Robert Ketelhohn hat geschrieben:Doch der Reihe nach weiter. Das »Was« ist nicht nur die „Realpräsenz“ – auch ein sehr später und überhaupt in der älteren Tradition nicht vorkommender Begriff! –, sondern auch die Wandlung. Es ist in der Väterlitteratur klar, daß nach der Anaphora oder dem Canon die Gestalten von Brot und Wein nicht mehr sind, was sie zuvor waren, sondern daß sie Leib und Blut des Herrn geworden sind. Und zwar ganz und dauerhaft.
Das ist sehr apostolisch.
Richtig. Siehst Du, hier sind wir schnell einig: "Realpräsenz" (ich gebe zu, auch das ist ein Begriff der Neuzeit, auch wenn die Idee dahinter uralt ist) ist das, was die Kirchenväter eigentlich immer wieder beschrieben haben.
Was sie immer wieder klar geglaubt haben, war Brot und Wein SIND WIRKLICH Leib und Blut. Sie haben auch andere (u.a. Gnostiker) scharf verurteilt, die das nicht geglaubt haben, die z.B. meinten, es wäre nur eine Art spirituelle Wandlung.
Das findet man gleich in der Didache, in der apostolischen Tradition (also in den ältesten Hochgebeten) und so weiter. Da gibt es m.E. nicht viel zu bestreiten.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Neu, »speziell«, »scholastisch« kam seit dem 13. Jahrhundert lediglich die subtile Anwendung der neu-alten philosophischen Begrifflichkeit auf, welche die in Mode kommenden Schriften des Aristoteles und deren Kommentatoren bereitstellten.
Und das ist das, was ich kritisiere. Denn die Formulierung, die Rom im Konzil von Trient dogmatisiert hat, lehnt sich m.E. klar an die scholastische Tradition an, eine spätere Entwicklung also, die zwar aus der apostolischen Tradition hervorgeht, aber nicht wirklich identisch mit der apostolischen Tradition ist -- als Alleingang auch noch, ohne Absprache mit anderen apostolischen Kirchen (in der Zeit allerdings wäre das nur noch die Orthodoxen gewesen, die aber von den Scholastikern nichts mitbekommen haben).
Die Sache ist auch so: Es mag sein, daß Rom meint, dies oder jenes sei "notwendige Folgerungen" aus einer Lehre, aber auch das wäre ein Alleingang. Es geht immer weiter mit selbstdefinierten "Notwendigkeiten". Irgendwann werde ich einfach sehr skeptisch, zumal es auch mal hieß, es sei "notwendig", Unfehlbarkeit zu dogmatisieren, weißte?
Soll nicht heißen, daß ich nicht mit Christi Leib vorsichtig umgehe. Tue ich ja. (Zwar praktiziere ich HK, aber ich mache das nach der alten kirchenväterlichen Praxis, damit keine Partikel verloren gehen.) Aber es irritiert mich, daß alles dann gleich mit einer Lehre definiert werden muß, angeblich aus "Notwendigkeit". Wir sind doch Christen und keine Rechtsanwälte. (Aber das geht ziemlich Off-Topic.)
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Dies ist vielleicht wirklich ein Punkt, welcher anhand besserer Kenntnis der Liturgiegeschichte noch einmal überdacht und besser formuliert werden muß. Im römischen Canon ist ein ursprünglich narrativer Teil des Hochgebets vor dem Einsetzungsbericht (das quam oblationem) zur epikletischen Anrufung ausgebaut worden, während die Epiklese nach dem Einsetzungsbericht weggefallen ist, welchen Platz wir als ursprünglich zumindest vermuten dürfen, weil dort in den übrigen lateinischen und in den ostkirchlichen Riten die Epiklese steht.
Im römischen Canon ist die Wandlung mit dem Einsetzungsbericht vollzogen; es folgt ja keine Epiklese mehr. In den Ostkirchen und im Westen in den gallikanischen Riten folgt die Epiklese erst noch, was für notwendig zum Vollzug der Wandlung gehalten wird. Mir scheint beides durchaus kompatibel zus ein.
Na ja, mir scheint eigentlich eher eine Kompromißhaltung eher Sinn zu machen -- macht doch beides. Es schadet ja überhaupt nicht, eine starke Epiklese zu haben und in den frühsten Hochgebeten war eine (m.E. auch aus orthodoxer Sicht) brauchbare Epiklese auch drin. Wenn ich mich richtig erinnere haben die neueren römischen Hochgebete das sogar getan, wobei ich mich an der Stelle nicht auskenne (ich kenne mich eher mit unseren anglikanischen und alt-katholischen aus).
Die Epiklese hat schon frühe Tradition, auch im Westen (das kann man ohne weiteres finden, ob im Gallican, Mozarabic, Sarum) und wenn die (Wieder-)Einführung einer starken Epiklese zur Einheit mit Orthodoxen beiträgt, kann ich das nur begrüßen.
Die Sache ist so -- da der Heilige Geist im Quam oblationem nicht ausdrücklich angerufen wird (wie in den anderen Riten), würde ich ehrlich gesagt meinen, das reicht nicht wirklich aus, um ganz sicher zu sein, um das Gebet mit der sonstigen Tradition zu vereinbaren. Ich finde es ehrlich gesagt etwas seltsam, daß die Kirche Roms, die meist so wahnsinnig juristich-penibel ist, ausgerechnet an dieser Stelle auf einmal so schwammig ist.
Cheers,
John
Der Beweis, dass Gott einen Sinn für Humor hat: Er hat die Menschheit geschaffen.
[ Alt-Katholisch/Anglikanisch in Hannover ]