Schwierige Bedingungen für Kirchenmusiker

Von Orgelpfeifen, Zimbelspielern und Kantoren.
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cantus planus
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Beitrag von cantus planus »

Gestern erst habe ich diesen wunderbar kritischen und zugleich hoffnungsvollen Artikel gefunden: Sinfonia Sacra: Musikalischer Geist außer Gebrauch.

Wunderbar, dass hier ein fachkundiger Mensch klarstellt, dass das II. Vaticanum - trotz aller gegenteiligen Beteuerungen und vieler wunderbarer Worte über die musica sacra - de facto das Ende der Kirchenmusik eingeläutet hat.

Ebenso schön ist es, dass es noch Menschen gibt, die sich an den immensen Schatz der Kirchenmusik erinnern, und sich für seine Bewahrung und Förderung einsetzen.
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Maurus
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Beitrag von Maurus »

cantus planus hat geschrieben:Gestern erst habe ich diesen wunderbar kritischen und zugleich hoffnungsvollen Artikel gefunden: Sinfonia Sacra: Musikalischer Geist außer Gebrauch.

Wunderbar, dass hier ein fachkundiger Mensch klarstellt, dass das II. Vaticanum - trotz aller gegenteiligen Beteuerungen und vieler wunderbarer Worte über die musica sacra - de facto das Ende der Kirchenmusik eingeläutet hat.

Ebenso schön ist es, dass es noch Menschen gibt, die sich an den immensen Schatz der Kirchenmusik erinnern, und sich für seine Bewahrung und Förderung einsetzen.
Ich finde es etwas merkwürdig, dass er kein Wort darüber verliert, dass die Musik erst seit dem II. Vatikanum überhaupt Teil der Liturgie ist. Stattdessen schreibt er: "Zugleich werden alle Liturgen und Gläubigen im gemeinsamen
Singen der Liturgie an ihr direkt, „aktiv“, beteiligt." Im alten Ritus aber singt der Zelebrant das Ordinarium nicht. Er betet es am Altar. und wenn er fertig ist, dann setzt er sich im levitierten Amt auf seinen Sitz, während das Volk bzw der Chor seine liturgisch völlig bedeutungslose gesangliche Darbietung beendet.

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Linus
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Beitrag von Linus »

Maurus hat geschrieben: Ich finde es etwas merkwürdig, dass er kein Wort darüber verliert, dass die Musik erst seit dem II. Vatikanum überhaupt Teil der Liturgie ist. Stattdessen schreibt er: "Zugleich werden alle Liturgen und Gläubigen im gemeinsamen
Singen der Liturgie an ihr direkt, „aktiv“, beteiligt."



Ha? Gregorianik ist von vorn bis hinten Liturgie. Gut, wenn später die Fehlentwicklung da die Zelebration dort die Orchestrierte Messe platz gefunden hat ist das bedauerlich.
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taddeo
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Beitrag von taddeo »

Linus hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Ich finde es etwas merkwürdig, dass er kein Wort darüber verliert, dass die Musik erst seit dem II. Vatikanum überhaupt Teil der Liturgie ist. Stattdessen schreibt er: "Zugleich werden alle Liturgen und Gläubigen im gemeinsamen
Singen der Liturgie an ihr direkt, „aktiv“, beteiligt."



Ha? Gregorianik ist von vorn bis hinten Liturgie. Gut, wenn später die Fehlentwicklung da die Zelebration dort die Orchestrierte Messe platz gefunden hat ist das bedauerlich.
Aufpassen, Linus, von welcher Epoche der Kirchen-, Liturgie- und Kirchenmusikgeschichte Du gerade sprichst!
Als die Gregorianik entstand, war sie sicherlich selber Liturgie. Im sog. "Tridentinischen" Ritus hingegen ist jede Kirchenmusik nur ein - zwar verschönerndes und die Herzen erhebendes - Akzidenz, selbst der Gregorianische Choral! Sonst müßte nicht der Celebrans selbst dann das komplette Ordinarium und Proprium noch beten, wenn alles fein säuberlich und korrekt choraliter gesungen wird.
Daß das seit dem II. Vaticanum wieder anders gesehen wird, hat der Kirchenmusik nur wieder den Rang gegeben, den sie schon früher besaß, nämlich den als selbständiger und notwendiger Teil der feierlichen Liturgie.
(Die Mißstände der heutigen Kirchenmusik stehen hingegen auf einem ganz anderen Blatt, die will ich hier nicht ausbreiten.)

Musikalisch war früher vielleicht manches besser, allerdings kennen wir heute meist nur noch das (halbwegs oder wirklich) Gute, das die vergangenen Jahrzehnte überdauert hat, und übersehen dabei die Unmengen an musikalischem Schund, die es trotz oder gerade wegen der "tridentinischen" Musikauffassung früher auch gegeben hat. Aber es grenzt schon an ignorante Böswilligkeit, wenn man für die theologische Qualifizierung der Kirchenmusik die Epoche der "Tridentinischen Liturgie" als Vorbild hinstellt.

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Maurus
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Beitrag von Maurus »

taddeo hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Ich finde es etwas merkwürdig, dass er kein Wort darüber verliert, dass die Musik erst seit dem II. Vatikanum überhaupt Teil der Liturgie ist. Stattdessen schreibt er: "Zugleich werden alle Liturgen und Gläubigen im gemeinsamen
Singen der Liturgie an ihr direkt, „aktiv“, beteiligt."



Ha? Gregorianik ist von vorn bis hinten Liturgie. Gut, wenn später die Fehlentwicklung da die Zelebration dort die Orchestrierte Messe platz gefunden hat ist das bedauerlich.
Aufpassen, Linus, von welcher Epoche der Kirchen-, Liturgie- und Kirchenmusikgeschichte Du gerade sprichst!
Als die Gregorianik entstand, war sie sicherlich selber Liturgie. Im sog. "Tridentinischen" Ritus hingegen ist jede Kirchenmusik nur ein - zwar verschönerndes und die Herzen erhebendes - Akzidenz, selbst der Gregorianische Choral! Sonst müßte nicht der Celebrans selbst dann das komplette Ordinarium und Proprium noch beten, wenn alles fein säuberlich und korrekt choraliter gesungen wird.
Daß das seit dem II. Vaticanum wieder anders gesehen wird, hat der Kirchenmusik nur wieder den Rang gegeben, den sie schon früher besaß, nämlich den als selbständiger und notwendiger Teil der feierlichen Liturgie.
(Die Mißstände der heutigen Kirchenmusik stehen hingegen auf einem ganz anderen Blatt, die will ich hier nicht ausbreiten.)
Bezüglich der Missstände hat er ja vermutlich recht. Insbesondere diese Arbeitshilfe ist ein Witz. Erstens wegen ihres Inhalts und zweitens weil sich die Bischöfe nicht daran halten, jedenfalls nicht in den Kathedralen, in denen ich schon Messen mitgefeiert habe (Mainz, Limburg, Trier, Speyer, Fulda). Hier im Mainzer Dom wird bei jedem Pontifikalamt Choral gesungen, das Ordinarium ist eine mehrstimmiges Werk auf Latein. Selbst bei den Stiftsämtern ist es meistens so, in der Ferienzeit wird mal die Choralmesse "De Angelis" oä genommen. Etwas anderes sind natürlich die übrigen Messen am Sonntag, aber das werden auch vor 1970 ja nicht alles Choralämter gewesen sein. Es bleibt also schleierhaft, warum es überhaupt ein solches Papier gibt.

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cantus planus
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Beitrag von cantus planus »

Maurus hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Gestern erst habe ich diesen wunderbar kritischen und zugleich hoffnungsvollen Artikel gefunden: Sinfonia Sacra: Musikalischer Geist außer Gebrauch.

Wunderbar, dass hier ein fachkundiger Mensch klarstellt, dass das II. Vaticanum - trotz aller gegenteiligen Beteuerungen und vieler wunderbarer Worte über die musica sacra - de facto das Ende der Kirchenmusik eingeläutet hat.

Ebenso schön ist es, dass es noch Menschen gibt, die sich an den immensen Schatz der Kirchenmusik erinnern, und sich für seine Bewahrung und Förderung einsetzen.
Ich finde es etwas merkwürdig, dass er kein Wort darüber verliert, dass die Musik erst seit dem II. Vatikanum überhaupt Teil der Liturgie ist. Stattdessen schreibt er: "Zugleich werden alle Liturgen und Gläubigen im gemeinsamen
Singen der Liturgie an ihr direkt, „aktiv“, beteiligt." Im alten Ritus aber singt der Zelebrant das Ordinarium nicht. Er betet es am Altar. und wenn er fertig ist, dann setzt er sich im levitierten Amt auf seinen Sitz, während das Volk bzw der Chor seine liturgisch völlig bedeutungslose gesangliche Darbietung beendet.
Diese Trennung (oder besser: Doppelung) zwischen dem leisen Gebet des Zelebranten und dem eigentlichen Gesang ist eine spätere Fehlentwicklung in der Außerordentlichen Form, die zu beseitigen wäre. Bei manchen Messen heutzutage hätte ich allerdings ein besseres Gefühl, wenn der Zelebrant die Texte mitbeten würde...

Ob sich die Stellung der musica sacra seit dem II. Vaticanum verbessert hat, möchte ich mal in Frage stellen. Ein Großteil der jahrhundertealten Werke sind plötzlich nicht oder nur unter großen Kompromissen verwendbar, nach dem Konzil gibt es kaum noch qualitätsvolle Neukompositionen, das als "neu" gepriesene NGL befriedigt - bis auf wenige erfreuliche Ausnahmen - nicht. Dass sich die theologische Stellung der Kirchenmusik deutlich verbessert hat, ist keine Frage. In der Praxis ist allerdings das exakte Gegenteil eingetreten.

Ich versteige mich sogar zu den Aussage, dass es in gut 1.900 Jahren Kirchengeschichte nie einen so gründlichen Kulturvandalismus gegeben hat, wie in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Bisher wurde die katholische Kultur mehr oder weniger von außen beeinflusst oder bedrängt (Bildersturm, etc.). Diesmal waren wir es selbst. Und die Folgen sind in ihrer ganzen Tragweite überhaupt erst zu erahnen.

Es ist ja bezeichnend, dass sich eine große Zahl von Kulturschaffenden, die mit der Kirche direkt nie etwas zu tun hatten, wiederholt verblüfft gezeigt hat, wie respektlos und unsensibel die Kirche ihr großartiges Erbe verschleudert. Das sollte uns zu denken geben!
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