Todsünde

Allgemein Katholisches.
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Hallo zusammen!

Zur Todsünde habe ich einmal folgenden konkreten Fall:

Jemand wird als Kleinkind zwar christlich getauft und ist zunächst während seiner Kindheit von der Existenz Gottes überzeugt. Umso älter er wird, desto kritischer wird er, und zwar bis er an einem Punkt angelangt ist, wo er es nahezu ausschließt, dass es Gott gibt und sich nur deshalb nicht endgültig festlegt, weil er keinen absoluten Gegenbeweis für die Existenz Gottes hat, wohl aber einige Hinweise darauf (aus seiner Sicht gesehen), in dem er z. B. deutliche Abweichungen zwischen der Schöpfungsgeschichte und der Evolutionstheorie feststellt. Durch bestimmte Ereignisse wird dieser jemand wieder zu einem überzeugten Christen und kann sich mit der Lehre der katholischen Kirche immer mehr und mehr identifizieren, obwohl er selbst nicht katholisch ist und war. Dieser beging aber im Laufe seines Lebens, besonders in den verschiedenen Glaubensphasen, viele Sünden, die man zweifellos als Todsünde oder gar als Sünden gegen den Heiligen Geist bezeichnen kann: Gotteslästerung, Missachtung des Feiertagsgebots, Ablehnung des christlichen Glaubens, Ablehnung Person Christi als Gottes Sohn und Leugnung seiner Auferstehung, Meineid, vereinzelt grobe Beleidigung seiner Eltern, Dienstahl in leichten Sache (z. B. mal 50 Pfennig gestohlen), Schadensfreude, Gehässigkeit, Neid, falsches Zeugnis über seinen Nächsten erzählt usw. Eine Todsünde setzt ja Wille, Wissen und Widrigkeit der sündigen Tat voraus. Die Frage ist jetzt, ob jemand, der ohnehin an die Existenz Gottes zweifelt, überhaupt eine Todsünde begehen kann? Er weiß zwar, dass seine Taten nach christlichen Maßstäben eine Sünde darstellen, eventuell auch eine schwere Sünde darstellen, da er aber nicht wirklich Christ ist, begeht er auch manche Sünden, ohne groß zu überlegen, ob er wirklich sündigt. Dazu kommt noch hinzu, dass er den Begriff Todsünde als Nichtkatholik nicht kennt und auch nicht weiß, dass sie ihm ohne Reue, evt. Beichte, und Wiedergutmachung in die Hölle bringen, sondern glaubt nur, dass es sich zwar um schwere Sünden handelt, diese aber letztlich nach dem selben Prinzip wie jede andere (er geht von den Lehren seiner Konfession) Sünden auch vergeben werden können, in man sie bereut, in die Kirche geht, das Vaterunser bewusst mitbetet, die Worte der Freisprache bewusst aufnimmt und am Abendmahl teilnimmt und sich zumindest vornimmt, sie nicht absichtlich wieder zu begehen. Erst als er nach und nach wieder Christ wird, sich mit der katholischen Kirche beschäftigt und etwas über Todsünden erfährt, überlegt er sich jetzt genau, was er zu tun hat, um keine Todsünde mehr zu begehen, denn jetzt weiß er ja, welche Konsequenzen Todsünden überhaupt haben können. Zudem bereut er noch seine sündigen Taten aus der Vergangenheit und hat jetzt ein schlechtes Gewissen, weil er es nicht ausschließen kann, ob er wirklich Todsünden begangen hat, die ihm von der Gnade ausschließen oder ob ihn seine Verfehlungen doch nicht als Todsünden angerechnet werden, da er ja eigentlich nur wusste, dass seine Sünden schwer sein können, er aber weder den Begriff Todsünde gehört hat noch wusste, welche Konsequenzen das für ihn haben könnte, wenn er mit Todsünden stirbt. Das heißt also, dass er zwar das Bewusstsein hatte evt. eine schwere Sünde zu begehen, aber nicht das Bewusstsein hatte, eine Todsünde zu begehen, weil er den Begriff und die Konsequenzen nicht kannte.

Was meint Ihr, hat dieser jemand nun in der Zeit vor seiner Rückkehr zum christlichen Glauben Todsünde begangen oder nicht?

Liebe Grüße

Marcus

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holzi
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Beitrag von holzi »

Marcus hat geschrieben:[...]
Was meint Ihr, hat dieser jemand nun in der Zeit vor seiner Rückkehr zum christlichen Glauben Todsünde begangen oder nicht?
Ja, das mag sein, aber eine echte und tätige Reue über diese Taten in Verbindung mit dem Sakrament der Versöhnung git die Gnade des Neuanfangs. Hat nicht auch Jesus dem an seiner Seite gekreuzigten Mörder den Eingang ins Paradies versprochen? Dieser Verbrecher hatte bestimmt einiges auf dem Kerbholz, was man gemeinhin unter Todsünden subsumiert.

HeGe
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Beitrag von HeGe »

Ich würde dies auf die Schnelle jetzt bejahen. Denn auch wenn sich diese Person damals versucht dem System zu entziehen, war ihm dennoch durch sein von Gott gegebenes Gewissen bewusst, dass seine Taten nicht in Einklang mit der kirchlichen Lehre und Sitte stehen. Zum Teil hat er sie bewusst als Affront gegen Gott begangen. Er hat zwar versucht zu Leugnen, dass er etwas Böses tut, ihm war es aber dennoch bewusst und gerade deshalb hat er es auch getan. Ich sehe also keinen Grund, das Vorliegen von schweren Sünden und Todsünden zu verneinen.

Aber wo ist das Problem? Da er jetzt zurück in den Schoß der heiligen Kirche zurückgekehrt ist, stehen ihm jetzt auch alle Gaben Gottes zum Erwerb des ewigen Heiles offen. Ab zur Beichte und das Problem ist erledigt, die Reue scheint ja vorzuliegen. Um auch die Sündenstrafen etwas zu erleichtern, sollte man in Zukunft vielleicht auch nach einer Gelegenheit zum Erwerb von Ablässen Ausschau halten. Aber man sollte seine früheren Taten natürlich nicht auf die leichte Schulter nehmen und immer wieder im Gedächtnis behalten, um diese Fehler nicht zu wiederholen. Und man sollte Gott sein restliches Leben danken, dass er so unendlich gütig ist und einem auch die schwersten Sünden verzeiht.
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Raimund J.
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Re: Todsünde

Beitrag von Raimund J. »

Sehr interessante und umfassende Ausführungen von Dom Bernardo Olivera (OCSO) zum Thema "Acedia":

EINE TRAURIGKEIT, DIE DAS VERLANGEN NACH GOTT ZERSETZT
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

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overkott
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Re:

Beitrag von overkott »

Marcus hat geschrieben:Was meint Ihr, hat dieser jemand nun in der Zeit vor seiner Rückkehr zum christlichen Glauben Todsünde begangen oder nicht?
Das musst du ihn fragen. Denn vor seiner Umkehr steht das unruhige Herz. Was für eine Einstellung zum Leben hatte er? Hat er einen grundlegenden Fehler gemacht? Eine Sünde begangen, die das Gelingen seines Lebens bedroht? Kann er ungeschehen machen, abwaschen, loswerden? Kann er reparieren, ausgleichen, genug tun, damit alles wieder gut wird? Ich denke, du kannst dir damit die Frage selbst beantworten.

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taddeo
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Re: Todsünde

Beitrag von taddeo »

@ Marcus

Ich hab manchmal den Eindruck, daß - abgesehen von Kapitalverbrechen - eh nur ein frommer Katholik tatsächlich Todsünden begehen kann. Wenn man die klare Einsicht als unabdingbare Voraussetzung dafür postuliert, wie es die katholische Moraltheologie tut, dann wird es heutzutage nicht mehr viele Menschen geben, die überhaupt für anderweitige Todsünden "disponiert" sind, vor allem nicht für solche auf dem Gebiet der Sexualmoral.

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Reinhard
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Re: Todsünde

Beitrag von Reinhard »

Diese ganze Herangehensweise mit einer möglichst genauen Differenzierung zwischen "Todsünde" und "läßlicher Sünde" erscheint mir im Endeffekt doch sehr legalistisch.
Denn von der Sache her trennt uns doch jede Sünde von Gott. Wie wichtig ist es da noch, wie schwer sie wiegt ? - das wäre doch nur interessant, wenn wir mit einem "noch tolerablen" Maß an Sünde leben wollten.
Das aber geht völlig verquer dazu, wie ich "Beziehung zu Gott" verstehe. Mary hat dazu hier im "Gnadenstand"-Strang etwas sehr gutes geschrieben.

So würde ich es auch zusammenfassen wollen: jede Sünde trennt uns von Gott und bedarf der Beichte und Vergebung. Was müssen wir uns da noch Gedanken über "Tod-" oder "lässlich" machen ...?!

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Gamaliel
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Re: Todsünde

Beitrag von Gamaliel »

Reinhard hat geschrieben:Denn von der Sache her trennt uns doch jede Sünde von Gott.
Von der Sache her ist das genau falsch und entspricht nicht der katholischen Lehre über die Sünde.

Jede Sünde bedarf der Vergebung, das stimmt, aber nicht jede der Beichte, denn Sünden, insbesondere läßliche Sünden können auch auf andere Weise vergeben werden.

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Gamaliel
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Re: Todsünde

Beitrag von Gamaliel »

taddeo hat geschrieben:Ich hab manchmal den Eindruck, daß - abgesehen von Kapitalverbrechen - eh nur ein frommer Katholik tatsächlich Todsünden begehen kann. Wenn man die klare Einsicht als unabdingbare Voraussetzung dafür postuliert, wie es die katholische Moraltheologie tut, dann wird es heutzutage nicht mehr viele Menschen geben, die überhaupt für anderweitige Todsünden "disponiert" sind, vor allem nicht für solche auf dem Gebiet der Sexualmoral.
Dieser Eindruck trügt. Schon der hl. Paulus sagt bekanntlich bzgl. der Heiden: "Sie [sc. die Heiden] zeigen damit, daß der Inhalt des Gesetzes in ihre Herzen geschrieben ist, indem ihnen ihr Gewissen Zeugnis gibt und untereinander die Gedanken sich anklagen oder verteidigen,...“ (Röm 2, 15)

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taddeo
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Re: Todsünde

Beitrag von taddeo »

Gamaliel hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Ich hab manchmal den Eindruck, daß - abgesehen von Kapitalverbrechen - eh nur ein frommer Katholik tatsächlich Todsünden begehen kann. Wenn man die klare Einsicht als unabdingbare Voraussetzung dafür postuliert, wie es die katholische Moraltheologie tut, dann wird es heutzutage nicht mehr viele Menschen geben, die überhaupt für anderweitige Todsünden "disponiert" sind, vor allem nicht für solche auf dem Gebiet der Sexualmoral.
Dieser Eindruck trügt. Schon der hl. Paulus sagt bekanntlich bzgl. der Heiden: "Sie [sc. die Heiden] zeigen damit, daß der Inhalt des Gesetzes in ihre Herzen geschrieben ist, indem ihnen ihr Gewissen Zeugnis gibt und untereinander die Gedanken sich anklagen oder verteidigen,...“ (Röm 2, 15)
Ja, das hat der Papst gestern auch gesagt ... aber es ist doch offensichtlich, daß die Mehrzahl der Menschen hierzulande - einschließlich derer, die formell Christen sind - von diesem Gewissenszeugnis offenbar völlig unbeleckt sind, solange es nicht um absolut gravierende Dinge wie Mord oder Kindesmißbrauch geht. Da zählt doch eher noch Umweltverschmutzung als Todsünde als Abtreibung, um nur ein Beispiel zu nennen.
Was ist mit den Menschen? :hmm:

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Theresita
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Re: Todsünde

Beitrag von Theresita »

Ich möchte hier auch einen konkreten Fall angeben. Also eine Dame erfährt nach langer Ehe. daß der Mann sie vor der Ehe getäuscht hat und die Ehe damit ungültig ist. Es gab zwar einige Anzeichen, daß der Mann gelogen hat aber sie war halt dumm und naiv und hat ihm geglaubt.
Die Eheleute haben sich aus verschiedenen Gründen auseinandergelebt aber können sich aus finanziellen Gründen nicht trennen. Der Mann ist vor einigen Jahren konvertiert und hat die Frau hat ihm ,da sie mittlerweile die Wahrheit erfahren hatte, sie aber für sich behielt da immer alles abgestritten wurde nochmal darauf angesprochen und er hat es zugegeben.
Kurze Zeit später bat er die Frau ihm zu vergeben .Sie hat jedoch keine Antwort gegegben. Ca 2 Jahre später entschloss sich die Frau selbst zur Beichte zu gehen und hat versucht dem Mann zu vergeben,da ja nur Sündenvergebung möglich ist wenn man auch selbst vergibt. Es war mehr ein willentliches " du mußt ihm vergeben und ihm nichts nachtragen".Es kam nicht von Herzen. Zur Zeit versucht die Frau keinen Groll mehr gegen den Mann zu hegen, aber sie lebt weiter neben ihm her und redet nicht mit ihm.
So ein Mensch kann doch niemals Vergebung erfahren, da er sein Herz verhärtet hat und im Stande der Feindschaft verharrt.

Theresita

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Gamaliel
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Re: Todsünde

Beitrag von Gamaliel »

taddeo hat geschrieben:aber es ist doch offensichtlich, daß die Mehrzahl der Menschen hierzulande - einschließlich derer, die formell Christen sind - von diesem Gewissenszeugnis offenbar völlig unbeleckt sind, solange es nicht um absolut gravierende Dinge wie Mord oder Kindesmißbrauch geht.
Gerade was unsere Länder betrifft, würde ich einmal auf die in der Moral gebräuchlichen (und auch im Kirchenrecht wichtigen und Dir sicher bekannten) Fachtermini der "ignorantia supina" und der "ignorantia affectata" hinweisen (also die sorglose und die absichtliche Unkenntnis).
Die Menschen hierzulande wissen, daß es die Katholische Kirche gibt, sie wissen auch, daß es irgendwelche Gebote und sonstige Moralvorschriften gibt. Sie wissen im Allgemeinen, daß die Kirche gegen Ehescheidung, Abtreibung und Verhütung ist usw.
Viele Zeitgenossen freilich interessieren sich nun nicht näher für die Vorgaben der Kirche oder die Lehren der Heiligen Schrift und handeln munter (und triebgesteuert) drauf los oder sie weisen die Position der Kirche bewußt zurück. - Solche Leute sind zweifelsohne nicht schuldlos.

(Ich bleibe in meinem Beitrag bewußt auf einer ganz allgemeinen Ebene, da es mir vor allem einmal um die freiwillige Unwissenheit geht. Auf den Einzelfall in der Ortschaft X oder bzgl. des "Nachbarn Y" beziehe ich mich nicht.)

Thomas_de_Austria
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Re: Todsünde

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Solche Bedenken, wie sie @taddeo hier vorgebracht hat, sind mir auch bekannt. Da wurde auch (sinngemäß) gesagt: "Die Leute im Westen haben doch eigentlich keine Ahnung von der kirchlichen Morallehre mehr und können deshalb gar nicht schwer sündigen und schon gar nicht könnten sie in dieser Hinsicht nach ihrem Ableben zur ewigen Qual in der Hölle verdammt sein" etc. pp.
Da musste ich auch einwenden, dass praktisch alle nicht an einer irgendwie schuldlosen, unüberwindlichen Unkenntnis der kirchlichen Lehre leiden, worauf mir natürlich geantwortet wurde, woher ich das denn wüsste ... :nein:

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taddeo
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Re: Todsünde

Beitrag von taddeo »

Gamaliel hat geschrieben:Die Menschen hierzulande wissen, daß es die Katholische Kirche gibt, sie wissen auch, daß es irgendwelche Gebote und sonstige Moralvorschriften gibt. Sie wissen im Allgemeinen, daß die Kirche gegen Ehescheidung, Abtreibung und Verhütung ist usw.
Viele Zeitgenossen freilich interessieren sich nun nicht näher für die Vorgaben der Kirche oder die Lehren der Heiligen Schrift und handeln munter (und triebgesteuert) drauf los oder sie weisen die Position der Kirche bewußt zurück. - Solche Leute sind zweifelsohne nicht schuldlos.
Tja, aber reicht deren "Wissen" tatsächlich, um die strengen Kriterien für "Todsünden" zu erfüllen? :hmm:
Diese Leute gehen im allgemeinen davon aus, daß die Kirche bestenfalls Empfehlungen abgibt, aber nicht verbindliche Vorschriften machen kann. Das wird ihnen ja tagaus, tagein von allen möglichen Quellen vorgebetet - und die Kirchenvertreter selber tun nicht gerade viel, um diesem Eindruck entgegenzuwirken. Ich brauch mir ja nur meine nähere Umgebung anschauen: Selbst die braven regelmäßigen Kirchgänger haben meiner Einschätzung nach bezüglich 90% des "kirchlichen Sündenkatalogs" keinerlei Ahnung hinsichtlich der Schwere der Sünden, und zwar tatsächlich ohne eigene Schuld - weil sie keinerlei Anlaß haben, an ihrer Meinung zu zweifeln. Kein Pfarrer oder Bischof sagt ihnen was (in dem Rahmen, den man ihnen zur Information zumuten kann), und das Umfeld bestärkt eher in dieser Haltung.

Ich kann mich nur wiederholen: Es schaut tatsächlich so aus, als könnten nur (noch) die "Hardcore-Katholen" überhaupt schwere Sünden begehen. Mich schaudert es etwas bei der Vorstellung, daß wir in der Hölle mal unter uns sind, weil die andern alle zu blöd zum Sündigen waren ... :irritiert:

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Gamaliel
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Re: Todsünde

Beitrag von Gamaliel »

Theresita hat geschrieben:Ich möchte hier auch einen konkreten Fall angeben.
Den Fall hast Du doch schon hier geschildert: http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?p=536496#p536496

:hmm:

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Gamaliel
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Re: Todsünde

Beitrag von Gamaliel »

taddeo hat geschrieben:Tja, aber reicht deren "Wissen" tatsächlich, um die strengen Kriterien für "Todsünden" zu erfüllen? :hmm:
Allgemein und auf's ganze Leben gesehen sicher, kein Zweifel.
Den Einzelfall und eine bestimmte Momentaufnahme davon ("die böse Tat gestern zu Mittag") muß man natürlich auch im Detail anschauen. Was solche einzelnen Taten betrifft wird es sich oft nicht anders verhalten wie bei Betrunkenen, deren Taten im Rausch und für sich betrachtet ja auch keine schweren Sünden sind, allerdings sind diese Sünden "in causa" gewollt und daher liegt unterm Strich eine Todsünde vor.

Im übrigen sind die Kriterien für die Todsünde nicht streng. Von einem einfachen Arbeiter wird auch keine Einsicht ins Ausmaß seiner Todsünde verlangt, wie sie einem Moraltheologen oder gar Heiligen zuteil ist, sondern eine, die seiner Fassungskraft entspricht. Schon kleine Kinder können zwischen gut und böse unterscheiden. Wenn dann noch eine ernste Sache (wie z.B. ein Verstoß gegen die Gottes- oder Nächstenliebe) dazukommt und der entsprechende Wille zur Ausführung der Tat gegeben ist, dann sind alle Zutaten da, die es für eine schwere Sünde braucht. Moraltheologische Kenntnisse hat die Kirche nie gefordert, sondern nur den gesunden Hausverstand.


taddeo hat geschrieben:Diese Leute gehen im allgemeinen davon aus, daß die Kirche bestenfalls Empfehlungen abgibt, aber nicht verbindliche Vorschriften machen kann. Das wird ihnen ja tagaus, tagein von allen möglichen Quellen vorgebetet - und die Kirchenvertreter selber tun nicht gerade viel, um diesem Eindruck entgegenzuwirken. Ich brauch mir ja nur meine nähere Umgebung anschauen: Selbst die braven regelmäßigen Kirchgänger haben meiner Einschätzung nach bezüglich 90% des "kirchlichen Sündenkatalogs" keinerlei Ahnung hinsichtlich der Schwere der Sünden, und zwar tatsächlich ohne eigene Schuld - weil sie keinerlei Anlaß haben, an ihrer Meinung zu zweifeln. Kein Pfarrer oder Bischof sagt ihnen was (in dem Rahmen, den man ihnen zur Information zumuten kann), und das Umfeld bestärkt eher in dieser Haltung.
Die Bequemlichkeit sich zu bilden entschuldigt per se nicht vor Sünden und im Kirchenrecht auch nicht vor Strafen. Taufe und Firmung verpflichten sogar zur Weiterbildung.
(Das Versagen vieler Hirten in diesem Gebiet ist nicht nur ein Ausdruck der bestehenden Kirchenkrise, sondern vielleicht auch im Einzelfall ein mildernder Umstand, d.h. für den einfachen Gläubigen, nicht für den schweigsamen Hirten.)

(Passend: "Seit den Tagen Johannes des Täufers bis jetzt leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt gebrauchen, reißen es an sich.")



taddeo hat geschrieben:Ich kann mich nur wiederholen: Es schaut tatsächlich so aus, als könnten nur (noch) die "Hardcore-Katholen" überhaupt schwere Sünden begehen. Mich schaudert es etwas bei der Vorstellung, daß wir in der Hölle mal unter uns sind, weil die andern alle zu blöd zum Sündigen waren ... :irritiert:
Ich hoffe nicht, daß wir uns in der Hölle treffen, aber wenn, dann werden wir dort sicher andere "Sorgen" haben.

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Bernado
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Re: Todsünde

Beitrag von Bernado »

taddeo hat geschrieben:@ Marcus

Ich hab manchmal den Eindruck, daß - abgesehen von Kapitalverbrechen - eh nur ein frommer Katholik tatsächlich Todsünden begehen kann. Wenn man die klare Einsicht als unabdingbare Voraussetzung dafür postuliert, wie es die katholische Moraltheologie tut, dann wird es heutzutage nicht mehr viele Menschen geben, die überhaupt für anderweitige Todsünden "disponiert" sind, vor allem nicht für solche auf dem Gebiet der Sexualmoral.
Dann wäre also die Kirche von Gott als Instrument des Unheils für Ihre Gläubigen gegründet?

Oder stimmt vielleicht etwas nicht mit den bewußten "Sündenkatalogen" und einer bestimmten Art, damit umzugehen?
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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taddeo
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Re: Todsünde

Beitrag von taddeo »

Gamaliel hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Diese Leute gehen im allgemeinen davon aus, daß die Kirche bestenfalls Empfehlungen abgibt, aber nicht verbindliche Vorschriften machen kann. Das wird ihnen ja tagaus, tagein von allen möglichen Quellen vorgebetet - und die Kirchenvertreter selber tun nicht gerade viel, um diesem Eindruck entgegenzuwirken. Ich brauch mir ja nur meine nähere Umgebung anschauen: Selbst die braven regelmäßigen Kirchgänger haben meiner Einschätzung nach bezüglich 90% des "kirchlichen Sündenkatalogs" keinerlei Ahnung hinsichtlich der Schwere der Sünden, und zwar tatsächlich ohne eigene Schuld - weil sie keinerlei Anlaß haben, an ihrer Meinung zu zweifeln. Kein Pfarrer oder Bischof sagt ihnen was (in dem Rahmen, den man ihnen zur Information zumuten kann), und das Umfeld bestärkt eher in dieser Haltung.
Die Bequemlichkeit sich zu bilden entschuldigt per se nicht vor Sünden und im Kirchenrecht auch nicht vor Strafen. Taufe und Firmung verpflichten sogar zur Weiterbildung.
Ich frage mich aber gerade, ob man es diesen Leuten tatsächlich als Bequemlichkeit in die Schuhe schieben kann.

Ein normaler, nicht theologiestudierthabender Katholik von durchschnittlichem Hausverstand weiß, daß zu seiner Glaubensbildung nötig ist, regelmäßig in die Kirche zu gehen, vielleicht sogar bei der Predigt aufzupassen, und sich die Lesungen der Heiligen Schrift zu Herzen zu nehmen. Die Zehn Gebote kennt er zumindest grob dem Inhalt nach. Dann hört er sich noch ein paarmal im Jahr die Hirtenworte seines Bischofs an, liest vielleicht sogar das Bistumsblatt und das, was in der Tageszeitung über Kirche und Papst geschrieben wird und was in Funk und Fernsehen darüber berichtet wird. Mehr, denke ich, muß man von so jemandem nicht zwangsläufig verlangen. Oder?

Oder? Wenn tatsächlich mehr verlangt wäre, dann müßte dieser Katholik aber zwingend von einer der oben genannten Instanzen auf diese Verpflichtung aufmerksam gemacht werden. Solange aber alle diese Instanzen nichts anderes tun, als den Katholiken darin zu bestärken, daß das schon reicht, was er tut - wie sollte er denn auf den Gedanken kommen, daß das womöglich nicht ausreicht? Und wenn er dann auch noch ganz unbefangen seine Mitmenschen anschaut, die anderen Katholiken, die Protestanten vielleicht gar noch, dann kann er leicht auf den Gedanken kommen, daß er doch gar nicht so schlecht dran sei mit seiner Praxis, wo doch soviele noch viel weniger tun als er.

Von denen, die sich innerlich von ihrem Taufglauben losgesagt haben, rede ich jetzt mal gar nicht. Aber ich denke wirklich, daß die allermeisten "halbscharigen" Katholiken sich selbst bei einiger Gewissenserforschung keinerlei Schuld bewußt werden können, die das Ausmaß von Todsünden erreichen könnte.

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taddeo
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Re: Todsünde

Beitrag von taddeo »

Bernado hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:@ Marcus

Ich hab manchmal den Eindruck, daß - abgesehen von Kapitalverbrechen - eh nur ein frommer Katholik tatsächlich Todsünden begehen kann. Wenn man die klare Einsicht als unabdingbare Voraussetzung dafür postuliert, wie es die katholische Moraltheologie tut, dann wird es heutzutage nicht mehr viele Menschen geben, die überhaupt für anderweitige Todsünden "disponiert" sind, vor allem nicht für solche auf dem Gebiet der Sexualmoral.
Dann wäre also die Kirche von Gott als Instrument des Unheils für Ihre Gläubigen gegründet?
Diesen Eindruck könnte man manchmal bekommen, ja. Zumindest in der Form, daß wir Katholiken zwar mit der Beichte die einzigartige Möglichkeit haben, unsere Sünden "loszuwerden", daß aber die anderen diese Möglichkeit gar nicht unbedingt brauchen, weil sie erst gar nicht so leicht in die Verlegenheit kommen können, dieser Möglichkeit bedürftig zu werden.
Bernado hat geschrieben:Oder stimmt vielleicht etwas nicht mit den bewußten "Sündenkatalogen" und einer bestimmten Art, damit umzugehen?
Welche Sündenkataloge meinst Du denn? Was gilt denn heute als Sünden? "Ich habe den Müll nicht sauber getrennt ..." oder "ich habe das Auto an der Ampel nicht abgestellt" sind sicher welche, wenn auch noch läßliche. ;D

Thomas_de_Austria
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Re: Todsünde

Beitrag von Thomas_de_Austria »

taddeo hat geschrieben:Aber ich denke wirklich, daß die allermeisten "halbscharigen" Katholiken sich selbst bei einiger Gewissenserforschung keinerlei Schuld bewußt werden können, die das Ausmaß von Todsünden erreichen könnte.
Ob es die "allermeisten" sind, weiß ich zwar nicht, aber es gibt schon einige Fälle, die auf den Begriff "Todsünde" mit "Hä? Was? :hae?: :hmm: :achselzuck: " reagieren ...

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taddeo
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Re: Todsünde

Beitrag von taddeo »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Aber ich denke wirklich, daß die allermeisten "halbscharigen" Katholiken sich selbst bei einiger Gewissenserforschung keinerlei Schuld bewußt werden können, die das Ausmaß von Todsünden erreichen könnte.
Ob es die "allermeisten" sind, weiß ich zwar nicht, aber es gibt schon einige Fälle, die auf den Begriff "Todsünde" mit "Hä? Was? :hae?: :hmm: :achselzuck: " reagieren ...
Gut, über die "allermeisten" kann man reden - viele, sehr viele sind es auf jeden Fall, bei denen die Frage tatsächlich im Raum steht: Kann jemand eine Todsünde begehen, der sich in keiner Weise bewußt ist, daß es Todsünden überhaupt gibt, bzw. was der Ausdruck "Todsünde" überhaupt im katholischen Kontext (also nicht in übertragener, gesellschaftlicher Redeweise) bedeutet? :hmm:

Kirchenjahr
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Re: Todsünde

Beitrag von Kirchenjahr »

@ Taddeo

Das römischen Rechtsverständnis von Todsünde gerät an seine Grenzen, wenn der Otto-Normal-Katholik nur einen kleinen Hauch mehr evangelisiert ist, als ein unentdecktes Volk in Brasilien. Trotzdem gilt weiterhin die vom Hl. Vater (und auch Gamaliel) zitierte Stelle aus dem Paulusbrief. Wahrscheinlich gehst Du davon aus, das zu Paulus Zeiten das Gewissen der Menschen noch einigermaßen in Takt war, während heute das Gewissen selbst durch so manche Spielart von außen und innen untauglich geworden ist. Nicht umsonst scheint die Rede des Hl. Vaters vor dem Bundestag so gehalten worden zu sein, wie sie es ist.

Da aber nicht die Kirche über den Verlust des Heiles entscheidet, sondern Gott allein, bleibt der Kirche die wunderbare Aufgabe, das Volk Gottes zu lehren und zu den Geheimnissen des Heiles, insbesondere was die Sünder angeht, zum Sakrament der Beichte zu führen. Die Sakramente, auch die hl. Beichte, helfen dem Sünder auf dem Weg zum Heil, und zwar auch denjenigen, deren Gewissen verdorben ist. Auch dazu ist die Beichte da.

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taddeo
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Re: Todsünde

Beitrag von taddeo »

Ja, da hast Du schon recht - aber gerade das passiert ja nicht, wie ich oben ausführlich zu erklären versuchte. Statt die Menschen auf die Gefahr der Sünde hinzuweisen, werden sie ja viel öfter und auch noch von den Kirchenvertretern in ihrem Wandel bestärkt. Wie sollen sie denn da in Gottes Namen draufkommen, daß das verkehrt sein könnte??? :achselzuck:
Wer heute noch zur Beichte geht, der ist ja eh schon nicht mehr zu dieser katholischen Massenklientel zu rechnen, um die es mir geht.

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Bernado
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Re: Todsünde

Beitrag von Bernado »

taddeo hat geschrieben:Welche Sündenkataloge meinst Du denn? Was gilt denn heute als Sünden? "Ich habe den Müll nicht sauber getrennt ..." oder "ich habe das Auto an der Ampel nicht abgestellt" sind sicher welche, wenn auch noch läßliche. ;D
Ich meine die Sündenkataloge, die echte Kataloge sind, wie bei Amazon, nur daß die einzelnen Akte mit dem Preisschild "läßlich" oder "tödlich" ausgezeichnet sind.

Gott ist kein Buchhalter und noch nicht einmal ein Comnputer. Und bei einem Verständnis von (Tod)sünde, das in die von Dir genannten Aporien führt, ist vielleicht irgend etwas falsch.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

Thomas_de_Austria
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Re: Todsünde

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Kirchenjahr hat geschrieben:Trotzdem gilt weiterhin die vom Hl. Vater (und auch Gamaliel) zitierte Stelle aus dem Paulusbrief.
Das ist m. E. der entscheidende Hinweis. Das natürliche Gesetz erkennt jeder, so oder anders, sofern er gesund ist, ganz egal, ob es ihm egal ist oder nicht.

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taddeo
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Re: Todsünde

Beitrag von taddeo »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:
Kirchenjahr hat geschrieben:Trotzdem gilt weiterhin die vom Hl. Vater (und auch Gamaliel) zitierte Stelle aus dem Paulusbrief.
Das ist m. E. der entscheidende Hinweis. Das natürliche Gesetz erkennt jeder, so oder anders, sofern er gesund ist, ganz egal, ob es ihm egal ist oder nicht.
Das kannst Du noch so oft wiederholen, deswegen löst Du nicht das Kernproblem:
"Das natürliche Gesetz erkennt jeder, sofern er gesund ist" - sofern sein Gewissen gesund ist, heißt das wohl in theologischer Sprache. Wer hat denn heute noch ein solches gesundes Gewissen, wo kein Arzt sich mehr findet, es zu kurieren und dann gesund zu erhalten? Das ist doch die Frage schlechthin. Und das hat mir schon selbst ein erfahrener, kluger Beichtvater als das Hauptproblem geschildert, das sich heute im Beichtstuhl ergibt - und erst recht außerhalb desselben.

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Marion
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Re: Todsünde

Beitrag von Marion »

Enzyklika Acerbo nimis hat geschrieben:In der Tat, die Klagen, dass es heutzutage inmitten des christlichen Volkes sehr viele gibt, welche in vollständiger Unwissenheit über das zum Heile notwendig zu Wissende dahinleben, sind allgemein und dazu leider nicht unberechtigt. Dabei verstehen wir unter christlichen Volke nicht nur die Menge oder die Angehörigen der niederen Klasse; die Unwissenheit dieser lässt sich oft einigermaßen damit entschuldigen, dass der strenge und gehorsame Dienst gegen ihre Herren ihnen keine Zeit für sich selber übrig lässt. Auch in den Kreisen, denen es an Geist und Bildung nicht gebricht, ja hier am allermeisten, versieht man sich zwar reichlich mit weltlicher Wissenschaft, lebt aber in religiöser Hinsicht ganz vermessen und kenntnislose dahin. Es ist schwer zu sagen, in welcher Verfinsterung diese oft leben. Dabei fühlen sie, was am meisten zu beklagen ist, keinerlei Beunruhigung. An den Allerhöchsten, den Schöpfer und Lenker aller Dinge, Gott, an die weisen Lehren des christlichen Glaubens kommt ihnen kein Gedanke. Daher haben sie keine Kenntnis von der Menschwerdung des göttlichen Wortes noch von der Erlösung des menschlichen Geschlechtes durch dasselbe. Sie wissen nichts von der Gnade, die das vorzüglichste Hilfsmittel zur Erlangung des ewigen Lebens ist, nichts vom hehren Opfer der heiligen Messe und von den Sakramenten, den Bringern der Gnade. Keine Erwägung erinnert sie an die Nichtswürdigkeit und Hässlichkeit der Sünde, keine Beängstigung treibt zur Meidung derselben oder zur Losschälung von ihr. So geht es fort bis zur Todesstunde, und der Priester muss dann Sterbende, um die Hoffnung auf Rettung nicht zu verlieren, notdürftig über die Religion unterrichten, anstatt diese kostbaren Augenblicke, wie es sein sollte, zur Erweckung der göttlichen Liebe hauptsächlich zu benützen. Ja es wird fast Gewohnheit, dass Sterbende in einer solchen schuldbaren Unwissenheit sich befinden, dass sie auf den priesterlichen Beistand gar nichts geben und ohne jegliche Versöhnung mit Gott den furchtbaren Weg in die Ewigkeit ruhigen Herzens glauben betreten zu dürfen. Mit Recht hat darüber Unser Vorgänger Benedikt XIV. geschrieben: Wir behaupten, dass ein großer Teil derjenigen, welche ewig verdammt werden, dieses endlose Unglück deswegen erleiden, weil sie die Glaubenswahrheiten nicht kannten, welche man notwendig wissen und glauben muss, um unter die Auserwählten gezählt zu werden
Christus vincit - Christus regnat - Christus imperat

Kirchenjahr
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Re: Todsünde

Beitrag von Kirchenjahr »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:
Kirchenjahr hat geschrieben:Trotzdem gilt weiterhin die vom Hl. Vater (und auch Gamaliel) zitierte Stelle aus dem Paulusbrief.
Das ist m. E. der entscheidende Hinweis. Das natürliche Gesetz erkennt jeder, so oder anders, sofern er gesund ist, ganz egal, ob es ihm egal ist oder nicht.
Tja, dummerweise sind viele oder gar die meisten krank und bedürfen des Arztes. Diesen Umstand meinte ein Schreiber weiter oben, indem er aufführte, das Umweltschutz wichtiger sei als die Verhinderung einer Abtreibung.

Thomas_de_Austria
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Re: Todsünde

Beitrag von Thomas_de_Austria »

taddeo hat geschrieben:"Das natürliche Gesetz erkennt jeder, sofern er gesund ist" - sofern sein Gewissen gesund ist, heißt das wohl in theologischer Sprache.
Das erkennt jeder, sofern er nicht debil o. ä. "defekt" ist.

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Re: Todsünde

Beitrag von taddeo »

@ Marion

Das paßt zwar genau zum Thema hier, aber der letzte Satz scheint mir doch der Definition von "Todsünde" zu widersprechen. Wer nichts davon weiß, dem kann man kaum volle Zustimmung und Erkenntnis zusprechen, die aber notwendig dazugehören. Schuldloses Nichtwissen der Glaubenswahrheiten kann wohl kaum ein Grund für die ewige Verdammung sein. :hmm:

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Re: Todsünde

Beitrag von taddeo »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:"Das natürliche Gesetz erkennt jeder, sofern er gesund ist" - sofern sein Gewissen gesund ist, heißt das wohl in theologischer Sprache.
Das erkennt jeder, sofern er nicht debil o. ä. "defekt" ist.
Wie oft behauptest Du das denn jetzt noch, ohne auf meine eigentliche Frage einzugehen, die ich schon mehrmals darzulegen mich bemüht habe? :achselzuck:
Außerdem stimmt das so sicher nicht, falls Du mit "debil" "geistesschwach" oder ähnliches meinen solltest.
Auch körperlich völlig gesunde, ja sogar intelligente Menschen können psychisch oder seelisch "debil" sein, und dadurch dieses natürliche Gesetz nicht (oder nicht ausreichend) erkennen.

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Re: Todsünde

Beitrag von Thomas_de_Austria »

taddeo hat geschrieben:Auch körperlich völlig gesunde, ja sogar intelligente Menschen können psychisch oder seelisch "debil" sein, und dadurch dieses natürliche Gesetz nicht (oder nicht ausreichend) erkennen.
Einer der objektiv gegebene Tatsachen nicht erkennen kann, ist nicht gesund, sondern krank, "defekt".
Das natürliche Gesetz besteht aus idealen, objektiv gegebenen Werttatsachen. Die sind für jeden, der über die ausreichend kognitiven Kräfte verfügt, so einsehbar, wie jede andere objektive Tatsache auch. Wenn sie einer nicht erkennen will (wobei man allerdings, um das zu tun, durchaus von ihnen Kenntnis haben muss) oder sie erkennt, aber aufgrund eines defizitären Wollens, sich aber nicht nach ihnen richtet, ändert das nichts daran.

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