Verbände weisen Kritik am Reli-Unterricht zurück: Gänswein hatte in einem Interview mit der "Deutschen Welle" bemängelt, dass junge Leute nach der Schule "fast gar nichts" von ihrer Religion wüssten. Ausführlich in
diesem Interview (bei ca. Min. 17:45):
Erzbischof Georg Gänswein hat geschrieben:"Da muss sich die Kirche fragen, wo sind Leerstellen in der Verkündigung, in der Katechese, wo muss ich etwas tun...es ist ja sonderbar, in Deutschland haben wir wie fast in keinem anderen Land der Welt Religion als verpflichtendes Fach im Unterricht...oft ist es aber so, dass die jungen Leute nach der Schule von ihrer Religion fast gar nichts wissen und wenn sie nichts wissen, dann können sie mit der Religion auch nichts anfangen...da ist es wichtig, dass man da wirklich Hand anlegt und Abhilfe schafft."
Von den Religionslehrerverbänden erhob sich ein Sturm der Entrüstung:
katholisch.de hat geschrieben:"Die Hinführung zur Teilnahme am kirchlichen Leben ist nicht primär Aufgabe des Religionsunterrichts"
Das hatte der Erzbischof doch gar nicht behauptet. Es ging doch um das
Wissen über die eigene Religion.
katholisch.de hat geschrieben:"Nur dem Religionsunterricht aufzutragen, was eine reduzierte Katechese nicht leisten kann, würde nicht nur die Katechese veröden lassen, sondern auch die Anerkennung des Religionsunterrichts in Schule und Gesellschaft gefährden."
Was leistet der Religionsunterricht in seiner jetzigen Form dann überhaupt?
"Er sei ein anerkanntes Fach"
Wo leben die eigentlich?
"und leiste einen wesentlichen Beitrag zur Allgemeinbildung der Schüler."
Aber wenn offenbar das Wissen fehlt,
was wird dann vermittelt?
Schauen wir mal:
katholisch.de hat geschrieben:Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Frage, was Jugendliche am Ende ihrer Schullaufbahn über das Christentum - oder besser: über den Katholizismus - gelernt haben müssten. Die Antworten darauf fallen jedoch ebenso unterschiedlich aus, wie das Wissen darüber, was tatsächlich im Unterricht gelehrt wird.
Das ist schon einigermaßen seltsam bei einem Fach, welches wie jedes andere auch verpflichtende Lehrpläne hat.
katholisch.de hat geschrieben:"Der Tübinger Religionspädagoge Albert Biesinger geht sogar noch einen Schritt weiter und spricht von "einer völligen Fehleinschätzung der Situation" durch Gänswein."
Albert Biesinger hat geschrieben:"Biesinger ist Unterzeichner der "Kölner Erklärung" 1989 und „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch“."
Noch Fragen?
Aber:
katholisch.de hat geschrieben:"Für den Bochumer Religionspädagogen Bernhard Grümme ist der Vorwurf erst einmal nicht aus der Luft gegriffen. Neuere Forschungen zum Religionsunterricht belegten, dass Schüler am Ende ihrer Schullaufbahn tatsächlich zu wenig über das Fach wüssten. Allerdings macht Grümme nicht die fehlenden Lehrinhalte dafür verantwortlich, sondern die didaktischen Konzepte, über die auch die Religionspädagogen stritten. Zur Diskussion steht beispielsweise der vom Bundesbildungsministerium angestoßene Paradigmenwechsel von der "Input-Orientierung" der alten Lehrpläne zur neuen "Output-Orientierung". Das Ergebnis ist der sogenannte kompetenzorientierte Unterricht, der mittlerweile deutschlandweit in Schulen Einzug erhalten hat. Die vermittelten Inhalte sind in diesem Konzept eher Mittel zum Zweck, um weitere Fähigkeiten zu erwerben. Zum "Wissen" kommen Aspekte wie Verstehen, Können, Handeln, Erfahrung und Motivation hinzu. Pädagogen sprechen in Bezug auf den Religionsunterricht von Sach-, Methoden-, Urteils- und Handlungskompetenz. Grümme steht der Kompetenzorientierung mit einer gewissen Skepsis gegenüber. Zwar wünsche er sich keinen "Bildungskanon" zurück, der alle zu behandelnden Inhalte vorgebe. Allerdings würden durch die neuen, stark vom Konstruktivismus geprägten Methoden teilweise wichtige Unterrichtsinhalte relativiert. "Wenn Schüler 30 Minuten Zeit bekommen, um etwas herauszufinden, das der Lehrer durch einen kleinen Impuls in zwei bis drei Minuten vorgeben kann, dann geht das natürlich auf Kosten eines Wissenszuwachses", erklärt Grümme. Der Theologe beklagt zudem, dass die Kompetenzorientierung das Gefälle hin zu einer Ökonomisierung von Bildung weiter verstärke."
Grümme weiter:
"Doch wie soll das funktionieren, wenn immer weniger junge Menschen eine Anbindung an die Kirchengemeinde haben? Grümme bestätigt, dass der Religionsunterricht durch den "gesellschaftlichen Wandel vor ganz neuen Herausforderungen stehe. Ursprünglich hätten Schüler außerhalb der Schule religiöse Erfahrungen gemacht, die als Grundlage für den Unterricht dienten. Weil das nicht mehr der Fall ist, versuche man nun etwa mit der sogenannten performativen Religionsdidaktik, Religion im Unterricht selbst erlebbar und erfahrbar zu machen. Das sei laut Grümme aber "ein Ritt auf des Messers Schneide". Als Beispiel nennt er den Umgang mit Gebeten wie dem "Vaterunser". Weil es ein zentrales Element des christlichen Glaubens sei, gehöre es durchaus in den Religionsunterricht, so Grümme. Auch könne man den Inhalt des Gebets mit persönlichen Erfahrungen der Schüler verknüpfen. Sobald man das "Vaterunser" aber im Unterricht so einfordere, "dass es auswendig gelernt und persönlich, aus dem Glauben heraus gesprochen wird, dann wurde das eigentliche Ziel verfehlt"."
Dann ist mal wieder das Bildungssystem schuld - klar, irgendeine anonyme Masse...
katholisch.de hat geschrieben:"Und letztlich gebe es auch ein Problem mit dem deutschen Bildungssystem. Statt eines ganzheitlichen Bildungsangebots zu machen, werde der Unterricht nur noch auf einen reinen Nutzen für die Wirtschaft hin ausgerichtet. "Auch deshalb steigt der Druck auf die Schüler und irgendwann sind sie bildungssatt."
So eine blöde Ausrede. Mich hat als Reli-Lehrer noch nie irgendein Wirtschaftsfuzzi von wegen "Ökonomisierung" belämmert. Soll er doch sagen, was wirklich Sache ist: Die Leute der Kirche haben in den Lehrplankommissionen niemand drin, der die Eier hat, auch mal
"Nein" zu sagen. Das gelingt ihnen wohl nur, wenn der
"Youcat" angeschafft werden soll. Was für widerliche Memmen.
katholisch.de hat geschrieben:"Wie eine bessere religiöse Bildung gestaltet werden könnte? Eine schwierige Frage, meint Reutter. Neben dem Unterricht sei die Schulpastoral eine gute Gelegenheit, um mit den Jugendlichen, die daran Interesse haben, ins Gespräch zu kommen. Dabei könne es durchaus auch um religiöse Themen gehen."
Nennt sich
"Compassion"-Projekt. Alles schon durchgenudelt. Bringt nix, weil keine
"Compassion" da ist. Warum auch. Da hab ich eher Mitleid mit den Schülern. Außerdem braucht man dazu kein Reli-Unterricht. Das könnte ein Lebenskundeunterricht auch leisten.
Nun gut. Gleichzeitig stellen diese reflexartig seit Jahrzehnten bei Kritik von außen abgespulten Floskeln aber auch einen gewissen Trost dar: Die Leitungen dieser Religionslehrerverbände bestehen ausnahmslos aus kurz vor der Pensionierung stehenden Lehrern. Entweder wir hören also bald neue Floskeln oder - was ich für wahrscheinlicher halte - diese Verbände gehen ein.