iustus hat geschrieben:Maurus hat geschrieben:
Für eine schwere Sünden bzw Todsünde müssen bekanntlich drei Bedingungen erfüllt sein:
a) schwerwiegende Materie
Eine schwerwiegende Materie ist nach KKK 1854 jeder Verstoß gegen die 1 Gebote. Das ist in Osters Beispiel offensichtlich der Fall (Ehebruch).
b) volles Bewusstsein
Auch hier ist klar, dass dem Pönitenten bewusst ist, dass er etwas Verbotenes tut.
c) bedachte Zustimmung
Die Willentlichkeit der Zustimmung kann durch Triebkräfte eine Leidenschaften gemindert sein (KKK 186). Allerdings ist mir nicht klar, was das für Folgen hat, bzw. ob es überhaupt Folgen hat. Denn eine Minderung ändert ja nichts daran, dass die Zustimmung vorhanden ist. Deutlich wird jedenfalls, dass KKK 186 innerhalb der schweren Sünde/Todsünde qualitative Wertungen vornimmt: "Die Sünde aus Bosheit, aus überlegter Entscheidung für das Böse wiegt am schwersten." Wo einen dagegen Leidenschaften oder gar irgendwelche Zwänge hinführen, das wiegt dementsprechend weniger schwer. Es bleibt aber vorhanden und damit handelt es sich um eine schwere Sünde.
Das Letzte bezweifle ich. Und ich bezweifle, dass die Kirche dies lehrt.
Das kann meines Erachtens schon deshalb nicht der Fall sein, weil Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe dann überhaupt nicht berücksichtigt würden (Beispiel: Die Tötung eines anderen Menschen, um das Leben eines Dritten zu retten: schwerwiegende Materie und volles Bewusstsein sind vorhanden, die bedachte Zustimmung nach Deiner Auffassung auch, nach meiner nicht).
Werden denn solche Gründe immer ausreichend berücksichtigt? Ich erinnere mal an den berühmten "Lügen - wann erlaubt?"-Strang:
viewtopic.php?f=1&t=13277&hilit=l%C3%BCge*&start=384
Dort wurde unter Verweis auf die kirchliche Lehre über die Lüge von einer rigorosen Partei vertreten, es sei niemals(!) erlaubt zu lügen. Wenn das stimmt, gibt es auch keine Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe. Die Lüge wurde sogar im Fall des berühmten Gestapo-Beispiels als nicht rechtfertigbar verworfen.
Und die Tötung eines Dritten zur Rettung eines anderen? Auch das wurde im Forum schon diskutiert und klar verworfen: Es ist danach nicht erlaubt, etwa die Leibesfrucht zu töten, um das Leben der Mutter zu retten.
Und selbst wenn man hier etwas anderes annehmen würde (was in der Moraltheologie ja durchaus geschieht und auch ich habe damals im Strang ähnlich argumentiert): Gibt es im Beispiel Osters solche Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe? Und wenn es sie tatsächlich gibt, ist es dann nicht die Folge, dass der Ehebruch plötzlich zur lässlichen Sünde wird, wenn der Ehebrecher nur wünscht, dass er irgendwann in die Lage versetzt wird, das Gebot zu halten? Dann braucht ja auch kein Mensch, der so hofft mehr beichten, denn lässliche Sünden können ja durch alle möglichen anderen Werke, Gebete etc. getilgt werden. Da liegt m.E. doch einiges im Argen.
iustus hat geschrieben:Was meinst Du denn damit?
186 lautet:
186 Unverschuldete Unkenntnis kann die Verantwortung für ein schweres Vergehen vermindern, wenn nicht sogar aufheben. Aber von niemandem wird angenommen, daß er die sittlichen Grundsätze nicht kennt, die in das Gewissen jedes Menschen eingeschrieben sind. Auch Triebimpulse, Leidenschaften sowie von außen ausgeübter Druck oder krankhafte Störungen können die Freiheit und die Willentlichkeit eines Vergehens vermindern.
Meinst Du, nach dem Vorstehenden kann nur die unverschuldete Unkenntnis die Verantwortung aufheben, ein von außen ausgeübter Druck oder eine krankhafte Störung könnten aber nur zu einer Minderung der Willentlichkeit führen, nicht aber zu einer Aufhebung?
Nach dem Wortlaut wäre das in meinen Augen so. Beim ausgeübten Druck allerdings gilt es wohl zu differenzieren, ähnlich wie im Strafrecht. Wenn der Spielraum des Genötigten auch tatsächlich nicht mehr gegeben ist, dann kann eigentlich nicht mehr von einer frei verantworteten Tat ausgegangen werden. Das könnte dann auch keine Sünde mehr sein.
Dennoch ist klar, dass der Passus nicht ganz unproblematisch ist.
iustus hat geschrieben:Maurus hat geschrieben:Das wird ja Absicht sein.
Das sagst Du so.
Vielleicht war´s ein Redaktionsversehen? Soll vorkommen.
Natürlich. Aber davon kann man ja nicht einfach nach Belieben ausgehen. Da gilt es zunächst einmal, den Willen des Verfassers zu erforschen.