Die Entwicklung der Liturgie

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Linus
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Die Entwicklung der Liturgie

Beitrag von Linus »

Wie hat sich die röm. Liturgie entwickelt, Anfänglich soll sie ja eher einem charimatischen Gebetstreffen (siehe auch NT) geglichen haben, "Formalismen" (man verzeihe mir die Wortwahl) sollen dann aber relativ rasch Einzug gehalten haben (Angeblich war ja schon im 2.Jh die liturgie weitgehend wie das 1962er tridentinum aufgebaut, wobei aber Augustinus schreibt, dass er von Frischgetauften auch die Glossalie erwarte.) mir schwebt da eine charimatisch-tridentinische Messe vorm geistigen Auge :freude:
also wie wars wirklich? :kratz:
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Biggi
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Re: Die Entwicklung der Liturgie

Beitrag von Biggi »

Linus hat geschrieben: wie das 1962er tridentinum aufgebaut,
Ääääh.... hast du dich da vielleicht um 4 Jahrhunderte vertan??? :kratz:
Oder hab ich da ein Konzil im 20. Jahrhundert nicht mitbekommen?
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

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FranzSales
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Beitrag von FranzSales »

Anfänglich soll sie ja eher einem charimatischen Gebetstreffen (siehe auch NT) geglichen haben
Das ist sehr unwahrscheinlich. Hier ein schöne (englische) Einführung zum Thema.
http://www.liturgica.com/html/litEChLit ... tname=null[/url]
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

Anastasis

Re: Die Entwicklung der Liturgie

Beitrag von Anastasis »

Biggi hat geschrieben:
Linus hat geschrieben: wie das 1962er tridentinum aufgebaut,
Ääääh.... hast du dich da vielleicht um 4 Jahrhunderte vertan??? :kratz:
Oder hab ich da ein Konzil im 20. Jahrhundert nicht mitbekommen?
Vielleicht die tridentinische Messe nach Version Meßbuch 1962??? :kratz:

uli
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Beitrag von uli »

Eucharistie heißt ganz allgemein „Danksagung“, „Dankgebet“. Dieser Begriff wird aber schon bei Ignatius von Antiochien (um 110) als Begriff speziell für die liturgische Feier der „Weihe“, der „Konsekration“ von Brot und Wein verwendet.
Messe stammt aus dem Lateinischen, bedeutet ursprünglich „Sendung“, „Entlassung“ („Ite, missa est“) em Ende der Feier, doch wurde dieser Begriff später, seit dem 5. Jahrhundert, auf den ganzen eucharistischen Gottesdienst (einschließlich des vorhergehenden Wortgottesdienstes) übertragen.
Zur Zeit der Apostel, im ersten Jahrhundert, dürfte die Feier von Brot und Wein, die Eucharistie, ihren Platz im abendlichen Gemeindemahl gehhabt haben, und zwar folgendermaßen: Erst wurde das eucharistische Brot konsekriert und ausgeteilt, dann wurde ein „normales“ Sättigungsmahl gehalten, am Ende dieses Sättigungsmahls wurde dann der Wein im Kelch konsekriert und ausgeteilt. Doch schon bald fasste man dann die beiden eucharistischen Einzelhandlungen (die Konsekration des Brotes und die des Weins) zu einer einzigen Doppelhandlung zusammen, einschließlich der dazugehörigen Gebetsworte. Man legte hierzu den Brotsegen hinter das Sättigungsmahl, unmittelbar vor den Weinsegen.
In der Zeit nach den Aposteln trennte man das Sättigungsmahl ganz von der eucharistischen Doppelhandlung, die Eucharistie wurde also „verselbstständigt“. Außerdem wurde sie vom Abend auf den Morgen verlegt, aus praktischen und theologischen Gründen. Das Endstadium dieser Entwicklung ist greifbar um das Jahr 150, wo Justin den Ritus der Liturgie so schildert: 1. Ein Lektor liest aus den alttestamentlichen und neutestamentlichen Schriften, 2. der Vorsteher hält eine Ansprache, 3. die Gemeinde spricht Fürbitten, 4. Brot und Wein werden herbeigebracht, 5. über diese Gaben spricht der Vorsteher die Danksagung („Eucharistie“), 6. die Gaben werden geteilt bzw. unter die Anwesenden ausgeteilt, 7. gesammelte Spenden werden vom Vorsteher unter Notleidende verteilt. Hier zeigt sich also schon die Verbindung von Wortverkündigung und Sakramentsfeier als Grundstruktur christlicher Liturgie. In der Sakramentsfeier (Mahlfeier), also der verselbstständigten Eucharistie, ist die Mahlgestalt nur noch stilisiert erhalten – es wird ja keine körperliche Sättigung durch das Mahl mehr angestrebt. Dafür treten andere Elemente stärker in den Vordergrund, vor allem das Tischgebet, das in der Form des „Hochgebets“ zum Kern der Feier wird. Dadurch wird die Mahlgestalt der Eucharisatie dahin „verschoben“, dass sie nun stärker auf die in ihr verwirklichte Opferhingabe Christi verweist.
Die feiernde Gemeinde ist zunächst – ohne ganz präzise Vorgaben oder Normen – nur allgemein an diese Grundstruktur der Feier gebunden: Wortverkündigung, Hochgebet, Brotbrechen und Kommunion von Brot und Wein. Der Vorsteher „komponiert“ sich die Gebetstexte selbst – wobei er auf „Normalformulare“ zurückgreifen kann, die ihm aber nur als beispielhafte Vorlage dienen.
Seit dem 4. Jahrhundert wird im Zuge kirchlicher Vereinheitlichungsbestrebungen die in den kirchlichen Zentren (etwa Rom oder Mailand) übliche Mess-Gestaltung bestimmend = „normgebend“ für die von diesen geistlichen Zentren abhängigen Gebiete. Es bilden sich verschiedene „Riten“, etwa der römische Mess-Ritus, der mailändische, oder auch orientalische Riten.
Noch zum römischen Ritus: Im 8./9. Jahrhundert, zur Zeit der Karolinger, verfügen Pippin und Karl der Große aus politischen und religiösen Gründen die Übernahme des römischen Messritus ins fränkische Reich, wo die gallikanische Form der Mess-Liturgie teils wild wuchert. Allerdings übernimmt man im Wesentlichen nur den sehr feierlichen römischen Papst-Gottesdienst (nicht die „normale“ = schlichte römische Messfeier), außerdem wirken die anderen Gewohnheiten und die andere Geistesart von Kelten und Germanen auf den übernommenen römischen Ritus ein und fügen ihm unter anderem private Priestergebete, die Stille beim Hochgebet oder dramatische Elemente wie die Beweihräucherung hinzu. In der weiteren Folge kommt 1.) zur Zeit der Ottonen diese fränkisch-gallikanisch durchtränkte römische Misch-Liturgie nach Rom zurück, wo man inzwischen den Anschluss an die eigene Liturgie verloren hat und die Misch-Liturgie nun offiziell zur „römischen“ Messe erklärt, und 2.) wird die Messe mehr und mehr nicht als Gemeindefeier, sondern als Priesterdienst gesehen, Priester und Volk werden immer mehr getrennt – auch durch das Latein als Liturgiesprache bzw. das Sprachmonopol des Klerus durch die Lateinkenntnisse. Diese Klerus-Liturgie des ausgehenden Mittelalters gilt bis ins 20.Jahrhundert hinein als Idealform der Messfeier.
Das Trienter Konzil im 16. Jahrundert kümmerte sich als Reaktion auf die Reformation zwar um offenkundige Missstände, Papst Pius V. brachte 1568 ein erneuertes römisches Messbuch heraus, und es kam auch in der folgenden Zeit noch zu kleineren Änderungen/Zufügungen, allerdings (aus Abwehrhaltung gegenüber den Änderungen der Reformation) herrschte eine starke Reglementierung, eine Erstarrung vor, es galt der Status quo, die Messfeier bzw. die Liturgie war vor allem kirchenrechtliches Faktum („Zeremonie“), es wurde die so genannte „tridentinische“ Messe nach den exakten Vorschriften des Trienter Konzils gefeiert (selbst die Fingerhaltung des zelebrierenden Priesters war bis ins Detail festgelegt, ebenso die Anzahl und Anordnung von Decken, Kerzen etc.).
Erst in den 60er Jahren des vergangenen Jahrunderts kam es dann (nach "Vorarbeiten" seitens der "Liturgische Bewegung") durch das 2. Vatikanische Konzzil zu einer grundlegenden Mess-Reform, die allerdings manchen zu weit geht (sie halten an der „tridentinischen“ Messe fest) und anderen noch nicht weit genug gegangen ist.

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

Uwe Schmidt
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Beitrag von Uwe Schmidt »

uli hat geschrieben:Eucharistie heißt ganz allgemein „Danksagung“, „Dankgebet“. Dieser Begriff wird aber schon bei Ignatius von Antiochien (um 110) als Begriff speziell für die liturgische Feier der „Weihe“, der „Konsekration“ von Brot und Wein verwendet.
Messe stammt aus dem Lateinischen, bedeutet ursprünglich „Sendung“, „Entlassung“ („Ite, missa est“) em Ende der Feier, doch wurde dieser Begriff später, seit dem 5. Jahrhundert, auf den ganzen eucharistischen Gottesdienst (einschließlich des vorhergehenden Wortgottesdienstes) übertragen.
Zur Zeit der Apostel, im ersten Jahrhundert, dürfte die Feier von Brot und Wein, die Eucharistie, ihren Platz im abendlichen Gemeindemahl gehhabt haben, und zwar folgendermaßen: Erst wurde das eucharistische Brot konsekriert und ausgeteilt, dann wurde ein „normales“ Sättigungsmahl gehalten, am Ende dieses Sättigungsmahls wurde dann der Wein im Kelch konsekriert und ausgeteilt. Doch schon bald fasste man dann die beiden eucharistischen Einzelhandlungen (die Konsekration des Brotes und die des Weins) zu einer einzigen Doppelhandlung zusammen, einschließlich der dazugehörigen Gebetsworte. Man legte hierzu den Brotsegen hinter das Sättigungsmahl, unmittelbar vor den Weinsegen.
In der Zeit nach den Aposteln trennte man das Sättigungsmahl ganz von der eucharistischen Doppelhandlung, die Eucharistie wurde also „verselbstständigt“. Außerdem wurde sie vom Abend auf den Morgen verlegt, aus praktischen und theologischen Gründen. Das Endstadium dieser Entwicklung ist greifbar um das Jahr 150, wo Justin den Ritus der Liturgie so schildert: 1. Ein Lektor liest aus den alttestamentlichen und neutestamentlichen Schriften, 2. der Vorsteher hält eine Ansprache, 3. die Gemeinde spricht Fürbitten, 4. Brot und Wein werden herbeigebracht, 5. über diese Gaben spricht der Vorsteher die Danksagung („Eucharistie“), 6. die Gaben werden geteilt bzw. unter die Anwesenden ausgeteilt, 7. gesammelte Spenden werden vom Vorsteher unter Notleidende verteilt. Hier zeigt sich also schon die Verbindung von Wortverkündigung und Sakramentsfeier als Grundstruktur christlicher Liturgie. In der Sakramentsfeier (Mahlfeier), also der verselbstständigten Eucharistie, ist die Mahlgestalt nur noch stilisiert erhalten – es wird ja keine körperliche Sättigung durch das Mahl mehr angestrebt. Dafür treten andere Elemente stärker in den Vordergrund, vor allem das Tischgebet, das in der Form des „Hochgebets“ zum Kern der Feier wird. Dadurch wird die Mahlgestalt der Eucharisatie dahin „verschoben“, dass sie nun stärker auf die in ihr verwirklichte Opferhingabe Christi verweist.
Die feiernde Gemeinde ist zunächst – ohne ganz präzise Vorgaben oder Normen – nur allgemein an diese Grundstruktur der Feier gebunden: Wortverkündigung, Hochgebet, Brotbrechen und Kommunion von Brot und Wein. Der Vorsteher „komponiert“ sich die Gebetstexte selbst – wobei er auf „Normalformulare“ zurückgreifen kann, die ihm aber nur als beispielhafte Vorlage dienen.
Seit dem 4. Jahrhundert wird im Zuge kirchlicher Vereinheitlichungsbestrebungen die in den kirchlichen Zentren (etwa Rom oder Mailand) übliche Mess-Gestaltung bestimmend = „normgebend“ für die von diesen geistlichen Zentren abhängigen Gebiete. Es bilden sich verschiedene „Riten“, etwa der römische Mess-Ritus, der mailändische, oder auch orientalische Riten.
Noch zum römischen Ritus: Im 8./9. Jahrhundert, zur Zeit der Karolinger, verfügen Pippin und Karl der Große aus politischen und religiösen Gründen die Übernahme des römischen Messritus ins fränkische Reich, wo die gallikanische Form der Mess-Liturgie teils wild wuchert. Allerdings übernimmt man im Wesentlichen nur den sehr feierlichen römischen Papst-Gottesdienst (nicht die „normale“ = schlichte römische Messfeier), außerdem wirken die anderen Gewohnheiten und die andere Geistesart von Kelten und Germanen auf den übernommenen römischen Ritus ein und fügen ihm unter anderem private Priestergebete, die Stille beim Hochgebet oder dramatische Elemente wie die Beweihräucherung hinzu. In der weiteren Folge kommt 1.) zur Zeit der Ottonen diese fränkisch-gallikanisch durchtränkte römische Misch-Liturgie nach Rom zurück, wo man inzwischen den Anschluss an die eigene Liturgie verloren hat und die Misch-Liturgie nun offiziell zur „römischen“ Messe erklärt, und 2.) wird die Messe mehr und mehr nicht als Gemeindefeier, sondern als Priesterdienst gesehen, Priester und Volk werden immer mehr getrennt – auch durch das Latein als Liturgiesprache bzw. das Sprachmonopol des Klerus durch die Lateinkenntnisse. Diese Klerus-Liturgie des ausgehenden Mittelalters gilt bis ins 20.Jahrhundert hinein als Idealform der Messfeier.
Das Trienter Konzil im 16. Jahrundert kümmerte sich als Reaktion auf die Reformation zwar um offenkundige Missstände, Papst Pius V. brachte 1568 ein erneuertes römisches Messbuch heraus, und es kam auch in der folgenden Zeit noch zu kleineren Änderungen/Zufügungen, allerdings (aus Abwehrhaltung gegenüber den Änderungen der Reformation) herrschte eine starke Reglementierung, eine Erstarrung vor, es galt der Status quo, die Messfeier bzw. die Liturgie war vor allem kirchenrechtliches Faktum („Zeremonie“), es wurde die so genannte „tridentinische“ Messe nach den exakten Vorschriften des Trienter Konzils gefeiert (selbst die Fingerhaltung des zelebrierenden Priesters war bis ins Detail festgelegt, ebenso die Anzahl und Anordnung von Decken, Kerzen etc.).
Erst in den 60er Jahren des vergangenen Jahrunderts kam es dann (nach "Vorarbeiten" seitens der "Liturgische Bewegung") durch das 2. Vatikanische Konzzil zu einer grundlegenden Mess-Reform, die allerdings manchen zu weit geht (sie halten an der „tridentinischen“ Messe fest) und anderen noch nicht weit genug gegangen ist.

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm



Danke, Uli, fuer deinen informativen Beitrag. Dass die Beweihraeucherung, das Knien, die Exponierung des Priesters, das stille Priestergebet alles Elemente sind, die wir den Franken (=Urhollaendern, die Belgien, Sueddeutschland und Nordfrankreich erobert haben) zu verdanken haben, ist fast eine Ironie der Geschichte. Gerade diese so extrem roemisch-katholisch daherkommenden Dinge, die Steckenpferde der Traditionalisten wie der Piusbruderschaft, stammen in Wahrheit aus dem heute so antiroemischen, liberalen Holland. Wer haette das gedacht? Andererseits: Der Choral soll ja auch im zutiefst fraenkischen Metz entstanden sein.

max72
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Beitrag von max72 »

uli hat geschrieben:Das Endstadium dieser Entwicklung ist greifbar um das Jahr 150, wo Justin den Ritus der Liturgie so schildert:
Das interessante finde ich, wie frueh die Grundform eben schon gegeben war. Gibt es nicht aus dieser Zeit sogar einen Messetext aus dem man sieht, dass das Hochgebet vom Text wirklich sehr aehnlich war?

Wie sieht das denn bei den protestanten aus? Ich war nur selten bei einem protestantischen gottesdienst, hatte letztens ein paar Fernsehgottesdienste gesehen (Norwegen, also eher lutheraner). Mit den meisten konnte ich nicht viel anfangen, das ganze dauerte grad mal 25 Minuten, viel Andacht fand ich da nicht und man konnte Bruchstuecke der katholischen Liturgie erkennen. Dann war aber einmal ein Gottesdienst einer anderen Kirche, und da war der gesamte Ablauf dem katholischen doch sehr vergleichbar. Wusste nicht, dass es in der protestantsichen kirche so grosse Unterschiede gibt.

Mich wundert ja, dass die das Abendmahl doch sehr selten feiern, wenn die fruehen christen sich ja gerade deswegen am Sonntag versammelt haben...

Gruss

Max

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

uli hat geschrieben:
Zur Zeit der Apostel, im ersten Jahrhundert, dürfte die Feier von Brot und Wein, die Eucharistie, ihren Platz im abendlichen Gemeindemahl gehhabt haben, und zwar folgendermaßen: Erst wurde das eucharistische Brot konsekriert und ausgeteilt, dann wurde ein „normales“ Sättigungsmahl gehalten, am Ende dieses Sättigungsmahls wurde dann der Wein im Kelch konsekriert und ausgeteilt.
Wie passt das denn dazu:
Apostel Paulus hat geschrieben:Wenn ihr also zum Mahl zusammenkommt, meine Brüder, wartet aufeinander!
Wer Hunger hat, soll zu Hause essen; sonst wird euch die Zusammenkunft zum Gericht. Weitere Anordnungen werde ich treffen, wenn ich komme. (1 Kor 11, 33-34)!

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Ich glaube eher, dass die Eucharistiefeier sich von dem letzten Abendmahl, also dem Paschamahl ableitet. Schließlich ist das der Rahmen, wo sich Jesus selbst als Opfer dargebracht hat - der Tod am Kreuz war Teil dieses Paschamahls. Ich vermute mal, dass man sich beim Feiern der christlichen Liturgie auf das Wesentliche dieses Abendmahls konzentriert hat und sich die Liturgie dann weiterentwickelt hat. Und die Eucharistiefeier ganz getrennt war von einem möglichen Sättigungsmahl (siehe Paulus im Korintherbrief). Ein weiterer Einfluss auf die Liturgie kommt aus der Offenbarung des Johannes. Die irdische Liturgie wird der himmlischen Liturgie angepasst (incl. der Gebete, das Sanctus, das Agnus Dei und das Niederfallen nach diesen Gebeten).

Ich hab' zwar keine historischen Kenntnisse und Belege dafür, aber das erscheint mir das logischste zu sein.

Anastasis

Beitrag von Anastasis »

max72 hat geschrieben:
uli hat geschrieben:Das Endstadium dieser Entwicklung ist greifbar um das Jahr 150, wo Justin den Ritus der Liturgie so schildert:
Das interessante finde ich, wie frueh die Grundform eben schon gegeben war. Gibt es nicht aus dieser Zeit sogar einen Messetext aus dem man sieht, dass das Hochgebet vom Text wirklich sehr aehnlich war?
Den gibt es in der Traditio Apostolica, die so um 210/215 entstanden ist - das erste schriftlich erhaltene Hochgebet. Beim Entwurf der "neuen" Hochgebete hat man es fast wörtlich übernommen nur leicht umgestaltet - es ist das heutige "zweite" Hochgebet.
max72 hat geschrieben:Wie sieht das denn bei den protestanten aus? Ich war nur selten bei einem protestantischen gottesdienst, hatte letztens ein paar Fernsehgottesdienste gesehen (Norwegen, also eher lutheraner). Mit den meisten konnte ich nicht viel anfangen, das ganze dauerte grad mal 25 Minuten, viel Andacht fand ich da nicht und man konnte Bruchstuecke der katholischen Liturgie erkennen. Dann war aber einmal ein Gottesdienst einer anderen Kirche, und da war der gesamte Ablauf dem katholischen doch sehr vergleichbar. Wusste nicht, dass es in der protestantsichen kirche so grosse Unterschiede gibt.
Die protestantischen Gottesdienstordnungen sind tatsächlich sehr unterschiedlich. Ganz verschieden sind unter Umständen Gottesdienste in Gemeinden / Landeskirchen mit reformierter oder lutherischer Tradition. Gottesdienste ohne Abendmahl sind zum Teil sehr auf die Predigt zentriert. In lutherischen Gemeinschaften gibt es eher eine Gottesdienstordnung, die unserer Liturgie ähnlich ist, vor allem in Abendmahlsgottesdiensten; es gibt ja durchaus auch den Begriff der "lutherischen Messe".
max72 hat geschrieben:Mich wundert ja, dass die das Abendmahl doch sehr selten feiern, wenn die fruehen christen sich ja gerade deswegen am Sonntag versammelt haben...

Gruss

Max
Das kommt daher, daß zur Zeit der Reformation die Gläubigen fast nicht zur Kommunion gingen (daher die Vorschrift, mindestens einmal jährlich zu kommunizieren!) und die Reformatoren darauf bestanden, daß es nicht sinnvoll ist, Abendmahl zu feiern, wenn dann nur der Pfarrer es auch empfängt. Nach den reformatorischen Abendmahlstheologien geht es ja ausschließlich um das tatsächliche Mahl - während für uns die Eucharistie auch dann einen Sinn hat, wenn man nicht kommuniziert. Nun ließen sich die Leute, die seit Generationen gewöhnt waren, nur "dabei" zu sein und nicht zur Kommunion zu gehen, nicht so ohne Weiteres umerziehen und gingen auch nicht öfter zum Abendmahl als vorher zur Kommunion - so daß man sich sagte, also gut, dann feiern wir eben nur Ostern, Pfingsten, Weihnachten und Kirchweih Abendmahl, dann nehmen auch Gläubige daran teil.
Weil dann aber auch nicht alle teilnehmen wollten, entstand das "Anhängsel-Abendmahl", das nicht Teil des "normalen" (Predigt-)Gottesdienstes ist, sondern "im Anschluß an den Gottesdienst" gefeiert wird: wer das Abendmahl nicht empfangen will, geht nach dem Gottesdienst weg, der Rest bleibt und feiert noch Abendmahl.
Mit der Zeit wurden dann die Anlässe, zu denen Abendmahl gefeiert wurde, wieder häufiger. Dennoch: in "meiner" Gemeinde, in der ich getauft und konfirmiert bin, gab es damals vom Pfingsten bis Erntedank keine Abendmahlsfeier. Später hat die Gemeinde dann beschlossen, wenigstens einmal im Monat Abendmahl zu feiern - inzwischen sind sie wohl bei "Abendmahl jeden zweiten Sonntag" angekommen.

Anastasis

Beitrag von Anastasis »

Dirk hat geschrieben:Ich glaube eher, dass die Eucharistiefeier sich von dem letzten Abendmahl, also dem Paschamahl ableitet. Schließlich ist das der Rahmen, wo sich Jesus selbst als Opfer dargebracht hat - der Tod am Kreuz war Teil dieses Paschamahls. Ich vermute mal, dass man sich beim Feiern der christlichen Liturgie auf das Wesentliche dieses Abendmahls konzentriert hat und sich die Liturgie dann weiterentwickelt hat. Und die Eucharistiefeier ganz getrennt war von einem möglichen Sättigungsmahl (siehe Paulus im Korintherbrief).
Das Zitat aus dem Korintherbrief ist ja gerade ein Beleg dafür, daß die, die früher zur Zusammenkunft kamen, erst mal über das Sättigungsmahl hergefallen sind und denen, die später kamen, alles weggefressen haben... so hab ich das jedenfalls gelernt...

Und Du verweist selbst auf das letzte Abendmahl: das war eben auch in weiten Teilen ein Sättigungsmahl - bis auf diese beiden von Jesus neu gestifteten Vollzüge. Die ersten Christen waren gelernte Juden, und da ist es normal - Du nanntest selbst das Paschamahl - Sättigungsmahl und Ritualmahl zu verbinden. Es ist also eher nicht zu erwarten, daß schon ganz früh die Eucharistie aus dem Sättigungsmahl herausdistilliert wurde.

(Im Hinterkopf habe ich ich noch, daß es in der Didache Hinweise auf die Verbindung von Sättigungsmahl und Eucharistie gibt - ich habe den Text aber leider nicht greifbar.)

max72
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Beitrag von max72 »

Anastasis hat geschrieben:
Das kommt daher, daß zur Zeit der Reformation die Gläubigen fast nicht zur Kommunion gingen (daher die Vorschrift, mindestens einmal jährlich zu kommunizieren!) und die Reformatoren darauf bestanden, daß es nicht sinnvoll ist, Abendmahl zu feiern, wenn dann nur der Pfarrer es auch empfängt. Nach den reformatorischen Abendmahlstheologien geht es ja ausschließlich um das tatsächliche Mahl - während für uns die Eucharistie auch dann einen Sinn hat, wenn man nicht kommuniziert. Nun ließen sich die Leute, die seit Generationen gewöhnt waren, nur "dabei" zu sein und nicht zur Kommunion zu gehen, nicht so ohne Weiteres umerziehen und gingen auch nicht öfter zum Abendmahl als vorher zur Kommunion - so daß man sich sagte, also gut, dann feiern wir eben nur Ostern, Pfingsten, Weihnachten und Kirchweih Abendmahl, dann nehmen auch Gläubige daran teil.
Weil dann aber auch nicht alle teilnehmen wollten, entstand das "Anhängsel-Abendmahl", das nicht Teil des "normalen" (Predigt-)Gottesdienstes ist, sondern "im Anschluß an den Gottesdienst" gefeiert wird: wer das Abendmahl nicht empfangen will, geht nach dem Gottesdienst weg, der Rest bleibt und feiert noch Abendmahl.
Mit der Zeit wurden dann die Anlässe, zu denen Abendmahl gefeiert wurde, wieder häufiger. Dennoch: in "meiner" Gemeinde, in der ich getauft und konfirmiert bin, gab es damals vom Pfingsten bis Erntedank keine Abendmahlsfeier. Später hat die Gemeinde dann beschlossen, wenigstens einmal im Monat Abendmahl zu feiern - inzwischen sind sie wohl bei "Abendmahl jeden zweiten Sonntag" angekommen.
Das ist wirklich interessant. Danke!

Max

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Anastasis hat geschrieben: Das Zitat aus dem Korintherbrief ist ja gerade ein Beleg dafür, daß die, die früher zur Zusammenkunft kamen, erst mal über das Sättigungsmahl hergefallen sind und denen, die später kamen, alles weggefressen haben... so hab ich das jedenfalls gelernt...
ja schon, aber Paulus greift ja das Sättigungsmahl an sich an, in dem er darauf hinweist, dass man sich zu Hause satt essen soll, sonst isst man sich das Gericht. Laut dieser Bibelstelle ist also das Sättigungsmahl im Zusammenhang mit der Eucharistie an sich ein Fehlverhalten, also nicht Teil einer korrekten Zusammenkunft.

Edith
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Beitrag von Edith »

Dirk hat geschrieben: ja schon, aber Paulus greift ja das Sättigungsmahl an sich an, in dem er darauf hinweist, dass man sich zu Hause satt essen soll, sonst isst man sich das Gericht. Laut dieser Bibelstelle ist also das Sättigungsmahl im Zusammenhang mit der Eucharistie an sich ein Fehlverhalten, also nicht Teil einer korrekten Zusammenkunft.
den Einwand verstehe ich jetzt nicht Dirk. Ich dachte es geht primär ums "unwürdig hinzutreten"


Unwürdig fände ich auch, wenn jemand hingeht, und sich 30 Hostien einverleibt, und den Kelch alleine austrinkt, weil er/sie Hunger hat...
Also ich meine, wer die Absicht hat, sich dort vollzufressen.... tritt eben mit der falschen Intention an die Kommunionbank.


Wer nun unwürdig von dem Brot ißt oder aus dem Kelch des Herrn trinkt, der wird schuldig sein am Leib und Blut des Herrn. 28Der Mensch dprüfe aber sich selbst, und so esse er von diesem Brot und trinke aus diesem Kelch. 29Denn wer so ißt und trinkt, daß er eden Leib des Herrn nicht achtet, der ißt und trinkt sich selber zum Gericht. 30Darum sind auch viele Schwache und Kranke unter euch, und nicht wenige sind entschlafen. 31Wenn wir uns selber richteten, so würden wir nicht gerichtet. 32Wenn wir aber von dem Herrn gerichtet werden, so werden wir gezüchtigt, damit wir nicht samt der Welt verdammt werden. f 33Darum, meine lieben Brüder, wenn ihr zusammenkommt, um zu essen, so wartet aufeinander. 34Hat jemand Hunger, so esse er daheim, damit ihr nicht zum Gericht zusammenkommt. Das andre will ich ordnen, wenn ich komme.

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Edith hat geschrieben:
Dirk hat geschrieben: ja schon, aber Paulus greift ja das Sättigungsmahl an sich an, in dem er darauf hinweist, dass man sich zu Hause satt essen soll, sonst isst man sich das Gericht. Laut dieser Bibelstelle ist also das Sättigungsmahl im Zusammenhang mit der Eucharistie an sich ein Fehlverhalten, also nicht Teil einer korrekten Zusammenkunft.
den Einwand verstehe ich jetzt nicht Dirk. Ich dachte es geht primär ums "unwürdig hinzutreten"


Unwürdig fände ich auch, wenn jemand hingeht, und sich 30 Hostien einverleibt, und den Kelch alleine austrinkt, weil er/sie Hunger hat...
Also ich meine, wer die Absicht hat, sich dort vollzufressen.... tritt eben mit der falschen Intention an die Kommunionbank.

Wer nun unwürdig von dem Brot ißt oder aus dem Kelch des Herrn trinkt, der wird schuldig sein am Leib und Blut des Herrn. 28Der Mensch dprüfe aber sich selbst, und so esse er von diesem Brot und trinke aus diesem Kelch. 29Denn wer so ißt und trinkt, daß er eden Leib des Herrn nicht achtet, der ißt und trinkt sich selber zum Gericht. 30Darum sind auch viele Schwache und Kranke unter euch, und nicht wenige sind entschlafen. 31Wenn wir uns selber richteten, so würden wir nicht gerichtet. 32Wenn wir aber von dem Herrn gerichtet werden, so werden wir gezüchtigt, damit wir nicht samt der Welt verdammt werden. f 33Darum, meine lieben Brüder, wenn ihr zusammenkommt, um zu essen, so wartet aufeinander. 34Hat jemand Hunger, so esse er daheim, damit ihr nicht zum Gericht zusammenkommt. Das andre will ich ordnen, wenn ich komme.

Es ging ja darum, dass die Christen zur Zeit der Apostel angeblich die Eucharistie mit einem Sättigungsmahl verbunden hätten. Der Apostel Paulus sagt aber, dass wenn jemand Hunger hat, soll er sich zu Hause satt essen und nicht bei der Zusammenkunft. D.h. die Zusammenkunft soll gerade kein Sättigungsmahl enthalten. Oder stehe ich hier auf dem Schlauch? :kratz:

Anastasis

Beitrag von Anastasis »

Ich verstehe das anders - wenn jemand Hunger hat, soll er eben zu Hause schon mal was essen, damit er dann bis zum gemeinsamen Sättigungsmahl durchhält...

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Reinhard Gonaus
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Beitrag von Reinhard Gonaus »

Dirk hat geschrieben:Es ging ja darum, dass die Christen zur Zeit der Apostel angeblich die Eucharistie mit einem Sättigungsmahl verbunden hätten. Der Apostel Paulus sagt aber, dass wenn jemand Hunger hat, soll er sich zu Hause satt essen und nicht bei der Zusammenkunft. D.h. die Zusammenkunft soll gerade kein Sättigungsmahl enthalten. Oder stehe ich hier auf dem Schlauch?
Anastasis hat geschrieben:Ich verstehe das anders - wenn jemand Hunger hat, soll er eben zu Hause schon mal was essen, damit er dann bis zum gemeinsamen Sättigungsmahl durchhält...
So oder so, es ist ein Beleg dafür, dass die Adressaten beides zu verbinden pflegten. Das Abhalten von Gelagen anlässlich von Zusammenkünften, auch religiöser Natur, war in der Antike ja auch etwas ganz Gebräuchliches, und Paulus sah wohl die Gefahr, dass da Heidnisches durch die Hintertür wieder hereinkommt.
Reinhard
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Wir werden nie herausfinden, warum einer, der schnarcht,
sich selbst nicht schnarchen hören kann. (Mark Twain)

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FranzSales
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Lutherische Messe

Beitrag von FranzSales »

Wie so eine lutherische Messe aussehen kann, sieht man am folgenden Link, der die Gottesdienstordnung einer landeskirchlichen Gemeinde darstellt. Zugegebenermaßen ist das nicht repräsentativ und typisch, aber es kommt vor. :D
http://www.kirche-henstedt-ulzburg.de/k ... dex-f.html
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

Ralf

Beitrag von Ralf »

Wichtig für die Verbreitung der römischen Liturgie (damit meine ich jetzt die der Sixtinischen Kapelle) waren vor allem die franziska. Orden, die dadurch auch die liturgische Vielfalt einzelner Ortskirchen (Mozárabe, Mailänder Ritus et al.) eingeschränkt haben, indem einfach dieser römisch Ritus übernommen wurde.

Die franzisk. Regel schreibt vor, daß sich der Orden liturgisch an die päpstliche zu halten hat. Angesichts der Bedeutung in der Evangelisation hatte das durchaus weltkirchliche Konsequenzen.

uli
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Beitrag von uli »

Dirk hat geschrieben:
Wie passt das denn dazu:
Apostel Paulus hat geschrieben:Wenn ihr also zum Mahl zusammenkommt, meine Brüder, wartet aufeinander!
Wer Hunger hat, soll zu Hause essen; sonst wird euch die Zusammenkunft zum Gericht. Weitere Anordnungen werde ich treffen, wenn ich komme. (1 Kor 11, 33-34)!
Nochhmals: Die Eucharistie wurde zu Anfang am Sonntagabend in Verbindung mit einem Sättigungsmahl gefeiert und erst später auf den Morgen gelegt und mit einem Wortgottesdienst verbunden. Die Eucharistie war im Urchristentum zunächst das Todesgedächtnis Jesu; der Gedächtnischarakter zeigt sich im Zitieren der so genannten „Einsetzungsworte“. Für die Urgemeinde hatte das Herrenmahl grundlegende Bedeutung. Seine Geschichtlichkeit ist sehr wahrscheinlich, da das Handeln Jesu bei diesem Mahl mit seinem Leben durchaus zu vereinbaren ist. Bisher war Jesus persönlich anwesend. Da dies jetzt nicht mehr sein kann, gibt er dem gemeinsamen Mahl eine heilswichtige Bedeutung. Am Anfang des jüdischen Mahles wurde Brot gebrochen, gesegnet und ausgeteilt. Dies verband Jesus mit einer Deutung ("Mein Leib für euch"). Ebenso das am Schluss des Mahles stattfindende Herumreichen des Bechers ("Mein Blut für euch").
Die spätere Herauslösung von Brot und Wein aus dem eigentlichen Mahl kann darauf hinweisen, daß diese Deutung tatsächlich stattgefunden hat. Außerdem scheint von Anfang an die ständige Wiederholung dieses Tuns gewollt gewesen zu sein (1 Kor 11,25: Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: "Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!" und Lk 22,20: Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: "Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.")
Beide Stellen lassen darauf schließen, dass das eucharistische (Abend-)Mahl im Rahmen eines Gemeinde-Sättigungsmahles stattgefunden hat. Zunächst wohl in der Reihenfolge 1.) Brot-Konsekration, 2.) Sättigungsmahl, 3.) Wein-Konsekration, dann durch das Verschieben der Brot-Konsekration in der Reihenfolge 1.) Sättigungsmahl, 2.) Brot- und Weinkonsekration, später wurde dann das Sättigungsmahl ganz von der Brot-und-Wein-Doppelkonsekration, der "Eucharistie", getrennt und verselbsständigt, noch später wurde ein Wortgottesdienst hinzugefügt.
Die Abtrennung des Sättigungsmahls von der Eucharistie geschah wohl weniger wegen möglicher Missstände (bezeichnenderweise nennt Paulus ja im Rahmen der von Dirk zitierten Verse 1 Kor 11 solche Missstände in Korinth, zieht daraus aber eben nicht die Konsequenz einer Abtrennung des Sättigungsmahls von der Eucharistie!), sondern erfolgte mit Übergang des Christentums vom jüdischen in den griechischen Raum, wo das Mahl nicht mehr dieselbe religiöse und soziale Bedeutung hatte.
Bei den von Paulus rwähnten Misständen ging es außerdem um folgende Missstände (seitens der Wohlhabenden) beim mit der Eucharistie noch verbundenen Sättigungsmahl: Der offensichtlich in Arme und Wohlhabende zerrissenen Gemeinde in Korinth schreibt Paulus um das Jahr 55: "Wenn ihr zusammenkommt, dann feiert ihr überhaupt nicht mehr das Mahl des Herrn. Denn noch bevor das Mahl beginnt, fängt jeder schon an zu essen, was er mitgebracht hat; und wenn dann später die anderen hungrig kommen, sind die einen schon betrunken. ... Wollt ihr etwa die unter euch beschämen, die nichts haben? ... Wenn ihr also zum Mahl zusammenkommt, wartet aufeinander! Wer zu großen Hunger hat, soll vorher schon zu Hause etwas essen!"
Übrigens: Die Feier der Eucharistie fand erst so ca. ab dem Jahr 250 in eigenen christlichen Kirchen-(Kult-)Gebäuden statt.

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

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