Warum soviel Gesang nach der Kommunion? Sonntagsmesse

Von Orgelpfeifen, Zimbelspielern und Kantoren.
Raphaela
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Warum soviel Gesang nach der Kommunion? Sonntagsmesse

Beitrag von Raphaela »

In der Pfarrgemeinde, in der ich wohne, spielt der Organist während der Kommunion immer ein Lied. - Ich denke, in den meisten Gemeinden wird dies so sein. Aber wenn dies Lied zu Ende ist, evtl. auch noch ein kleines musikalisches Stück gespielt wurde. und dann Stille ist, die sich der Priester bewusst nimmt, hält dies der Organist nicht aus. - Ich habe es schon öfters erlebt, dass er ein Lied anspielen wollte, aber dann der Priester, da er anschließend noch andere Messen halten muss schnell mit dem Segen angefangen hat.
Nun meine Frage, vor allem an Priester und Organisten: Kann man nicht ein paar Minuten Stille halten? - Bei uns wollte dies ja der Priester eigentlich
Warum ein Lied nach dem andern, nur damit die Gläubigen beschäftigt sind?
Gibt es noch andere Lösungen? Bei Messen an Werktagen habe ich - je nach Gemeinde - schon mitbekommen, dass der organist auch zur Kommunion geht und zwar als erstes.

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

Ja, das ist ein Thema zu dem es unterschiedliche Meinungen geben kann. Zum einen die offiziellen Anweisungen gem. Grundordnung des römischen Messbuches (GRM) zum anderen die Gewohnheiten der Gemeinde bzw. des jeweiligen Pfarrers. Grundsätzlich sollte es eigentlich so sein, daß Organist und Priester den Ablauf des jewiligen Gottesdienstes vorher kurz besprechen.

Schauen wir uns einmal an, was das neue GRM Missale Romanum zu dem Thema sagt:
Das Schweigen
45. Auch das heilige Schweigen ist als Teil der Feier zu
gegebener Zeit zu halten. Sein Charakter hängt davon ab, an
welcher Stelle der Feier es vorkommt. Beim Bußakt und nach
einer Gebetseinladung besinnen sich alle für sich; nach einer
Lesung aber oder nach der Homilie bedenken sie kurz das Ge-
hörte; nach der Kommunion loben sie Gott und beten zu ihm in
ihrem Herzen.
Schon vor der Feier selbst ist in der Kirche, in der Sakristei,
im Nebenraum und in der näheren Umgebung angemessenerwei-
se Stille zu halten, damit alle sich auf den Vollzug der heiligen
Handlung andächtig und in der gehörigen Weise vorbereiten.
sowie speziell zum Ablauf der Kommunion:
86. Während der Priester das Sakrament empfängt, beginnt
der Gesang zur Kommunion. Seine Aufgabe ist es, die geistliche
Gemeinschaft der Kommunizierenden im einheitlichen Zusam-
menklang der Stimmen zum Ausdruck zu bringen, die Herzens-
freude zu zeigen und den Gemeinschaftscharakter der Prozes-
sion zum Empfang der Eucharistie deutlicher sichtbar zu ma-
chen. Der Gesang wird fortgesetzt, solange den Gläubigen das
Sakrament gereicht wird. Wenn aber ein Lobgesang nach der
Kommunion vorgesehen ist, ist der Gesang zur Kommunion
rechtzeitig zu beenden.
Man sorge dafür, dass auch die Sänger ohne Schwierigkei-
ten die Kommunion empfangen können.
und
88. Ist die Kommunionspendung beendet, beten der Priester
und die Gläubigen gegebenenfalls einige Zeit still. Wenn man
möchte, kann auch ein Psalm, ein anderes Loblied oder ein
Hymnus von der ganzen Versammlung gesungen werden.
Tja, das lässt genügend Raum zur Interpretation :mrgreen:

Praktisch schaut das bei uns z.B. so aus: Unser bisheriger langjähriger Pfarrer bevorzugte Orgelspiel und Gemeindegesang während der Kommunion. Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden. Die Gemeinde war das schon immer so gewohnt und hat kräftig gesungen. Der Gesang kann dann rechtzeitig beendet werden und ggf. noch etwas ruhige, meditative Improvisationen die zum Charakter des jeweiligen Tages passen gespielt werden. Der jetzige neue Pfarrer wünscht ein Lied nach der Kommunion und pflegt dies auch an seinem Priestersitz mitzusingen. Wir sprechen uns vorher ab wieviel Strophen gesungen werden sollen.

Das Schweigen und die Stille der ganzen Gemeinde wäre zwar theoretisch an einigen Stellen sehr schön aber die Gemeinde muss dies halt auch zu würdigen wissen, sie müssen Übung darin haben, sie müssen Kenntniss darüber haben, warum und weshalb. Des weiteren darf es keinesfalls zu unschönen Missverständnissen kommen, wie z.B. daß der Organist der Gemeinde Gelegenheit zur Besinnung geben will und der Pfarrer meint daraufhin nocheinmal das Lied ansagen zu müssen :sauer:

Also wenn man sich nicht - wie es glücklicherweise auch vorkommen kann - schon ewig zusammenarbeitet und praktisch blind versteht dann vorher den Ablauf so genau wie möglich nocheinmal durchsprechen.

Wenn von der Gemeinde jemand unzufrieden ist oder Fragen hat, dann soll er einfach (ich würde mich als Organist darüber freuen) den Organisten einmal direkt ansprechen.
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Maurus
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Beitrag von Maurus »

Also bei uns wird während der Kommunion kein Lied gespielt. Das kenne ich auch nur aus Kirchen, bei denen ein Sängerchor die Postcommunio (oder wie immer das heute heißt) singt. Das Danklied der Gemeinde erfolgt erst, nachdem die liturgischen Geräte schon wieder gereinigt und das Allerheiligste in den Tabernakel gebracht wurde.

Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

Gesungen wird bei uns während der Kommunion nicht - jedenfalls nicht vom Volk. Aber es hat leises Orgelspiel... und das ist schon OK... :)
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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Ich persönlich bin nicht so ein Freund von leisem Orgelspiel. Ich mag Gesang, vor allem, wenn der Weg zum Altar weit ist. :) Oder auch Stille.

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Maurus
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Beitrag von Maurus »

Ecce Homo hat geschrieben:Gesungen wird bei uns während der Kommunion nicht - jedenfalls nicht vom Volk. Aber es hat leises Orgelspiel... und das ist schon OK... :)
Genau so kenne ich's.

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

Ecce Homo hat geschrieben:Gesungen wird bei uns während der Kommunion nicht - jedenfalls nicht vom Volk. Aber es hat leises Orgelspiel... und das ist schon OK... :)
Und wozu gibt es dann die vielen schönen Lieder, die im GL in der Kategorie "zur Kommunion" angeboten werden? ;)
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Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

Die singen wir immer nach der Kommunion - wobei ich dann ehrlich gestehe, dass ich nicht mitsinge. Wenn ER selbst in der eucharistischen Gestalt noch bei mir ist, singe ich vielleicht im Herzen, aber nicht mit dem Mund... :)
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cantus planus
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Beitrag von cantus planus »

Raimund Josef H. hat geschrieben: Wenn von der Gemeinde jemand unzufrieden ist oder Fragen hat, dann soll er einfach (ich würde mich als Organist darüber freuen) den Organisten einmal direkt ansprechen.
Den Tag möchte ich erleben...

Bei uns ist es so, dass es zur Kommunion leises Orgelspiel gibt. Im Normalfall improvisiere ich dabei schon über das Danklied. Nachdem der letzte Gläubige die Kommunion empfangen hat, folgt eine Stille. Die Ministranten räumen den Altar ab, und setzen sich dann gemeinsam mit dem Priester wieder hin. Nach ein bis zwei Minuten wird dann das Danklied kurz intoniert, und dann wird gesungen. Bei uns gibt es allerdings nach dem Segen kein Schlusslied.
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Michael84
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Re: Warum soviel Gesang nach der Kommunion? Sonntagsmesse

Beitrag von Michael84 »

Ich habe lange Zeit während der Kommunion leise irgendwas gespielt, denn gesungen wird bei uns währenddesse nichts, und wenn der Kommunionempfang vorbei war relativ nahtlos mit dem Vorspiel zum Lied (Dankgesang oder Eucharistisches Lied) begonnen. Dankgesang oder Eucharistisches Lied werden bei uns gleichberechtig als "Lied nach der Kommunion" verwendet.
Seit einigen Monaten mache ich nach der leisen "Kommunionbegleitung" eine Pause von ca. 1 Minute weil ich es doch wichtig fand, den Leuten gerade da mal ein bisschen Ruhe zu lassen. Und nach dieser Pause beginne ich mit dem Vorspiel zum Lied. Da sich der Priester an diesem Punkt meist nicht mehr hinsetzt, bleibt für dieses Lied nur die Zeit bis der Altar "aufgeräumt" ist und der Priester bereit zum Schlussgebet. Deshalb komme ich seither nicht zu mehr als zwei Strophen beim "Lied nach der Kommunion".

Jetzt ist auch noch ein Priester bei uns dazugekommen, der kommt auf so "revolutionäre" Ideen wie: "Also zur Gabenbereitung sing ma nix. Und bei der Kommunion Stille und danach sing ma auch nix. Nur noch das Marienlied nach dem Segen."

Ich habe nix dagegen ;D

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anneke6
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Re: Warum soviel Gesang nach der Kommunion? Sonntagsmesse

Beitrag von anneke6 »

Zu den Dingen, die mich dazu verleiten, in sentimentalen Erinnerungen zu schwelgen, gehört der Gesang polnischer Kommunionslieder. Als es (zumindest dort, wo ich hinging) noch keine Kommunionhelfer gab, kamen wir auf drei Lieder bis zum Schlußgebet. Das erste begann während der Kommunion des Priesters, häufig "Pan Jezus już się zbliża, już puka do mych drzwi" (Der Herr Jesus naht schon, er klopft schon an meine Tür), dann Kłaniam się Tobie, Przedwieczny Boże, którego niebo objąć nie może" (Ich werfe mich nieder vor Dir, ewiger Gott, den der Himmel nicht umfassen kann) "Bądźże pozdrowiona, Hostio żywa, w której Jezus Chrystus Bóstwo ukrywa" (Sei gegrüßt, lebendige Hostie, in der Jesus Christus seine Gottheit verbirgt)…und wenn dann noch Zeit war, "Dzięki, o Panie, składamy dzięki, o wszechmogący nasz Królu w niebie." (Dank, o Herr, Dank bringen wir Dir da, Allmächtiger, König im Himmel.) Ich fand damals immer, alleine die Kommunionslieder zu singen, war Grund genug, so früh aufzustehen.
anneke6, gerade
Ja proch mizerny przed Twą możnością z wojskiem Aniolów klękam z radością...
*
singend
* Ich armseliger Staub liege vor Deiner Majestät mit dem Heer der Engel mit Freude auf Knien.
???

iustus
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Re: Warum soviel Gesang nach der Kommunion? Sonntagsmesse

Beitrag von iustus »

Danke, liebe Anneke, für diese bewegende Schilderung aus einer Zeit, in der Polen noch katholisch war. Dem Vernehmen nach geht es damit ja jetzt rasend schnell abwärts. Die Zulassung der Handkommunion im Jahr 2005 war dazu ein bedeutender Meilenstein.

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