Erstbeichte für Kinder und Beichte in Deutschland

Allgemein Katholisches.
beatrix
Beiträge: 2
Registriert: Sonntag 29. Januar 2023, 22:27

Erstbeichte für Kinder und Beichte in Deutschland

Beitrag von beatrix »

Hallöchen,

ich bin nicht aus Deutschland und ich habe ein paar Fragen über das Bußsakrament. Mir interessiert wie es in eurem Gegend (Land) aussieht und was sich im Laufe der Zeit geändert hat.

1) Müssen die Kinder bevor die Erstkommunion beichten? Ist es rar oder häufig? Im Beichtstuhl oder ist es ein Gespräch mit dem Priest außer Kirche?
2) Wie oft beichten die Kinder (aber auch Erwachsene) nach der Erstkomunnion? Immer nachdem sie eine Todsünde begehen?
3) Erklärt man den Kindern den Unterschied zwischen Todsünder und lässlichen Sünden? Bekommen die eine Liste von Todsünden?
4) Warum gibt es in manchen Kirchen überhaupt keinen Beichtstuhl?

Danke für die Antworten ;)

Fuchsi
Beiträge: 1412
Registriert: Mittwoch 22. Mai 2019, 08:27

Re: Erstbeichte für Kinder und Beichte in Deutschland

Beitrag von Fuchsi »

Also in meiner Heimatpfarrei gab es eine interessante "Rolle rückwärts". Zu meiner Zeit (1980er) war die Erstbeichte nach der Erstkommunion. Das wurde geändert. "Zu meiner Zeit" konnte man zwischen Beichtstuhl und dem damals jüngst eingerichteten "Raum" wählen. Alle aus meienr Katechesegruppe (Grundschulalter!) wählten den Beichtstuhl. Ein Bekannter, jünger als ich, aus dem Nachbarort, kennt nur das "Sakrament der Versöhnung" am Tisch. Ansonsten ist die Beichte meines Wissens ziemlich ausser Gebrauch geraten. Eine Randerscheinung einiger weniger Individualfälle. Zumindes was Durchschnittskatholiken in D betrifft. Bei Renovierungen verschwinden Beichtstühle gern aus Kirchen. Ich kenne einen Fall wo der Beichtstuhl als Besenkammer dient. Ich spekuliere etwas: Wenn es Beichte gibt, so als Gespräch am Tisch. Oder halt bei frommen Gruppierungen, die aber eine verschwindende Mindeheit sind. Diese müssen nicht unbedingt Tradis sein... aber vereinfacht lässt sich sagen bei Tradis ist die Beichte am häufigsten anzutreffen.

Zu meiner Beichtkatechese etwas:
*Todsünde und lässliche Sünden spielten eine untergeordnete bis gar keine Rolle.
*Es ging eher um die Analyse von Schuld. Beispiel eine Geschichte aus dem Heftchen Junge zieht um hat keine Freunde wird zum klauen ausgenutzt, erwischt und in Polizeigewahrsam genommen. Fragen an die Kleinen: Haben die Ausnutzer nicht auch Schuld auf sich geladen? In welcher Form? Sind sie nicht gar die Hauptschuldigen? Ist der "Dieb" vielleicht sogar unschuldig? Vielleicht bnicht vor dem weltlichen Gesetz aber vor Gott? Siehe Barmherzigkeit...
*Im Beichtspiegel (Grundschulalter) ging es in etwa um "Habe ich andere Kinder geärgert - Streit angefangen", "Hausaufgaben nicht gemacht", "der Mutti nicht um Haushalt geholfen" "Tiere gequält" usw... aber auch z. B. "Habe ich den Gottesdienst gestört?"
*Es wurde gelehrt, dass man vielleicht nicht alle Sünden, aber die schwersten beichten soll... wegen potentiellem ausufern usw... der Rest ist dann "mitvergeben und verziehen" ohne genannt zu werden...

Es wurde der "formale Ablauf" eingeübt, d. h. Zu Beginn "In Reue und Demut bekenne ich meine Sünden" -> "Ich habe .. dies ... das.. dieses.. und jenes..." "Dies sind meine Sünden ich bereue sie von Herzen" Die Buße waren dann die klassische geringe Anzahl von Vater unser und Gegrüßet seist du Maria. Also diesbezüglich recht traditionell im Ablauf

Wir wurden per Brief vom Pfarramt einige Jahre im Anschluss an die Kommunion vor den Festen Weihnachten und Ostern zur Beichte eingeladen. Als Katechesegruppe traf man sich dazu in der Kirche mit den "Alten Gesichtern" von der Kommunion, Erst-Beichte und dann letztmalig Firmung (6. Klasse -> 11-12 Jahre alt). Danach bröckelte alles auseinander...

Die Zusammenstellung der Katechesegruppen ist nach wie vor rätselhaft. Ich wurde nicht mit meinen Klassenkameraden zusammengesteckt, sondern mit "Bauernjungs". Vielleicht wurde ich als "einfach strukturiertes Elternhaus" klassifiziert, von wem auch immer... die "etepetete"-Kinder kamen in eine andere Katechesegruppe... hmmm???? Fragezeichen!

Benutzeravatar
Protasius
Moderator
Beiträge: 7122
Registriert: Samstag 19. Juni 2010, 19:13

Re: Erstbeichte für Kinder und Beichte in Deutschland

Beitrag von Protasius »

Ich bin Ende der 90er Jahre zur Erstkommunion gegangen, Erstbeichte war auch da vor der Erstkommunion. Auch später bei der Firmung war eine Beichte vorgesehen. Ich könnte mir vorstellen, daß das evtl. auch unterschiedlich ist je nach Bistum; ich bin im Erzbistum Paderborn aufgewachsen, das einen sehr konservativen Ruf hat (oder mittlerweile vllt. hatte). Soweit ich mich erinnere, fand die Beichte in der Sakristei statt.

Eine Unterscheidung von schweren und läßlichen Sünden ist mir aus der Kommunionvorbereitung nicht in Erinnerung geblieben, aber die ist mir mittlerweile ohnehin eher bruchstückhaft in Erinnerung geblieben; da ich die dritte Klasse übersprungen habe und viel der Kommunionvorbereitung im Rahmen des Religionsunterrichts ebendieser dritten Klasse passiert, habe ich vermutlich einiges verpaßt, wenn ich nicht daran gedacht habe den Unterricht der vierten Klasse zu verlassen um in den Reliunterricht der dritten zu gehen.

Allgemein ist die Beichte in Deutschland heute gewissermaßen ein vergemessenes Sakrament; in meiner Wohnortpfarrei gab es bis letztes Jahr zwar eine wöchentliche Beichtgelegenheit, aber ein Beichtvater hat mir mal erzählt, ich sei nahezu der einzige, der käme; das könnte auch damit zusammenhängen, daß die Vorabendmesse, die auf die Beichtgelegenheit folgte, einer Änderung der Gottesdienstordnung zum Opfer fiel. Seit letztem Jahr ist die Beichtgelegenheit einmal monatlich vor der Messe am ersten Freitag im Monat; wie gut die angenommen wird, kann ich nicht sagen, weil ich um diese Zeit meistens verhindert bin.

Recht gut besucht sind zwar Bußgottesdienste vor Weihnachten und Ostern, aber die Gelegenheit zur Einzelbeichte nehmen nach meiner Erfahrung nur wenige war; Ausnahmen sind in meiner Erfahrung Gemeinden, in denen es eine größere Diasporagruppe gibt, etwa die Polen in meiner Nachbarstadt: Bei einer Beichtgelegenheit an Gründonnerstag vor einigen Jahren mit einem polnischen und einem deutschen Priester war zwar eine längere Schlange von Pönitenten anwesend, die auf polnisch beichten wollten, aber auf deutsch waren es ziemlich wenige.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Dr.Hackenbush
Beiträge: 1756
Registriert: Sonntag 7. Februar 2021, 12:18

Re: Erstbeichte für Kinder und Beichte in Deutschland

Beitrag von Dr.Hackenbush »

beatrix hat geschrieben:
Sonntag 29. Januar 2023, 23:56
Mir interessiert wie es in eurem Gegend (Land) aussieht und was sich im Laufe der Zeit geändert hat.

1) Müssen die Kinder bevor die Erstkommunion beichten?
Ja. Neben dem Erstkommunionunterricht hatte ich auch Beichtunterricht vor dem Empfang der Erstkommunion (das war 1966-67 und in manchen, typisch katholischen Ländern soll das immer noch so sein). Bevor wir die Erstbeichte ablegten, haben wir diese beim Priester, der uns den Beichtunterricht erteilt hat, oft genug geprobt. Ver dem Empfang der Erstkommunion genauso - ausschließlich Mundkommunion.

beatrix hat geschrieben:
Sonntag 29. Januar 2023, 23:56
Ist es rar oder häufig?
man soll beichten, wenn man gesündigt hat – mindestens ein Mal im Jahr, in der Osterzeit.

beatrix hat geschrieben:
Sonntag 29. Januar 2023, 23:56
Im Beichtstuhl oder ist es ein Gespräch mit dem Priest außer Kirche?
Meiner Beobachtungen nach, wollen die Beichtenden lieber im Beichtstuhl beichten, als im Beichtzimmer. Die Annahme nach V2, dass ein Beichtzimmer die Beichte offener und „menschenfreundlicher“ gestaltet, hat sich nicht bestätigt. Deshalb kommen vermutlich immer weniger zu Beichte, weil man die Beichtstühle mit Beichtzimmern ersetzt hat.

beatrix hat geschrieben:
Sonntag 29. Januar 2023, 23:56
2) Wie oft beichten die Kinder (aber auch Erwachsene) nach der Erstkommunion?
in Deutschland so gut wie nie, weil man ihnen vorgegaukelt hat, dass ein s.g. Bußgottesdienst die Einzelbeichte ersetzt.

beatrix hat geschrieben:
Sonntag 29. Januar 2023, 23:56
Immer nachdem sie eine Todsünde begehen?
zu beichten ist es nie falsch - egal ob man schwer (Todsünde), oder lässlich gesündigt hat. Eine Beichte ist nicht nur ein Sakrament, sie ist auch ein Mittel der Selbstdisziplin.

beatrix hat geschrieben:
Sonntag 29. Januar 2023, 23:56
3) Erklärt man den Kindern den Unterschied zwischen Todsünder und lässlichen Sünden?
das hoffe ich doch sehr! Mir hat man das erklärt.

beatrix hat geschrieben:
Sonntag 29. Januar 2023, 23:56
Bekommen die eine Liste von Todsünden?
ich habe eine bekommen, bzw. wurde im Erstkommunion/Beichtunterricht auswendig gelernt: Die Hauptsünden, die Haupttugenden, die Werke der Barmherzigkeit – so war es im Jahre 1966 und auch später (wurde mir berichtet).

beatrix hat geschrieben:
Sonntag 29. Januar 2023, 23:56
4) Warum gibt es in manchen Kirchen überhaupt keinen Beichtstuhl?
weil sich der Gemeindepfarrer, der Pastoralreferent, die Gemeindereferentin und der Gemeinderat einbilden, dass Beichte ein Relikt aus vorkonziliarer Zeit ist (vor V2), dass der Mensch mittlerweile so "heilig" geworden ist, dass er nicht nötig hat zu beichten und weil Gott in Seiner unendlichen Barmherzigkeit eh alle Sünden vergibt.

beatrix
Beiträge: 2
Registriert: Sonntag 29. Januar 2023, 22:27

Re: Erstbeichte für Kinder und Beichte in Deutschland

Beitrag von beatrix »

Vielen Dank für die ausführlichen Antworten.

Benutzeravatar
Jakobgutbewohner
Beiträge: 1781
Registriert: Donnerstag 21. Januar 2021, 15:47
Kontaktdaten:

Re: Erstbeichte für Kinder und Beichte in Deutschland

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Dr.Hackenbush hat geschrieben:
Montag 30. Januar 2023, 18:42
Die Annahme nach V2, dass ein Beichtzimmer die Beichte offener und „menschenfreundlicher“ gestaltet, hat sich nicht bestätigt.
Die Situation könnte dadurch "körperlicher" geworden sein, statt menschlicher?
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

Benutzeravatar
Protasius
Moderator
Beiträge: 7122
Registriert: Samstag 19. Juni 2010, 19:13

Re: Erstbeichte für Kinder und Beichte in Deutschland

Beitrag von Protasius »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Dienstag 31. Januar 2023, 17:59
Dr.Hackenbush hat geschrieben:
Montag 30. Januar 2023, 18:42
Die Annahme nach V2, dass ein Beichtzimmer die Beichte offener und „menschenfreundlicher“ gestaltet, hat sich nicht bestätigt.
Die Situation könnte dadurch "körperlicher" geworden sein, statt menschlicher?
Was soll körperlicher in diesem Zusammenhang heißen? In meiner Erfahrung ist eher eine Beichte in einem Beichtstuhl dadurch körperlicher, daß man kniet und das - je nach Dauer der Beichte und der Beschaffenheit der Oberfläche, auf der der Pönitent kniet - nach mehr oder weniger kurzer Zeit auch spürt.

Ich ziehe den Beichtstuhl unter anderem auch deshalb vor, weil es sich dann weniger wie eine Sitzung beim Therapeuten anfühlt. Wenn ich in einem Beichtzimmer sitze, fühlt sich das mehr wie ein Gespräch unter gleichen an; wenn der Priester mir die Lossprechung gibt, ist er aber genau das nicht, sondern handelt mit der Autorität Christi.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Benutzeravatar
Jakobgutbewohner
Beiträge: 1781
Registriert: Donnerstag 21. Januar 2021, 15:47
Kontaktdaten:

Re: Erstbeichte für Kinder und Beichte in Deutschland

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Protasius hat geschrieben:
Dienstag 31. Januar 2023, 20:27
Was soll körperlicher in diesem Zusammenhang heißen?
Man ist körperlich beieinander, während die Zusammenkunft in einem Beichtsuhl wohl eher auf der Stimme basiert und anderes ausblendet.
In meiner Erfahrung ist eher eine Beichte in einem Beichtstuhl dadurch körperlicher, daß man kniet und das - je nach Dauer der Beichte und der Beschaffenheit der Oberfläche, auf der der Pönitent kniet - nach mehr oder weniger kurzer Zeit auch spürt.
Das mag sein, das wäre nach meinen Begriffen was anders.
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

Dr.Hackenbush
Beiträge: 1756
Registriert: Sonntag 7. Februar 2021, 12:18

Re: Erstbeichte für Kinder und Beichte in Deutschland

Beitrag von Dr.Hackenbush »

Jakobgutbewohner hat geschrieben:
Dienstag 31. Januar 2023, 22:02
Protasius hat geschrieben:
Dienstag 31. Januar 2023, 20:27
Was soll körperlicher in diesem Zusammenhang heißen?
Man ist körperlich beieinander, während die Zusammenkunft in einem Beichtsuhl wohl eher auf der Stimme basiert und anderes ausblendet.
als ich Mitte der 80-ger Jahre ein Kloster (das im 17 Jh. errichtet wurde) besuchte, wurde mir ein besonderes Beichtzimmer gezeigt – so gut ich mich noch erinnern kann, war das ein quadratischer Raum 4x4m, mit einem Bogengewölbe. Diesen Raum kann der Beichtvater durch eine Tür betreten, die sich in der an die Klostermauer/Klostergänge angebauten Wand befindet (innerhalb der Klausur). Der Pönitent kann diesen Raum durch eine andere Tür, die sich in der Wand gegenüber befindet und von außen (außerhalb der Klausur) zugänglich ist, betreten. Sobald der Beichtvater in diesem Raum, in einer Ecke mit dem Gesicht zur Ecke (Wand), platznimmt, darf der Pönitent eintreten und kniet sich mit dem Gesicht zur gegenüberliegenden Ecke nieder, so dass sich beide nicht sehen können. Die Übertragung der Sprache entlang des Bogengewölbes (unter der gewölbte Decke) - vom Pönitenten zum Beichtvater - funktioniert so gut, dass man den Eindruck gewinnt, man sitzt dem Beichtvater direkt gegenüber. Nach der Beichte verlässt der Pönitent das Beichtzimmer und falls er sich umdreht, sieht er nur den Rücken und den Hinterkopf des Beichtvaters. Funktioniert einwandfrei – habe selbst ausprobiert. ;)

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema