Der Untergang des liturgischen Liedgutes

Von Orgelpfeifen, Zimbelspielern und Kantoren.
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Benedictus
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Der Untergang des liturgischen Liedgutes

Beitrag von Benedictus »

Neulich war es mal wieder soweit. Ahnungslos geriet ich in einen "musikalisch gestalteten" Gottesdienst in unserer Gemeinde. Ich befand mich bereits im Mittelgang, als ich plötzlich neben dem Altar den Hals einer Klampfe aufblitzen sah. Mein Blick wanderte hin und her, und schon hatte ich die riesigen Lautsprecher ausgemacht, die links und rechts neben dem Altar auf gewaltigen Ständern aufgebaut waren und den gesamten Kirchenraum in Kürze mit fürchterlichem Gedudel erfüllen sollten.

Doch was sollte ich machen, umdrehen, und den Gottesdienst in der Nachbargemeinde besuchen? Dafür war es zu spät, hinter mir schoben sich bereits weitere Menschen durch die Gänge und ich wurde unweigerlich nach vorne gedrängt. Mit großem Unbehagen nahm ich in der Bank Platz und blickte auf das dünne Liedheftchen, das vor mir bereit lag. Dann ging es los: "Die Sache Jesu.. rumschrumschrum..." "Er hat die ganze Weheeelt, in seiner Hand...." Einige Leute fingen an, dabei rhythmisch zu klatschen, während ich das Liedheft unangetastet ließ und zum Herrn um etwas mehr Würde für diesen Gottesdienst betete. Doch beim Vater unser wurde alles noch schlimmer. Der Pastor forderte alle auf, sich die Hände zu reichen, "auch über den Mittelgang hinweg". Daraufhin setzte ein interessantes Verrenken und Schieben in den Bänken ein, bis sich schließlich alle an den Händen hielten und gemeinsam das Vater unser sprachen, mit anschließendem intensivem Austausch des Friedensgrußes.

So zog sich das den ganzen Gottesdienst hindurch. Schrammelnde Gitarren, lärmendes Keyboard und ein durchdringendes Schlagzeug machten jegliche Andacht sofort zunichte.

Was mich hinterher nur wunderte war, dass ich früher einmal in derselben Gemeinde in einer Choralschola mitgesungen habe. Grundsätzlich durften wir dort aber "nicht zuviel" in lateinischer Sprache singen, weil das angeblich bei den Leuten nicht gut ankommt, so dass das Graduale Romanum die meiste Zeit unangetastet blieb. Stattdessen wurden Psalmen in deutscher Sprache gesungen, wobei auch dort zu wenig am Gesang und Ausdruck gefeilt wurde. Mein Wunsch, einmal eine komplette Messe aus dem Graduale zu singen, wurde als "unmöglich" abgetan, weil "die Leute da ja garnicht mitsingen können"

Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Und warum wird der Chroal so stiefmütterlich behandelt, während dieses unerträgliche Gitarrengeschrammel offensichtlich so hoch im Kurs steht?

Benedictus
Zuletzt geändert von Benedictus am Donnerstag 1. September 2005, 10:32, insgesamt 1-mal geändert.

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

ich kann mir nicht vorstellen daß du schramml musilk kennst ist eine wiener eigenart texte lauten ungefähr so:"verkaufts mei gwand ich foahr in himmel......"

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Linus
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Beitrag von Linus »

ottaviani hat geschrieben:ich kann mir nicht vorstellen daß du schramml musilk kennst ist eine wiener eigenart texte lauten ungefähr so:"verkaufts mei gwand ich foahr in himmel......"
"...weu mi hoit ja schon da Qui-Qui :D "

Als du das mit dem Handgeben beim Vaterunser geschrieben hast, musste ich an die (ansonsten sehr gut gestalteten) Heiligenkreuzer Jugendvigilien denken. Ich ernte zum Abschluß (wo dann eben das Vaterunser in der 68er Fassung gesungen wird) meist irritrierte Blicke weil ich nicht auf Freimaurerbruderkette mitmach.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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Ecce Homo
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Re: Der Untergang des liturgischen Liedgutes

Beitrag von Ecce Homo »

Benedictus hat geschrieben: Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Und warum wird der Chroal so stiefmütterlich behandelt, während dieses unerträgliche Gitarrengeschrammel offensichtlich so hoch im Kurs steht?
Ja! :cry:

Habe ich. :cry:

Und ich leide sehr darunter. :cry:

Alles in diese Richtung ist leider in den meisten Gemeinden, die ich kenne, erlaubt. :ikb_yucky: Aber wehe, wenn da einer auf den Gedanken kommt, dass man mal einen Psalm auf Latein singt. :ikb_wallbash: Das einzige Latein, das bei uns erlaubt ist, ist "Laudate, omnes gentes" oder diverse Sanctus-Canones von Taize oder Ähnliche... Hauptsache, die Lieder sind nach 1970 entstanden. :ikb_thumbdown: Ich meine, ich hab prinzipiell nix gegen NGL - wirklich nicht! - aber alles mit Maß und ziel. Mir kommt es mittlerweile in dieser Häufung einfach hoch--:ikb_yucky:

Dafür hat es bei uns auch eine :ikb_band: . Die wollen dann aber den kompletten Gottesdienst gestalten :ikb_toot: - wenn sie mal da sind - d.h. es gibt dann nur Konzert - ein Mitsingen des Volkes ist nicht erwünscht, auch wenn der Pfarrer mitsingt. :ikb_whistling: Man kommt sich vor wie in einer Show.

Am allerschlimmsten ist die Angewohnheit, dass man immer unpassende Lieder an den noch weniger passendsten Stellen nimmt... so hatten wir neulich zum Sanctus ([Punkt]) "Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang sei gelobet der Name des Herrn, sei gelobet der Name des Herrn". :ikb_taz: (Für die, die das Lied nicht kennen sollten, das war der GANZE Text!) Die Woche danach hatten wir dann zum Sanctus "Lobet und preiset ihr Völker, den Herrn" (GL 282). :ikb_taz: Auch kein "heilig" drin. "Dafür" gab es dann zur Gabenbereitung ([Punkt]) "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind". :ikb_wallbash:

Und im Wortgottesdienst brachten es die Leiter fertig, zur Übertragung des Allerheiligsten ein Gabenbereitungslied zu wollen, :sauer: :sauer: :sauer: da hab ich gestreikt. Und hinterher nachgefragt, was sie darauf kommen lässt. :argue: Es hieß: "Aber wir bringen doch die Gaben von Brot und Wein zum Altar!" Soviel zu meiner Ablehnung von Laien, die Wortgottesdienste 1. ohne Notlage und 2. ohne Kenntnisse und 3. ohne vorherige Kontrolle durch den Pfarrer halten. :ikb_thumbdown: :ikb_chair:
Es ist zum Heulen. :cry: :cry: :cry:

Stephen Dedalus
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Re: Der Untergang des liturgischen Liedgutes

Beitrag von Stephen Dedalus »

Hi Benedictus,

diese Erscheinungen sind nur mit dem unerschütterlichen Glauben der Katholiken an das Purgatorium zu erklären. Nur, daß diese Scheußlichkeiten leider nicht auf kath. Gottesdienste beschränkt sind. Ich kann sowas auch nicht ertragen. Es ist die Pest und bereitet mir teilweise physisches Unbehagen. Thanks be to God breitet sich das bei uns noch nicht so aus. Es lebe der Anglican Chant und Choral Evensong!

Aber mein Mitgefühl ist auf Deiner Seite. Ich empfinde diese "Musik" zum Teil als gotteslästerlich.

Gruß
Stephen
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

*keuch* *keuch* *keuch*
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Angelika
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Re: Der Untergang des liturgischen Liedgutes

Beitrag von Angelika »

Benedictus hat geschrieben:Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht?
Ja, ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht.

Ich finde solche musikalisch gestalteten Gottesdienste meistens sehr schön ! :ikb_clap:

In unserer Gemeinde gibt es derartige Familiengottesdienste und hin und wieder spielt die Familienmusik-Band :ikb_band: (Hallo Tami :huhu: )
Auch mit Keyboard, Schlagzeug u.ä. und manchmal greift der Pfarrer sogar zur Trompete. 8)
(Natürlich wenn die Messe vom Kaplan zelebriert wird .... ;) )

Bei solchen Gottesdiensten ist richtig was los, die Stimmung mitreißend ... man könnte meinen, die Decke hebt ab. :ikb_clapping:

Und die Kirche ist rappelvoll bei den "normalen" Familiengottesdiensten. Wenn die Familienmusik spielt, dann platzt sie aus den Nähten. Das Hochamt danach ist entsprechend leerer.

Offenbar kommt so was an, nicht jeder "leidet" darunter. Ich finde es schlichtweg zum K***en, wenn eine bestimmte Art von Gottesdienst so in den Dreck gezogen wird. :sauer:
Wer bei sowas gleich den Untergang des liturgischen Liedgutes wittert, der hat keine Ahnung ! Solche Gottesdienste sind die Ausnahme (sogar bei uns ! ;D In anderen Gemeinden gibt's sowas äußerst selten.). Wem's nicht gefällt, der soll eine andere Messe besuchen und nicht über die Vorlieben anderer herziehen ! :ikb_boxed:

Und wenn man wirklich mal unwissentlich dazu kommt ... meine Güte, das ist doch kein Weltuntergang ! Das wird man doch mal aushalten ... :motz:

Wenn ich solche K********n hier lese, dann wird mir übel !
Seit einiger Zeit wird hier nur noch gemeckert, über alles und jeden ! Es scheint, als gäbe es in der katholischen Kirche gar nichts mehr, was Freude macht. :troll:

Wahrscheinlich trage ich mit diesem Posting auch zum Untergang des liturgischen Liedgutes oder eher des liturgischen Abendlandes bei. Aber das ist mir sch***-egal ! :joker:

Falls jemand noch nicht wusste, warum ich auf "away" geschaltet bin ... ich will mir meine Freude am Glauben nicht durch das ständige Gemecker verderben lassen !

Gruß
Angelika

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Robert Ketelhohn
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Re: Der Untergang des liturgischen Liedgutes

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Beichtkind hat geschrieben: :cry: :cry: :cry: :ikb_yucky: :ikb_wallbash: :ikb_thumbdown: :ikb_yucky: :ikb_band: :ikb_toot: :ikb_whistling: :ikb_taz: :ikb_taz: :ikb_wallbash: :sauer: :sauer: :sauer: :argue: :ikb_thumbdown: :ikb_chair: :cry: :cry: :cry:
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Linus hat geschrieben:… weil ich nicht auf Freimaurerbruderkette mitmach …
Gut, daß du drauf hinweist. Denn genau da kommt das her.
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Ecce Homo
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Re: Der Untergang des liturgischen Liedgutes

Beitrag von Ecce Homo »

Angelika hat geschrieben:In unserer Gemeinde gibt es derartige Familiengottesdienste und hin und wieder spielt die Familienmusik-Band :ikb_band: (Hallo Tami :huhu: )
Angelika, wenn es ein Familiengottesdienst ist, klar - keine Frage - oder auch beim Jugendgottesdienst. Aber die bringen das bei uns im normalen Hochamt, weil der Pfarrer findet (im Einklang mit dem PGR), dass die Gemeinde ([Punkt]) "mit der normalen Messfeier überfordert ist". Also muss alles möglichst anders gemacht werden.
Ein ausgeschriebener Familiengottesdienst kann ruhig eine derartige musikalische Gestaltung haben, warum auch nicht (trotzdem kann man dann Lieder aussuchen, die zu den unterschiedlichen Teilen im Gottesdienst passen, oder nicht?)?

Nur, wenn dann in dieser Gemeinde keine Alternative ist, dann werde ich kritisch!

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Angelika
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Beitrag von Angelika »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:… weil ich nicht auf Freimaurerbruderkette mitmach …
Gut, daß du drauf hinweist. Denn genau da kommt das her.
Und das Abendmahl kommt aus dem Mithras-Kult und die Marienverehrung vom Isis-Kult !

:mrgreen:

Ecce Homo
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Re: Der Untergang des liturgischen Liedgutes

Beitrag von Ecce Homo »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: Bild
Robert, danke für den Trost... :kiss:

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Angelika hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:… weil ich nicht auf Freimaurerbruderkette mitmach …
Gut, daß du drauf hinweist. Denn genau da kommt das her.
Und das Abendmahl kommt aus dem Mithras-Kult und die Marienverehrung vom Isis-Kult !

:mrgreen:
:D :D :D

Tja, wie sich die Argumentationen gleichen ...
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Benedictus
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Re: Der Untergang des liturgischen Liedgutes

Beitrag von Benedictus »

Beichtkind hat geschrieben:Aber die bringen das bei uns im normalen Hochamt, weil der Pfarrer findet (im Einklang mit dem PGR), dass die Gemeinde ([Punkt]) "mit der normalen Messfeier überfordert ist". Also muss alles möglichst anders gemacht werden.
Ein ausgeschriebener Familiengottesdienst kann ruhig eine derartige musikalische Gestaltung haben, warum auch nicht (trotzdem kann man dann Lieder aussuchen, die zu den unterschiedlichen Teilen im Gottesdienst passen, oder nicht?)?
Beichtkind, Du sprichst mir aus dem Herzen. Was mich vor allen Dingen aber stört ist die Tatsache, dass hier in vielen Pfarrgemeinden mit zweierlei Maß gemessen wird. Da sind zum einen die "gestalteten" Gottesdienste, die offenbar von der breiten Masse gutgeheißen werden und für die auch alle Mitglieder im PGR Feuer und Flamme sind. Wenn nun aber jemand einen Gottesdienst mit dem gregorianischen Choral nach dem Graduale Romanum gestalten möchte, so wird das gleich abgetan als reaktionär, als Zumutung für die Kirchenbesucher, die damit überfordert wären und die ja vor allen Dingen beim Gesang der Choralschola nicht mitsingen können. (Wobei ich es durchaus als sehr wohltuend empfinde, wenn man im Gottesdienst einmal dem meditativen Choralgesang lauschen darf). Leider ist es aber auch so (diese Erfahrung habe ich selber gemacht), dass es sehr schwierig ist, engagierte Scholasänger zu finden, die auch bereit sind, stimmlich an sich zu arbeiten um den Choral authentisch darzubieten. Allzuleicht wird dann aus dem ansich einstimmigen Choral doch ein "irgendwie" mehrstimmiger Gesang nach dem Motto, nicht schön, aber laut...

Ich habe vor einiger Zeit mal einen Gottesdienst erleben dürfen, der gesanglich ausschließlich von einer Männerschola gestaltet wurde, deren Mitglieder exzellente Stimmen hatten. Ein wunderschöner, absolut homogener Gesang. Leider ist diese Schola zu weit von meinem Wohnort entfernt, sonst würde ich dort glatt mitmachen.
Und obwohl in diesem Gottesdienst ausschließlich die Schola Lieder aus dem Graduale Romanum gesungen hat, hatte ich (und ich glaube auch keiner der anderen Kirchenbesucher) auch nur eine Sekunde das Gefühl, überfordert zu sein oder nicht genügend "mittun" zu dürfen.

Und was die angebliche (oder auch tatsächliche) Begeisterung vieler Menschen für die bandgestalteten Gottesdienste angeht, so habe ich mich neulich noch mit einem Leiter einer solchen Gruppe unterhalten, die bereits seit den 70er Jahren aktiv sind. Dieser klagte mir sein Leid, dass sie früher teilweise 4-6 Gottesdienst im Monat gespielt hätten und dann schon wegen der Belastung auf 2 Gottesdienste pro Monat reduziert hätten. Heute sind sie froh, wenn sie noch 4x im Jahr irgendwo spielen dürfen. Und das liegt sicherlich nicht daran, dass die Gruppe sich qualitativ verschlechtert hat, sondern einfach am zurückgegangenen Interesse allgemein. Oder wie er selbst sagte: "Mit einem Sakro-Pop-Gottesdienst reißt du heutzutage niemanden mehr vom Hocker"

Trotzdem geht insgesamt gesehen die Entwicklung mehr und mehr dazu hin, sich möglichst angenehme und "unterhaltsame" Gottesdienste zu schaffen. So ist es ja mittlerweile schon Standard, die zweite Lesung entfallen zu lassen, ein Schuldbekenntnis wird auch nicht mehr gesprochen und das Credo in der Regel durch ein Lied ersetzt.

Wer es mag, wer unbedingt beim Vaterunser allen die Hand reichen möchte oder wer lieber in eine Sakro-Pop-Messe geht - meinetwegen. Was ich aber bedauerlich finde ist die Tatsache, dass es für "die anderen", die ein anderes Liturgieverständnis haben immer schwieriger wird, einen Hafen zu finden. Und das beschränkt sich ja nicht alleine auf die Musikalische Seite des Gottesdienstes. Wer zur stillen Anbetung möchte, der muss sich schon gewaltig anstrengen, um eine Kirchengemeinde zu finden, wo soetwas noch regelmäßig möglich ist. Ebenso sieht es mit den Andachten aus (wenn ich überlege, wieviele Pfarrgemeinderatsmitglieder und auch Kapläne in unserer Gemeinde schon die ohnehin nur gelegentlich stattfindenden Sonntagsandachten kippen wollten...)

Insgesamt haben wir doch eine Entwicklung hin zum Angenehmen, zum Bequemen: Sonntagsmesse - schön und gut, aber dann wenigstens peppig-poppig. Andacht und Anbetung? Nee, lieber nicht, das ist doch nur was für alte Leute...

Insgesamt eine Entwicklung, die Grund zur Besorgnis bietet, wie ich meine. Denn was machen wir, wenn irgendwann Andacht und Anbetung abgeschafft sind und Sonntags im Wechsel entweder Kinder- Jugend- Familien- oder "normaler" Gottesdienst ist? (Keine Übertreibung, ich habe wirklich eine Gemeinde erlebt, wo sich die Sonntagsgottesdienste in dieser Form abwechseln!)

Benedictus

Stephen Dedalus
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Re: Der Untergang des liturgischen Liedgutes

Beitrag von Stephen Dedalus »

Benedictus hat geschrieben:Beichtkind, Du sprichst mir aus dem Herzen. Was mich vor allen Dingen aber stört ist die Tatsache, dass hier in vielen Pfarrgemeinden mit zweierlei Maß gemessen wird. Da sind zum einen die "gestalteten" Gottesdienste, die offenbar von der breiten Masse gutgeheißen werden und für die auch alle Mitglieder im PGR Feuer und Flamme sind. Wenn nun aber jemand einen Gottesdienst mit dem gregorianischen Choral nach dem Graduale Romanum gestalten möchte, so wird das gleich abgetan als reaktionär, als Zumutung für die Kirchenbesucher, die damit überfordert wären und die ja vor allen Dingen beim Gesang der Choralschola nicht mitsingen können.
Zum Thema Mitsingen möchte ich noch etwas anmerken, dann kaum wird soviel gelogen wie zu diesem Thema. Da heißt es dann, daß man dieses neue Zeug singen wolle, damit die Gemeinde fröhlich "mitsingen" könne. Das ist aber völliger Quatsch. Denn wie sieht die Realität aus?

Neulich habe ich es wieder erlebt. Ich war zu Besuch in München und nicht in der anglikanischen, sondern einer katholischen Messe. Es war vor dem WJT, d.h. in der Gemeinde war eine Gruppe frz. Jugendlicher zu Gast, somit wurde auch die musikalische Gestaltung der Messe dem Jugendkult geopfert. Das sah dann so aus, daß vorne eine Combo mit diversen Instrumenten aufmarschierte, angheizt von einer schätzungsweise 40-jährigen Frau mit enormer Begeisterung und entsprechenden Körperzuckungen. Diese sangen dann die "songs" mit Begeisterung. Schade nur, daß sonst keiner die Lieder kannte oder konnte. Der Gemeindegesang war entsprechend jämmerlich. Ich bin sonst wirklich ein guter Blattsänger, aber angesichts dieses jammervollen Tuns hielt sich auch meine Begeisterung in Grenzen. Ergebnis: 3 % der Gemeinde hatten Spaß, der Rest war außen vor. Wo darin der Fortschritt sein soll, ist mir wirklich nicht einsichtig.

Hätte man ordentliche Choräle mit Orgel gesungen, wäre das viel besser und sogar integrativer gewesen.

Gruß
Steve
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Angelika hat geschrieben:Und das Abendmahl kommt aus dem Mithras-Kult und die Marienverehrung vom Isis-Kult!
Nee, dieses aus sachlichen Gründen, jenes schon aus chronologischen nicht. Du kennst ja meine zahllosen Beiträge dazu … ;D

Die heute allenthalben vollführten Menschenketten, Ringelpieze und was da sonst noch an Händchen-halte-Kette-bilde-Ritualen geboten und gefordert wird, stammt dem Ursprung nach ganz zweifellos aus dem Ritual der Bruderkette in der freimaurerischen Tempelarbeit. Nicht, daß sich alle Beteiligten dessen bewußt wären. Nicht einmal viele Veranstalter oder Initiatoren. Dennoch wird untergründig die Ideologie des Ursprungs transportiert.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:… weil ich nicht auf Freimaurerbruderkette mitmach …
Gut, daß du drauf hinweist. Denn genau da kommt das her.
Die Freimauerer haben in ihren Ritualen so einiges von der Katholischen Kirche abgekupfert - heute übernimmt die Katholische Kirche ihrerseits Elemente aus freimaurerischen Ritualen. Das finde ich echt lieb und versöhnlich; schließlich wollen wir ja alle den Frieden, Dialog und Verbrüderung der Menschheit. Wir wollen alle aktiv am Tempel der Humanität mitarbeiten. Die Kettenbildung entspricht so richtig dem Bedürfnis nach allumfassender Ökumene (und Selbstauflösung).

Es paßt alles: Als man den NOM NOM schuf, nahmen u.a. sechs protestantische Geistliche an der wuderbaren Kreation teil - der Hauptredakteur war sogar ein richtiger, wichtiger Bruder - vielleicht waren sogar ein paar Katholiken mit von der Partie. Schade nur, daß dieser Kirche so viele zahlende Leute weglaufen, so daß demnächst ein Drittel der Kirchengebäude verhökert oder abgerissen werden muß.

Jojo
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Re: Der Untergang des liturgischen Liedgutes

Beitrag von Jojo »

Benedictus hat geschrieben:Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Und warum wird der Chroal so stiefmütterlich behandelt, während dieses unerträgliche Gitarrengeschrammel offensichtlich so hoch im Kurs steht?

Benedictus
Natürlich. Und ich frage mich, warum man immer noch nicht zur Besinnung gekommen ist. Gelegentlich stelle ich das fest: da pflegen die Pfarrer wieder verstärkt Liturgie und liturgische Erziehung der Leute. Das geht durchaus, ohne dass man sie überfordert.
Viele scheinen aber immer noch nicht gemerkt zu haben, dass diese Showveranstaltungen, gerade weil sie so "in" sein wollen, inzwischen hoffnungslos veraltet und lächerlich wirken.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Hin und wieder arbeite ich an sog. Besinnungstage mit Schülern/Schülerinnen der Jahrgangsstufen 10 bis 13 mit. Abschluß dieser Tage ist ein ökumenischer Gottesdienst, der von den Gruppenleitern (also ohne Priester oder Pastor) veranstaltet wird.

Bei den Vorbereitungen ist es immer so ein Problem(chen) "passende" Lieder zu finden; also Lieder, die einerseits zum Thema passen und andererseits von den Schülern/Schülerinnen auch gesungen werden können und jemanden zu finden, der dann auch noch diese Lieder auf der Gitarre o.ä. begleiten kann. Es wird dann ausschließlich NGL gesungen. - Aber das eher nebenbei.

Da es in den Gottesdiensten auch immer irgendwelche "Aktionen" gibt, benötigt man dafür dann gleichsam Hintergrundmusik, damit die Sache halbwegs ruhig abläuft.

Soviel als Vorbemerkung.


Ich hatte mal vorgeschlagen, daß ich als Hintergundmusik etwas auf der Orgel (also eine richtige Orgel, kein Keyboard oder sowas) spielen könnte: irgendein ruhiges Stück oder meinetwegen auch eine Improvisation auf ein zuvor gesungenes NGL.

Die Antwort, die ich von den übrigen Gruppenleitern bekam, hat mich sowohl überrascht als auch befremdet.
Man sagte mir: Orgel? Nein! Das geht nun bei Jugendgottesdiensten gar nicht! Das können wir nicht machen!

Die Folge ist, daß es dann entweder keine Hintergrundmusik gibt oder aber es wird irgendwas von CD eingespielt.

Ist es wirklich so, daß Orgelmusik (es muß ja auch nicht gerade Bach sein) von Jugendlichen als abschreckend empfunden wird?
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Jojo
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Beitrag von Jojo »

Juergen hat geschrieben:Ist es wirklich so, daß Orgelmusik (es muß ja auch nicht gerade Bach sein) von Jugendlichen als abschreckend empfunden wird?
Das ist m.E. nicht die Frage. Wahrscheinlich finden sie es nicht gut. Aber was finden denn Jugendliche schon gut außer Videospiele, Disco und "Abhängen"?
Es ist, denke ich, eine Frage der Erziehung. Man biedert sich der Jugend an, indem man sich auf ihr Level begibt. Damit tut man ihr vordergründig einen Gefallen, Motto: mach, was dir Spaß macht. Von fast food wird man nur auf die Dauer nicht satt.

Es ist wie in anderen Bereichen. Bildung, Stil, Geschmack, Entdeckung der Schönheit des Klassischen, Interessen jenseits primitiver Bedürfnisbefriedigung, das kommt nicht automatisch.
Die Pädagogik hat das nach dreißig Jahren Antiautoritätsdogmatik inzwischen wenigstens ansatzweise wieder eingesehen.
Bei den Katholiken braucht das noch eine Weile. Katholiken merken grundsätzlich alles erst fünfzig Jahre später :mrgreen:

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Die Ablehung kam von den anderen Mitarbeitern - nicht von Jugendlichen, die wurden dazu ja nicht befragt.

Es ging auch nicht darum, was für Musik erklingen sollte, sondern es war schlicht und einfach die Ablehung des Instruments als angeblich nicht "jugendgerecht" oder "jugendgottesdienstgerecht" oder wie man das nennen soll; jedenfalls hielt man das Instrument für unzumutbar.
Gruß Jürgen

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Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

Juergen hat geschrieben:Hin und wieder arbeite ich an sog. Besinnungstage mit Schülern/Schülerinnen der Jahrgangsstufen 10 bis 13 mit. Abschluß dieser Tage ist ein ökumenischer Gottesdienst, der von den Gruppenleitern (also ohne Priester oder Pastor) veranstaltet wird.

Bei den Vorbereitungen ist es immer so ein Problem(chen) "passende" Lieder zu finden; also Lieder, die einerseits zum Thema passen und andererseits von den Schülern/Schülerinnen auch gesungen werden können und jemanden zu finden, der dann auch noch diese Lieder auf der Gitarre o.ä. begleiten kann. Es wird dann ausschließlich NGL gesungen. - Aber das eher nebenbei.

Da es in den Gottesdiensten auch immer irgendwelche "Aktionen" gibt, benötigt man dafür dann gleichsam Hintergrundmusik, damit die Sache halbwegs ruhig abläuft.

Soviel als Vorbemerkung.


Ich hatte mal vorgeschlagen, daß ich als Hintergundmusik etwas auf der Orgel (also eine richtige Orgel, kein Keyboard oder sowas) spielen könnte: irgendein ruhiges Stück oder meinetwegen auch eine Improvisation auf ein zuvor gesungenes NGL.

Die Antwort, die ich von den übrigen Gruppenleitern bekam, hat mich sowohl überrascht als auch befremdet.
Man sagte mir: Orgel? Nein! Das geht nun bei Jugendgottesdiensten gar nicht! Das können wir nicht machen!

Die Folge ist, daß es dann entweder keine Hintergrundmusik gibt oder aber es wird irgendwas von CD eingespielt.

Ist es wirklich so, daß Orgelmusik (es muß ja auch nicht gerade Bach sein) von Jugendlichen als abschreckend empfunden wird?
Du, es gibt noch eine Sache, die "schlimmer" als Jugendgottesdienste (unter anderem auch in musikalischer Hinsicht) sind:
Theologengottesdienste, d.h. wenn Theologen (seien es nun GR oder PR; RL oder PH) aus welchem Grund auch immer (meistens beruflich) zusammenkommen und dann im Rahmen dieses Treffens auch Gottesdienst (welcher Art auch immer - meistens keine Messe :cry: ) feiern wollen.

Dann muss immer musikalisch eine Show veranstaltet werden (mit Band etc... ), weil alles andere anscheinend dazu nicht passt. Bei meiner Beauftragung im Dom des Bistums war es am Schlimmsten:
Von den 9 Liedern kannte ich 1 (in Worten: Eines!), die Liedblätter waren schlecht gedruckt, die Lieder darauf zu klein - man konnte es kaum lesen. Das hat aber eh nichts genutzt, weil sich die Band mit ihrem Vorsänger nicht an die Noten gehalten haben. D.h. der ganze Dom (knapp 800 Leute) hat geschwiegen, während vorne das Konzert gelaufen ist...
Zuletzt geändert von Ecce Homo am Sonntag 2. März 2008, 14:58, insgesamt 1-mal geändert.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Hm, ich war solchen Sachen, wie Bachs Orgelmusik, nie abhold, auch in der Teenagerzeit. Viele meiner Bekannten (auch Jüngeren als ich) auch.
Wann habe ich mir zum letzten Mal eine CD mit modernem Bim-Bim-Bams aufgelegt? *grübel*
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
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(D. Bonhoeffer)

Poliven
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Beitrag von Poliven »

Wenn die Kirche sich zu sehr an die Jugend anpasst verliert sie nach und nach - ob sie will oder nicht - an Glaubensgut

Bald geht man dann nur noch in die Kirche wenn Elton John persönlich auftritt. Ich finde es allein schon eine Schande für die katholische Kirche das Katholiken solche Partys ( wie will man es inzwischen auch sonst nennen ? ) gut heißen.

es kommt - Musik Tanz Heiterkeit
es geht - Gebet Würde Ehrfurcht eben alles was in des Menschen Augen ( oder sollte man sagen des Tors Augen ? ) ( Angelika zitier ) "zum kotzen" ist.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Wenn die Kirche dem Zeitgeist hinterherhechelt, wird sie den Anschluß verlieren. Gottesdienste sind keine Unterhaltungsveranstaltungen. Gottesdienst ist Dienst. Wenn man Jugentliche überzeugend fordert, herausfordert, dann sind sie eher bereit etwas von sich aus zu leisten. Jugendliche spüren, ob man glaubt oder ob man nur vorgibt zu glauben. Sie durchschauen meist die Unaufrichtigkeit und die Lüge. Glaubensschwache, Verzagte und Verunsicherte können die christliche Botschaft nicht tradieren.

Poliven
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Beitrag von Poliven »

Wenn die Kirche dem Zeitgeist hinterherhechelt, wird sie den Anschluß verlieren.
hätte sie besser ihren anschluss verloren. Denn es ist besser mit ein Arm in den Himmel zu kommen als mit beiden in die Hölle.

;D

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Poliven hat geschrieben:
Wenn die Kirche dem Zeitgeist hinterherhechelt, wird sie den Anschluß verlieren.
hätte sie besser ihren anschluss verloren. Denn es ist besser mit ein Arm in den Himmel zu kommen als mit beiden in die Hölle.

;D
Sie hat ihn verloren; trotzdem rennt sie hinterher und verliert dabei an Substanz. Das wird sich ändern, wenn die 68-er, die Lehmanns, Kamphausens & Co. verschwunden sind. Innerhalb des jüngeren Klerus gibt es einen Trend zur Tradition. Das läßt hoffen.

Jojo
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Beitrag von Jojo »

Juergen hat geschrieben:Die Ablehung kam von den anderen Mitarbeitern - nicht von Jugendlichen, die wurden dazu ja nicht befragt.

Es ging auch nicht darum, was für Musik erklingen sollte, sondern es war schlicht und einfach die Ablehung des Instruments als angeblich nicht "jugendgerecht" oder "jugendgottesdienstgerecht" oder wie man das nennen soll; jedenfalls hielt man das Instrument für unzumutbar.
Vielleicht sollte man dann den jungen Leuten wieder mehr zumuten/zutrauen. Dürfte natürlich der steinigere, aber auch der lohnendere Weg sein. Geige spielen lernen ist auch steiniger als sich vom Walkman zududeln zu lassen, aber am Ende befriedigender.
M.E. ist das eine Frage der Geduld und der richtigen Hinführung. Man müsste halt mal wirklich ernst machen mit der abgestandenen Phrase vom "Abholen der Leute dort, wo sie stehen". De facto holt man sie ja nicht ab, man setzt sich dazu und bleibt dort sitzen. Wozu die Anstrengung auf den Berg zu steigen, lieber in der Dorfkneipe im Tal gemütlich ein Bier trinken.
So lange natürlich niemand da ist, der abholt, sprich: die Mitarbeiter dazu weder einsichtig noch dazu in der Lage sind (weil selbst nie die lohnende Erfahrung des Gipfelpanoramas gemacht?), ein ausichtsloses Unterfangen. Vielleicht auch letztlich der uneingestandene Jugendlichkeitswahn der Mitarbeiter selbst. Anerkennung bringt das natürlich nicht. Weder für einen selbst noch für die Sache. Soweit mir bekannt, ist nichts abschreckender auf Jugendliche als ältere Semester, die auf jugendlich machen)

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

*hust* *hust*
Verzeihung, hab wohl eine Gräte geschluckt.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

Wise Guy
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Beitrag von Wise Guy »

na das ist ja ein bunter Kessel Mischmasch:

1. Instrument: Die Orgel ist DAS Instrument der Kirche. Seit einigen Hundert Jahren, das war natürlich nicht immer und muss auch nicht so bleiben. 95% aller Gottesdienste, von denen ich weiß werden mit der Orgel begleitet. 1% finden a cappella statt und bei 2 % ist es ein "Flötenorchester". Da bleiben noch 3 % für die Bands. Nicht wirklich viel. Da lohnt der Ärger kaum.
Es ist natürlich schade, wenn dann der Vortrag der Bands zu konzertant ist und keiner mitsingen kann, weil niemand die Lieder kennt. Wobei ich mich frage, warum keiner der hier diskutierenden sich darüber aufregt, Bach´s h-moll nicht mitsingen zu können (mal abgesehen davon dass die Musik natürlich qualitativ besser ist).
2. Der Musikgeschmack "der" Jugend
Das gibt es ja heute gar nicht mehr. Und ob "der" Musikgeschmack der Alten, das wäre ja genauso pauschalisiert, der Musikantenstadt und Co, qualitativ besser ist, wage ich zu bezweifeln.
3. Von Theologen gestaltete Gottesdienste
Die Theologen, die ich kenne, sind durchaus Argumenten aufgeschlossen. Also: Mund aufmachen, mitvorbereiten. Priester sind übrigens auch Theologen.
4. Die Jugendlichen, die Menschen da abholen wo sie stehen...
Kardinal Frings, durchaus kein Modernist, hat von der Geh-Hin-Kirche gesprochen. Dazu gehört m.E. auch, sich ernsthaft für die Musik der Jugendlichen zu interessieren und zu überlegen, welchen Platz sie im Gottesdienst finden kann. Die Orgel wäre nie in die Kirche gekommen, wenn sie nicht modern und beliebt gewesen wäre. Natürlich müssen sich auch NGL-Komponisten fragen lassen, ob sie wirlich moderne Lieder schreiben, oder in den 80´gern stehen geblieben sind.
5. Konserve oder Original
Da würde ich im Zweifel immer dem Original den Vorzug geben und natürlich ist Orgel auch Jugendlichen zumutbar. Wobei nicht jedes NGL Stück auf der Orgel gespielt auch gut klingt.
6. Der Zeitgeist ...
na das ist so grundsätzlich, um da Extreme zu vermeiden möchte in Gaudium et spes erinnern: "Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute ... sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi." Da ist ein ernsthaftes Bemühen gefragt, Jugendliche, und auch ihre Musik zu verstehen. Darum geht´s, nicht um Anbiederei.
Es ist nicht so wichtig etwas über Gott zu wissen, sondern ihn zu kennen. (Rahner)

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Wise Guy hat geschrieben:5. Konserve oder Original
Da würde ich im Zweifel immer dem Original den Vorzug geben und natürlich ist Orgel auch Jugendlichen zumutbar. Wobei nicht jedes NGL Stück auf der Orgel gespielt auch gut klingt.
Da gebe ich Dir recht. Die meisten Lieder des NGL lassen nicht wirklich gut auf der Orgel begleiten; wenngleich es einige gibt, die sich auf der Orgel m.E. sogar besser anhören (z.B. "Von guten Mächten").

Aber in dem von mir geschilderten Fall ging es ja nicht um die Liedbegleitung.
Es ging darum was: für Musik soll im Hintergrund erklingen, wenn im Godi weder gesprochen noch gesungen wird?

Da war die Frage Orgel oder Konserve? Man hat sich für die Konserve entschieden.
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ewald hat geschrieben:… wenn die 68-er, die Lehmanns, Kamphausens & Co. verschwunden sind
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