Geronimo hat geschrieben:Es will mir auch nicht einleuchten, dass man Menschen quasi per Konversion zu Sündern erklärt, wegen Dingen, die davor schon längst abgehakt sind.
Das ist auch nicht so: Sie werden nicht zu Sündern erklärt, sondern als Menschen angesehen, die nicht in der vollen Gemeinschaft mit der Kirche stehen, weil ihr Verhalten einer solchen Gemeinschaft objektiv widerspricht; während sie vorher freilich noch viel weniger in der vollen Gemeinschaft mit der Kirche standen. Es ist keineswegs so, dass die nach evangelischem Maßstab gültige Zweit-Ehe aus katholischer Sicht als gültig anerkannt würde, solange die betreffende Person noch evangelisch ist! (Nur geht es die katholische Kirche sozusagen nichts an...)
Das "zweierlei Maß", das beim Thema "geschiedene Wiederverheiratete" immer wieder hochkommt, liegt zu einem guten Teil in der Diskrepanz, dass niemand außer Gott - auch nicht die Kirche - objektiv beurteilen kann, dass jemand sündigt, aber sehr wohl, dass jemand eine Handlung (z.B. Ehebruch) setzt, die objektiv als schwere Sünde gelten muss. Die "Strategie", dass die Kirche das Wort Jesu (Was Gott verbunden hat...) ernst nimmt, heißt ja nicht, dass jene Menschen nicht auf Gottes Barmherzigkeit hoffen dürfen. Die Kirche kann sich nicht über Gottes Gebot hinwegsetzen und ist an das gebunden, was ihr aufgetragen ist. Gott ist das nicht.
Die eigentliche Härte, die sicherlich jedem neutralen Beobachter solcher Situationen ins Auge springen muss, ist freilich, dass eine nach menschlichem Maßstab längst nicht mehr existente Ehe weiterhin als die einzig gültige angesehen wird und die neue, nach menschlichem Ermessen vorhandene, oftmals gute und fruchtbare Beziehung daher als Ehebruch gilt. Das kanns doch einfach nicht geben! Aber ist das nicht öfters so mit dem Glauben, dass etwas, das dem menschlichen Augenschein nach völlig klar ist, in den Augen des Glaubens eine ganz andere Realität hat? (Ich denke da an die konsekrierten eucharistischen Gestalten, an Sakramente generell, an Sühneleiden, ...)
By the way - es gibt eine ganze Reihe evang. Pfarrer, die nach ihrer Konversion zum kath. Glauben Priester werden und ihre Ehefrauen behalten dürfen. Wird da nicht mit zweierlei Maß gemessen?
Nein, wieso? Die "evangelische Ehe" (eine Ehe zwischen Getauften, die beide nicht der Formpflicht der katholischen Kirche unterlagen) wird als gültig angesehen, und die Priesterweihe wird dem bereits Verheirateten "dazugespendet", was nach katholischem Sakramentsverständnis ja grundsätzlich möglich ist. Interessant wäre, wenn der evangelische Pastor eine Zweit-Ehe hat - diese könnte nicht als gültig angesehen werden, und ob er in so einem Fall die katholische Priesterweihe empfangen dürfte, muss stark bezweifelt werden...
Grüße,
Georg