sofaklecks hat geschrieben:Ich gehe für mein Teil davon aus, dass mit dem Schreiben einer Tendenz entgegengewirkt werden soll, die Kirche gegen Entgelt als Auffürungsraum für beliebige musikalische Veranstaltungen zu nutzen, weil sie da, geheizt und ohnedies meist leer ist. Ich kann mich lebhaft an Auftritte von Hans Rolf Rippert alias Ivan Rebroff erinnern, der Kirchen als billige Veranstaltungsräume benutzt hat,
Du darfst ruhig das Präsens verwenden, Ivan Rebroff singt trotz seiner 77 Jahre immer noch, im Mai wieder u. a. im Bayerischen Wald.
sofaklecks hat geschrieben:Nur heisst das eben, dass man ein Brucknersches Te Deum in entsprechender Qualität künftig nur noch in Konzertsälen hören wird.
Ich meine, dass man genau darauf achten muss, was aufgeführt wird. Und wenn das geistliche Musik ist und ausserhalb der Gottesdienst- bzw. normaler Öffnungszeiten aufgeführt wird, dann sollte man Eintritt verlangen dürfen. Wie war das mit dem Ochsen, der da drischt?
sofaklecks
Nicht nur Bruckner würde davon betroffen sein, sondern ein Großteil dessen, was bis zur Liturgiereform als liturgische Musik im Gebrauch war und was man leider Gottes heutzutage praktisch nur noch konzertant hören und aufführen kann. Eine größere Palestrina-Messe mit einer halben Stunde Aufführungsdauer etwa wirst Du (abgesehen von ein paar Domkirchen) wahrscheinlich keinem Zelebranten mehr unterjubeln können. Diese Musik ist andererseits auch nur sehr bedingt dazu geeignet, in weltlichen Veranstaltungsräumen zu erklingen; neben der Kirchenakustik braucht sie einfach eine sakrale Umgebung, um wenn schon nicht ihrer eigentlichen Bestimmung, so doch wenigstens ihrer musikalischen Bedeutung gerecht zu werden.
Ich glaube nicht, daß das mit diesen Vorschriften verbundene Abwürgen auch von qualitativ hochwertigen geistlichen Konzerten ein guter Dienst für die Bewahrung des kirchenmusikalischen Erbes ist. Worin ich Dir uneingeschränkt Recht gebe, ist das Postulat eines Respekts vor dem in der Kirche anwesenden Heiligen, der durch die Aufführung nicht nur gewahrt, sondern auch unterstrichen werden sollte. Dem stehen aber meiner Meinung nach weder Eintrittsgeld noch Applaus für die Künstler entgegen.
Man könnte boshafterweise auch eine ganz andere Frage stellen:
Warum sollen ausgerechnet die Musiker damit anfangen, die Würde des Gotteshauses und des Allerheiligsten zu achten und Gott allein die Ehre zu geben, indem sie ausgerechnet auf das verzichten, was die Ausübung ihrer Kunst erst möglich macht, nämlich Geld und Beifall - und dort, wo es wirklich um die Ehre Gottes geht, nämlich in der Liturgie, darf jeder Depp von Zelebrant (entschuldige die Ausdrucksweise) nach freiem Belieben rumwurschteln und sich und die anderen zum Kasperl machen, wie es ihm beliebt (Fasching steht vor der Tür, Du wirst ahnen, was ich meine)? Müssen ausgerechnet wir Musiker päpstlicher sein als der Papst (der den Beifall für seine Predigt auch noch nie abgewürgt hat), wenn wir uns in unserer Kunst ohnehin mehr um "Kirchlichkeit" bemühen als viele geistliche Herren, deren Beruf das eigentlich wäre?
(Oder wäre dann die Konsequenz, geistliche Konzerte nur noch in evangelischen Kirchen aufzuführen? Da wär ja eh kaum was Heiliges, geschweige denn das Allerheiligste da. Aber das wäre zu viel der Ehre für die Akatholiken.)