine Gegenwart hineinfallen zu lassen. Ohne Worte ...

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Die Übung mit dem die anderen als Kind Gottes zu sehen finde ich schön.
Nur der Schwache wappnet sich mit Härte.
Wahre Stärke kann sich Toleranz, Verständnis und Güte leisten.
T. Boesche-Zacharow

Edith
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Beitrag von Edith »

Biggi hat geschrieben: Mir kam vor ähnlicher Zeit ein ähnlicher Gedanke, der mich immer noch beschäftigt: "Monstranz sein" --> IHN im Mittelpunkt meines Lebens haben (auch meines Alltags!), auf IHN zentriert sein, IHN den Menschen sichtbar machen.... - und immer wieder neu beginnen, wenn ich dabei scheitere.
Eine schöner Gedanke, ja.
Eine Monstranz zeigt ja was her.... für andere.
Eine Monstranz beinhaltet den gegenwärtigen Herrn ja nicht um ihrer selbst willen, sondern um Ihn zu zeigen, zu de-monstr-ieren. :)

Christusträger in der Welt... könnte man auch dazu sagen.

Und: wie macht Ihr das jetzt konkret, sagen wir, am Arbeitsplatz?

Marlene
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Beitrag von Marlene »

Edith hat geschrieben:Und: wie macht Ihr das jetzt konkret, sagen wir, am Arbeitsplatz?
Meine Umgebung weiß, dass ich Oblatin bin -
daraus ergibt sich einfach schon so Manches ... an Gesprächen, Fragen, auch Verpflichtungen für mich (Tratschen über andere ist nicht mehr drin, laute Sch..rufe, wenn der Computer streikt, werden intensiv kommentiert).

Ich habe mir allen Ernstes überlegt, ob ich ein Kreuz an die Wand hänge ... bislang habe ich es noch nicht getan. Dafür hängt der kultige Keramik-Benedikt aus Eibingen da. Da hat sich schon manches Gespräch daran aufgehängt.

Und das Innere: Ab und zu schlage ich mal ein Kreuzzeichen oder summe ein Lied, "Alles meinem Gott zu Ehren" oder die Melodie des Suscipe me, oder "I don't know how to love him" oder so :)

Viel mehr ist tagsüber nicht drin. Es sei denn, ich verkneife mir das Posten und ersetze es durch Gebet ;)

Was ich mir im Übrigen allen Ernstes als Fastenopfer überlege.

Biggi
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Beitrag von Biggi »

Edith hat geschrieben:Und: wie macht Ihr das jetzt konkret, sagen wir, am Arbeitsplatz?
Zuerst einmal: einfach vernünftig arbeiten. Auch wenn es mal anstrengend ist. Auch wenn es mal langweilig ist. Auch wenn Kollegen weniger arbeiten. etc. - Also so gut wie jeweils möglich (unter Berücksichtigung der verfügbaren Zeit, meiner beschränkten Fähigkeiten und sonstiger "mildernder Umstände"). Das impliziert Lernbereitschaft und auch Investition in Fortbildungsveranstaltungen.
Dann: aus den richtigen Absichten handeln: also nicht zur Selbstbeweihräucherung, sondern um der Menschen und Aufgaben willen - und "um Gottes willen" (diesmal im wahrsten Sinne des Wortes ;) ), ein gutes Stück unabhängig sein von Lob/Anerkennung oder Missbilligung (wobei Letzteres durchaus Anlass zu ernster Gewissenserforschung sein sollte!); und Lob und Anerkennung tun mir immer noch gut (manchmal zu gut!), aber das versuch ich dann weiter zu reichen an den, der mir die Gaben geschenkt hat, um die es da geht. Klärung der Motivation führt dann auch dazu, auch mal die Arbeiten zu akzeptieren, vor denen man sich gerne drückt...
Die Menschen an meinem Arbeitsplatz als "ganze Menschen" wahrnehmen, nicht nur in ihrer Funktion. Wahrnehmen, wo jemand ein persönliches Gespräch, ein Ohr zum Zuhören braucht...
Und: immer wieder auch im Arbeitsalltag die "Vertikale" suchen, d.h. kurze Blicke zum Herrn, Stoßgebete ("Herr, Geduld, aber [Punkt]" ;) ), Bitte für die Menschen, mit denen ich zu tun hab, IHM die jeweilige Arbeit schenken etc. etc.

LG
Biggi

Edith
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Beitrag von Edith »

Zuerst einmal: einfach vernünftig arbeiten. Auch wenn es mal anstrengend ist. Auch wenn es mal langweilig ist. Auch wenn Kollegen weniger arbeiten. etc. - Also so gut wie jeweils möglich (unter Berücksichtigung der verfügbaren Zeit, meiner beschränkten Fähigkeiten und sonstiger "mildernder Umstände"). Das impliziert Lernbereitschaft und auch Investition in Fortbildungsveranstaltungen.
Dann: aus den richtigen Absichten handeln: also nicht zur Selbstbeweihräucherung, sondern um der Menschen und Aufgaben willen - und "um Gottes willen" (diesmal im wahrsten Sinne des Wortes ;) ), ein gutes Stück unabhängig sein von Lob/Anerkennung oder Missbilligung (wobei Letzteres durchaus Anlass zu ernster Gewissenserforschung sein sollte!); und Lob und Anerkennung tun mir immer noch gut (manchmal zu gut!), aber das versuch ich dann weiter zu reichen an den, der mir die Gaben geschenkt hat, um die es da geht. Klärung der Motivation führt dann auch dazu, auch mal die Arbeiten zu akzeptieren, vor denen man sich gerne drückt...
Die Menschen an meinem Arbeitsplatz als "ganze Menschen" wahrnehmen, nicht nur in ihrer Funktion. Wahrnehmen, wo jemand ein persönliches Gespräch, ein Ohr zum Zuhören braucht...
Und: immer wieder auch im Arbeitsalltag die "Vertikale" suchen, d.h. kurze Blicke zum Herrn, Stoßgebete ("Herr, Geduld, aber [Punkt]" ;) ), Bitte für die Menschen, mit denen ich zu tun hab, IHM die jeweilige Arbeit schenken etc. etc.

LG
Biggi
excellenter Beitrag! Danke Biggi!!
Zuletzt geändert von Edith am Dienstag 17. Februar 2004, 12:44, insgesamt 2-mal geändert.

Marlene
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Beitrag von Marlene »

Biggi hat geschrieben: Lob und Anerkennung tun mir immer noch gut (manchmal zu gut!), aber das versuch ich dann weiter zu reichen an den, der mir die Gaben geschenkt hat, um die es da geht

Damit in allem Gott verherrlicht werde (RB 57,9)
Danke für deinen Beitrag, Biggi! :)

Edith
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Beitrag von Edith »

Biggi hat geschrieben:
Edith hat geschrieben:Und: wie macht Ihr das jetzt konkret, sagen wir, am Arbeitsplatz?
Zuerst einmal: einfach vernünftig arbeiten. ...Biggi

hm... ich überlege gerade... wie lange ich hier immer so im Internet bin.... :kratz:

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Ermi
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Monstranz!

Beitrag von Ermi »

Ich muß immer noch kräftig schmunzeln, wenn ich mir vorstelle, Edith und Biggi als je wertvolle Monstranz im Museum! :freude: Kann ich mir nicht vorstellen!! :nein:
Aber nun wieder zur Sache. Die Idee, als lebendige Monstranz für Jesus transparent zu sein, finde ich gut.
Wenn ihr mich fragt, was ich sein möchte, dann kann ich sagen: „ein lebendiger Tabernakel“. Warum. Ich darf da Jesus in den vielen Hostien in mir aufbewahren und bei der nächsten Gelegenheit kann Jesus auf diejenigen die mühselig beladen sind zugehen, wie es in der Heiligen Schrift heißt.
Gruß Ermi
Gott ist mittendrin!

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Ich möchte einfach ein Mensch sein - denn er ist auch Mensch geworden.
Nur der Schwache wappnet sich mit Härte.
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Biggi
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Re: Monstranz!

Beitrag von Biggi »

Ermi hat geschrieben:Ich muß immer noch kräftig schmunzeln, wenn ich mir vorstelle, Edith und Biggi als je wertvolle Monstranz im Museum! :freude: Kann ich mir nicht vorstellen!! :nein:
:mrgreen: :mrgreen: :mrgreen: Da haste irgendwas falsch verstanden, [Punkt] Ich kann mir weder vorstellen, mich in einer Museumsvitrine auf die Dauer wohlzufühlen noch, dass irgendwer für die Besichtigung bereit wäre, Geld zu bezahlen! :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:

LG
Biggi

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