Verzicht auf Papsttitel »Patriarch des Abendlands«

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Mathias Bauer
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Verzicht auf Papsttitel »Patriarch des Abendlands«

Beitrag von Mathias Bauer »

Was sagt ihr dazu? Im Annuario Pontificio 2006 hat man die Papsttitulatur geschrumpft.

http://www.catholicnews.com/data/storie ... 601225.htm

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

[url=http://www.catholicnews.com/data/stories/cns/0601225.htm]The Catholic News Service, Kardinal Silvestrini zitierend[/url], hat geschrieben:Cardinal Achille Silvestrini, retired prefect of the Congregation for Eastern Churches, told the Italian news agency ANSA that the deletion was a "sign of ecumenical sensitivity" on the part of Pope Benedict.

The cardinal said that in the past some people used the title to provoke negative comparisons between the claims of universal jurisdiction by the worldwide "Patriarchate of the West" and the more restricted size and jurisdiction of the traditional Orthodox patriarchates.

"It seems to me the pope wanted to eliminate this type of comparison and that his gesture is meant to stimulate the ecumenical journey," Cardinal Silvestrini said.
Mir scheint, das Gegenteil von dem, was Silvestrini behauptet, könnte
der Effekt sein. (Vielleicht weiß Silvestrini das sogar.) Denn es ist seit
langem eine ungute Vermischung der „petrinischen“ und der patriarcha-
len Funktion des römischen Bischofs eingetreten.

Was die westliche Theologie, das Lehramt – gipfelnd im Vaticanum I
eingeschlossen, irgendwann dem petrinischen Primat zuzuschreiben be-
gonnen hat, ist aufgrund der Tradition nur als Ausfluß der patriarchalen
Gewalt erklärbar, und zwar sowohl ekklesiologisch als auch historisch.

Es müßte also darum gehen, beides – Patriarchat und Primat – gedank-
lich wieder klarer zu unterscheiden, unter stärkerer Betonung des in den
letzten Jahrhunderten zu Unrecht in den Hintergrund gedrängten Patri-
archats.

Das Gegenteil zu tun, wäre förmlich verhängnisvoll. Als was sollte der
Papst die Gewalt über die lateinische Kirche haben, wenn nicht als Pa-
triarch? Als Nachfolger Petri? Dann müßte er ja tatsächlich dieselbe Ge-
walt auch über alle zu andern Patriarchaten gehörenden Kirchen haben,
was diesen Patriarchate faktisch ihr Existenzrecht abspräche und nicht
nur gegen das geltende katholische Ostkirchenrecht verstiße, sondern
auch gegen die wiederholte Klarstellung mehrerer Ökumenischer Kon-
zilien.
The Catholic News Service hat geschrieben:Other experts, however, warned that the deletion could provoke concern if it is seen as the Vatican saying patriarchal authority is meaningless when the pope has universal authority over the church.
So ist es. Der Catholic News Service zitiert dazu Msgr. Michael K. Magee:
[url=http://www.catholicnews.com/data/stories/cns/0601225.htm]The Catholic News Service, Msgr. Michael K. Magee zitierend[/url], hat geschrieben:Presenting his dissertation, Msgr. Magee said that already in the 1960s the former Father Joseph Ratzinger, now Pope Benedict, had identified a need to draw a distinction between the pope's roles as pastor of the universal church and as patriarch of the Latin-rite Catholic Church. […]
Maintaining a distinction between the pope's role as head of the universal church and as a patriarch, Msgr. Magee said, could be seen as protecting and opening up "the rightful place of other particular churches within catholicity."
Ich habe neulich schon einmal ein Fundstück vom jetzigen Papst gebracht:
Prof. Joseph Ratzinger (1969) hat geschrieben:Das zentralstaatliche Bild, das die katholische Kirche bis zum Konzil hin bot, erfließt nicht einfachhin schon aus dem Petrusamt, sondern aus seiner engen Verquickung mit der im Laufe der Geschichte immer weiter gesteigerten patriarchalen Aufgabe, die dem Bischof von Rom für die gesamte lateinische Christenheit zugefallen ist. Das einheitliche Kirchenrecht, die einheitliche Liturgie, die einheitliche Besetzung der Bischofsstühle von der römischen Zentrale aus – das alles sind Dinge, die nicht notwendig mit dem Primat als solchem gegeben sind, sondern sich erst aus dieser engen Vereinigung zweier Ämter ergeben. Demgemäß sollte man es als Aufgabe für die Zukunft betrachten, das eigentliche Amt des Petrusnachfolgers und das patriarchale Amt wieder deutlicher zu unterscheiden und, wo nötig, neue Patriarchate zu schaffen und aus der lateinischen Kirche auszugliedern. Die Einheit mit dem Papst anzunehmen würde dann nicht mehr bedeuten, sich einer einheitlichen Verwaltung anzugliedern, sondern lediglich heißen, sich der Einheit des Glaubens und der communio einfügen, dabei dem Papst die Vollmacht verbindlicher Auslegung der in Christus ergangenen Offenbarung zuerkennen und folglich sich dieser Auslegung unterstellen, wo sie in definitiver Form geschieht. Das bedeutet, daß eine Einigung mit der östlichen Christenheit nichts, aber auch nichts in ihrem konkreten kirchlichen Leben ändern müßte.
Derselbe hat geschrieben:Und schließlich wird man vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft überlegen müssen, ob sich nicht die Kirchen Asiens und Afrikas, ähnlich wie die des Ostens, ihre eigene Form geben sollten als selbständige ,Patriarchate‘ oder ,Großkirchen‘ oder wie immer man solche ecclesiae in der Ecclesia in Zukunft wird nennen mögen.
Darum kann ich mir schlechterdings nicht vorstellen, Benedikt XVI. kön-
ne sein patriarchales Amt ganz zugunsten des „päpstlichen“ abstreifen
wollen. (Er könnte das selbst theoretisch allenfalls wollen, nicht aber tun.
Er ist Patriarch.)

Wenn also diese Änderung der Titulatur im Annuario Pontificio tatsäch-
lich vom Papst selbst veranlaßt sein sollte – was ich mir noch nicht recht
vorstellen kann –, dann wird man abwarten müssen, was der Zweck sein
soll. Der von Silvestrini genannte kann’s schlechterdings nicht sein. Aber
vielleicht ist das auch eher eine Intrige im Staatssekretariat. Ich weiß es
nicht. Abwarten.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Robert
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
.............. Aber vielleicht ist das auch eher eine Intrige im Staatssekretariat. Ich weiß es nicht. Abwarten.
Es geht doch nichts über das beruhigende Gefühl, endlich 'mal wieder eine - und sei es auch nur eine vermeintliche - Verschwörung aufgedeckt zu haben! :kiss:

GsJC
Raphael

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Schön wär’s, Raphi. Leider bin ich eher ratlos, wie du
meinem gestrigen Beitrag entnehmen kannst.
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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

Ich bin absolut unschlüssig was davon zu halten ist bedenklich jedenfalls finde ich daß ein titel der seit dem 5jhd nachgewissen wird mit einem federstrich einfach vom tisch ist nn das erste jahr des pontifikates ist bald vorbei dann werden wohl die wirklichen handlungen beginnen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Kath.net behauptet, Benedikt XVI. habe hinsichtlich des abendländischen
Patriarchentitels »bereits während seiner Kardinalszeit erklärt, der Titel sei
für das Papsttum nicht passend«.

Das ist mir neu und scheint den diesbezüglichen Aussagen des Kardinals
Ratzinger, die mir bislang bekannt waren und aus welchen ich oben ein we-
nig zitiert habe, diametral zu widersprechen.

Kann jemand die kath.net-Behauptung verifizieren oder widerlegen? Die
Geschichte entwickelt sich ja katastrophal.

Die kat.net-Meldung scheint übrigens aus dem Corriere von vorgestern zu
stammen. Über Google ist noch eine Spur zu finden, auf der Corriere-Seite im
Internet jedoch nicht mehr, der Artikel scheint entfernt worden zu sein.
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holzi
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Beitrag von holzi »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Kath.net behauptet, Benedikt XVI. habe hinsichtlich des abendländischen
Patriarchentitels »bereits während seiner Kardinalszeit erklärt, der Titel sei
für das Papsttum nicht passend«.

Das ist mir neu und scheint den diesbezüglichen Aussagen des Kardinals
Ratzinger, die mir bislang bekannt waren und aus welchen ich oben ein we-
nig zitiert habe, diametral zu widersprechen.

Kann jemand die kath.net-Behauptung verifizieren oder widerlegen? Die
Geschichte entwickelt sich ja katastrophal.

Die kat.net-Meldung scheint übrigens aus dem Corriere von vorgestern zu
stammen. Über Google ist noch eine Spur zu finden, auf der Corriere-Seite im
Internet jedoch nicht mehr, der Artikel scheint entfernt worden zu sein.
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War's dann vielleicht dann doch eher eine Ente? (Vogelgrippezeit halt...)

Zu hoffen wäre es.

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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

Selbst wenn's stimmt verstehe ich die Aufregung nicht. Es besteht doch offenbar Einigkeit, daß der Titel "Patriarch des Westens" mittlerweile weder Realität noch Wunsch widerspiegelt. Faktisch fungiert der Papst als Patriarch der Welt, allerdings begehrt er höchstens noch Patriarch von Europa zu sein, wenn sich andere Patriarchate einvernehmlich etablieren ließen. Wo wäre da der Widerspruch zwischen Ratzingers alter Aussage und dieser Aktion?

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holzi
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Beitrag von holzi »

Pelikan hat geschrieben:Selbst wenn's stimmt verstehe ich die Aufregung nicht. Es besteht doch offenbar Einigkeit, daß der Titel "Patriarch des Westens" mittlerweile weder Realität noch Wunsch widerspiegelt. Faktisch fungiert der Papst als Patriarch der Welt, allerdings begehrt er höchstens noch Patriarch von Europa zu sein, wenn sich andere Patriarchate einvernehmlich etablieren ließen. Wo wäre da der Widerspruch zwischen Ratzingers alter Aussage und dieser Aktion?
Schaun'mer mal, was da noch nachkommt. Entweder ist es eine Ente oder es geht rund in Rom...

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

nun der titel ist im neuesten päpslichen jahrbuch nicht mehr enthalten
der papst ist an sein niversahles hirtenamt durch das dogma von 1870 gebunden daran kann weder er noch in konzil etwas ändern darauf kann er auch nicht verzihten nd das ist gut so

Ralf

Beitrag von Ralf »

Wenn der Bischof von Rom weiterhin Patriarch des Abendlandes sein soll, kann es schlechterdings nicht auch noch Patriarchate woanders im Abendland (bspw. Lateinamerika) geben, die auch diesen Titel verdienen (Lissabon und Venedig haben ja keine wirklichen patriarchalen Befugnisse). Natürlich wird der Papst nicht gleich "Abendland" durch "Europa" ersetzen, aber ich denke darauf läuft es hinaus.

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holzi
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Beitrag von holzi »

Ralf hat geschrieben:Wenn der Bischof von Rom weiterhin Patriarch des Abendlandes sein soll, kann es schlechterdings nicht auch noch Patriarchate woanders im Abendland (bspw. Lateinamerika) geben, die auch diesen Titel verdienen (Lissabon und Venedig haben ja keine wirklichen patriarchalen Befugnisse). Natürlich wird der Papst nicht gleich "Abendland" durch "Europa" ersetzen, aber ich denke darauf läuft es hinaus.
So in etwa dachte ich mir das auch schon. Könnte eine interessante Geschichte werden.

"Mögest Du in interessanten Zeiten leben"
Fluch aus dem Achatenen Reich (Terry Pratchett)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Also, das Abendland war für mich geographisch nie was anderes als der
westliche Teil Europas, also West-, Mittel, Nord- und Südeuropa, wobei
ich als Grenzländer, die dem Aufgang und dem Untergang zugehören, so
ungefähr Finnland, das Baltikum, Weißrußland, Galizien, Ostungarn (Sie-
benbürgen) und Bosnien ansehen würde. Jedenfalls würde ich nie auf die
Idee kommen, Amerika oder Afrika unter den Begriff „Abendland“ zu sub-
sumieren.

Aber meinetwegen, »Patriarch von Rom« würde als Titel ja reichen. Man
sagt ja auch: »Patriarch von Moskau«, oder: »Patriarch von Constantino-
pel«.

Wenn es in diese Richtung gehen soll, dann ist’s der richtige Weg. Dann
wäre wohl ein nächster, zu erwartender Schritt, eigene Patriarchate für
Amerika, Ostindien und Ostasien zu errichten, zum Beispiel Santo Do-
mingo, Goa (ist schon Titelpatriarchat) und Manila.

Eine andere Frage wäre, ob man nicht vom Ritenprinzip wieder langsam
zum Territorialprinzip zurückkehren sollte. Warum etwa muß es in Ale-
xandrien drei Patriarchen geben? Oder gar gleich fünf Patriarchen von An-
tiochien (einen orthodoxen, einen altorientalischen und sage und schreibe
drei [!] katholische)?

Ich will die Altorientalen und Orthodoxen nicht gleich mit verhackstük-
ken. Aber, um im katholischen Sektor zu bleiben, sehe ich keinen Grund,
weshalb nicht die Lateiner Afrikas auch dem koptisch-katholischen Patri-
archen von Alexandrien unterstehen sollten. Vielleicht als „autonome“
Kirchen von West-, Süd- oder Ostafrika, dem Kongo und Äthiopien, wie
beispielshalber heute die ukrainisch-orthodoxe Kirche innerhalb des Mo-
skauer Patriarchats.
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Ralf

Beitrag von Ralf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Eine andere Frage wäre, ob man nicht vom Ritenprinzip wieder langsam
zum Territorialprinzip zurückkehren sollte.
Sehe ich auch so, aber das wird sehr langsam gehen können aufgrund der Mentalitätsunterschiede. Die Katholische Identität ist eben bei solchen Fällen (drei Bischöfe fürs gleiche Territorium) nicht ausschlaggebend, ähnlich wie bei den orthodox. Auslandsbischöfen (also jenseits des geographischen sog. "kanonischen Territoriums"), auch da hielte ich einen orthodox. Bischof für alle Orthodoxen für weitaus sinnvoller und der Tradition der Kirche des Ersten Jahrtausends angemessener.

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Robert
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Schön wär’s, Raphi. Leider bin ich eher ratlos, wie du
meinem gestrigen Beitrag entnehmen kannst.
Vielleicht können die Spekulationen eines Paul Badde den Nebel etwas lichten: Die Titel des Papstes

GsJC
Raphael

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Tom
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Beitrag von Tom »

Hallo Ihr Lieben,

ich habe eine Frage zu den bekannten neun Titel des Papstes (Patriarch des Westens noch mitgezählt :kiss: ). Warum gehört "Papst - papa" nicht dazu??? Ist doch auch ein Titel, oder nicht?

Und noch so eine Idee: Was haltet Ihr vom Titel Heiliger Vater? Wir alle haben uns an ihn gewöhnt und benutzen ihn rege. Aber...

1. hat Christus selbst uns davor gewarnt jemanden Vater zu nennen, außer Gott. :ja:

2. Ist "Heiliger Vater" ein alter biblischer Gottesname oder Gottestitel. Keine Monotheistische Religion außer uns Katholiken würde wohl den Titel für ihren Hirten oder Leiter gebrauchen. Für sie ist es geradezu eine Sünde einen Menschen mit diesem Titel anzureden. :shock:

Ich will den Titel ja nicht gleich abschaffen, aber so wirklich passend ist er wohl auch nicht, oder? :hmm:

Raphael

Beitrag von Raphael »

Hallo Du Lieber, 8)
Tom hat geschrieben:Hallo Ihr Lieben,

ich habe eine Frage zu den bekannten neun Titel des Papstes (Patriarch des Westens noch mitgezählt :kiss: ). Warum gehört "Papst - papa" nicht dazu??? Ist doch auch ein Titel, oder nicht?

Und noch so eine Idee: Was haltet Ihr vom Titel Heiliger Vater? Wir alle haben uns an ihn gewöhnt und benutzen ihn rege. Aber...

1. hat Christus selbst uns davor gewarnt jemanden Vater zu denen, außer Gott. :ja:

2. Ist "Heiliger Vater" ein alter biblischer Gottesname oder Gottestitel. Keine Monotheistische Religion außer uns Katholiken würde wohl den Titel für ihren Hirten oder Leiter gebrauchen. Für sie ist es geradezu eine Sünde einen Menschen mit diesem Titel anzureden. :shock:

Ich will den Titel ja nicht gleich abschaffen, aber so wirklich passend ist er wohl auch nicht, oder? :hmm:
Hierzu gab es 'mal einen sehr informativen Thread: Unser Vater im Himmel - Heiliger Vater in Rom !?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Raphael hat geschrieben:Vielleicht können die Spekulationen eines Paul Badde den Nebel etwas lichten: Die Titel des Papstes
Wenn Baddes Spekulationen zuträfen, solche Erwägungen also tatsächlich der Streichung des Patriarchentitels aus dem Annuario Pontificio zugrundelägen, dann wäre das nach meiner Einschätzung eine Katastrophe, was ich mir aber nach wie vor nicht wirklich vorstellen kann.

Baddes Ausführungen sind aber auch historischer Mumpitz. Der Mann behauptet doch allen Ernstes, zur Zeit des Kaisers Theodosius II. († 450) hätten im Osten des Reichs die Patriarchate von Antiochien, Alexandrien, Jerusalem und Constantinopel bestanden, und Theodosius hätte diesen Titel nun auch dem Bischof von Rom verliehen.

Wahr ist, daß der Titel eines Patriarchen, von Ausnahmen abgesehen, erst im sechsten Jahrhundert geläufig wird. Anders die Sache, nämlich die Jurisdiktion einzelner, besonders herausgehobener Bischofssitze über mehrere, ja zahlreiche Kirchenprovinzen. Eine solche herausgehobene – später „patriarchal“ genannte – Stellung ist hinsichtlich der Bischöfe von Rom, Antiochien und Alexandrien bereits für das ganze dritte Jahrhundert zweifelsfrei nachweisbar, für das zweite sehr wahrscheinlich.

Das ökumenische Konzil von Nicæa hat 325 die Jurisdiktionsbereiche dieser drei „Ersthierarchen“ umschrieben und damit eine längst bestehende, als apostolisch angesehene Kirchenverfassung bestätigt. Beim nächsten ökumenischen Konzil, 381 zu Constantinopel stattgehabt, stieg eben diese neue Kaiserstadt Constantinopel zur selben „patriarchalen“ Funktion und Stellung auf. Noch später, 451, im Jahre nach des Theodosius Tod beim Konzil von Chalcedon, erlangte schließlich auch Jerusalem diesen Status.

Diese Gliederung, die in Einzelheiten durchaus noch beweglich war, wurde schließlich auch durch die staatliche Gesetzgebung bestätigt und festgeschrieben: ein Werk der Codifikationen Justinians in der ersten Häfte des sechsten Jahrhunderts. Hierher rührt endlich auch die allgemeine Einführung und Durchsetzung des Wortes „Patriarch“ und „Patriarchat“. – Andere Patriarchate, wie die von Ochrid, Aquileja oder Moskau, gehören späteren Zeiten an.
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Mathias Bauer
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Beitrag von Mathias Bauer »

Der Päpstlicher Rat für die Förderung der Einheit der Christen hat jetzt endlich eine offizielle Erklärung herausgegeben:

http://212.77.1.245/news_services/bulle ... 25&lang=ge

HeGe
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Beitrag von HeGe »

Wieder nur auf Italienisch... :ikb_crybaby:
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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

eone sinnvolle nueuerung die der deutsche papst einführen könnte währe das täglich bulletin auch in deutscher sprache

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holzi
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Beitrag von holzi »

HeGe hat geschrieben:Wieder nur auf Italienisch... :ikb_crybaby:
Na gut, dann halt hier die Quick'n Dirty-Übersetzung:
Vatikanbürokratie hat geschrieben: Mitteilung des Päpstlichen Rates für die Einheit der christen zum Wegfall des Titels "Patriarch des Abendlandes" im Päpstlichen Jahrbuch
Im Päpstlichen Jahrbuch 2006 fehlt bei der Aufzählung der päpstlichen Titel der des "Patriarchen des Abendlandes". Dieses Fehlen wurde verschiedentlich auf unterschiedliche Weise kommentiert und bedarf einer Klarstellung.

Ohne jetzt auf die komplexe historische Frage des Patriarchentitles in all seinen Aspekten eingehen zu wollen, kann man davon ausgehen, dass vom historischen Standpunkt aus die alten Patriarchate des Morgenlandes, wie sie in den Konzilien von Konstantinopel (381) und Calzedon (451) festgelegt wurden, auf ein ziemlich scharf umrissenes Territorium begrenzt waren, wohingegen das Territorium des römischen Bischofs nur sehr vage festgelegt blieb. Im Morgenland wurde im Kirchensystem des Justinian (527-565) der Papst neben den vier morgenländischen Patriarchaten (Konstantinopel, Alexandria, Antiochia und Jerusalem) als Patriarch des Abendlandes verstanden. Dagegen bevorzugte Rom die Idee der drei petrinischen Bischofssitze: Rom, Alexandria und Antiochia. Ohne dass damals der Titel "Patriarch des Abendlandes" ausdrücklich verwendet wurde, wiesen das IV Konzil von Konstantinopel (869-870), das IV. Laterankonzil (1215) und das Konzil von Florenz (1439) den Papst als den ersten der damals 5 Patriarchen aus.

Der Titel "Patriarch des Abendlandes" wurde von Papst Theodor I im Jahr 642 eingeführt. In der Folgezeit wurde er nur sehr selten benutzt und hatte auch keine klare Bedeutung. Seine Blüte erlebte er im 16. und 17. Jhd, als sich die Titel der Päpste stark vermehrten; im Päpstlichen Jahrbuch taucht er erstmals 1863 auf.

Derzeit belegt die Bedeutung "Abendland" einen kulturellen Kontext, der sich nicht nur auf Westeuropa beschränkt, sondern sich auch bis auf die USA oder Australien und Neuseeland erstreckt, und sich so von anderen Kulturkreisen abgrenzt. Ganz offensichtlich will eine derartige Bedeutung des Begriffs "Abendland" kein kirchenrechtliches Territorium umschreiben und kann auch nicht als Definition eines Patriarchatsgebietes dienen. Wollte man dem Begriff "Abendland" eine der Sprache des Kirchenrechtes angemessene Bedeutung geben, so könnte das nur in Bezugnahme auf die lateinische Kirche geschehen. Daher würde der Titel "Patriarch des Abendlandes (PdA)" die besondere Beziehung des römischen Bischofs zu letzterer beschreiben und könnte die besondere Jurisdiktion des römischen Bischofs über die lateinische Kirche ausdrücken.

Daraus folgt, dass der Titel PdA - abgesehen davon, dass er schon von Anfang an unklar war - im Lauf der Geschichte obsolet wurde und praktisch nicht mehr benutzbar ist. Es erscheint daher unsinnig, darauf zu bestehen, ihn [den Titel] weiter hinter sich her zu schleppen. Umso mehr als auch die Katholische Kirche mit dem 2. Vat. Konzil mit den Bischofskonferenzen und den Internationalen Treffen der Bischfskonferenzen eine Form gefunden hat, die als kanonische Regelung den Anforderungen von heute angemessen ist.

Die Ablegung des Titels PdA ändert ganz sicher nichts an der Anerkennung der alten Patriarchalkirchen, wie sie auch vom 2. Vat. Konzil (in Lumen Gentium 23) feierlich verkündet worden ist. Noch weniger bedeutet die Ablegung des Titels, dass daraus neue Forderungen abgeleitet werden könnten. Die Ablegung des Titels soll einem historischen und theologischen Realismus Ausdruck geben und gleichzeitig - da ein Anspruch abgelegt wird - einer Erneuerung des ökumenischen Dialogs dienen.
Das war jetzt mal ganz schnell - hoffe es hilft. (Editiert nach Roberts Vorschlag)
Zuletzt geändert von holzi am Mittwoch 22. März 2006, 20:50, insgesamt 2-mal geändert.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Danke, Holzi!

Das Fragezeichen:
»Es erscheint daher sinnlos, darauf zu bestehen, ihn [den Titel] weiter hinter sich her zu schleppen.«
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holzi
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Beitrag von holzi »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Danke, Holzi!

Das Fragezeichen:
»Es erscheint daher sinnlos, darauf zu bestehen, ihn [den Titel] weiter hinter sich her zu schleppen.«
Dann hatte ich das also doch richtig verstanden, es klang nur etwas blöd. Ich hab's in der Übersetzung editiert.

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

hm interessant währe warum gerade die behörde von em. kaspar sich zu dem thema äußert
was soll der hinweis auf bischofskonferenzen und diverse treffen selbige sind konsultationsorgane (laut letzter vatikanischer instruktion)
also ersetzendiese kanonisch sicher gar nichts
die äußerung dürfte also eher wieder einmal einer jener lebhafen träume sein die em kasper des öffteren hat zuletzt im bezug auf anglikanische weihen und die verbindlichkeit von apostolicae curae
hoffen wir mal das es für em kein böses erwachen gibt
:ja: :ja:

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nein. Das Dokument trägt keine Unterschrift. Es dürfte darum,
wenn schon nicht Originalton Benedikt sein – es entspricht nicht
ganz der Diktion Seiner Heiligkeit –, so doch dessen Willen und
Absicht uneingeschränkt wiedergeben. Kasper hatte am Montag
eine Audienz beim Papst.
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HeGe
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Beitrag von HeGe »

holzi hat geschrieben:Na gut, dann halt hier die Quick'n Dirty-Übersetzung:
:ikb_thumbsup:

Vielen Dank!
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Steffen
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Beitrag von Steffen »

Zur Frage des kanonischen Territoriums und seinem Verhältnis zur Religionsfreiheit der Kasper-Text zum Proselytismusvorwurf und der Errichtung der Diözesen
http://www.owep.de/2002_3_kasper.php

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Steffen
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Beitrag von Steffen »

für den, der allgemein mal wissen will, was die ganzen Papsttitel eigentlich zu bedeuten haben:
http://homepage.univie.ac.at/Hubert.Web ... pstamt.pdf

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Auch nach über zweiwöchiger Bedenkzeit bestürzen mich die Erläuterung und der von ihr erläuterte Umstand, wenn ich mich auch ein wenig damit tröste, daß die Verlautbarung des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen ebenso anonym erschien wie das schlichte Weglassen eines Titels im Päpstlichen Jahrbuch.

Zunächst einmal dies: Der Bischof von Rom kann hoch und niedrig hopsen, er ist und bleibt ein Patriarch – einerlei, mit welchem Namen man dies Institut des Patriachats benennt.

Die Argumentation der Verlautbarung jenes Päpstlichen Rats, der Titel »Patriarch des Abendlands« sei erst im Jahre 642 von Papst Theodor I. eingeführt worden, führt völlig in die Irre.

Wahr ist, daß der Titel eines Patriarchen, von Ausnahmen abgesehen, generell erst im sechsten Jahrhundert geläufig wurde. Ganz anders die Sache, nämlich die Jurisdiktion einzelner, besonders herausgehobener Bischofssitze über mehrere, ja zahlreiche Kirchenprovinzen. Eine solche herausgehobene – später „patriarchal“ genannte – Stellung ist hinsichtlich der Bischöfe von Rom, Antiochien und Alexandrien bereits für das ganze dritte Jahrhundert zweifelsfrei nachweisbar, für das zweite sehr wahrscheinlich.

Mehr noch, die ersten Ökumenischen Konzilien von Nicæa bis Chalcedon haben dies ausdrücklich bestätigt, wobei zu den drei genannten Sitzen sukzessive noch Constantinopel und Ælia oder Jerusalem hinzukamen.

Wollte der Bischof von Rom auf seine Rechte – und Pflichten! – als Patriarch verzichten – was er angesichts der alten Konzilsentscheidungen gar nicht kann –: worauf beruhte dann seine Gewalt über die lateinische Kirche?

Allenfalls könnte er dann noch eine „extremistische“ Interpretation des Vaticanum I heranziehen; das jedoch wäre nicht bloß tödlich für alle Bemühungen um Einheit mit den getrennten Ostkirchen – die doch angeblich durch jenen Titelverzicht gerade gefördert werden sollen –, sondern auch mit der kirchlichen Tradition und insonderheit mit den genannten Konzilsbeschlüssen unvereinbar.

Nun hebt jene Verlautbarung des Päpstlichen Rats besonders auf den Begriff »Patriarch des Abendlands« ab und erklärt ihn für heutzutage unbrauchbar zur Umschreibung eines kirchlichen Territoriums. Ich will die Plausibilität dieser Argumentation einmal dahinstehen lassen, zumal sich dabei das territoriale und das Ritenprinzip vermengen, was die Sache recht kompliziert macht.

Jedenfalls aber hätte man dann – wenn das „Abendland“ das Problem sein soll – eben diesen Begriff streichen sollen, nicht aber den des Patriarchen; also etwa künftig einfach: Patriarch von Rom.

Vielleicht kommt das noch. Vielleicht sogar noch die Errichtung neuer, echter lateinischer Patriarchenstühle, beispielshalber für Amerika oder Asien, wie Kardinal Ratzinger es schon vor Jahrzehnten vorgeschlagen hat. Dann bekäme die Sache wieder Sinn, und es wäre klar, daß der römische Bischof ein Patriarch ist, und zwar der dem Rang nach erste unter allen Patriarchen, wie es das I. Konzil von Constantinopel ein für alle Male definiert hat.

So, wie es jetzt erst einmal ausschaut – unausgegoren, historisch falsch oder sachfremd begründet und mit unklarem Ziel –, weiß man nicht, was man davon halten soll. So scheint es, nebenbei, auch den Orthodoxen zu gehen, die diesen Titelverzicht keineswegs goutieren.

Neulich schrieb ich:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Das Dokument trägt keine Unterschrift. Es dürfte darum, wenn schon nicht Originalton Benedikt sein – es entspricht nicht ganz der Diktion Seiner Heiligkeit –, so doch dessen Willen und Absicht uneingeschränkt wiedergeben. Kasper hatte am Montag eine Audienz beim Papst.
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Diesbezüglich bin ich mir nicht mehr so sicher. – Im Jahre 2003 war Walter Kapser in Moskau beim Patriarchen Alexij II., unterrichtete ihn über die römisch-lembergische Absicht, das Großerzbistum der griechisch-katholischen Ukrainer von Lemberg und Halytsch als Kiewer Patriarchat zu errichten und übergab ihm ein diesbezügliches römisches Schreiben.

Patriarch Alexij legte gegen diese Absicht förmlich Protest ein und leitete das römische Schreiben an alle orthodoxen Patriarchen weiter, die sich seinem Protest anschlossen. Patriarch Bartholomæus von Constantinopel antwortete am 29.11.2003 mit einem ausführlichen Schreiben an Papst Johannes Paul II., in welchem er Walter Kaspers Begründungen historisch und theologisch buchstäblich zerlegte. Orthodoxerseits muß man über Kaspers voluntaristische Ekklesiologie geradezu entsetzt gewesen sein.

Die Folge war, daß Rom zwar die unierten Ukrainer ihren Umzug nach Kiew – wo es kaum Unierte gibt – vollziehen ließ, die Erhebung zum Patriarchat jedoch untersagte.

Die aktuelle Begründung des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen für den jetzigen Titelverzicht bewegt sich in den alten Bahnen Kasperscher Sicht auf das Institut der Patriarchate, während frühere Äußerungen des Kardinals Ratzinger zu dieser Frage ganz anders klangen.

Dies sei ohne weitere Bewertung und Spekulation so festgestellt. Die tatsächlichen Abläufe bei der aktuellen Angelegenheit bleiben mir nach wie vor rätselhaft.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

La Sala Stampa della Santa Sede hat geschrieben:Si informano i giornalisti accreditati che giovedì 20 aprile 2006, alle ore 11.30, nell’Aula Giovanni Paolo II della Sala Stampa della Santa Sede si terrà una Conferenza Stampa per la presentazione delle celebrazioni del V Centenario della Patriarcale Basilica di San Pietro in Vaticano.
Ich stelle fest, daß Sankt Peter in Rom immer noch als »Patriarchal-
basilika« geführt wird. Also ist wohl auch der Bischof, dem sie gehört,
immer noch ein Patriarch. :ja:
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Der russisch-orthodoxe Bischof von Wien und Österreich, Hilarion, zum Verzicht des Papstes von Rom auf den Titel "Patriarch des Abendlandes":
Bischof Hilarion (Alfejew) hat geschrieben:
In der Presse sind Mitteilungen darüber erschienen, daß in der neuen Ausgabe des "Annuario Pontificio" für das Jahr 2006 einer der neun Titel des Römischen Papstes fehlt, der Titel "Patriarch des Abendlandes". Jetzt lautet die Liste der Titel des Papstes folgendermaßen: "Bischof von Rom, Vicarius Christi, Nachfolger des Apostelfürsten, Pontifex Maximus der Gesamtkirche, Primas von Italien, Erzbischof und Metropolit der Kirchenprovinz Rom, Souverän des Staates Vatikanstadt und Diener der Diener Gottes."

Einige Analytiker sahen im Verzicht auf den Titel "Patriarch des Abendlandes" ein Zeichen des Strebens des Papstes, die Beziehungen mit den Orthodoxen Kirchen zu verbessern. Es bleibt jedoch ein Rätsel, auf welche Weise der Verzicht auf diesen Titel die Beziehungen des Römischen Stuhles mit der Orthodoxie verbessern sollte. Diese Auslassung könnte eher umgekehrt als Unterstreichung des Anspruches auf die Jurisdiktion über die Universalkirche aufgefasst werden, die in den anderen Titeln des Papstes von Rom zum Ausdruck kommt.

In der byzantinischen Epoche existierten vier östliche Patriarchate; das von Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem. Das Patriarchat von Rom galt bis zum Jahr 1054, als die Beziehungen zwischen dem Osten und dem Westen unterbrochen wurden, in den Diptychen der Kirchen als "primus inter pares". So gab es im Westen ein einziges Patriarchat - das von Rom - während im Osten vier Patriarchate bestanden. Das Westliche Patriarchat bildete zusammen mit den vier Östlichen die sogenannte "Pentarchie".

Von allen Titeln des Papstes ist für die Orthodoxen der Titel des "Bischofs von Rom" der akzeptabelste, da er auf die Macht des Papstes als Diözesanbischof der Stadt Rom hinweist. Der Titel "Metropolit und Erzbischof der Kirchenprovinz Rom" weist darauf hin, daß sich die Macht des Papstes auf die gesamte römische Provinz ausdehnt und nicht nur auf die Stadt Rom beschränkt ist. Der Titel "Primas von Italien" besagt, daß der Bischof von Rom der "primus inter pares" unter den italienischen Bischöfen, d.h. wenn man die orthodoxe Terminologie gebraucht, das Oberhaupt einer Landeskirche ist. Bei einer solchen Auslegung wären für die Orthodoxen im Fall einer Wiederherstellung der eucharistischen Einheit zwischen dem Osten und dem Westen alle drei Titel annehmbar.

In einem solchen Fall könnte der Papst von Rom auch als "Patriarch des Abendlandes" akzeptiert werden, d.h. als Oberhaupt jener Christen, die nicht unter die Jurisdiktion der alten "östlichen" Patriarchate und jener Orthodoxen Landeskirchen fallen, die im zweiten Jahrtausend entstanden sind.

Ein Modell einer möglichen Einheit zwischen dem Osten und dem Westen wird im Rahmen der Gemischten Orthodox-Katholischen Dialog-Kommission besprochen werden, die nach sechsjähriger Unterbrechung im Herbst des Jahres 2006 in Serbien zusammentreten wird. Es versteht sich von selbst, daß dieses Modell nur hypothetischen Charakter haben wird, da auf dem Weg zu einer eucharistischen Einheit noch eine Vielzahl von Hindernissen dogmatischer und ekklesiologischer Art liegt. Dennoch bleibt nach Meinung von vielen orthodoxen Theologen das Haupthindernis auf dem Weg zur Einheit eben die Lehre über den Universalprimat des Römischen Bischofs, eine Lehre, die das Hauptthema der Gespräche zwischen Orthodoxen und Katholiken im Rahmen der Gemischten Kommission bilden wird.

In diesem Zusammenhang sind nach orthodoxer Auffassung gerade jene Titel am unakzeptabelsten, ja sogar skandalös, die den Anspruch des Papstes auf die Jurisdiktion über die Gesamtkirche unterstreichen: "Vicarius Christi und Nachfolger des Apostelfürsten".

Nach der Lehre der Orthodoxen Kirche hat Christus keinen "Vicarius", keinen irdischen Stellvertreter, der die Gesamtkirche in Seinem Namen leiten würde, und es kann auch keinen solchen geben.

Der Titel "Nachfolger des Apostelfürsten" bezieht sich auf die römische Lehre, daß die oberste Gewalt Petri, die auf den römischen Bischof übergegangen sei, ihm die Gesamtkirche unterstelle. Diese Lehre wurde in der orthodoxen polemischen Literatur wiederholt bestritten.

Den Titel "Pontifex Maximus" trugen die heidnischen römischen Kaiser. Diesen Titel legte auch Kaiser Konstantin nach seiner Bekehrung zum Christentum nicht ab. Aber im Zusammenhang mit dem römischen Papst weist der Titel "Pontifex Maximus der Gesamtkirche" auf die universale Jurisdiktion des Papstes hin, die die Orthodoxen Kirchen niemals anerkannt haben und nicht anerkennen werden. Eben diesen Titel sollte der Papst in erster Linie ablegen, wenn eine Veränderung der Titulatur wirklich vom Streben nach "ökumenischem Fortschritt" und einer Verbesserung der Beziehung zu den Orthodoxen Kirchen motiviert ist.

Es wäre zu hoffen, dass der Päpstliche Rat für die Einheit der Christen eine offizielle Erklärung zu dieser Angelegenheit gibt.
(Quelle: www.orthodoxeurope.org, Übersetzung von Erzdiakon Viktor Schilowsky (offenbar nach einer anderen Vorlage, als die, die ich hier verlinke).)
Zuletzt geändert von Nietenolaf am Dienstag 25. April 2006, 10:47, insgesamt 1-mal geändert.
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

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