Glaube, Vernunft und Universität

Allgemein Katholisches.
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Walter
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Beitrag von Walter »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Walter hat geschrieben:… und dafür sorgen, daß die Menschen in diesen Ländern auch lesen lernen.
Ähm, kann es sein, daß ich hier einen gewissen, leider völlig
unbegründeten europäischen Hochmut heraushöre?

»Paulus schrieb den Irokesen:
Euch schreib ich nicht, lernt erst mal lesen!«

Informier dich ruhig mal über Bildungssysteme in mehrheitlich islami-
schen Ländern. Die Lage ist sehr unterschiedlich. Der Iran beispielshal-
ber hat gegenüber den Zeiten des Schah-Régimes gewaltige Fortschritte
gemacht. Ähnlich sieht es in Libyen aus, auch in Malaisien oder Indo-
nesien; eher schlecht dagegen in Marokko und Ägypten, ganz übel in
Pakistan und Afghanistan. Dagegen sind Länder wie Tadschikistan und
Usbekistan praktisch vollständig alphabetisiert.
Alphabetisierung ist sicher ein wichtiger erster Schritt zum Lesenkönnen. Du könntest auch lesen, dass sich "diese Länder" auf Dein "weltweit" bezieht, andere Lokalitäten kommen in Deinem Beitrag nicht vor. Sogar hier im Kreuzgang habe ich den Eindruck, manche Leute könne zwar schreiben, aber nicht lesen. Ebenso die deutschsprachigen Journalisten, die eben diese Rede mit dem Wort "Islamschelte des Papstes" zusammenfassen.


PS: Wo kann man einen begründeten Hochmut heraushören oder nachlesen? Link?
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Sakristan
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Beitrag von Sakristan »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: »Paulus schrieb den Irokesen:
Euch schreib ich nicht, lernt erst mal lesen!«
Selbiger schrieb an die Apachen:

"Ihr sollt nicht nach der Predigt klatschen" :jump:

Petra
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Beitrag von Petra »

Kommentar von tagesschau.de - Link

(Wenigstens ist Einer meiner Meinung. 8) )

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Edi
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Beitrag von Edi »

Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
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Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Petra hat geschrieben:Kommentar von tagesschau.de - Link

(Wenigstens ist Einer meiner Meinung. 8) )
Dort sagt der Autor u.a.:
Das ist die richtige Geste: Eine schnelle Entschuldigung seitens des Papstes. […]
Ich darf es wiederholen: Zu einer „Entschuldigung“ bestand weder Anlaß, noch hat es eine gegeben. Vielmehr hat der Papst durch den neuen Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone sein tiefes Bedauern darüber zum Ausdruck bringen lassen, daß seine Aussagen derart verdreht wurden.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Edi
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Beitrag von Edi »

Ich verlange jetzt auch eine Entschuldigung von allen Muslimen bzw. den wichtigsten Imamen, weil sie Jesus nur als Prophet ansehen und nicht als Sohn Gottes und somit meinen Religionsführer angreifen und beleidigen. Wenn diese Entschuldigung nicht in den nächsten Tagen kommt, dann zünde ich einige Moscheen an. :) :) :)
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jakob
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Beitrag von jakob »

Christian hat geschrieben:Ich hatte heute morgen ein interessantes Gespräch. Mein Gesprächspartner war der Meinung, das der Papst es von seinem Intellekt her die Reaktionen vorrausgesehen hat und das Zitat von Manuel II bewußt einsetzte um die Moslems zum Dialog zu zwingen. Mein Gesprächspartner ( christl. Iraker) war weiterhin der Meinung das es das Ziel war das Heft über einen religiösen Dialog in die Hand zu bekommen , denn jetzt wäre es im Umkehrschluß so , das die Moslems beweisen müssten das Mohamed nicht durch das Schwert missionierte. Was haltet ihr davon ?

Zitat aus der Rede :
“In diesen großen Logos, in diese Weite der Vernunft laden wir beim Dialog der Kulturen unsere Gesprächspartner ein. Sie selber immer wieder zu finden, ist die große Aufgabe der Universität.“
Ich schließe mich der Meinung an.

vgl. HIER

Nicht zuletzt deswegen, weil er so auch Dominus Iesus verstanden wissen wollte. In einem seiner Kommentare zu diesem Schreiben begründete er sein Vorgehen damit, dass er - sinngemäß - von der Gegenseite eine Gegenargumentation erwartet hatte; nicht aber Metagewäsch, wie es anschließend stattfand.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jakob hat geschrieben:ob der byzantinische Kaiser Manuel II ggf. doch recht hatte
Natürlich hatte er recht.
Petra hat geschrieben:was denn z.B. Thomismus bedeutet
Die Weise des Thomas von Aquin, Philosophie und Theologie zu treiben, und die auf ihn zurückgehende Schule der Scholastik.
Petra hat geschrieben:Und zum Kern der Aussage, oder meinetwegen schon zur Basis, was z.B. Vernunft im philosophischen Diskurs genau heißt. Und Blasphemisches oder Papstphemisches noch: wie kann man Gottes Handeln als vernünftig bezeichnen, wo man auch als Kluger einiges von Gott nicht versteht?
Die höchste Vernunft ist der Logos, das Wort Gottes, der eingeborene Sohn.

Gottes Handeln kann man darum nicht (in einem akzidentiellen Sinn, also als Eigenschaft verstanden) als vernünftig bezeichnen. Er ist die Vernunft selbst. Menschliche Vernuft dagegen ist nur abbildhaft oder per analogiam auf die göttliche Vernunft zu beziehen.

Bei Johannes Duns Scotus verwischt sich diese Unterscheidung übrigens, infolge seiner Lehre von der Univozität (Einbegrifflichkeit), welche Begriffe wie Sein, Weisheit Vernunft als grundsätzlich dieselben auffaßt, einerlei, ob auf Geschaffenes oder Ungeschaffenes (also Gott) bezogen. Dies „akzidentialisiert“ in gewisser Weise die „Eigenschaften“ Gottes, woraus dann auch ein gewisser „Voluntarismus Gottes“ folgt, wie Benedikt m. E. zu Recht festgestellt hat (wiewohl die Scotisten das bestreiten).

Diese Dinge sind aber, wie ich zugebe, philosophisch sehr komplex und darum auch nicht leicht zu verstehen, vielleicht noch schwerer darzustellen.

Eine andere Bemerkung noch: Man wird einräumen müssen, daß es die von Benedikt XVI. angesprochene antiintellektualistische Richtung im Islam sehr wohl gibt, aber auch eine andere, sehr „vernunftgemäße“. Als Beispiel schaue man sich einmal folgendes an:
http://www.harunyahya.de/index.php
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jakob
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Beitrag von jakob »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Das ist die richtige Geste: Eine schnelle Entschuldigung seitens des Papstes. […]
Diese Geste wäer geeignet, um den Haß, aber auch die Dialogchance entgültig zu beenden. Wenn die Medien - aus denen sich die Mohammedaner ja bedienen - daraus eine Entschuldigung machen, und es dem Frieden dient, dann sei's drum.

Entschuldigt hat sich der Papst nicht, und er hat auch keinen Grund dazu. Es sei denn, er will seine Ruhe haben.

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Edi
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Beitrag von Edi »

Zuletzt geändert von Edi am Sonntag 17. September 2006, 04:55, insgesamt 3-mal geändert.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Steffen
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Beitrag von Steffen »

Der Dialog des Kaisers ist wirklich erhellend:
man lernt daraus, dass es vor einigen hundert Jahren anscheinend dialogfähige Moslems gab.

Diese Spezies scheint heute im Aussterben begriffen zu sein.

Uwe Schmidt
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Beitrag von Uwe Schmidt »

FioreGraz hat geschrieben:
Also wenn Papst Benedikt die Reaktionen gewollt hatte, was ich mir kaum vorstellen kann, dann Gratulation. Wenn er sie nicht wollte, dann sollte er seine Personalpolitik mal überdenken. Höchstwahrscheinlich war keiner seiner Berater fähig oder Manns genug ihn auf die eventuellen Folgen hinzuweisen.
JEder mit auch nur einen Hauch von Verstand sieht das die Angriffe jeder Grundlage entbehren. Im Gegenteil wenn die Leute nurmehr auf der Lauer liegen und warten, kann der Papst sagen was er will sie werde immer was finden. Ich finde es im übrigen ganz nützlich weil viele jetzt ihre wahre Toleranz-Fratze zeigen.

LG
Fiore


Also ihr beide, Fiore und Ketelhohn, habt anscheinend ein rein juristisches Textverständnis: klar - wenn man wie ein Computer den inkriminierten Abschnitt analysiert, kann man dem Papst absolut nicht nachweisen, die Muslime provoziert haben zu wollen.
Dennoch war genau das, nämlich die Provokation (sicher im guten Sinne! Der Papst ist kein böser alter Mann), doch ganz offensichtlich eines der Ziele dieser Vorlesung. Der Papst hat in seinem langen Leben schon so viele Predigten und Vorlesungen verfasst, sodass der Manuel Paläologus hier sicher nicht zufällig plaziert werden konnte.

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Steffen
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Beitrag von Steffen »

es kommt so rüber, als habe der Papst gleichsam sein Urteil über den Islam formuliert. Dabei ist es nicht einmal bei Manuel ein Urteil über den Islam, sondern eine "erstaunliche, uns überraschend schroffe" Behauptung, um in den Dialog einzusteigen. Es ist ja auch eine Frage, die es verdient gestellt zu werden und nicht von vornherein als ketzerisch abgetan zu werden. Schließlich hat jeder Mensch das Recht, mit Vernunftgründen widerlegt zu werden, und nicht mit dem Hinweis, dass es sich bereits bei der Frage um ein Sakrileg handelt, dass Gott beleidigt. Sonst muss man sich nämlich die Frage stellen, woher es kommt, dass diese dialogische Fragestruktur nicht zugelassen ist, und dann gelangt man genau zum Thema der Papstrede: wo nämlich Gott einfach befehlen kann, und er über der Vernunft steht, so muss bereits das Hinterfragen Ketzerei sein. Das sind wir aufgrund der Vernunftbetonung bereits im Gottesbild nicht gewöhnt und sehen daher ungläubig die Bilder der fanatisierten Moslemhorden im Fernsehen.

Insofern ist gerade die Papstrede auch der Schlüssel zum Verständnis dessen, was jetzt gerade passiert.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Steffen hat geschrieben:Der Dialog des Kaisers ist wirklich erhellend:
man lernt daraus, dass es vor einigen hundert Jahren anscheinend dialogfähige Moslems gab.

Diese Spezies scheint heute im Aussterben begriffen zu sein.
Letzteres ist ein Fehlurteil. Aber offensichtlich soll in unsern Breiten
genau dieser Eindruck durch die ganze Inszenierung hervorgerufen
werden.
Steffen hat geschrieben:Das sind wir aufgrund der Vernunftbetonung bereits im Gottesbild
nicht gewöhnt und sehen daher ungläubig die Bilder der fanatisierten
Moslemhorden im Fernsehen.
Versuche einmal, die Vernunft nicht nur zu betonen, sondern auch zu
gebrauchen. Das könnte deine Wortwahl mäßigen und dir auch zur
Erkenntnis verrhelfen, daß man leicht auch fanatisierte Frankenhorden
filmen und in morgenländischen Sendern zeigen kann, wenn man die
Kamera an den richtige Platz stellt.
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Steffen
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Beitrag von Steffen »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Steffen hat geschrieben:Der Dialog des Kaisers ist wirklich erhellend:
man lernt daraus, dass es vor einigen hundert Jahren anscheinend dialogfähige Moslems gab.

Diese Spezies scheint heute im Aussterben begriffen zu sein.
Letzteres ist ein Fehlurteil. Aber offensichtlich soll in unsern Breiten
genau dieser Eindruck durch die ganze Inszenierung hervorgerufen
werden.
Das ist ein Fehlurteil. Nicht nur einige wenige Leute haben demonstriert, das thema ging vielmehr als Topthema über die arabischeen Nachrichtenkanäle, und Du weißt auch, dass sich das türrksiche Religionsamt, und etliche moslemsiche staaten beschwert haben. Von lockerem Achselzucken oder verünftiger Lektüre der texte keine Spur. Aber schön, dass Du auch mal die Muslime verteidigst (aus reinem Widerspruchsgeist oder ehrlicher Überzeugung weiß ich bei Dir ja nie
"Das könnte deine Wortwahl mäßigen und dir auch zur
Erkenntnis verrhelfen, daß man leicht auch fanatisierte Frankenhorden
filmen"
Ja, aber nur mit Zeitmaschine, mein liber Robert, und das ist der unterschied. Heute erwarte ich von obersten Vertreter eines türkischen Religionsamtes, dass er nicht unverantwortlich blind dem Papst persönliche Aversion gegen den Islam unterstellt, sondern wie jeder verantwortlich denkende mensch den text auch mal liest.

Petra
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Beitrag von Petra »

Hallo Steffen,

zum Thema schau mal hier-Link

Zu Robert: wenn man seine Texte zu Muslimen/Islam in den letzten Jahren verfolgt hat, könnte man auf die Idee kommen, er wäre muslimischer Botschafter in den christlichen Reihen. (Über seine Gründe dafür mag ich nicht spekulieren.)

Bitte an alle:
Die Beiträge über den Wirbel um die Papstvorlesung bitte schreiben in Türkei fordert Entschuldigung im Brauhaus. Link - Danke.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Steffen hat geschrieben:Ja, aber nur mit Zeitmaschine, mein liber Robert
Nein, Steffen, ich meinte schon uns heutige „Franken“ (sprich: Europäer).
Steffen hat geschrieben:Heute erwarte ich von obersten Vertreter eines türkischen Religionsamtes, dass er nicht unverantwortlich blind dem Papst persönliche Aversion gegen den Islam unterstellt
Da sind wir ganz einer Meinung, wie du feststellen wirst, wenn du mal ein paar Seiten zurückblätterst. Ich bin allerdings noch einmal der Frage nachgegangen, wie der Mann (der keineswegs ein Islamist ist) dazu kam. Das Ergebnis meiner Nachforschungen steht auf Petras Wunsch im Nachbarstrang.
Petra hat geschrieben:Zu Robert: wenn man seine Texte zu Muslimen/Islam in den letzten Jahren verfolgt hat, könnte man auf die Idee kommen, er wäre muslimischer Botschafter in den christlichen Reihen. (Über seine Gründe dafür mag ich nicht spekulieren.)
Manch einer hat ja abwegige Ideen. Ich vertrete bezüglich des Islam sehr konsistent folgende Linie:
1) unverrückbar auf der Basis des Glaubens der Kirche stehen (und dies gegebenenfalls auch deutlich sagen – ohne Ehrlichkeit kein Dialog und kein Friede);
2) für das Gespräch mit dem Islam Maß nehmen an Paulus vorm Areopag;
3) politisch für Frieden und Verständigung eintreten und die Unterdrückten und die Opfer von Aggressoren verteidigen;
4) den Christen vermitteln, daß die wahre Gefahr für die Kirche nicht vom Islam kommt, sondern von den in der eigenen Mitte wuchernden Ideologien.
Petra hat geschrieben:Bitte an alle:
Die Beiträge über den Wirbel um die Papstvorlesung bitte schreiben in Türkei fordert Entschuldigung im Brauhaus. Link - Danke.
Na, meinetwegen. Meine wichtiges Recherche-Ergebnis findet ihr hier:
viewtopic.php?p=134563#134563
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Walter
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Beitrag von Walter »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Steffen hat geschrieben:Ja, aber nur mit Zeitmaschine, mein liber Robert
Nein, Steffen, ich meinte schon uns heutige „Franken“ (sprich: Europäer).
Ich denke eher: „Franken“ (sprich: Westeuropäer)
Damals wie heute.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Walter hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Steffen hat geschrieben:Ja, aber nur mit Zeitmaschine, mein liber Robert
Nein, Steffen, ich meinte schon uns heutige „Franken“ (sprich: Europäer).
Ich denke eher: „Franken“ (sprich: Westeuropäer)
Damals wie heute.
Und das mir. – Jaaa, hast recht!
(Oder doch nicht ganz. West- und
Mitteleuropäer wäre genauer.)
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Kommen wir doch noch einmal zu Joseph Ratzingers, des Theologen,
philosophischer Vorlesung zurück. Im Rahmen seines Themas: „Glau-
be (oder Religion) und Vernunft“ hatte er zunächst das Verhältnis von
griechischer Philosophie und biblischer Offenbarung als den Glauben
der Kirche recht eigentlich begründende Symbiose skizziert, um dann
aufzuzeigen, wie drei aufeinander folgende „Enthellenisierungswellen“
Schritt um Schritt je als partielle Abkehr von der Vernunft zu begrei-
fen sind.

Ich darf daraus noch einmal zwei Abschnitte zitieren:
So geht der biblische Glaube in der hellenistischen Epoche bei
aller Schärfe des Gegensatzes zu den hellenistischen Herrschern,
die die Angleichung an die griechische Lebensweise und ihren
Götterkult erzwingen wollten, dem Besten des griechischen
Denkens von innen her entgegen zu einer gegenseitigen
Berührung, wie sie sich dann besonders in der späten Weisheits-
Literatur vollzogen hat. Heute wissen wir, daß die in Alexandrien
entstandene griechische Übersetzung des Alten Testaments – die
Septuaginta – mehr als eine bloße (vielleicht sogar wenig positiv
zu beurteilende) Übersetzung des hebräischen Textes, nämlich
ein selbständiger Textzeuge und ein eigener wichtiger Schritt der
Offenbarungsgeschichte ist, in dem sich diese Begegnung auf
eine Weise realisiert hat, die für die Entstehung des Christentums
und seine Verbreitung entscheidende Bedeutung gewann. Zutiefst
geht es dabei um die Begegnung zwischen Glaube und Vernunft,
zwischen rechter Aufklärung und Religion.
Der These, daß das kritisch gereinigte griechische Erbe wesentlich
zum christlichen Glauben gehört, steht die Forderung nach der
Enthellenisierung des Christentums entgegen, die seit dem Beginn
der Neuzeit wachsend das theologische Ringen beherrscht. Wenn
man näher zusieht, kann man drei Wellen des Enthellenisierungs-
programms beobachten, die zwar miteinander verbunden, aber in
ihren Begründungen und Zielen doch deutlich voneinander
verschieden sind.

Die Enthellenisierung erscheint zuerst mit den Anliegen der
Reformation des 16. Jahrhunderts verknüpft. Die Reformatoren
sahen sich angesichts der theologischen Schultradition einer ganz
von der Philosophie her bestimmten Systematisierung des
Glaubens gegenüber, sozusagen einer Fremdbestimmung des
Glaubens durch ein nicht aus ihm kommendes Denken. Der
Glaube erschien dabei nicht mehr als lebendiges geschichtliches
Wort, sondern eingehaust in ein philosophisches System. Das
sola scriptura sucht demgegenüber die reine Urgestalt des
Glaubens, wie er im biblischen Wort ursprünglich da ist.
Der Abschnitt über die LXX ist ja für sich schon sehr bemerkenswert.
Benedikt XVI. gibt da, wenn man die Konsequenz der Aussage wohl
bedenkt, Augustin und der Ostkirche gegen Hieronymus, Damasus,
Alkuin, Luther und Trient recht.

Aber nicht auf den Vorrang der Septuaginta will ich jetzt hinaus, son-
dern auf die erste „Enthellenisierung“, die Ratzinger übersehen hat
und die die erste große Spaltung hervorgerufen hat: die Spaltung der
Synagoge.

Denn während der eine Teil der Synagoge, der kleinere, den Aposteln
folgte und sich den Heiden zuwandte, die bliblisch-hellenische Sym-
biose bewahrend, kehrte die Mehrheit sich schroff vom Hellenentum
ab, verwarf die Septuaginta und baute das pharisäische System zu je-
nem Legalismus und philologischen Buchstabenglauben aus, der sich
schließlich in Talmud und Masoretenbibel manifestierte.

Das war die erste große „Enthellenisierung“ und Vernunftsabschal-
tung. Und wenn denn scheinbar platonisierendes Griechentum wieder
Eingang fand, dann waren es bei der von der Kirche getrennten Syn-
agoge wie später bei Luther und andern Reformatoren die späten Aus-
wüchse eines synkretistischen Neuplatonismus, hermetische und gno-
stische Traditionsstränge.

Dies meine erste These. Und die zweite: Ein weiteres hat der Papst
übersehen. Seinem Bild von der biblisch-hellenischen Verbindung
fehlt nämlich ein drittes konstitutives Element: Rom. Die pax Romana
war – behaupte ich – eine Voraussetzung der Inkarnation und der Ge-
burt der Kirche. (Daher auch die umgekehrte Wirkung, welche vom
Untergang des Römischen Reichs und seiner griechischen, fränkisch-
deutschen und russischen Nachfolger ausgeht.)
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diluculum
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Beitrag von diluculum »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Diluculum hat geschrieben:Benedikt XVI. entschuldigt sich.
Exiit diluculum fraudem prolaturum …

Das ist unwahr. Der Papst hat durch den neuen Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone sein tiefes Bedauern darüber zum Ausdruck bringen lassen, daß seine Aussagen derart verdreht wurden, um es mal auf den Punkt zu bringen.
[/color]
stimmt, hatte zu schnell geschrieben... nun ist es korrigiert..

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overkott
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Beitrag von overkott »

Natürlich ist die Vorlesung des Papstes im Rahmen seiner Enzyklika zu verstehen.

Darüber hinaus zeigt die weitgehend abgeschlossene Debatte um das missverstandene Zitat die weltweite Verantwortung des Papstes. Selbstverständlich ist ihm am friedlichen Zusammenleben der Christen mit allen Menschen guten Willes gelegen: in der Türkei, im Libanon, in Israel, in Palästina zum Beispiel. Wie ist es möglich, das Zusammenleben von Christen in der Diaspora mit anderen Gläubigen zu erleichtern? Das ist nicht immer einfach und erfordert auch, Probleme anzusprechen. Dazu bedarf einer möglichst entspannten Atmosphäre sowie eines hohen Maßes an Konzilianz und Diplomatie. Erwartungen etwa richten sich auf den Türkeibesuch des Papstes im November. Wie gelingt es, die Türkei auf dem Weg einer Annäherung an Europa auch zu mehr religiöser Offenheit zu bewegen? Welche religiöse Brücke gibt es über den Bosporus für Christen und Moslems?

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thaddaeus06
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Beitrag von thaddaeus06 »

FioreGraz hat geschrieben:Was aber die werten Deutschen nicht gecheckt haben ist das die ganze Vorlesung eigentlich auch ein Angrif auf den Protestantismus ist.
Ne endlich sieht das mal einer...

Gruß und Dank,
Johannes

MonaLisa
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Beitrag von MonaLisa »

thaddaeus06 hat geschrieben:
FioreGraz hat geschrieben:Was aber die werten Deutschen nicht gecheckt haben ist das die ganze Vorlesung eigentlich auch ein Angrif auf den Protestantismus ist.
Ne endlich sieht das mal einer...

Gruß und Dank,
Johannes
Nä, das habe ich schon lange gecheckt...
Und demzufolge auch ein Angriff gegen Gottes unfehlbares Wort und gegen die Menschen, die treu zum Dreieinen Gott und seinem Heilswirken stehen...

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Linus
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Beitrag von Linus »

Du tickst wohl nicht richtig, Liserl. Dem Papst implizit den Vorwurf machen, er hätte Verfälschung im Sinn, ist eine Chuzpe.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

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holzi
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Beitrag von holzi »

MonaLisa hat geschrieben:Nä, das habe ich schon lange gecheckt...
Und demzufolge auch ein Angriff gegen Gottes unfehlbares Wort und gegen die Menschen, die treu zum Dreieinen Gott und seinem Heilswirken stehen...
Wenn Gott gewollt hätte, dass seine Kirche protestantisch wäre, hätte er die Bibel vom Himmel geschmissen anstatt dass sich Jesus für uns kreuzigen ließ. :ikb_argue: :ikb_bangin:

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Walter
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Beitrag von Walter »

Holzi, ich glaube, hier hast Du etwas nicht verstanden. Jesus ließ sich auch nicht ans Kreuz nageln, um die Protestanten zu ärgern. :nein:
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holzi
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Beitrag von holzi »

Walter hat geschrieben:Holzi, ich glaube, hier hast Du etwas nicht verstanden. Jesus ließ sich auch nicht ans Kreuz nageln, um die Protestanten zu ärgern. :nein:
Doch ich hab schon verstanden, aber mir geht das arrogante "ihr Katholen seid doch gar keine Christen"-Gehabe von MonaLisa auf den Keks. Diesen Protestanten würde in der Tat die Bibel genügen, so wie den Muslimen der Koran Offenbarung genug ist.

Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

Leute, bitte Mäßigung!
Lasst euch von Mona Lisa bitte nicht provozieren. Sie muss mit der protestantischen Einstellung so denken - sie weiß es nicht anders... :/
User inaktiv seit dem 05.06.2018.
Ihr seid im Gebet ... mal schauen, ob/wann ich hier wieder reinsehe ...

Uwe Schmidt
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Beitrag von Uwe Schmidt »

holzi hat geschrieben:
Walter hat geschrieben:Holzi, ich glaube, hier hast Du etwas nicht verstanden. Jesus ließ sich auch nicht ans Kreuz nageln, um die Protestanten zu ärgern. :nein:
Doch ich hab schon verstanden, aber mir geht das arrogante "ihr Katholen seid doch gar keine Christen"-Gehabe von MonaLisa auf den Keks. Diesen Protestanten würde in der Tat die Bibel genügen, so wie den Muslimen der Koran Offenbarung genug ist.

Jaja, das ist dann schön bequem - dann kann nämlich jeder aus der hl. Schrift herauslesen, was ihm passt. Es ist schwieriger, katholisch zu sein.

Uwe Schmidt
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Beitrag von Uwe Schmidt »

overkott hat geschrieben:Natürlich ist die Vorlesung des Papstes im Rahmen seiner Enzyklika zu verstehen.

Darüber hinaus zeigt die weitgehend abgeschlossene Debatte um das missverstandene Zitat die weltweite Verantwortung des Papstes. Selbstverständlich ist ihm am friedlichen Zusammenleben der Christen mit allen Menschen guten Willes gelegen: in der Türkei, im Libanon, in Israel, in Palästina zum Beispiel. Wie ist es möglich, das Zusammenleben von Christen in der Diaspora mit anderen Gläubigen zu erleichtern? Das ist nicht immer einfach und erfordert auch, Probleme anzusprechen. Dazu bedarf einer möglichst entspannten Atmosphäre sowie eines hohen Maßes an Konzilianz und Diplomatie. Erwartungen etwa richten sich auf den Türkeibesuch des Papstes im November. Wie gelingt es, die Türkei auf dem Weg einer Annäherung an Europa auch zu mehr religiöser Offenheit zu bewegen? Welche religiöse Brücke gibt es über den Bosporus für Christen und Moslems?


Also ich würde als Papst erstmal nicht in die Türkei reisen. Das dortige Religionsministerium will ja offensichtlich alles tun, um den Papstbesuch zu verhindern. Denn wenn der Papst käme, müsste die Türkei auch z.B. den Bau neuer Kirchen zugestehen.
Zweitens käme eine Ermordung des Papstes den amerikanisch-britischen Kriegstreibern nur zupass: ein weiterer Grund, gegen den islamistischen Terror vorzugehen.

Sakristan
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Beitrag von Sakristan »

Uwe Schmidt hat geschrieben:Also ich würde als Papst erstmal nicht in die Türkei reisen.
Ich würde sagen jetzt erst recht!
Denn damit würde auch die Ernsthaftigkeit seines Anliegens des Dialogs zwischen den Religionen und Kulturen gefördert.
Uwe Schmidt hat geschrieben:Das dortige Religionsministerium will ja offensichtlich alles tun, um den Papstbesuch zu verhindern. Denn wenn der Papst käme, müsste die Türkei auch z.B. den Bau neuer Kirchen zugestehen.
Auch die Türkei würde mehr gewinnen als verlieren, wenn diese sich endlich zum Dialog öffnen würde.
Uwe Schmidt hat geschrieben:Zweitens käme eine Ermordung des Papstes den amerikanisch-britischen Kriegstreibern nur zupass: ein weiterer Grund, gegen den islamistischen Terror vorzugehen.
Ich denke da siehst zu zu schwarz. Und der Papst würde sich mehr schaden wenn er sich nicht auf den Weg machen würde.

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