Kirchenrechtliche Fragen

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HeGe
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von HeGe »

Juergen hat geschrieben:Es greift c. 1390 §2 -- allerdings schützt das Kirchenrecht hier nur kirchl. Obere etc. ausdrücklich (wäre ja auch noch schöne, wenn Laien Schutz genießen würden...)
Can. 1390 — § 1. Wer einen Beichtvater wegen der in can. 1387 genannten Straftat fälschlich bei einem kirchlichen Oberen anzeigt, zieht sich die Tatstrafe des Interdiktes zu, und, wenn es sich um einen Kleriker handelt, auch die Suspension.

§ 2. Wer einem kirchlichen Oberen eine andere verleumderische Anzeige eines Delikts macht oder sonst den guten Ruf eines anderen verletzt, kann mit einer gerechten Strafe belegt werden, eine Beugestrafe nicht ausgenommen.
Hm, ich würde das anders interpretieren, auch wenn es vom Aufbau etwas merkwürdig formuliert ist. §1 ist sozusagen ein Spezialtatbestand, der schon von Natur aus nur Kleriker treffen kann. §2 sagt dann, dass auch mit einer "gerechten Strafe" belegt werden kann, wer entweder eine andere verleumderische Anzeige eines Delikts macht oder sonst den guten Ruf eines anderen verletzt. Auf "Obere" beschränkt ist das nicht, die sind nur als Adressat der Anzeige genannt.
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Du Jardin
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von Du Jardin »

Was ist ein Interdikt?

HeGe
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von HeGe »

CIC hat geschrieben:Can. 1332 — Den mit Interdikt Belegten treffen die in can. 1331, § 1, nn. 1 und 2 genannten Verbote; wenn aber das Interdikt verhängt oder festgestellt worden ist, ist die Vorschrift von can. 1331, § 2, n. 1 zu beachten.
CIC hat geschrieben:Can. 1331 — § 1. Dem Exkommunizierten ist untersagt:

1° jeglicher Dienst bei der Feier des eucharistischen Opfers oder bei irgendwelchen anderen gottesdienstlichen Feiern;

2° Sakramente oder Sakramentalien zu spenden und Sakramente zu empfangen;

[...]

§ 2. Wenn aber die Exkommunikation verhängt oder festgestellt worden ist:

1° muß der Täter ferngehalten oder muß von der liturgischen Handlung abgesehen werden, wenn er der Vorschrift von § 1, n. 1 zuwiderhandeln will, es sei denn, es steht ein schwerwiegender Grund dagegen;

[...]
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Du Jardin
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von Du Jardin »

Ist der Interdikt gleichzusetzen mit der Exkommunikation? Hier sind doch wohl nur Priester betroffen, oder?

HeGe
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von HeGe »

Du Jardin hat geschrieben:Ist der Interdikt gleichzusetzen mit der Exkommunikation? Hier sind doch wohl nur Priester betroffen, oder?
Nein, wieso sollten nur Priester davon betroffen sein? Auch der Empfang der Sakramente ist ja verboten sowie "jeglicher Dienst" bei liturgischen Feiern, das betrifft auch Laien.

Ansonsten ist die Exkommunikation das weitergehende Mittel, nur bestimmte Folgen der Exkommunikation werden ja entsprechend beim Interdikt angewandt.
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Du Jardin
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von Du Jardin »

Nun ja, "Sakramente spenden" wird wohl auf die wenigsten Laien zutreffen.

michaelis
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von michaelis »

Es entfällt gegenüber der Exkommunikation die Folgen aus c. 1331 §1 Nr. 3:
CIC hat geschrieben:3° jedwede kirchlichen Ämter, Dienste oder Aufgaben auszuüben oder Akte der Leitungsgewalt zu setzen.
Und was das Spenden anbelangt:
In c. 1331 ist auch von Sakramentalien die Rede. Und segnungen z.B. dürfen ja z.T. auch von Laien gespendet werden.

HeGe
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von HeGe »

Bei wikipedia kannst du auch noch was dazu lesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Interdikt_ ... enrecht%29

Ich würde behaupten, dass seit der Abschaffung des Lokalinterdikts diese Strafe so ziemlich ihre Bedeutung gegenüber der Exkommunikation verloren hat.
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platon
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von platon »

Vielen Dank. Ich glaube damit wäre eine wichtige Frage beantwortet.
Damit kann also jemand, der einen anderen in der Gemeinde verleumdet,
davor abgehalten werden, sich in dieser Gemeinde einzusetzen,
sei das ehrenamtlich oder nicht.

Eine solche Strafe kann natürlich sehr schwer liegen,
vor allem für diejenigen, die hauptamtlich tätig sind.

Und angenommen gibt es jemand, der seit Jahren gerne im Kirchenchor singt,
der von den Verleumdungen nicht nachlassen kann,
ist es schon eine schwere Strafe, wenn man von einem Tag
auf den anderen nicht mehr im Gottesdienst singen darf.

Es heißt ja:

"jedwede kirchlichen Ämter, Dienste oder Aufgaben auszuüben"

von daher stimmt das schon, denke ich.
Fides quaerens intellectum
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platon
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von platon »

Ehm, heißt "Interdikt" aber, daß man exkommuniziert wird?

Wird derjenige von einer konkreten Gemeinde ausgeschlossen,
oder wird er gleich exkommuniziert?

Gibt es da Abstuffungen?
Fides quaerens intellectum
(Anselm von Canterbury)

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ad-fontes
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von ad-fontes »

Wann wurde in Deutschland das letzte Mal das Interdikt verhängt? :hmm:
(Ludwig der Bayer ist ja schon länger tot.)

P.S. Ich meine das Lokalinterdikt.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

michaelis
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von michaelis »

platon hat geschrieben:Ehm, heißt "Interdikt" aber, daß man exkommuniziert wird?
Die Abstufung besteht ja gerade im Unterschied zwischen "Interdikt" und "Exkommunikation".

Beides sind Beugestrafen des CIC.
Beide haben ähnliche Folgen, die Exkommunikation aber etwas weiter reichende.
Aus diesem Grund wurde das (oder heißt es "der") Interdikt früher auch häufig als "kleine Exkommunikation" bezeichnet.

@Platon:
Da dürftest du falsch liegen:
Zum einen betrifft das mit den "Ämtern" ja gerade nicht das Interdikt und zum anderen soll die Verleumdung ja (nur) mit einer "gerechten Strafe" geahndet werden. Eine Beugestrafe wie das Interdikt oder die Exkommunikation ist zwar ausdrücklich nicht ausgenommen, dürfte aber in einem solchen Fall nicht in Frage kommen. (in Deutschland schon gar nicht!)

Du Jardin
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von Du Jardin »

"Singen im Chor" wird schwerlich als Dienst in der Gemeinde zu definieren sein. Es sei denn, es handelt sich um einen ordentlichen Kirchenchor.

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cantus planus
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von cantus planus »

Ein Blick in "Sacrosanctum Concilium" und die Instruktion "Musicam Sacram" hilft.
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

Raimund J.
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von Raimund J. »

Papier ist geduldig, der Weg vom Tiber an Rhein, Main, Donau ist weit und Recht haben und Recht bekommen zwei verschiedene Sachen. :roll:
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

Du Jardin
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von Du Jardin »

cantus planus hat geschrieben:Ein Blick in "Sacrosanctum Concilium" und die Instruktion "Musicam Sacram" hilft.
Hilf uns, spart Zeit.

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Juergen
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von Juergen »

HeGe hat geschrieben:Auf "Obere" beschränkt ist das nicht, die sind nur als Adressat der Anzeige genannt.
ja, hast recht.
Es geht aber dennoch wohl nur um Kleriker, die eine verleumderische Aussage machen, denn sonst macht der Begriff des Oberen keinen Sinn. - In jedem Fall ist der Canon mißverständlich formuliert, wenn dort jeder gemeint sein sollte.

Der CCEO (1452) ist an der Stelle jedenfalls deutlicher.
Gruß Jürgen

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Du Jardin
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von Du Jardin »

Danke, Jürgen, für die Richtigstellung. So hätte ich es auch verstanden. Bei geweihten Personen macht das natürlich eher Sinn als bei Laien.

michaelis
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von michaelis »

Sehe ich nicht so.

"Obere" kann hier auch durchaus als Oberbegriff für alle Leitungsämter (Pfarrer, Bischof, etc.) verstanden werden.

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Juergen
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von Juergen »

eher nicht...


Can. 1390 - § 1. Qui confessarium de delicto, de quo in can. 1387, apud ecclesiasticum Superiorem falso denuntiat, in interdictum latae sententiae incurrit et, si sit clericus, etiam in suspensionem.

§ 2. Qui aliam ecclesiastico Superiori calumniosam praebet delicti denuntiationem, vel aliter alterius bonam famam laedit, iusta poena, non exclusa censura, puniri potest.

§ 3. Calumniator potest cogi etiam ad congruam satisfactionem praestandam.
Gruß Jürgen

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michaelis
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Re: Hat üble Nachrede nach dem Kirchenrecht Folgen?

Beitrag von michaelis »

Was soll uns der lateinische Text sagen, was der deutsche nicht sagt?

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Maurus
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten V

Beitrag von Maurus »

Aufgrund der Freiburger Vorkommnisse und dieses Beitrags: http://canonlawblog.wordpress.com/213/ ... canon-428/

habe ich ein paar Fragen und Überlegungen zur Figur des nicht auf Dauer bestellten Apostolischen Administrators.

Bislang hatte ich immer geglaubt, dass der so bestellte Apostolische Administrator im Prinzip in die Rechtsstellung des Diözesanbischofs einrückt. Dann hätte can 428 für ihn auch nicht gegolten. Ich habe jetzt aber nochmal nachgeschlagen und gesehen, dass der CIC von 1983 das Institut des auf Zeit ernannten Apostolischen Administrators gar nicht mehr kennt. Die Kanonisten gehen ob der dennoch andauernden Bestellung solcher Administratoren davon aus, dass die cc. 312 CIC/1917 fortgelten (und damit übrigens auch die Möglichkeit eines AA sede plena!). Nach diesen hat der auf Zeit bestellte AA einer vakanten Diözese aber nur die Rechte des Kapitularvikars, das ist der heutige Diözesanadministrator. Für den gilt can 428 natürlich, aber wenn das so ist, dann ist die Bestellung eines Apostolischen Administrators letztendlich nichts anderes als das Unterlaufen des Rechts der Domkapitulare (=der Diözesankonsultoren), selbst einen Administrator zu wählen.

Die Diözese Freiburg aber erklärt:
Amtsblatt der Erzdiözese Freiburg 213, Nr. 15 hat geschrieben:Unser Heiliger Vater Papst Franziskus hat den von Erzbischof
Dr. Robert Zollitsch gemäß Can. 41, § 1 CIC
angebotenen Verzicht auf das Amt des Erzbischofs von
Freiburg und Metropoliten der Oberrheinischen Kirchenprovinz
mit Wirkung zum 17. September 213 angenommen
und Erzbischof Dr. Robert Zollitsch zum gleichen
Datum zum Apostolischen Administrator der Erzdiözese
Freiburg bis zum Amtsantritt des neuen Erzbischofs ernannt.
Damit hat er ihm zugleich alle Rechte, Vollmachten
und Pflichten, die gemäß dem Recht den Diözesanbischöfen
zukommen, verliehen.
http://www.ordinariat-freiburg.de/filea ... l13_26.pdf

Dass "damit" deute ich so, dass nach Auffassung der Freiburger (die auch meinem bisherigen Wissensstand entspricht, s.o.) ein so bestellter Apostolischer Administrator von Rechts wegen die Rechte eines Diözesanbischofs hat, nicht also etwa aufgrund einer besonderen Verleihung (diese erfolgte offenbar hinsichtlich der Fortführung des Amts des Vorsitzenden der DBK). Die Urkunde an sich veröffentlicht das Erzbistum nicht.

Die Frage: Worauf stützt sich diese Rechtsauffassung?

Kurios ist auch, dass die Erzdiözese in der Pressemeldung zur Ernennung Zollitschs diesen zu Wort kommen lässt mit der Aussage, seinen bisherigen Generalvikar zu seinem "Ständigen Vertreter" zu ernennen: http://www.ebfr.de/html/aktuell/aktuell ... fault=true

Im Amtsblatt (Link oben) unter Nr. 151 bestätigt er den Betreffenden aber ausdrücklich als Generalvikar mit allen bisherigen Rechten und Pflichten. Die Ernennung eines Generalvikars ist aber dem Diözesanbischof vorbehalten, can. 475 § 1 CIC. Sie wäre folglich nur möglich, wenn der auf Zeit bestellte Apostolische Administrator dieselben Rechte hätte, wie der Administrator in einer auf Dauer errichteten Apostolischen Administratur (wobei mangels Überprüfungsmöglichkeit hier offen bleibt, ob die dort bestellten Verwaltungschefs tatsächlich "Generalvikar" heißen). In diesem Fall wäre das canonlawblog auf dem Holzweg, denn dann gilt can. 428 natürlich nicht.

Ganz merkwürdig erscheint die (schon öfter gehörte - so war es mW auch in München) Erklärung, in der der neu bestellte Apostol. Administrator und ehemalige Diözesanbischof seinen bisherigen Generalvikar zum "Ständigen Vertreter" ernennt. Einen solchen Vertreter gibt es nicht, auch nicht im CIC von 1917. Daher stellt sich die Frage, welche Rechte ein solcher Vertreter eigentlich hat oder vielmehr: in welchen Dingen er den Administrator vertritt. Das könnten ja durchaus Rechte sein, die einem Generalvikar gar nicht zukommen.

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Gamaliel
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten V

Beitrag von Gamaliel »

Maurus hat geschrieben:Dass "damit" deute ich so, dass nach Auffassung der Freiburger (die auch meinem bisherigen Wissensstand entspricht, s.o.) ein so bestellter Apostolischer Administrator von Rechts wegen die Rechte eines Diözesanbischofs hat, nicht also etwa aufgrund einer besonderen Verleihung (diese erfolgte offenbar hinsichtlich der Fortführung des Amts des Vorsitzenden der DBK). Die Urkunde an sich veröffentlicht das Erzbistum nicht.

Die Frage: Worauf stützt sich diese Rechtsauffassung?
Das ist - Deine Deutung vorausgesetzt, wobei ich dazu im übrigen keine alternative Deutung sehe - eine berechtigte Frage. Dieses "damit" halte ich für falsch.

Tatsächlich richten sich die Befugnisse des Apostolischen Administrators nach den ihm im Ernennungsdekret verliehenen Vollmachten. Diese können durchaus exakt denen eines Diözesanbischofs entsprechen.
Breitsching, '[url=http://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/texte/331.html#24:265kbssl]Zur Besitzergreifung und interimistischen Leitung einer Diözese[/url]' Nr. 24 hat geschrieben:Die Vollmachten, Rechte und Pflichten eines Apostolischen Administrators sind dem Ernennungsschreiben zu entnehmen.
Beispiel: [url=http://www.catholicvoiceoakland.org/212/8-2/frontpage3.htm]Diözese Oakland[/url] hat geschrieben:I have all the powers of a diocesan bishop as an apostolic administrator," the archbishop-designate said. "… I can appoint pastors and make other innovations."
[...]
"A number of very significant changes are about to take place and cannot be delayed." [...] "This is why it was necessary that an Apostolic Administrator be appointed."
Folglich denke ich, daß Edward Peters mit seinem Hinweis auf c. 428 falsch liegt.



Maurus hat geschrieben:Kurios ist auch, dass die Erzdiözese in der Pressemeldung zur Ernennung Zollitschs diesen zu Wort kommen lässt mit der Aussage, seinen bisherigen Generalvikar zu seinem "Ständigen Vertreter" zu ernennen: http://www.ebfr.de/html/aktuell/aktuell ... fault=true
[...]
Ganz merkwürdig erscheint die (schon öfter gehörte - so war es mW auch in München) Erklärung, in der der neu bestellte Apostol. Administrator und ehemalige Diözesanbischof seinen bisherigen Generalvikar zum "Ständigen Vertreter" ernennt.
Das würde ich nicht so eng sehen. Diese neu erfundene Bezeichnung dürfte nur als prägnante Formulierung für jene Personen dienen, denen nach c. 137 §2 CIC/1983 ausführende Gewalt (für die Gesamtheit der Fälle) subdelegiert wurde.

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Hubertus
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Re: Kirchenrechtliche Fragen

Beitrag von Hubertus »

Bisher dachte ich immer, der Rücktritt des Diözesanbischofs aus Altergründen sei unter Paul VI. eingeführt worden.

Jetzt las ich in einem Wikipedia-Artikel zu Johann Evangelist Müller:
Am 1. August 1957 versetzte ihn der Heilige Vater in den altersgemäßen Ruhestand und ernannte ihn zum Titularerzbischof von Pompeiopolis in Cilicia. Als emeritierter Bischof von Stockholm verbrachte er seinen Lebensabend in seiner bayrischen Heimat und lebte bis zu seinem Tod am 5. April 1965 im Marienheim von Indersdorf.
Das war also Pius XII.

Ist es so, daß vorher Diözesanbischöfe um Altersemeritierung nachsuchen konnten und seit Paul VI. darum bitten müssen?
Oder wird im Artikel vllt. nur unsauber formuliert?
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Maurus
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten V

Beitrag von Maurus »

Maurus hat geschrieben:Aufgrund der Freiburger Vorkommnisse und dieses Beitrags: http://canonlawblog.wordpress.com/213/ ... canon-428/

habe ich ein paar Fragen und Überlegungen zur Figur des nicht auf Dauer bestellten Apostolischen Administrators.

Bislang hatte ich immer geglaubt, dass der so bestellte Apostolische Administrator im Prinzip in die Rechtsstellung des Diözesanbischofs einrückt. Dann hätte can 428 für ihn auch nicht gegolten. Ich habe jetzt aber nochmal nachgeschlagen und gesehen, dass der CIC von 1983 das Institut des auf Zeit ernannten Apostolischen Administrators gar nicht mehr kennt. Die Kanonisten gehen ob der dennoch andauernden Bestellung solcher Administratoren davon aus, dass die cc. 312 CIC/1917 fortgelten (und damit übrigens auch die Möglichkeit eines AA sede plena!). Nach diesen hat der auf Zeit bestellte AA einer vakanten Diözese aber nur die Rechte des Kapitularvikars, das ist der heutige Diözesanadministrator. Für den gilt can 428 natürlich, aber wenn das so ist, dann ist die Bestellung eines Apostolischen Administrators letztendlich nichts anderes als das Unterlaufen des Rechts der Domkapitulare (=der Diözesankonsultoren), selbst einen Administrator zu wählen.

Die Diözese Freiburg aber erklärt:
Amtsblatt der Erzdiözese Freiburg 213, Nr. 15 hat geschrieben:Unser Heiliger Vater Papst Franziskus hat den von Erzbischof
Dr. Robert Zollitsch gemäß Can. 41, § 1 CIC
angebotenen Verzicht auf das Amt des Erzbischofs von
Freiburg und Metropoliten der Oberrheinischen Kirchenprovinz
mit Wirkung zum 17. September 213 angenommen
und Erzbischof Dr. Robert Zollitsch zum gleichen
Datum zum Apostolischen Administrator der Erzdiözese
Freiburg bis zum Amtsantritt des neuen Erzbischofs ernannt.
Damit hat er ihm zugleich alle Rechte, Vollmachten
und Pflichten, die gemäß dem Recht den Diözesanbischöfen
zukommen, verliehen.
http://www.ordinariat-freiburg.de/filea ... l13_26.pdf

Dass "damit" deute ich so, dass nach Auffassung der Freiburger (die auch meinem bisherigen Wissensstand entspricht, s.o.) ein so bestellter Apostolischer Administrator von Rechts wegen die Rechte eines Diözesanbischofs hat, nicht also etwa aufgrund einer besonderen Verleihung (diese erfolgte offenbar hinsichtlich der Fortführung des Amts des Vorsitzenden der DBK). Die Urkunde an sich veröffentlicht das Erzbistum nicht.

Die Frage: Worauf stützt sich diese Rechtsauffassung?

Kurios ist auch, dass die Erzdiözese in der Pressemeldung zur Ernennung Zollitschs diesen zu Wort kommen lässt mit der Aussage, seinen bisherigen Generalvikar zu seinem "Ständigen Vertreter" zu ernennen: http://www.ebfr.de/html/aktuell/aktuell ... fault=true

Im Amtsblatt (Link oben) unter Nr. 151 bestätigt er den Betreffenden aber ausdrücklich als Generalvikar mit allen bisherigen Rechten und Pflichten. Die Ernennung eines Generalvikars ist aber dem Diözesanbischof vorbehalten, can. 475 § 1 CIC. Sie wäre folglich nur möglich, wenn der auf Zeit bestellte Apostolische Administrator dieselben Rechte hätte, wie der Administrator in einer auf Dauer errichteten Apostolischen Administratur (wobei mangels Überprüfungsmöglichkeit hier offen bleibt, ob die dort bestellten Verwaltungschefs tatsächlich "Generalvikar" heißen). In diesem Fall wäre das canonlawblog auf dem Holzweg, denn dann gilt can. 428 natürlich nicht.

Ganz merkwürdig erscheint die (schon öfter gehörte - so war es mW auch in München) Erklärung, in der der neu bestellte Apostol. Administrator und ehemalige Diözesanbischof seinen bisherigen Generalvikar zum "Ständigen Vertreter" ernennt. Einen solchen Vertreter gibt es nicht, auch nicht im CIC von 1917. Daher stellt sich die Frage, welche Rechte ein solcher Vertreter eigentlich hat oder vielmehr: in welchen Dingen er den Administrator vertritt. Das könnten ja durchaus Rechte sein, die einem Generalvikar gar nicht zukommen.
Im Amtsblatt des Bistums Limburg (Nr. 4, 214) heißt es übrigens zur Ernennung Grothes:
Um die Leitung der Kirche von Limburg sicherzustellen, die durch den Amtsverzicht des vormaligen Bischofs Exzellenz Franz-Peter Tebartz-van Elst vakant ist, ernennt und bestellt Franziskus, durch göttliche Vorsehung Papst, mit diesem Dekret der Kongregation für die Bischöfe den Hochwürdigsten Herrn Manfred Grothe, Titularbischof von Hippo, zum Apostolischen Administrator der genannten Kirche während der Sedisvakanz, mit Geltung vom heutigen Tage und bis ein zu wählender Bischof von seinem Amt kanonisch Besitz ergriffen hat, und überträgt ihm die Rechte, Befugnisse und Pflichten, die nach Norm des Rechtes Diözesanbischöfen zukommen (eique iura, facultates et officia tribuit quae, ad normam iuris, Episcopis dioecesanis competunt [M.]), unter Beachtung freilich dessen, was in Nr. 244 des Direktoriums für den Hirtendienst der Bischöfe „Apostolorum Successores“ gesagt ist.
Im Dekret für Zollitsch hat womöglich dasselbe gestanden, nur stand das nicht im Amtsblatt. Die Formulierung "damit hat er ihm" ist sehr ungünstig, weil dadurch der Eindruck erweckt wird, die Amtsgewalt eines Bischofs käme einem Apostolischen Administrator von Amts wegen zu.

Die Ernennung des "Ständigen Stellvertreters" stützt sich auf c. 137 CIC, demnach kommt einem solchen Vertreter ordentliche ausführende Gewalt. Im Limburger Fall hat Grothe Pfarrer Rösch außerdem noch das Spezialmandat erteilt.

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