Seminar für Sterbebegleitung

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Junia
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Seminar für Sterbebegleitung

Beitrag von Junia »

Hallo,

gibt es hier unter den Mitgliedern welche, die ein Seminar für Sterbebegleitung mitgemacht haben. Wenn ja, hat es euch für die Praxis etwas gebracht?

Mein Stiefvater hat Krebs im Endstadium, er ist zur Zeit sehr unruhig, immer unterwegs (und dann finden wir ihn irgendwo, weil er gefallen ist). Ich wohne nicht zu Hause - aber meine Schwester (er ist ihr Vater) und die tut sich sehr schwer, damit umzugehen. Immer wieder "kracht" es und es ist der Hausfrieden gestört. Ich möchte ihr so ein Semiar empfehlen, wüsste aber gerne, was einem da so erwartet.

Wir haben allerdings vor, wenn er bettlägrig wird, ihn ins Hospiz zu geben.

Meine Mutter hat auch Krebs, ist operiert wurden. Im Haushalt kann sie nicht mehr helfen, nur ein paar kleine Handgriffe halt ...

Ich hoffe auf ein paar hilfreiche Antworten.

junia

Wise Guy
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Beitrag von Wise Guy »

Eine Seminar für Sterbebegleitung ist eine gute Sache, wenn du den richtigen Abstand dazu hast. Da dein Vater sozusagen schon im Sterbeprozess ist (der ja schon damit beginnt vom eigenen nahen Tod zu wissen) würde ich, aus der Ferne gesprochen, weder dir noch deiner Mutter raten, solch ein Seminar zu machen. In der Regel sind die Zielgruppe solcher Seminare Menschen, die ehrenamtlich in z.T. ambulanten Hospizdiensten mitarbeiten und dann Sterbende und ihre Angehörige unterstützen.
Ich denke zu Literatur über das Sterben lesen, kann unter Umständen nicht schaden, aber eigentlich braucht ihr selber Unterstützung, du und deine Eltern, durch einen Geistlichen, Freunde, einen ambulaten Hospizdienst.
Es ist nicht so wichtig etwas über Gott zu wissen, sondern ihn zu kennen. (Rahner)

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Junia
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Beitrag von Junia »

Wie schon oben gesagt, ich wohne nicht zu Hause, komme nur einmal im Monat für ein paar Stunden heim, wohne zu weit weg .... es geht hauptsächlich um meine Schwester, die in dem Dilemma steckt. Meine Mutter kann gut damit umgehen ... aber "pflegen" muss ihn meine Schwester und die sieht momentan nur Probleme. Die Hauskrankenpflege hilft ein bisserl, der Seelsorger wird bereits eingebunden.

Ich selbst habe vor Jahren ein Seminar mitgemacht - muss aber ehrlich zugeben, dass ich nach zwei (von vier) Tagen abgebrochen habe. War mir zu stark (ich bin psychisch nicht sehr belastbar).

junia

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Reinhard Gonaus
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Beitrag von Reinhard Gonaus »

Junia hat geschrieben:Wie schon oben gesagt, ich wohne nicht zu Hause, komme nur einmal im Monat für ein paar Stunden heim, wohne zu weit weg .... es geht hauptsächlich um meine Schwester, die in dem Dilemma steckt. Meine Mutter kann gut damit umgehen ... aber "pflegen" muss ihn meine Schwester und die sieht momentan nur Probleme. Die Hauskrankenpflege hilft ein bisserl, der Seelsorger wird bereits eingebunden.

Ich selbst habe vor Jahren ein Seminar mitgemacht - muss aber ehrlich zugeben, dass ich nach zwei (von vier) Tagen abgebrochen habe. War mir zu stark (ich bin psychisch nicht sehr belastbar).

junia
Erst mal: Wenn's dir recht ist, schließ ich euch in mein Gebet ein.
Und dann: Unbedingt Hilfe für euch selber suchen! Der Aufgabe, die alten Eltern zu begleiten, mehr oder weniger intensiv, kann sich sowieso niemand entziehen, ohne dass es ihn später in irgendeiner Weise einholt. Und wenn eure Eltern was davon haben sollen, müsst ihr gut dafür sorgen, dass eure Kraft reicht.

Was mir auf die Schnelle dazu einfiele: Wissen, wie man normalerweise reagiert, wenn einem was zuviel wird. Verstehen und auch vertreten, dass es einem auch zuviel werden darf. Lernen, sich zu entschuldigen, ohne sich zu entwürdigen. Wissen, welche Hilfen und Unterstützungen es gibt und sie auch mit Nachdruck einfordern. Alte und kranke Eltern zu begleiten ist der Ernstfall des 4. Gebots. Seine Befolgung ist dem ganzen Volk aufgetragen, nicht nur den unmittelbar Betroffenen.

Ok. Bei uns gibt's das "mobile Hospiz", das genau diesen Dienst leistet. Vielleicht gibt's bei euch auch sowas. Phasen der Verzweiflung, der inneren Empörung gegen das Schicksal, der Wut, ... gehören unvermeidlich zum Beschreiten dieser allerletzte Wegstrecke. Da gibt's auch Ungerechtigkeit, Verletzung, Überforderung, ... Man kann dem standhalten und seinen Dienst weiter tun, wenn man Rückhalt hat und Gelegenheit, selber Dampf abzulassen, sich auszuweinen, verzweifelt, wütend u. dgl. zu sein. Die von außen stützen, können das einfach besser als Betroffene und Verstrickte. Es kann leicht passieren, dass die zu Versorgenden, quasi als Ursache der Probleme, solche Unterstützung für sich ablehnen. Dann sollt ihr sie ihnen auch nicht aufdrängen. Aber lasst euch dadurch nicht davon abhalten, Hilfe für euch selbst in Anspruch zu nehmen!
Reinhard
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Wir werden nie herausfinden, warum einer, der schnarcht,
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Junia
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Beitrag von Junia »

Hallo Reinhard,

gerne kannst du uns mit deinem Gebet unterstützen, wir können es wirklich brauchen.

Meine Mutter ließ sich scheiden, als ich vier war. Seit meinem 6. Lebensjahr lebe ich wegen einer Körperbehinderung (seit meiner Geburt) in verschiedenen Einrichtungen. In zweiter Ehe hat meine Mutter nach Bayern geheiratet, ich war damals 13 Jahre und bin bewusst in Österreich geblieben. Die familiären Verhältnisse waren nie wirklich gut .....

Bis voriges Jahr fuhr ich noch regelmäßig zwei bis dreimal im Jahr für je eine Woche nach Hause, war aber immer froh, wenn die Zeit vorbei war.

Letztes Jahr wurde meine Mutter am Darm operiert, die OP ging total daneben, es gab große Komplikationen und das Ergebnis war, sie brauchte zu Hause ein Pflegebett. Das kam in mein Zimmer. Ich habe die Konsequenzen daraus gezogen, nur noch einmal im Monat für ein paar Stunden heimzukommen, so lange ich keinen Raum für mich selber habe, um mich zurückziehen zu können.

Ich selbst habe eine psychotherapeutische Begleitung .....

junia

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Reinhard Gonaus
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Beitrag von Reinhard Gonaus »

Junia hat geschrieben:(...)Letztes Jahr wurde meine Mutter am Darm operiert, die OP ging total daneben, es gab große Komplikationen und das Ergebnis war, sie brauchte zu Hause ein Pflegebett. Das kam in mein Zimmer. Ich habe die Konsequenzen daraus gezogen, nur noch einmal im Monat für ein paar Stunden heimzukommen, so lange ich keinen Raum für mich selber habe, um mich zurückziehen zu können.

Ich selbst habe eine psychotherapeutische Begleitung .....

junia
Das ist viel wert. Und kostet wahrscheinlich auch viel. :/
Wenn der "Familienrat" oder wer immer beschlossen hat, dein Zimmer zur Pflegestation zu machen, würde ich das auch im übertragenen Sinn ernst nehmen: Du hast dort keinen festen Punkt, und daher entsprechenden Abstand. Und wenn dir jemand sagt, du müsstest mehr leisten, dann sag auch, was du dazu brauchst! Und wenn du nicht mehr leisten kannst, dann sag: "Ich kann nicht mehr leisten."

Ok. Ich hör schon auf. Ratschläge sind auch Schläge.
Nimm's als das, was es ist: Gedanken, die ich mir mache. Mit den Informationen, die ich habe. Deine therapeutische Begleitung macht das sicher besser.
Deine Erlaubnis zum Gebet ist registriert und wird ernst genommen. Versprochen!
Reinhard
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Edith
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Beitrag von Edith »

Gebet - keine Frage! Alles klar. Machen wir. *denkreuzgangaufruf*

Ansonsten.... sei Du selber, verstell Dich nicht, lass Deine Liebe raus.... lass die Masken fallen.... erlaube der Situation, dir weh zu tun.
Schenk Dich dem Sterbenden, wie Du bist.

Wir armen Ahnungslosen... stehen im Gebet hinter Dir.
Herzlich,
Edith :herz:

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Junia
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Beitrag von Junia »

Lieber Reinhard,

keine Sorge wegen Ratschläge .... ich kann schon sortieren.
Die psychotherapeutische Begleitung kostet mir nix, eine Freundin hat diesen Beruf (den sie offiziell nicht mehr ausüben kann), sie hatte selbst einen Kopftumor und weiß, was nahe am Tod sein bedeutet und sie ist auch gläubig .....

Leider wurde das mit dem Zimmer in keinem Familienrat beschlossen - zu Hause habe ich eigentlich nichts mitzureden. Das Haus gehört bereits meiner Schwester.

Dank an alle, die diese Situation betend mitbegleiten.

junia

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Reinhard Gonaus
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Beitrag von Reinhard Gonaus »

Junia hat geschrieben: Leider wurde das mit dem Zimmer in keinem Familienrat beschlossen - zu Hause habe ich eigentlich nichts mitzureden. Das Haus gehört bereits meiner Schwester.
junia
Ja. Das hatte ich so vermutet. Deshalb meine Bemerkung über den Abstand. Wer weiß, wofür's gut ist!
Reinhard
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Junia
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Beitrag von Junia »

Mein Stiefvater ist in der Nacht von gestern auf heute gestorben. Er war noch einmal im Krankenhaus, die letzten zwei Wochen aber nur mehr zu Hause im Bett ....
Ich denke, er hatte eine gute Begleitung. Mein Schwager war immer bei ihm (trotz 100%Job im Schichtdienst), er hat kaum noch geschlafen ... da er u.a. auch den Altenfachbetreuer gelernt hat, war ihm das eine Hilfe. Die letzten zwei Monate kam wöchentlich auch ein Onkopsychologe, der so eine Begleitung auf der letzten Ettappe ... kenne ich hier in Österreich gar nicht.
Ehrlich ... für mich ist es zum aufatmen .... die letzte Phase war sehr schwer, zuschauen zu müssen, wie sehr ein Mensch leidet ...

LG - junia

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Reinhard Gonaus
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Beitrag von Reinhard Gonaus »

Junia hat geschrieben:Mein Stiefvater ist in der Nacht von gestern auf heute gestorben. (...)
Ehrlich ... für mich ist es zum aufatmen .... die letzte Phase war sehr schwer, zuschauen zu müssen, wie sehr ein Mensch leidet ...
LG - junia
Mein Beileid für dich und einen Gedanken im Gebet für ihn.
Reinhard
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Abt
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Beitrag von Abt »

[quote="Junia"]Mein Stiefvater ist in der Nacht von gestern auf heute gestorben. Er war noch einmal im Krankenhaus, die letzten zwei Wochen aber nur mehr zu Hause im Bett ....
Ich denke, er hatte eine gute Begleitung. Mein Schwager war immer bei ihm (trotz 100%Job im Schichtdienst), er hat kaum noch geschlafen ... da er u.a. auch den Altenfachbetreuer gelernt hat, war ihm das eine Hilfe. Die letzten zwei Monate kam wöchentlich auch ein Onkopsychologe, der so eine Begleitung auf der letzten Ettappe ... kenne ich hier in Österreich gar nicht.
Ehrlich ... für mich ist es zum aufatmen .... die letzte Phase war sehr schwer, zuschauen zu müssen, wie sehr ein Mensch leidet ...

LG - junia[/quote]

ich habe fast das gleiche mitgemacht mit meinem Vater...also wenn du reden möchtest...meine ICQ-Nummer findest du
Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts fehlen.
Er weidet mich auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz
am Wasser. Er stillt mein Verlangen, getreu seinem Namen!

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