Konfessionslos

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
Benutzeravatar
Lutheraner
Beiträge: 3914
Registriert: Donnerstag 9. November 2006, 10:50

Konfessionslos

Beitrag von Lutheraner »

Ich bin seit heute offiziell konfessionslos. Ein komisches Gefühl für einen bekennenden Christen und Lutheraner. Ich wollte noch am Standesamt, nachdem ich die Nummer gezogen hatte, weglaufen, aber ich konnte mich überwinden es durchzuziehen. Es tut trotz allem sehr weh, aber zu diesem Laden zu gehören, tat noch viel mehr weh.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

sofaklecks
Beiträge: 2776
Registriert: Sonntag 28. Mai 2006, 16:29

Weisst, was kommt?

Beitrag von sofaklecks »

Weisst du, was jetzt kommt?

Ab jetzt springt dich bei jeder unpassenden Gelegenheit das Heimweh an wie ein böses Tier.

Was meinst du, wie es gerade einem Katholiken geht?

Aber wer kann seine erste Liebe vergessen?

sofaklecks

Benutzeravatar
songul
Beiträge: 1759
Registriert: Freitag 28. Dezember 2007, 18:47

Re: Konfessionslos

Beitrag von songul »

Tipp=Happy welcome to Orthodoxy! :breitgrins:
(Scherz).

LG Songul :narr:

Benutzeravatar
holzi
Beiträge: 7882
Registriert: Montag 28. November 2005, 15:00
Wohnort: Regensburg

Re: Konfessionslos

Beitrag von holzi »

Lutheraner hat geschrieben:Ich bin seit heute offiziell konfessionslos. Ein komisches Gefühl für einen bekennenden Christen und Lutheraner. Ich wollte noch am Standesamt, nachdem ich die Nummer gezogen hatte, weglaufen, aber ich konnte mich überwinden es durchzuziehen. Es tut trotz allem sehr weh, aber zu diesem Laden zu gehören, tat noch viel mehr weh.
Und wo wirst du dann dabei sein? Bei der SELK?

Aletheia
Beiträge: 944
Registriert: Mittwoch 8. Oktober 2008, 09:34

Re: Konfessionslos

Beitrag von Aletheia »

Lutheraner hat geschrieben:Ich bin seit heute offiziell konfessionslos. Ein komisches Gefühl für einen bekennenden Christen und Lutheraner. Ich wollte noch am Standesamt, nachdem ich die Nummer gezogen hatte, weglaufen, aber ich konnte mich überwinden es durchzuziehen. Es tut trotz allem sehr weh, aber zu diesem Laden zu gehören, tat noch viel mehr weh.
Versteh ich nicht? Entweder du bist "bekennender Christ" und Lutheraner, dann kannst du nicht "konfessionslos" sein oder "deine" Konfession passt nicht in den großen Karton, äh Laden "Kirche" - da muss man aber nicht austreten.
Leiden an der Kirche ist heilbar. Es ist auch ein sehr überflüssiges Leiden.

Hier habe ich noch einen schönen Vortrag dazu:
http://www.theol.unibe.ch/alumni/docume ... nemann.pdf
Und hier das entsprechende Zitat
Übergänge vom Suchen hin zum Finden und weiter zum Verlieren gehören zur
theologischen Identität. Es liegt viel Weisheit darin, dass die Veranstalter des Alumni­
Tages das Verlieren von theologischer Identität ans Ende und nicht an den Anfang
des Themas gesetzt haben. Denn die Frage, die uns am meisten auf den Nägeln
brennt, stellt sich dann, wenn wir den Verlust von theologischer Identität spüren.
Niemand wünscht ihn herbei. Aber was tun, wenn es gegen den eigenen Wunsch
und Willen doch dazu kommt? Wenn der Fall eintritt, kann man manches falsch
machen. Dass man es aber auch richtig machen kann, möchte ich zum Schluss mit
den Worten des Schweizer Journalisten Hans Conrad Zander ausdrücken, der einen
3
kleinen Essay über die richtige Art, den Glauben zu verlieren, geschrieben hat.
Für die sieben Verhaltensregeln, die Zander aufstellt, lässt er sich von keinem
Geringeren als dem Kirchenvater Thomas von Aquin inspirieren, der in seiner
Theologischen Summe Ratschläge für Menschen erteilt, die einen grossen Verlust
4
erlitten haben. Zweifellos ist der Verlust des Glaubens bzw. eine religiöse
Lebenskrise ein schmerzhaftes Erlebnis. Dasselbe gilt, so meine ich, auch für den
Verlust der theologischen Identität. Zanders erste Regel lautet: „Im Falle einer
religiösen Lebenskrise gehen wir ausgiebig, regelmässig und genussreich schlafen.“
Regel 2: „Im Falle einer religiösen Lebenskrise gehen wir recht häufig ins
Schwimmbad oder in die Sauna.“ Nach Regel 3 „essen wir ausgezeichnet und
trinken ausgesuchte Weine“. Danach folgt die nach Konfession differenzierte Regel
4: „Im Falle einer religiösen Krise überlassen wir uns, falls wir katholisch sind, dem
lösenden Fluss der Tränen. Falls wir evangelisch erzogen sind, versuchen wir
wenigstens, ein bisschen zu seufzen.“ Daran schliesst sich in Regel 5 der Rat an,
unsere Freunde zu besuchen, ihnen unsere Sorgen zu klagen und ihr Mitleid
ungeniert zu geniessen, und nach Regel 6 „hüten wir uns vor sexuellen Nöten und
Strapazen.“ Die letzte und in unserem Zusammenhang vielleicht wichtigste Regel
lautet: „Wenn wir unsere religiöse Überzeugung verloren haben, dann hüten wir uns
davor, sie gleich durch eine andere Überzeugung zu ersetzen. Wir versuchen,
wenigstens eine Weile ohne sie auszukommen.“
Zander schliesst sein ‚Regelwerk’ mit einem Gedanken, den er dem Heiligen
Johannes vom Kreuz, einem Karmeliter Mönch, verdankt. Dieser war der Ansicht,
dass der Verlust der religiösen Gewissheit keineswegs eine Art Unfall sei, der einem
gläubigen Menschen wenn möglich nicht passieren sollte. Vielmehr sei er etwas
Gesundes, ja Notwendiges; denn nur ein Mensch, der seine hergebrachten
religiösen Gewissheiten verloren habe, sei fähig zum Kontakt mit dem lebendigen
Gott.
Leider ist das Buch von Zander noch nicht wieder aufgelegt - aber es soll sehr empfehlenswert sein :doktor:

Benutzeravatar
Lutheraner
Beiträge: 3914
Registriert: Donnerstag 9. November 2006, 10:50

Re: Weisst, was kommt?

Beitrag von Lutheraner »

sofaklecks hat geschrieben:Weisst du, was jetzt kommt?

Ab jetzt springt dich bei jeder unpassenden Gelegenheit das Heimweh an wie ein böses Tier.
Das glaube ich. Mir ist heute Nachmittag schon deshalb kurz mal schlecht geworden. Aber wat mut dat mut.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

regina 32
Beiträge: 568
Registriert: Donnerstag 12. Juni 2008, 17:49

Re: Konfessionslos

Beitrag von regina 32 »

Lutheraner hat geschrieben:Ich bin seit heute offiziell konfessionslos. Ein komisches Gefühl für einen bekennenden Christen und Lutheraner. Ich wollte noch am Standesamt, nachdem ich die Nummer gezogen hatte, weglaufen, aber ich konnte mich überwinden es durchzuziehen. Es tut trotz allem sehr weh, aber zu diesem Laden zu gehören, tat noch viel mehr weh.
Wahrscheinlich hab ich die letzten Tage einfach nicht gut genug mitgelesen, aber wärst Du eventuell so lieb und schreibst (oder verweist) auf deine Gründe

Danke

Dir viel Kraft in nächster Zeit

Benutzeravatar
Meißner
Beiträge: 79
Registriert: Montag 23. Juni 2008, 15:56

Re: Konfessionslos

Beitrag von Meißner »

.... aber zu diesem Laden zu gehören, tat noch viel mehr weh.
:traurigtaps:
verstehe ich irgendwie und hoffe, das Leiden weiterhin ertragen zu können, denn so eine rechte Alternative stellt sich mir nicht dar. Wo wirst Du nun Zuflucht suchen?
κύριε ἐλέησον

Paul Heliosch
Beiträge: 1615
Registriert: Samstag 15. Dezember 2007, 11:52

Re: Konfessionslos

Beitrag von Paul Heliosch »

Hallo Luthi, über Deinen Schritt bin ich wirklich sehr überrascht. Noch überraschter jedoch bin ich, daß Du den Thread in die "Klausnerei" gestellt hast... Gibt es einen Grund, warum Du ihn nicht ins "Oratorium" (Besondere Nachfolge) gestellt hast (...oder ist das einfach nur eine blöde Frage) :roll: ?

Benutzeravatar
Petur
Beiträge: 2438
Registriert: Freitag 29. Dezember 2006, 21:57
Wohnort: Ungarn

Re: Konfessionslos

Beitrag von Petur »

Lutheraner hat geschrieben:Ich bin seit heute offiziell konfessionslos.
Aber nur scheinbar. In Wirklichkeit gehörst Du auch jetzt der ev.-luth. "Sektion" der Kirche Christi, nicht wahr?

Benutzeravatar
LaudaSion
Beiträge: 314
Registriert: Donnerstag 2. August 2007, 09:47
Wohnort: Erzbistum Berlin

Re: Konfessionslos

Beitrag von LaudaSion »

Lieber Luthi,
auch mich interessieren Deine Gründe sehr!
Bereitest Du Dich etwa auf die Aufnahme in die katholische Kirche vor? :blinker:

Auch ich war genau 2 Monate konfessionslos im Rahmen meiner Konversion (ehemals ebenfalls Lutheraner, jetzt immer überzeugterer Katholik) und in der Tat ist es ein eigenartiges Gefühl!
Domine, labia mea aperies,
et os meum annunciabit laudem tuam!

obsculta
Beiträge: 2300
Registriert: Sonntag 7. September 2008, 22:16

Re: Konfessionslos

Beitrag von obsculta »

Lieber Lutheraner

dieses Gefühl habe ich auch noch in Erinnerung,als
ich damals im Rahmen der Konversion aus der
evangelischen Kirchae ausgetreten bin.
Es war alles klar,alles tausendmal durchdacht,aber
als ich an dem Tag vom Amtsgericht kam und alles
unter Dach und Fach war,hatte ich ein ganz
unheimliches Gefühl,so als sei ich völlig nackt.
Glücklicherweise mußte ich diesen Status nur
zwei Wochen ertragen.
Wo immer Dein Weg hingeht,ich wünsche Dir
Gottes Segen dabei.

LG obsculta

Benutzeravatar
Petur
Beiträge: 2438
Registriert: Freitag 29. Dezember 2006, 21:57
Wohnort: Ungarn

Re: Konfessionslos

Beitrag von Petur »

In den meisten Ländern der Welt ist dieser Kirchenaustritt "deutscher Art", der mit Theologie und Kirchenrecht nicht zu tun hat und bloss ein Akt des öffentlichen Rechts ist, absolut unbekannt. Ein derartiger Austritt ist kein wirklicher Austritt.

Johaennschen
Beiträge: 568
Registriert: Sonntag 23. September 2007, 00:08

Re: Konfessionslos

Beitrag von Johaennschen »

Lutheraner hat geschrieben:Ich bin seit heute offiziell konfessionslos. Ein komisches Gefühl...
Noch komischer ist das Gefühl, wenn Du plötzlich sowas lesen mußt! :breitgrins:
Was ist denn los? :hae?: Warum? :achselzuck: Weshalb? :hae?: Was soll denn das? :hmm:
Nun sag schon, was ist nur passiert?!? :auweia:
Es gibt keine Dummheit, an die der moderne Mensch nicht imstande wäre zu glauben, sofern er damit nur dem Glauben an Christus ausweicht.
Nicolás Gómez Dávila

Benutzeravatar
Clemens
Beiträge: 3581
Registriert: Dienstag 2. Oktober 2007, 18:16
Wohnort: Bayern

Re: Konfessionslos

Beitrag von Clemens »

Es gibt ja Leute, die treten des Papstes wegen aus der evangelischen Kirche aus :roll: - aber bei dir liegen gewiss andere Gründe vor.

Ich vermute, dass ich sie alle nachfühlen könnte:
die Verzweiflung über die Kirchenleitungen und ihre offene Abkehr vom Evangelium und dem nur noch theoretisch gültigen Bekenntnis,
die offen geförderten Irrlehren (Feminismus, Homosexualismus, "billig-Ökumenismus", ...)

Spannend für mich auch die Frage: wohin sonst, sollte "Lutheraner" gehen?

Benutzeravatar
Lioba
Beiträge: 3664
Registriert: Dienstag 6. Januar 2009, 19:46

Re: Konfessionslos

Beitrag von Lioba »

Na dann oute ich mich mal- mir geht´s zur Zeit genauso. Ich habe einen ziemlich langen Irrweg hinter mir- wobei ich sagen muss, dass ich von meiner Glaubenshaltung her durch und durch lutherisch bin. Als kind lebte ich als Evangelische in einer - sympathisch - katholischen Umgebung.
wir waren gut evangelisch, aber bitte nicht zu fromm. Frömmigkeit in positiver form, Gebet, Gespräche über Gott bekam ich nur bei Katholiken. Unsere Ortskirche war damals schon liberal- aussagenlos. als Teenie hatte ich eine kurze wilde Phase, in der ich ertst mal alles über Bord warf. Dann kam ich über eine Klassenkameradin in eine freikirchliche Jugendgruppe. Ich muss sagen, dass ich dort viel Gutes bekam. zum ersten mal standen wirklich Glaubensfragen im Mittelpunkt, ich wurde als Mensch und mit meinen religiösen Fragen wahrgenommen, was ich sonst nur bei meinen katholischen Lehrerinnen und einigen Ordensschwestern erlebt hatte. Von daher kann ioch zum Beispiel Bernis Glaubenszeugnis gut nachvollziehen. Wäre alles ganz okay gewesen, aber der damalige Prediger war so ein ganz eifriger, der unbedingt auch bei den bereits Getauften eine glaubenstaufe wollte. Danach kam für mich ein halbes Jahr Hölle und das meine ich ernst.
Ich habe mich durch Berge von Literatut über Taufe durchgelesn, habe nich die die Hälfte davon theoretisch verstanden und in meinem inneren Aufgewühltsein nichts wirklich verarbeiten können.
Kurzfristig versuchte ich noch mal in der Landeskirche Anschluss zu finden, aber da war für mich nur ein leeres Gebäude. Das, woran ich mich immer noch gehalten hatte wie einst Luther- ich bin getauft auf deinen Namen war für falsch erklärt worden. es gab wirklich Momente in denen ich an Selbstmord dachte.
Der Knackpunkt war wohl, dass ich im innersten nie das sakramentale Taufverständnis verlassen hatte, während von aussen die Argumente des Glaubenszeugnisses durch die Taufe mich drückten.
ende vom Lied- ich liess mich taufen, letztlich weil es weit und breit keine wirklich lebendige Landeskirche gab.Der grosse Tag kam, ich brachte es hinter mich. von Freude und Wachstum im Glauben- wovon die anderen sprachen, merkte ich nichts. Ich war integrierter- aber nicht im Innersten verbundener mit Gott. die nächsten Jahre waren von der Freikirche geprägt, aber es war nie meine Kirche, die dort hauptsächlich gepredigte calvinistische Lehre nie meine Überzeugung.
Es gab dann eine Phase in der ich später noch einmal in einer sehr guten landeskirchlichen Gemeinde Fuss fassen konnte- ich war nie rechtlich ausgetretern, ebenso inden Anfangszeiten meiner Ehe, aber es war beide Male das gleiche, kaum waren alte Pfarrer im Ruhestand und gute junge Nachfolger erfolgreich vergrault ging es den Bach runter. Die Freikirchen waren wie gehabt, lieb, bemüht euin bisschen engstirnig und einschichtig und letztlich kein Zuhause. aus der kirche bin ich nun auch offiziell ausgetreten und halte im moment diese Kirchenlosigkeit aus. bitter waren für mich Äusserungen aus freigemeindlicher Ecke- einzelne nicht die Mehrheit- ich sei vom Glauben abgefallen.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

Aletheia
Beiträge: 944
Registriert: Mittwoch 8. Oktober 2008, 09:34

Re: Konfessionslos

Beitrag von Aletheia »

So hat jeder seine biographisch bedingte Kirchengeschichte und auch ich kann da meinen Werdegang mit der katholischen Kirche beisteuern. Die Frage ist jedoch - welche Erwartungen habe ich an "Kirche" ?
Wenn Kirche diejenigen sind, die Christus nachfolgen, dann ist natürlich die erste Voraussetzung die Taufe und damit die Eingliederung in Christus. Des weiteren dann eine Lebensgestaltung in dieser Nachfolge. Ich habe damit selbst so viel zu tun, dass ich mich nur insofern um die anderen kümmern kann, indem ich sie besuche oder mit ihnen zusammen bin und dann erfahre, wie es ihnen geht.
Letztlich allerdings geht jeder allein diesen Weg mit Christus, also dem Gefühl nach für sich, wenn es dunkle Wegstrecken gibt und diese sind immer die Phasen von Enttäuschung. Die Erfahrung aber, dass man nicht wirklich allein ist, also Christus immer mit uns ist, braucht eben auch die Zeiten der Traurigkeit und des Kummers.

Nun wird ja uns von seiten der Kirche vorgesagt, wie denn die Lebensgestaltung eines Christen aussehen sollte. Ja - das nehme ich als Hürde - aber drüber kommen, tue ich nicht aus eigener Kraft. Und so geht es höchstwahrscheinlich vielen, wenn nicht allen.
Ich bin dann schon traurig, dass die Kirche wenig Hilfen dafür anbietet - so Training im Hochsprung - aber genauer betrachtet ist das auch wieder nicht ganz wahr. Die Kirche bietet viele Möglichkeiten und ich selbst habe NUR durch die Kirche, d.h. durch die Menschen der Vergangenheit und Gegenwart, die Kirche waren und sind, alle Hilfen erhalten, die ich brauchte, damit meine Hürden bzw. Widerstände sich auflösten.
Alle Dinge werden ganz einfach und leicht, wenn man eben das Wesentliche annimmt: ich kann mich als Sünderin vollständig und widerstandslos einordnen.
Wie Gregor von Nazian mal schrieb: Was nicht angenommen ist, kann auch nicht geheilt werden.

Benutzeravatar
Florianklaus
Beiträge: 3493
Registriert: Donnerstag 20. November 2008, 12:28
Wohnort: Bistum Münster

Re: Konfessionslos

Beitrag von Florianklaus »

Ich hatte seinerzeit auch merkwürdige Gefühle beim Kirchenaustritt. Da ich seit 1970 dieselbe Adresse habe und in meiner ehem. ev. Gemeinde auch zur Konfirmation gegangen, Lektor und Abendmahlshelfer gewesen bin, habe ich mich bei der Pfarrerin schriftlich gemeldet und kurz dargelegt, daß es sich um einen Über- und keinen Austritt handelt. Sie hat mir dann noch nett zurückgeschrieben. Schwieriger war es, meinem Konfirmator diesen Schritt mitzuteilen, der (Michaelsbruder) von Anfang mein geistlicher Vater gewesen ist. Eine Konversion ist eben nicht nur etwas abstraktes, man läßt zwangsläufig auch liebgewordene Menschen und Gewohnheiten zurück. Wo immer Dein Weg Dich hinführt, er möge Dich näher zu Christus bringen. Gottes Segen!

Chrysostomus
Beiträge: 268
Registriert: Montag 28. April 2008, 17:23
Wohnort: Würzburg

Re: Konfessionslos

Beitrag von Chrysostomus »

Ich habe mich bei meiner Konversion nur wenige Tage vor der Firmung (es war alles sehr kurzfristig) auf dem Standesamt blicken lassen und bin ausgetreten. Das war ein seltsames Gefühl; vor allem, weil, während ich wartete, dass ich an die Reihe käme, meine Mutter anrief - und ich sie dann zurückrief, sobald ich aus dem Standesamt wieder heraustrat. Für sie war das allerdings wohl schlimmer, als für mich. Für mich war das Gefühl schon nach wenigen Stunden in Nichts aufgelöst.

Ansonsten ist anschließend der Papierkram im Pfarrbüro liegen geblieben; also bin ich gut einen Monat lang nun konfessionslos gemeldet gewesen. Ernsthaft war ich (wie gesagt, nur wenige Tage nach dem Austritt gefirmt und seitdem Kommunion empfangend) in keinem Monat meines Lebens zuvor so konfessionell, wie in diesem. Es kommt also nicht auf den Wisch Papier an. Der bestätigt im Idealfall höchstens das, was Gott längst selbst ins Herz eingeschrieben hat.

Allerdings frage ich mich, was derjenige macht, der nicht übertritt? Oder wohin geht Dein Weg, Lutheraner? :achselzuck: Wie können wir Dich unterstützen, Dir weiterhelfen?

Benutzeravatar
overkott
Beiträge: 19634
Registriert: Donnerstag 8. Juni 2006, 11:25

Re: Konfessionslos

Beitrag von overkott »

Lieber Lutheraner, ich wünsche dir für deinen Weg Gottes Segen. Wenn du das Gefühl hast, etwas Gutes tun zu müssen, dann tu es. Liebe und tu, was du für richtig hältst. Das war immer schon der Glaube des heiligen Augustinus. Und so denkt auch der heilige Bonaventura. Und wann immer du in die katholische Kirche kommen willst, so komm.

Raphael

Re: Konfessionslos

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Lieber Lutheraner, ich wünsche dir für deinen Weg Gottes Segen. Wenn du das Gefühl hast, etwas Gutes tun zu müssen, dann tu es. Liebe und tu, was du für richtig hältst. Das war immer schon der Glaube des heiligen Augustinus. Und so denkt auch der heilige Bonaventura. Und wann immer du in die katholische Kirche kommen willst, so komm.
Lieber overkott, hier kann ich mich Dir voll umfänglich anschließen! :kussmund:

Albert
Beiträge: 725
Registriert: Mittwoch 10. September 2008, 13:42
Wohnort: München

Re: Konfessionslos

Beitrag von Albert »

Lutheraner hat geschrieben:Ich bin seit heute offiziell konfessionslos. Ein komisches Gefühl für einen bekennenden Christen und Lutheraner. Ich wollte noch am Standesamt, nachdem ich die Nummer gezogen hatte, weglaufen, aber ich konnte mich überwinden es durchzuziehen. Es tut trotz allem sehr weh, aber zu diesem Laden zu gehören, tat noch viel mehr weh.
Lieber Lutheraner, das ist verständlich, es ist eigentlich immer die Frage nach der Wahrheit.

Der Glaube als Wahrheit und als Gnade ist darum nach katholischem Verständnis nicht nur eine einmalige Gabe.
Er ist für das Leben auch eine dauernde Aufgabe.

Sollte deine Intention sich zur katholischen Kirche neigen – ein herzliches Willkommen.

Grüße,
Albert

Benutzeravatar
taddeo
Moderator
Beiträge: 19226
Registriert: Donnerstag 18. Januar 2007, 09:07

Re: Konfessionslos

Beitrag von taddeo »

Ich denke, Ihr solltet Lutheraner erst mal ein bißchen Zeit geben, zu sich zu kommen, bevor Ihr ihn für unsere Korporation keilen wollt.

Lieber Lutheraner,

so, wie Du mir bisher aus Deinen Beiträgen hier begegnet bist, dürfte es für Dich ein harter Schritt gewesen sein, Dich - wenn auch "nur" formell - von dem loszusagen, was bisher ein wesentlicher Bestandteil Deiner Lebenseinstellung war. Umso mehr würde auch mich interessieren, was Dich letztlich konkret dazu bewogen hat. Du hast geschrieben, daß es Dir mehr weh tat, in der evangelischen Kirchensteuergemeinschaft zu bleiben als aus ihr auszutreten (mehr ist es ja eigentlich nicht - oder täusche ich mich da? Eine "Exkommunikation" im katholischen Sinne wird es ja bei euch nicht geben, aber welche innerkirchlichen Konsequenzen hat für Dich der Austritt eigentlich?).
Aber - welche Perspektive siehst Du denn für Dich selbst? Ich kann es mir eigentlich nicht vorstellen, daß jemand mit Deiner Einstellung, der seinen Glauben immer ziemlich kompromißlos verteidigt, auf Dauer damit leben will, "nur im Geiste" einer religiösen Gemeinschaft anzugehören und nicht auch mit allen rechtlichen Konsequenzen. Und angesichts der für einen Katholiken ziemlich unübersichtlichen Vielfalt an protestantischen Denominationen wundere ich mich sogar etwas, daß für Dich nichts "Passendes" mehr dabei ist.

Ich ganz persönlich möchte Dir aber - im Gegensatz zu manchem Vorposter in diesem Strang - den Rat geben, es Dir sehr gut zu überlegen, falls Du womöglich mit einer Konversion liebäugeln solltest. Nicht, daß mich das nicht freuen würde - im Gegenteil! Aber glaube mir, Deine Leidensfähigkeit würde auch in der römisch-katholischen Kirche auf eine harte Probe gestellt, selbst oder gerade wenn Du mit der Zeit dahin kommen würdest, Lehre und Glaubensleben der "Römer" im Großen und Ganzen als Deine religiöse Heimat zu empfinden. Ich habe Dich hier bislang als einen Mann von tiefen Überzeugungen kennengelernt (die ich, wie ich ehrlich gestehe, nur in Ausnahmefällen teile). Aber damit würdest Du auch bei "uns" auf wenig Gegenliebe stoßen, wenn Du nicht bewußt die Heimat in einer Gruppierung suchst, die mit dem durchschnittlichen Pfarreileben einer deutschen Diözese nicht viel am Hut hat. Katholisch sein - zumindest echt römisch-katholisch - ist momentan und eigentlich schon seit Jahrzehnten eine brutal harte Nuß. Man muß für wenige intervalla lucida tiefer geistlicher Freude ungezählte trübsinnige Tage in Kauf nehmen, die man ohne eine tief verwurzelte Hoffnung auf die Verheißungen Christi kaum aushalten möchte. Und je mehr man sich in der Kirche engagiert, desto fundamentaler werden oft die Zweifel am Sinn des Ganzen.

Egal, wie Du Dich entscheiden wirst - ich wünsche Dir einen (oder mehrere) guten geistlichen Begleiter, der Dir nichts vormacht, sondern Dir hilft, den richtigen Weg zu gehen.

Alles Gute und Gottes Segen wünscht Dir taddeo

Benutzeravatar
Jacinta
Beiträge: 1257
Registriert: Sonntag 23. März 2008, 23:48

Re: Konfessionslos

Beitrag von Jacinta »

Lieber Lutheraner,

mich verwundert dieser radikale Schnitt sehr. Alle "Ausgetretenen" und zugleich Gott treu gebliebenen, die ich kennenlernen durfte, haben diesen Schritt als notwendiges Übel einer Konversion vornehmen müssen. Aber so wie es scheint, hast Du noch nirgends eine neue Heimat gefunden, sondern einfach nur die alte verloren.

Persönlich überkommt mich das nackte Grauen, wenn ich daran denke, selbst auch bald austreten zu müssen. Leider gibt es keine Ummeldung. Das fände ich besser, vor allem ehrlicher. Wenn man so zum Standesamt geht und aus der Kirche austritt, wirkt es doch, als sein man von Gott abgefallen. Die meisten, die austreten, sind es ja wohl auch.

Nun gut, ich wünsche, dass Dir der Hl. Geist den Weg zu einer neuen geistlichen Heimat zeigen möge und schließe Dich in meine Gebete ein.

Jacinta

P.S.: Ich habe nächste Woche einen Termin mit "meinem" Priester vereinbar und habe mir ganz fest vorgenommen, ihm zu sagen, daß ich Ostern gefirmt werden will. Mal sehen, ob mich nicht bis dahin noch der Mut verläßt... Meiner Familie muss ich's ja auch noch beibringen, dass es jetzt alles so schnell geht. Dabei arbeite ich ja schon seit etwa fünf Jahren daran, nur das "coming out" ist noch sehr frisch. Tja, und aus der ev.-luth. Kirche wird erst am letztmöglichen Tag ausgetreten...
"In necessariis unitas, in non-necessariis libertas, in utrisque caritas."
"Man muss sich aber klarmachen, dass Krisenzeiten des Zölibats auch immer Krisenzeiten der Ehe sind." BXVI.

ad_hoc
Beiträge: 4877
Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 12:14

Re: Konfessionslos

Beitrag von ad_hoc »

Herzlichen Dank, Lutheraner, für Deine Erklärung.
Seit geraumer Zeit wundere ich mich nämlich darüber, dass Du mir zusehends sympathischer geworden ist, ohne hierfür irgendwie und irgendeine Erklärung zu haben.
Somit abgeklärt. :)

Besonders herzliche Grüße von ad_hoc, der Deine Trennungsschmerzen gut nachvollziehen kann.
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

Benutzeravatar
Lutheraner
Beiträge: 3914
Registriert: Donnerstag 9. November 2006, 10:50

Re: Konfessionslos

Beitrag von Lutheraner »

Danke für Eure einfühlsamen Beiträge. Über die Gründe könnte ich Seiten schreiben, aber das würde auch nicht viel bringen. Was letztlich wirklich zum Austritt führte war die Tatsache, dass ich den Kurs der Landeskirche und der Kirchenbündnisse, in denen sie Mitglied ist und die sie finanziert nicht mit meiner Kirchensteuer unterstützen möchte. Vereinfacht gesagt: Diese Kirche war m.E. das Geld nicht mehr wert. Ich habe lange mit mir gerungen und versucht mich selbst zu prüfen, ob nicht nur Geiz dahinter steckt, die Verlockung ist schließlich groß monatlich diesen nicht unerheblichen Betrag einzusparen und für andere Dinge zur Verfügung haben. Bis ich einer neuen Gemeinde beitrete (entweder der hiesigen SELK-Gemeinde oder evtl. einer einzelnen landeskirchlichen Gemeinde auf Spendenbasis) muss ich daher darauf achten den durch die Kirchensteuer eingesparten Betrag entsprechend zu spenden oder für kirchliche Zwecke auszugeben.

Der Kirchenaustritt als "behördlicher Akt" ist wirklich ein Unding. Die Gründe für den Austritt sind uninteressant. Es gibt nicht einmal die Möglichkeit welche anzugeben. Ein Austritt aus einer Kirche sollte bei der Ortsgemeinde passieren. So würden die Geistlichen einerseits mit den Gründen konfrontiert und hätten andererseits die Möglichkeit durch ein seelsorgerisches Gespräch die Meinung des Austrittswilligen zu ändern.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

obsculta
Beiträge: 2300
Registriert: Sonntag 7. September 2008, 22:16

Re: Konfessionslos

Beitrag von obsculta »

Lutheraner hat geschrieben:

Der Kirchenaustritt als "behördlicher Akt" ist wirklich ein Unding. Die Gründe für den Austritt sind uninteressant. Es gibt nicht einmal die Möglichkeit welche anzugeben. Ein Austritt aus einer Kirche sollte bei der Ortsgemeinde passieren. So würden die Geistlichen einerseits mit den Gründen konfrontiert und hätten andererseits die Möglichkeit durch ein seelsorgerisches Gespräch die Meinung des Austrittswilligen zu ändern.
So habe ich das damals auch empfunden.Man geht auf´s Amt,bezahlt ein Papperl,
das auf ein Formular geklebt wird und das war es.
Ich habe dann noch ein halbes Jahr später das Gemeindeblättchen bekommen,bis
mein Austritt in der Ortsgemeinde angekommen war.
Nachfragen gab es keine und das finde ich für beide Seiten schlecht.
Gut,mein Entschluß wäre nicht mehr umkehrbar gewesen,es hatte auch andere
Gründe als Unzufriedenheit mit den Landeskirchen,aber ein Pfarrer sollte
schon die Möglichkeit haben,zu erfahren,warum jemand geht.

Benutzeravatar
Lutheraner
Beiträge: 3914
Registriert: Donnerstag 9. November 2006, 10:50

Re: Konfessionslos

Beitrag von Lutheraner »

Ich habe beim Austritt nachgefragt wann das an die Gemeinde gemeldet wird. Der Beamte konnte mir das nicht sagen, er meinte, dass das monatlich an das "evangelische Kirchensteueramt" weitergeleitet wird und die melden es irgendwie und irgendwann an die Gemeinden. Mal gucken, ob mich jemand von den Pfarrern darauf ansprechen wird.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

Aletheia
Beiträge: 944
Registriert: Mittwoch 8. Oktober 2008, 09:34

Re: Konfessionslos

Beitrag von Aletheia »

Ich verstehe euch nicht. Seitens des Staates ist Religion Privatsache und die Frage der Religionszugehörigkeit ist da nur für das Finanzamt bzw. die Steuerkarte relevant.
Wenn ihr daran interessiert gewesen seid, dass die Gemeinde bzw. der Pfarrer das entsprechend erfahren soll, dann hättet ihr doch ausführlich in der Gemeinde dazu Gelegenheit gehabt und da kann man sich doch auch in Einzelgesprächen beraten.
Je intensiver man sich beteiligt am Gemeindeleben, umso intensiver ist auch der Frust und auch die Freude - aber meistens hat man das Gefühl des Frustes. Das liegt aber nicht unbedingt an einer exakten Wahrnehmung, sondern auch daran, dass unangenehme Erfahrungen länger haften.

Es ist überall dasselbe, denn überall sind Menschen am Werk und wenn ich mich ärgere, dann denke ich an Jesus und daran, dass er seine Jünger auch tapfer ertragen hat. Seine Sendung war ihm wichtiger, als sein Frustgefühl.

Benutzeravatar
Lutheraner
Beiträge: 3914
Registriert: Donnerstag 9. November 2006, 10:50

Re: Konfessionslos

Beitrag von Lutheraner »

Aletheia hat geschrieben:Ich verstehe euch nicht. Seitens des Staates ist Religion Privatsache und die Frage der Religionszugehörigkeit ist da nur für das Finanzamt bzw. die Steuerkarte relevant.
Eben. Da Religion in unserer Gesellschaft Privatsache ist, geht meine Religionszugehörigkeit weder den Staat noch meinen Arbeitgeber etwas an.

Wer als Ausländer nach Deutschland kommt und mit der Arbeitserlaubnis seine erste Lohnsteuerkarte ausgehändigt bekommt, kann dabei seine Kirchenmitgliedschaft angeben. Dadurch wird er meines Wissens auch offiziell bei der entsprechenden Kirche registriert. Eine Taufbescheinigung oder ähnliches ist hierfür nicht notwendig. Das ist doch ein Witz.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

Aletheia
Beiträge: 944
Registriert: Mittwoch 8. Oktober 2008, 09:34

Re: Konfessionslos

Beitrag von Aletheia »

http://www.akademie.de/private-finanzen ... teuer.html

Bezüglich der Kirchensteuer ist die Religionszugehörigkeit nicht so ganz privat.
Also die Bescheinigung gut aufheben - und wenn du dann wieder eintreten wirst - auch das gut aufheben :ja: :ja:

Benutzeravatar
LaudaSion
Beiträge: 314
Registriert: Donnerstag 2. August 2007, 09:47
Wohnort: Erzbistum Berlin

Re: Konfessionslos

Beitrag von LaudaSion »

Lutheraner hat geschrieben:
Aletheia hat geschrieben:Ich verstehe euch nicht. Seitens des Staates ist Religion Privatsache und die Frage der Religionszugehörigkeit ist da nur für das Finanzamt bzw. die Steuerkarte relevant.
Eben. Da Religion in unserer Gesellschaft Privatsache ist, geht meine Religionszugehörigkeit weder den Staat noch meinen Arbeitgeber etwas an.
Nun ja, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern (Beispiel: Laizismus in Frankreich) ist der deutsche Staat recht eng mit den Volkskirchen über sog. Staatskirchenverträge gebunden, die allerhand, u.a. das Eintreiben der Kirchensteuer regeln.
Domine, labia mea aperies,
et os meum annunciabit laudem tuam!

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema