Infallibilität - vermittelbare Begründung?

Allgemein Katholisches.
Benutzeravatar
Großinquisitor
Beiträge: 163
Registriert: Sonntag 28. Mai 2006, 21:10
Wohnort: Deutschland

Beitrag von Großinquisitor »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich dachte schon, du wollest Robert Bellarmin höchstselbst zitieren. – Du wirst aber wissen, daß es sich hier nur um eine theologische Meinung handelt.
Dasselbe gilt aber auch für ihre Leugnung;
und zumindest Maximos Confessor vertrat auch die Ansicht, daß ein irrgläubiger Bischof sein Amt eo ipso (d.h. ohne Richterspruch der Kirche) verliert.

Ich bin mittlerweile gegenüber den Sedisvakantisten auch wesentlich milder eingestellt, auch wenn sie objektiv im Irrtum sind.

Benutzeravatar
Großinquisitor
Beiträge: 163
Registriert: Sonntag 28. Mai 2006, 21:10
Wohnort: Deutschland

Beitrag von Großinquisitor »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ipse scripsisti, o emm. Dmn.e Roberte? ;D
Ach der Robert war gemeint :|

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Großinquisitor hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ipse scripsisti, o emm. Dmn.e Roberte? ;D
Ach der Robert war gemeint :|
Schau an – du bist ein Namensvetter? ;D
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Kurt
Beiträge: 1486
Registriert: Montag 5. Februar 2007, 22:29

Beitrag von Kurt »

Die Unfehlbarkeit des Römischen Bischofs wird innerhalb von "pastor aeternus" hergleitet:
DH3065
Daß aber in diesem Apostolischen Primat, den der Römische Bischof als Nachfolger des Apostelfürsten Petrus über die gesamte Kirche innehat, auch die höchste Vollmacht des Lehramtes enthalten ist, hat dieser Heilige Stuhl immer festgehalten, beweist der ständige Brauch der Kirche und haben die ökumenischen Konzilien selbst erklärt, vor allem diejenigen, bei denen der Osten mit dem Westen zur Einheit des Glaubens und der Liebe zusammenfand.

DH3066
Die Väter des vierten Konzils von Konstantinopel haben nämlich, auf den Spuren der Vorfahren wandelnd, folgendes feierliche Bekenntnis abgelegt: “Der Anfang des Heiles ist, die Regel des rechten Glaubens zu beachten […]. Und weil der Spruch unseres Herrn Jesus Christus nicht übergangen werden kann, der sagt: ‘Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen’ [Mt 16,18], wird das, was gesagt wurde, durch die tatsächlichen Wirkungen erwiesen; denn beim Apostolischen Stuhl wurde stets die katholische Religion unversehrt bewahrt und die heilige Lehre in Ehren gehalten. Von seinem Glauben und seiner Lehre wollen wir uns also auf keinen Fall trennen […]; wir hoffen, daß wir in der einen Gemeinschaft, die der Apostolische Stuhl verkündet, zu sein verdienen, in der die unversehrte und wahre Festigkeit der christlichen Religion ist”(1) [ *363-365].
Fußnote zu DH 3066 hat geschrieben: Es handelt sich um den verkürzt zitierten Libellus fidei des Papstes Hormisdas (*363-365); die in der Konstitution selbst nicht gekennzeichneten Auslassungen werden hier mit […] markiert.
Letztlich wird die Konzilsentscheidung des 19. Jahrhunderts also mit einer dokumentierten Auffassung des 4. Jahrhunderts, welche durch das 4. Konzil von Konstantinopel (869,870) noch weit vor jeder Kirchentrennung bestätigt wurde (DH 661), begründet.

Wer also den Glauben der Alten Kirche (des 1. Jahrtausends ) angenommen hat, wird kaum um die Unfehlbarkeit des Römischen Bischofes herumkommen, will der nicht selektiv einige Bestandteile willkürlich aus dem Glaubensgefüge heraustrennen.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »


Lieber Kurt, wir hatten das vor gut zwei Monaten schon einmal. Die
Berufung auf das angebliche Constantinopolitanum IV ist historisch
völlig unhaltbar. Das war kein ökumenisches Konzil, sondern eine
Räubersynode, die zehn Jahre später durch eine weitere Synode und
Papst Johannes VIII. kassiert worden ist.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Clemens
Beiträge: 3581
Registriert: Dienstag 2. Oktober 2007, 18:16
Wohnort: Bayern

Beitrag von Clemens »

Danke, Robert, für den Link - da habe ich noch einiges zu studieren, ehe ich wieder eine (blöde) Frage stellen kann.

Ich werde deshalb zu diesem Thema erst einmal eine Denk- und Lesepause einlegen - danke allen, die mir bisher geantwortet haben.

Aber zuerst muss ich ein paar Gottesdienste halten (Beerdigungen, Jahreswechsel...).

Benutzeravatar
Clemens
Beiträge: 3581
Registriert: Dienstag 2. Oktober 2007, 18:16
Wohnort: Bayern

Beitrag von Clemens »

Clemens möchte anderswo schreiben:
"Natürlich bedeutet diese Vollmacht des Papstes nicht, dass er irgendwelche Privatmeinungen oder Ideen, die ihm persönlich einleuchtend erscheinen, zur allgemeinen Kirchenlehre erheben darf.
Unfehlbarkeit bedeutet vielmehr: er kann einen Glaubensinhalt im Konsens mit den Bischöfen für gewiss wahr erklären, wenn gewährleistet ist, dass er in der Christenheit schon immer, überall und von allen geglaubt worden ist. Ob diese Bedingung in den beiden einzigen Fällen erfüllt war, für die eine solche unfehlbare Verkündigung in Anspruch genommen wurde, mag man zwar unterschiedlich beurteilen. Die katholische Kirche ist aber überzeugt, dass bereits die Urkirche an die unbefleckte Empfängnis und die leibliche Himmelfahrt Marias geglaubt hat.
Mit der Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes verfolgt die katholische Kirche gewiss nicht das Ziel, einen Menschen zum Tyrann über die Gewissen der Gläubigen zu machen. Das Ziel ist vielmehr, auch den theologisch ungebildeten Kirchenmitgliedern die definitive Unterscheidung zu ermöglichen zwischen wesentlichen und unwesentlichen Glaubensinhalten und damit der weitverbreiteten Verunsicherung in Glaubensfragen, sowie der Zersplitterung der Kirche in viele Sekten und Sondergemeinschaften entgegenzusteuern.
Allerdings ist es in auch in der katholischen Kirche bis heute nicht unumstritten, wie dieses Dogma im Detail auszulegen ist."


Kann man das so sagen?

Insbesondere Roberts Meinung interessiert mich hier:
Einerseits scheinst du ja ein Ultra-Katholik und keineswegs ein Alt-Katholik zu sein, aber vom Unfehlbarkeitsdogma hältst du erkennbar wenig.
Als Noch-nicht-Konvertit dachte ich bisher immer, Katholizismus (vor allem für "Heimkehrer") gäbe es nur ganz oder gar nicht.


:hmm:

Liebe Grüße, Clemens

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Clemens hat geschrieben:Die katholische Kirche ist aber überzeugt, daß bereits die Urkirche an die unbefleckte Empfängnis und die leibliche Himmelfahrt Marias geglaubt hat.
Nein, dieser Satz ist definitiv falsch. (Dafür haben wir aber eigene Themenstränge.)

Was die Unfehlbarkeit betrifft, würde ich nicht formulieren: »Er [der Bischof von Rom] kann einen Glaubensinhalt … für gewiß wahr erklären« – als gehe es darum, ihm hier ein besonderes Recht zuzuweisen –, sondern: »Wenn der Bischof von Rom einen Glaubensinhalt für gewiß wahr erklärt, dann können alle Gläubigen sich darauf verlassen, wenn … [und nun kommen die Voraussetzungen – das ist der kritische Punkt]«.

Die Infallibilität kann man mit einigem Hängen und Würgen im Einklang mit der Tradition deuten. Schwieriger – und das ist der eigentliche Knackpunkt jener Konstitution – ist es, die dort dem Wortlaut nach ausgesagte Ableitung des Bischofsamtes eines jeden einzelnen Ortsbischofs vom Amt des römischen Papstes zu verdauen.

Das bekomme ich mit der Tradition nur dann – nein, nicht einmal in Einklang, aber wenigstens ertragbar, wenn ich davon ausgehe, daß das Vaticanum I sich ausdrücklich als Synode der römischen Kirche bezeichnete, also kein Ökumenisches Konzils gewesen sein kann, sondern bloß eine Generalsynode des abendländischen Patriarchats, wie es deren mehrere gab; daß darum ferner die Superiorität des Papstes auch nur diejenige eines Patriarchen über die Metropoliten und Bischöfe seines Patriarchats betrifft; daß ferner die Entscheidung der Synode, weil es die Entscheidung nur eines einzigen Patriarchalverbands innerhalb der Kirche ist, auch keine Infallibilität beanspruchen kann.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Kurt
Beiträge: 1486
Registriert: Montag 5. Februar 2007, 22:29

Beitrag von Kurt »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die
Berufung auf das angebliche Constantinopolitanum IV ist historisch
völlig unhaltbar. Das war kein ökumenisches Konzil, sondern eine
Räubersynode, die zehn Jahre später durch eine weitere Synode und
Papst Johannes VIII. kassiert worden ist.
Erneut, lieber Robert, sage ich, dass man das mit dieser Bestimmtheit (völlig unhaltbar) nicht sagen kann.
In Kürze: Die Absetzung des Patriarchen Photius, um die es in dem Konzil eigentlich ging, wurde nur von den östlichen Kirchen nicht anerkannt; verständlicherweise.
Was die Unfehlbarkeit des römischen Bischofs angeht (und die hat nichts mit der Absetzung eines Patriarchen zu tun), trifft dieses Konzil keine falsche Aussage, sondern im Gegenteil: Es bestätigt das, was die Kirche immer und überall geglaubt hat. Das hat auch die Ostkirche nicht kassiert.

Das Thema ist aber ein sorgfältig Auseinanderzunehmendes. Aber das gibt dieses Jahr nichts mehr.

Im Übrigen: Wenn man die Unfehlbarkeit des Römischen Bischofs negiert, dann bleiben zwei Alternativen:

Entweder ist jemand anders unfehlbar im Sinne von pastor aeternus. Dann kann es nur - stattdessen - ein Konzil sein. Dafür aber gibt es in den Konzilien erst recht keinen Nachweis.

Oder es gibt eben die Unfehlbarkeit auf Erden nicht. Auch dafür gibt es keinen Hinweis in der Tradition, und das Ergebnis sieht man in den völlig und nachhaltig zersplitterten getrennten kirchl. Gemeinschaften.

Mithin ist die Infallibilität des röm. Bischofs kontinuierlich belegt in der kirchl. Praxis des ersten Jahrtausends für die Gesamtkirche und im 2. Jahrtausend in der lateinischen Kirche des Abendlandes - wo sie erst später zum Streitpunkt wurde und deshalb erst 1870 dogmatisch fixiert wurde.

Kurt
Beiträge: 1486
Registriert: Montag 5. Februar 2007, 22:29

Beitrag von Kurt »

Clemens hat geschrieben:Ob diese Bedingung in den beiden einzigen Fällen erfüllt war, für die eine solche unfehlbare Verkündigung in Anspruch genommen wurde, mag man zwar unterschiedlich beurteilen.
Faktisch hat es die Kirche schon immer so gehalten, es ist erst im 2. Jahrtausend zum Streitpunkt geworden.
Die katholische Kirche ist aber überzeugt, dass bereits die Urkirche an die unbefleckte Empfängnis und die leibliche Himmelfahrt Marias geglaubt hat.
Ich halte es für schwierig, die Unfehlbarkeit des Papstes an diesen beiden Dogmen zu erläutern. Besser wäre es tatsächlich, die Dogmengeschichte insgesamt inkl. der Rolle der Päpste zu betrachten.

Benutzeravatar
Samuel
Beiträge: 531
Registriert: Dienstag 3. Februar 2004, 18:35
Wohnort: Bayern

Beitrag von Samuel »

Robert hat geschrieben:Gut. – Aber was, wenn ein Papst ex cathedra dekretierte, nur die Eucharistie, bei welcher ungesäuerte Hostien verwendet werden, sei gültig? Oder nur die Zelebration versus populum sei gültig, alles andere unterm Anathem verworfen? Oder der Koran sei durch heiligen Kuß zu ehren? Oder wenn Hindupriester um Benutzung einer Kirche bäten, müsse man ihretwegen alle christlichen Bilder und Symbole aus der Kirche entfernen, um ihnen nicht Anstoß zu geben, und sie dann ihre Rituale in der Kirche abhalten lassen?
Ich bin nicht sicher, ob solche Dinge überhaupt in den Bereich möglicher Dogmatisierungen fallen. Jedenfalls hat es m.W. bisher im Bereich der Kirchendisziplin keine Dogmen gegeben.
Clemens hat geschrieben:Unfehlbarkeit bedeutet vielmehr: er kann einen Glaubensinhalt im Konsens mit den Bischöfen für gewiss wahr erklären, wenn gewährleistet ist, dass er in der Christenheit schon immer, überall und von allen geglaubt worden ist.
- Der Konsens der Bischöfe ist zwar wünschenswert, aber nicht erforderlich: Unfehlbare Sätze sind aus sich selbst wahr, nicht aus der Zustimmung der Kirche. Zum Vergleich: Auch wenn man heute viel auf Meinungsumfragen gibt - ein wahrer Satz bleibt wahr, selbst wenn die meisten Menschen anderer Meinung sind.

- Die Kirche kennt eine Entfaltung des Glaubenswissens. Ein Beispiel: Die Jünger Jesu haben vermutlich nicht geglaubt, dass Jesus eines Wesens mit dem Vater ist. Der Begriff "wesensgleich" (homoousios) entstammt griechischem, nicht hebräischem Denken. Sobald der christliche Glaube in den griechischen Raum gelangt war, wurde der Begriff "homoousios" zum angemessenen Ausdruck dessen, was Jesus ist. Man könnte sagen: Die Jünger Jesu haben einschlussweise (implizit) geglaubt, dass Jesus eines Wesens mit dem Vater ist, d.h. sie hätten sich nicht so ausgedrückt, aber das, was das Wort "homoousios" bedeutet, war auch schon in ihrem Glauben enthalten.

So müsstest du den Satz umformulieren:
"er kann einen Glaubensinhalt für gewiss wahr erklären, wenn gewährleistet ist, dass er in der Christenheit wenigstens einschlussweise schon immer, überall und von allen geglaubt worden ist."
Wer einen Menschen verurteilt, kann irren. Wer ihm verzeiht, irrt nie. (Heinrich Waggerl)

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Samuel hat geschrieben:Ich bin nicht sicher, ob solche Dinge überhaupt in den Bereich möglicher Dogmatisierungen fallen.
Ich bin sogar sicher, daß sie nicht darunter fallen. Das ist ja der springende Punkt: Was ist dogmatischen Definitionen (die den Ausschluß aller Vertreter abweichender Meinungen bedeuten) überhaupt zugänglich?

Daß es in meinen Beispielen „nur“ um Kirchendisziplin gehe, lasse ich als Einwand nicht gelten. Sobald eine dogmatische Definition vorläge – gesetzt, das wäre möglich –, handelte es sich nicht mehr um reine Kirchendisziplin. Ich verweise beispielshalber auf das Erfordernis der Verwendung von Weizenmehl für die Hostie oder von Wasser für die Taufe. Beides ist de fide.

Aber ich kann die Beispiele auch variieren. Könnte man „dogmatisieren“, daß Johannes der Täufer wirklich am 24. Juni geboren ist? Oder daß Petrus ist Rom hingerichtet wurde?
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Clemens
Beiträge: 3581
Registriert: Dienstag 2. Oktober 2007, 18:16
Wohnort: Bayern

Beitrag von Clemens »

Danke für die Erklärungen und Verstehenshilfen!

Ich hoffe, ich nerve euch nicht, wenn ich schon wieder frage, ob meine folgenden Formulierungen sachlich richtig sind:


"
Allerdings ist die „Unfehlbarkeit“ auch in der katholischen Kirche bis heute nicht unumstritten.
Es ist zum Beispiel nicht endgültig geklärt, in welcher Weise die Mitwirkung der Gesamtheit der Bischöfe notwendig ist, bevor eine Glaubensaussage „unfehlbar“ definiert werden kann.

Kritisch zu sehen ist zum anderen auch die Zentrierung der römischen Kirche auf das Papstamt. Dass die Vollmacht der Bischöfe aus der Vollmacht des Papstes abgeleitet wird, entspricht sicher nicht dem Glauben der Urkirche.
Eine stärkere Einordnung des Papstamtes in die Gesamtheit der Bischöfe wäre aber auch katholischerseits durchaus denkbar. Der vorige und der jetzige Papst haben mehrmals angedeutet, dass sie das mögliche dazu beitragen wollen, dass das Papstamt der Einheit der Kirche nicht länger im Wege steht und der Titel „Diener der Diener Gottes“, den die Päpste schon seit rund 1000 Jahren führen, auch im zwischenkirchlichen Dialog ernst genommen werden kann.
"

Weiß jemand genauer, was diese Päpste gesagt haben und was sie damit meinten?
Hab ich da vielleicht etwas überinterpretiert?


Liebe Grüße,
Clemens

Benutzeravatar
Samuel
Beiträge: 531
Registriert: Dienstag 3. Februar 2004, 18:35
Wohnort: Bayern

Beitrag von Samuel »

Clemens hat geschrieben:Es ist zum Beispiel nicht endgültig geklärt, in welcher Weise die Mitwirkung der Gesamtheit der Bischöfe notwendig ist, bevor eine Glaubensaussage „unfehlbar“ definiert werden kann.
Wie gesagt: Eine solche Mitwirkung ist nicht erforderlich.
[url=http://weberknecht.wordpress.com/2007/09/01/pastor-aeternus/]pastor aeternus[/url] (DH 3074) hat geschrieben:und daher sind solche Definitionen des Römischen Bischofs aus sich, nicht aber aufgrund der Zustimmung der Kirche unabänderlich.

Clemens hat geschrieben:Dass die Vollmacht der Bischöfe aus der Vollmacht des Papstes abgeleitet wird, entspricht sicher nicht dem Glauben der Urkirche.
Das sagt auch das erste Vatikanum nicht. Im Gegenteil:
[url=http://weberknecht.wordpress.com/2007/09/01/pastor-aeternus/]pastor aeternus[/url] (DH 3061) hat geschrieben:So wenig aber beeinträchtigt diese Vollmacht des Papstes jene ordentliche und unmittelbare Vollmacht der bischöflichen Jurisdiktion, mit der die Bischöfe, die, eingesetzt vom Heiligen Geist [vgl. Apg 20,28], an die Stelle der Apostel nachgefolgt sind, als wahre Hirten die ihnen jeweils zugewiesenen Herden jeweils weiden und leiten, daß sie vielmehr vom obersten und allgemeinen Hirten bejaht, gestärkt und geschützt wird gemäß jenem des heiligen Gregor des Großen: “Meine Ehre ist die Ehre der gesamten Kirche. Meine Ehre ist die ungebrochene Tatkraft meiner Brüder. Dann bin ich wahrhaft geehrt, wenn einem jeden einzelnen die gebührende Ehre nicht versagt wird”(1).

Clemens hat geschrieben:Eine stärkere Einordnung des Papstamtes in die Gesamtheit der Bischöfe wäre aber auch katholischerseits durchaus denkbar.
Vatikan I hat das Papstamt betont, Vatikan II das Bischofsamt. Man darf das eine nicht getrennt vom anderen sehen. Nach katholischem Verständnis hat die Kirche zwei Leitungsämter göttlichen Rechts (weil von Jesus eingesetzt): Den Papst als Nachfolger des Petrus und die Bischöfe als Nachfolger der Apostel.
Wer einen Menschen verurteilt, kann irren. Wer ihm verzeiht, irrt nie. (Heinrich Waggerl)

Benutzeravatar
ottaviani
Beiträge: 6850
Registriert: Mittwoch 24. März 2004, 17:24
Wohnort: wien

Beitrag von ottaviani »

man muß die aussage des VatikanumsII im Lichte der Nota exeplicativa
die Paul VI dem Text über die Bischöfe vorausgestellt hat ohne die erklärung währe das gante ein Widerspruch zu Pastor Aeternus
wichtig scheint mir daß die Bischöfe nicht ohne den Papstt handeln können

Benutzeravatar
Großinquisitor
Beiträge: 163
Registriert: Sonntag 28. Mai 2006, 21:10
Wohnort: Deutschland

Beitrag von Großinquisitor »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Lieber Kurt, wir hatten das vor gut zwei Monaten schon einmal. Die
Berufung auf das angebliche Constantinopolitanum IV ist historisch
völlig unhaltbar. Das war kein ökumenisches Konzil, sondern eine
Räubersynode, die zehn Jahre später durch eine weitere Synode und
Papst Johannes VIII. kassiert worden ist.
Ej, da gibt es noch einigen Müll auszusortieren. Hoffentlich werde ich diesen Monat noch Zeit dazu finden.

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Re: Infallibilität - vermittelbare Begründung?

Beitrag von Stephen Dedalus »

Clemens hat geschrieben:Ihr Lieben!

Weil Ihr so nett seid, mir auf meine Fragen immer wieder brauchbar zu antworten, will ich mich unterwinden, eure Geduld wiederum zu erproben:

1. Ihr findet es ja viel schneller, als ich:
In welchem offiziellen Dokument steht die Begründung für das Unfehlbarkeitsdogma von 1870? (wenn´s nicht zuviel ist, bitte gleich zitieren!?)

2. Wie würdet Ihr einem interessierten Evangelischen die Richtigkeit dieses Dogmas begründen?
(Bitte nur ernstgemeinte Zuschriften! :mrgreen: )

Vielen Dank!
Clemens
Hallo Clemens,

ich kann Dir zu diesem Komplex ein ausgezeichnetes Buch von Wolfgang Klausnitzer empfehlen: Der Primat des Bischofs von Rom. Entwicklung, Dogma, Ökumenische Zukunft. Herder Verlag 2004.

Klausnitzer bietet nicht nur einen exzellenten historischen Überblick der Entwicklung des Primatsgedankens, sondern auch eine fundierte Einschätzung der ökumenischen Perspektiven. Seine Darstellung ist quellenorientiert, Du bekommst also einen guten Überblick über die einschlägigen Passagen in den Vätern mit einer in meinen Augen ausgewogenen Analyse.

Nach der Lektüre dieses Buches ist es sicher möglich, den Primatsgedanken besser zu verstehen und auch die Diskussion um die Infallibilität besser einzuordnen. Klausnitzer bietet eine Interpretation an, die sehr stark in die Richtung geht, die Infallibilität des Papstes als "Unfehlbarkeit der Kirche" zu deuten.

Klausnitzer bietet sicher "Munition", die man im Gespräch mit Protestanten verwenden kann, zumal sein Buch auch einige schöne Kapitel zur Exegese der Primatsstellen im NT enthält.

Allerdings bleibt auch nach der Lektüre des Buches für mich zu viel offen:

Die Exegese der Primatsstellen im NT läßt keinerlei Schluß darauf zu, daß hier eine Vormachtsstellung der Nachfolger Petri in irgendeiner Weise intendiert war. Im Gegenteil: Die alte Kirche hat die Bischöfe als Nachfolger Petri und Hirten der Herde verstanden, nicht aber einen Bischof allein. Die gesamte Ekklesiologie sowohl der alten Kirche wie auch des NT scheint mir doch einen Primat, wie er sich in der römischen Kirche entwickelt hat, auszuschließen. Viele der später herangezogenen Begründungen sind eindeutig nachträgliche Projektionen, die in die Quellen hineingelesen wurden. Das Papsttum (in seiner späteren Form) ist in meinen Augen nicht nur eine menschliche Erfindung, sondern auch ein Instrument und Katalysator negativer Entwicklungen gewesen. Das, was dem Gedanken nach ein Instrument der Einheit sein sollte, hat sich historisch zu häufig als Katalysator der Trennungen erwiesen.

Deinen Wunsch und Deine Sehnsucht nach Einheit respektiere und teile ich. Jedoch kann ich nicht nachvollziehen, warum ausgerechnet die römische Kirche hierbei den Ton angeben soll. Für mich kann die Frage nicht lauten, was uns noch daran hindert, den Primat des Papstes anzuerkennen. Für mich muß die Frage lauten, wie eine apostolische, traditions- und schriftgemäße Gestalt der Kirche aussieht, oder kurz: Wie der Herr die Kirche haben will. Darauf müssen wir hinarbeiten, und wenn wir diesem Ziel näherkommen, wird sich auch die Einheit einstellen.

Im Hinblick auf das Papstamt bin ich davon überzeugt, daß es hier erst zu massiven und fundamentalen Korrekturen kommen muß, bevor die römische Kirche sich wieder einer apostolischen Struktur annähert.
If only closed minds came with closed mouths.

Benutzeravatar
ottaviani
Beiträge: 6850
Registriert: Mittwoch 24. März 2004, 17:24
Wohnort: wien

Beitrag von ottaviani »

Die kirche kann ein Dogma nicht "abschaffen" so mit ist diese Hoffnung
eine Illusion

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Beitrag von Stephen Dedalus »

Clemens hat geschrieben: Weiß jemand genauer, was diese Päpste gesagt haben und was sie damit meinten?
Hab ich da vielleicht etwas überinterpretiert?
Bereits Papst JPII hat eingeräumt, daß man im Dialog mit den getrennten Brüdern keine Forderungen stellen kann, die über das hinausgehen, was das Papstamt vor der Trennung (1054) ausmachte. Also im Klartext: Was die Orthodoxen bis 1054 an Papst ertragen konnten, müßten sie auch heute ertragen können.

Er hat die Kirchen der Ökumene eingeladen, zu formulieren, in welcher Ausgestaltung sie ein Petrusamt für hilfreich und akzeptabel hielten. Einige Kirchen haben auf diese Einladung offiziell geantwortet, u.a. die Kirche von England.
If only closed minds came with closed mouths.

Benutzeravatar
Großinquisitor
Beiträge: 163
Registriert: Sonntag 28. Mai 2006, 21:10
Wohnort: Deutschland

Beitrag von Großinquisitor »

Soll das heißen, daß die sog. Orthodoxen die Primatslehre Leos des Großen akzeptieren müßten?

Benutzeravatar
Clemens
Beiträge: 3581
Registriert: Dienstag 2. Oktober 2007, 18:16
Wohnort: Bayern

Beitrag von Clemens »

Stephen Dedalus hat geschrieben: Er hat die Kirchen der Ökumene eingeladen, zu formulieren, in welcher Ausgestaltung sie ein Petrusamt für hilfreich und akzeptabel hielten. Einige Kirchen haben auf diese Einladung offiziell geantwortet, u.a. die Kirche von England.
Danke lieber SD!
Kannst Du auch noch in aller zumutbaren Kürze erklären, was die CoE geantwortet hat?


Zu Deinem vorigen Posting von 14:12 noch ein paar schnelle Anmerkungen:

Exegese:
ist es nicht bemerkenswert, dass die Schlüsselgewalt nur Petrus übergeben ist, während die Binde- und Lösegewalt allen Aposteln zugesprochen wird?

Warum soll ausgerechnet Rom den Ton angeben?
Das fragen mich meine Gemeindeglieder auch immer wieder mit empörtem Unterton: "Warum sollen wir nachgeben, und warum nicht die Katholiken?!"
1. Weil in den vielen Sachfragen m.E. die Katholiken recht haben (z.B. Sukzession, Papst, alle 7 Sakramente, Heilige, hierarchische Struktur) hielte ich es für richtig, zuerst einmal an diesen Stellen nachzugeben. Ob es dann auch noch Fragen gbt, bei denen wir mehr recht haben (Unfehlbarkeit, Mariendogmen, Frömmigkeitspraxis), darüber könnte man dann immer noch streiten.

2. Weil die Forderung, Rom solle sich Wittenberg (oder Canterbury) anschließen, schlichtweg lächerlich ist. Wer hat sich denn von wem abgespalten? Auch wenn unter den damaligen Gründen durchaus auch respektable gewesen sein mögen, so enthebt uns das doch nicht der Verpflichtung, die Einheit HEUTE wirklich zu wollen und dafür bereit zu sein, konfessionelle Erbstücke herzugeben. Man kann eben nicht Einheit fordern/wünschen unter der Voraussetzung, dass bei uns aber alles so bleiben muss, wie es ist.
Mein Gedankengang ist vielmehr:
a) Rom fordert die Unterwerfung unter den Primat.
Wenn wir Nein sagen, hat sich die Sache erledigt. Wenn wir aber keine wirklich gewichtigen Gründe haben, Nein zu sagen, dann sollten wir um Christi willen Ja sagen.
b) Ich glaube, unsere Gründe, Nein zu sagen, sind nicht gewichtig genug.
c) Deshalb suche ich nach Möglichkeiten, die Kröten wenigstens schmackhaft zuzubereiten, bevor ich meine evangelischen Mitchristen zum Verspeisen derselben einlade.


;D

Benutzeravatar
Marcus
Beiträge: 3077
Registriert: Dienstag 13. Juni 2006, 14:48

Beitrag von Marcus »

Exegese:
ist es nicht bemerkenswert, dass die Schlüsselgewalt nur Petrus übergeben ist, während die Binde- und Lösegewalt allen Aposteln zugesprochen wird?
Ich denke, man muss die Schlüsselgewalt im übertragenen Sinne verstehen. Was kann ich mit einem Schlüssel machen? Ich kann etwas auf- oder zuschließen. Da der Lohn der Sünde der Tod ist, schließt letztlich derjenige, der dem Sünder seine Sünden im Namen des dreieinigen Gottes vergibt, für ihn die Tür zum Himmel wieder auf. Wird die Absolution verweigert, bleibt die Tür zum Himmel verschlossen. Da auch die anderen Jünger die Gewalt hatten, zu binden und zu lösen, haben auch sie die Schlüsselgewalt empfangen. Die Gewalt zu binden und zu lösen hat Christus nicht einer bestimmten Person, sondern letztlich der gesamten Kirche gegeben.
Ob es dann auch noch Fragen gbt, bei denen wir mehr recht haben (Unfehlbarkeit, Mariendogmen, Frömmigkeitspraxis), darüber könnte man dann immer noch streiten.
Hieran beharrlich zu zweifeln oder die Dogmen zu leugnen, reicht bereits aus, um sich die Strafe der Exkommunikation als Tatstrafe zuzuziehen. Folge: Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft (nicht aus der Kirche) und Verlust der Berechtigung die Kommunion zu empfangen. Darüber hinaus bist Du nach dem kanonischen Recht in diesem Fall auch gleich ein Häretiker.

Diese drei Dogmen werden immer Lehrbestand in der RKK sein, weil sie als unfehlbar gelten.

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Beitrag von Stephen Dedalus »

Clemens hat geschrieben: Kannst Du auch noch in aller zumutbaren Kürze erklären, was die CoE geantwortet hat?
Nur aus dem Kopf:
Man hat die Einladung von JPII dankbar angenommen und betont, daß man sehr daran interessiert ist, das Petrusamt für die gesamte Kirche zurückzugewinnen. Allerdings kann dieses Amt nach unserer Auffassung nur in einem Ehrenprimat bestehen und weder einen Lehrprimat noch einen Jurisdiktionsprimat umfassen. Einen solchen Ehrenprimat hatte der römische Bischof in der alten Kirche und der widerspricht auch nicht der apostolischen Überlieferung.

Zu Deinem vorigen Posting von 14:12 noch ein paar schnelle Anmerkungen:

Exegese:
ist es nicht bemerkenswert, dass die Schlüsselgewalt nur Petrus übergeben ist, während die Binde- und Lösegewalt allen Aposteln zugesprochen wird?
Sicher ist das bemerkenswert. Der gesamte neutestamentliche Befund im Hinblick auf Petrus ist bemerkenswert. Niemand leugnet, daß ihm unter den Aposteln eine Sonderstellung zukam. Nur besteht eben völlige Unklarheit darüber, daß diese Sonderstellung als "Fürst der Apostel" in irgendeiner Form auf seine "Nachfolger" übergeht. Die alte Kirche hat keine der Stellen im NT entsprechend gedeutet. Erst vergleichsweise spät beriefen sich die römischen Bischöfe aufgrund ihrer Petrusnachfolge auf eine besondere Ehrenstellung und legten Mt 18,16 entsprechend aus. In meinen Augen klafft hier eine klare Lücke.

Im übrigen finde ich bemerkenswert - und ich sage das ohne Unterton! - daß in Deiner Argumentation doch sehr stark römisch-katholische apologetische Rhetorik vorherrscht. Meine Frage ist daher, ob Du Dich ernsthaft auch mit anderen Sichtweisen auseinandergesetzt hast? Wie sieht es mit der Sichtweise der Orthodoxen oder der Alt-Katholiken aus? Ich stimme Dir ja durchaus darin zu, daß die römische Kirche in vielem Recht hat (verglichen mit den Evangelischen Kirchen), aber eben nicht in allem... Gerade das Papstamt ist imho aus Deiner Aufzählung herauszunehmen. Hier hat Rom eben gerade nicht recht, sondern unterliegt in meinen Augen einem fundamentalen Irrtum. Fundamental ist dieses Thema insofern, als es in der römisch-katholischen Theologie alle anderen Themen mit durchdringt. Was die Kirche ist und wie sie in den Sakramenten wirkt, ist nicht davon zu trennen, welche Rolle der Papst spielt, bis in jede Eucharistiefeier hinein.

Gerade deshalb können sich die Kirchen der Ökumene von der römischen Kirche an diesem Punkt nicht den Ton angeben lassen. Hier geht es nicht um "nachgeben" oder darum, "sich nicht verändern zu wollen", sondern schlicht um die Wahrheit. Und eine Gemeinschaft, die fundamental das Wesen der von Christus gestifteten Kirche entstellt, um Raum für einen päpstlichen Primat zu schaffen, kann nicht von den anderen Kirchen fordern, sich diesem Primat zu unterwerfen, um eine Einheit zu erlangen.

Ich glaube nicht , daß die Gründe gegen den päpstlichen Jurisdiktions- und Lehrprimat gewichtig sind. Ich glaube, daß sie zwingend sind. Sicher ist die römische Kirche "katholischer" als die EKD. Aber letztlich bleibt dies eine Scheinlösung.
If only closed minds came with closed mouths.

Benutzeravatar
Großinquisitor
Beiträge: 163
Registriert: Sonntag 28. Mai 2006, 21:10
Wohnort: Deutschland

@Stephen

Beitrag von Großinquisitor »

Der Vorrang Roms wird bereits in der Schrift bezeugt; nein ich meine nicht das Matthäusevangelium, sondern das erste Kapitel des Römerbriefes.

Und beantworte endlich meine Frage, ob Du Leo den Großen für katholisch hälst.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: @Stephen

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Großinquisitor hat geschrieben:Der Vorrang Roms wird bereits in der Schrift bezeugt; nein‹,› ich meine nicht das Matthäusevangelium, sondern das erste Kapitel des Römerbriefes.

Hä?

Großinquisitor hat geschrieben:Und beantworte endlich meine Frage, ob Du Leo den Großen für katholisch häl‹t›st.

Wo hast du das gefragt?
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Clemens
Beiträge: 3581
Registriert: Dienstag 2. Oktober 2007, 18:16
Wohnort: Bayern

Beitrag von Clemens »

Lieber Stefan,

vielen Dank für Deine ausführliche Antwort!

Ob ich mich auch mit nicht-katholischen Sichtweisen auseinandergesetzt habe?
Nun ja, ich komme von Haus aus aus dem Evangelikalismus. Mein Pfarrer hat mir beigebracht, dass die RKK die größte Sekte der Welt ist, weil sie neben der Bibel eine weitere Offenbarungsquelle hat (ein bei uns übrigens immer noch sehr populäres Theologumenon), ich habe ein akademisches Vollstudium hinter mir (auch wenn ich manches sicher schon wieder vergessen habe), zu dessen Beginn ich noch der Meinung war, ein Katholik könne kein richtiger Christ sein, und was gegen das Papsttum spricht, weiß ich - glaube ich wenigstens - schon.
Nur- es überzeugt mich nicht mehr!

Eine Option für meine geistliche Heimat schien mir eine Zeitlang die SELK werden zu können, aber die lockt mich inzwischen genauso wenig, wie andere Frei- und Splitterkirchen.

Anglikanisch zu werden, bot sich mir damals als Option nicht an.
Aber: wäre das sinnvoll??
Als Gegenentwurf zur RKK finde ich die Anglikaner heute nicht gerade überzeugend: vor den theologischen Skandalen (Feminismus, Homosexualismus), die die anglikanische Gemeinschaft heutzutage erschüttern (und zerreißen?) und mit denen Ihr - Gott sei´s geklagt - den Protestantismus nachahmt, bleibt die RKK immerhin dank dem Papstamt bewahrt.
Wird durch dergleichen nicht noch viel ärger "fundamental das Wesen der von Christus gestifteten Kirche entstellt"?

Liebe Grüße,

Clemens

Benutzeravatar
Clemens
Beiträge: 3581
Registriert: Dienstag 2. Oktober 2007, 18:16
Wohnort: Bayern

Beitrag von Clemens »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Clemens hat geschrieben: Kannst Du auch noch in aller zumutbaren Kürze erklären, was die CoE geantwortet hat?
Nur aus dem Kopf:
Man hat die Einladung von JPII dankbar angenommen und betont, daß man sehr daran interessiert ist, das Petrusamt für die gesamte Kirche zurückzugewinnen. Allerdings kann dieses Amt nach unserer Auffassung nur in einem Ehrenprimat bestehen und weder einen Lehrprimat noch einen Jurisdiktionsprimat umfassen. Einen solchen Ehrenprimat hatte der römische Bischof in der alten Kirche und der widerspricht auch nicht der apostolischen Überlieferung.
Hat die RKK darauf irgendetwas Interessantes geantwortet?
(Mit dieser Antwort hat man ja rechnen können - als guter Diplomat hat man dann ja vielleicht auch schon eine weitere Antwort parat?)

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich erinnere daran, daß Kardinal Joseph Ratzinger sinngemäß wiederholt geäußert hat, auf dem Wege zur Einheit der Kirche müsse man auch eine Gestalt des römischen Primats finden, wie sie im ersten christlichen Jahrtausend in der ganzen Kirche anerkannt war.

Dies weist den Weg: Nicht theologische Deduktion noch exegetische Interpretation helfen weiter, sondern allein historische Forschung und vor allem deren Kenntnisnahme durch die Gläubigen und die Hirten. Intellektuelle Redlichkeit ist dabei gefragt, zu meiden sind alle Reprojektionen a posteriori.

Dazu gehört dann auch, den Berg an Fälschungen einzugestehen, auf welchem ein Großteil der Primatslehre aufgebaut ist, von Pseudoisidor über Bellarmin und Baronius bis hin zum Vaticanum I.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
ottaviani
Beiträge: 6850
Registriert: Mittwoch 24. März 2004, 17:24
Wohnort: wien

Beitrag von ottaviani »

nochmals man kann das VatikanumI nicht abschaffen

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Sicher. Man kann nicht einmal Auschwitz abschaffen. Man kann Geschichte generell weder „abschaffen“ noch ungeschehen machen. Man kann Fakten der Vergangenheit aber in ihren historischen Kontext stellen und entsprechend bewerten.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
ottaviani
Beiträge: 6850
Registriert: Mittwoch 24. März 2004, 17:24
Wohnort: wien

Beitrag von ottaviani »

ein Dogma ist dein kein Dogma mehr das ist unmöglich dann hätten wir wirklich den fall des papa haeretikus

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Beitrag von Stephen Dedalus »

Clemens hat geschrieben: Ob ich mich auch mit nicht-katholischen Sichtweisen auseinandergesetzt habe?
Nun ja, ich komme von Haus aus aus dem Evangelikalismus. Mein Pfarrer hat mir beigebracht, dass die RKK die größte Sekte der Welt ist, weil sie neben der Bibel eine weitere Offenbarungsquelle hat (ein bei uns übrigens immer noch sehr populäres Theologumenon), ich habe ein akademisches Vollstudium hinter mir (auch wenn ich manches sicher schon wieder vergessen habe), zu dessen Beginn ich noch der Meinung war, ein Katholik könne kein richtiger Christ sein, und was gegen das Papsttum spricht, weiß ich - glaube ich wenigstens - schon.
Nur- es überzeugt mich nicht mehr!
Nun, darin gebe ich Dir gerne recht. Die Evangelischen oder noch mehr die evangelikalen Vorbehalte gegen den katholischen Glauben überzeugen mich auch schon lange nicht mehr. Ich habe in einem längeren Prozeß an vielen Punkten gelernt, daß die katholischen Argumente einfach die besseren sind und die evangelischen Vorbehalte in der Regel auf Irrtümern beruhen. Jedoch halte ich auch für sehr fruchtbar, ein wenig rechts und links des Weges zu schauen. Daß die Evangelischen an vielen Punkten irren, macht die römische Kirche noch nicht zur alleinigen Künderin der Wahrheit. Auch von anderer Seite aus gilt es in meinen Augen, die Positionen gründlich zu prüfen. Und gegen das Papstamt kann man nicht nur evangelische Argumente ins Feld führen, sondern eben auch katholische. Und diese überwiegen in meinen Augen.
Eine Option für meine geistliche Heimat schien mir eine Zeitlang die SELK werden zu können, aber die lockt mich inzwischen genauso wenig, wie andere Frei- und Splitterkirchen.
Das verstehe ich gut.

Als Gegenentwurf zur RKK finde ich die Anglikaner heute nicht gerade überzeugend: vor den theologischen Skandalen (Feminismus, Homosexualismus), die die anglikanische Gemeinschaft heutzutage erschüttern (und zerreißen?) und mit denen Ihr - Gott sei´s geklagt - den Protestantismus nachahmt, bleibt die RKK immerhin dank dem Papstamt bewahrt.
Ich versuche einmal, darauf unpolemisch zu antworten.

1. "Feminismus" / "Homosexualismus" sind so Schlagworte, die mit der kirchlichen Realität rein gar nichts zu tun haben. Auch macht die ethische Bewertung von Homosexualität eine Kirche nicht "protestantisch". Vom Feminismus halte ich nichts, das ist meines Erachtens eine Zeiterscheinung, die sich auswächst. Die Frage des Umgangs mit Homosexualität ist eine Nebenfrage der Ethik einerseits oder kirchlichen Disziplin andererseits, die außerdem nur eine verschwindende Minderheit überhaupt betrifft. Warum gerade dieses Thema immer so hoch gehängt wird, erschließt sich mir nicht. Ich kann darüber nur spekulieren. Mein Verdacht ist, daß hier ein Nebenthema zum Hauptkriegschauplatz gemacht wird, weil man sich an die wahren Themen nicht herantraut. Das Thema "Homosexualität" zum Gradmesser für den Bekenntnisstand einer Kirche zu machen, ist nur über den Umweg des Schriftverständnisses möglich. Und wie dünn hier das Eis wird, wenn man diese Diskussion von römisch-katholischer Seite aus führen will, solltest Du als Protestant wissen.

2. Ist es wirklich so, daß die RKK aufgrund des Papstamtes vor diesen Fehlentwicklungen bewahrt geblieben ist? Kurzfristig gesehen ist das sicher richtig so. Eine Garantie für die Zukunft ist es jedoch nicht. Das, was gerade den konservativen Protestanten als "Hort der Wahrheit und der traditionellen Werte" erscheint, kann sich in der Zukunft als Problem erweisen. Nicht wenige Katholiken waren entsetzt, als das Unfehlbarkeitsdogma verkündet wurde.

Und: Wurde Rom in der Vergangenheit durch das Papstamt vor Fehlentwicklungen und Fehlentscheidungen bewahrt? Meine ehrliche Antwort kann nur lauten: Nein. Im Gegenteil: Manche falsche Entwicklung wurde durch das Papstamt beschleunigt.
Wird durch dergleichen nicht noch viel ärger "fundamental das Wesen der von Christus gestifteten Kirche entstellt"?
Nein. Wie oben dargelegt handelt es sich bei unseren derzeitigen Streitigkeiten um Fragen der Ethik und der Disziplin. Das Papstamt ist für die RKK konstitutiv. Die gesamte Ekklesiologie der RKK hat sich im Laufe der Geschichte immer mehr auf das Papstamt zugespitzt.
If only closed minds came with closed mouths.

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema