Abendmahl

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
Stephen Dedalus
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Stephen Dedalus »

Raimund Josef H. hat geschrieben: In der Lorenzkirche in Nürnberg.
Benutzt?

Mir ist keine lutherische Kirche bekannt, die einen Tabernakel heute noch nutzt.

Die Kernfrage ist für mich: Wenn Luther der Meinung war, die Realpräsenz sei ab dem Segen bzw. Sprechen der Wandlungsworte dauerhaft und bleibend, warum sagt er es in dem oben zitierten Brief nicht klar? Warum läßt er sich mit der Argumentation Melanchthons auf eine Definition der Dauer der Realpräsenz ein und versucht diese zeitlich einzugrenzen? Das ergibt nur dann einen Sinn, wenn Luther (zumindest theoretisch) von einem Endpunkt der Realpräsenz ausgegangen ist. Die einzige andere mögliche Erklärung ist, daß er selbst von einer dauerhaften Realpräsenz ausgegangen ist, aber andere Haltungen zu dieser Frage (etwa die Auffassung Melanchthons) akzeptierte.
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Evagrios Pontikos
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Lieber Stephen, Luther hat doch das Tabernakel zur Aufbewahrung der konsekrierten Elemente beibehalten (wie neben der katholischen übrigens auch die orthodoxe Kirche)! Bei einem Krankenabendmahl unter der Woche wurde die Kommunion von dort geholt, ohne sie neu zu konsekrieren. Was soll das denn anderes sein als die bleibende Realpräsenz? Und dasselbe bzgl. der Kniebank und des Obergewands jener Frau.

Offenbar kann Luthers Äußerung in jenem Brief nicht im Sinne einer Leugnung der bleibenden Realpräsenz verstanden werden. Sondern Luther betont, dass zum Sakrament der stiftungsgemäße Gebrauch gehört, das Austeilen, das Essen und Trinken. Luther will also an jener Stelle Realpräsenz und Sakrament unterscheiden. Das Sakrament wird erst vollständig, kommt erst zu seinem Ziel, könnte man sagen, wenn es empfangen wird. Demgegenüber wäre seine Unterbringung in der Monstranz zum Zwecke der Anbetung nach Luther stiftungswidrig. Trotzdem täte es der Realpräsenz im konsekrierten Element keinen Abbruch. Denn sonst hätte die Krankenkommunion im Tabernakel neu konsekriert werden müssen.

Jürgen Diestelmann betont, dass Luther in den Wolferinus-Briefen die Nihil-habet-Regel ("nichts hat die Beschaffenheit eines Sakraments außerhalb des von Christus eingesetzten Gebrauchs") nur auf Gebräuche bezieht, die außerhalb der sakramentalen Handlung liegen, während Melanchthon diese Regel auf die Dauer der Realpräsenz bezieht. Luther und Melanchthon fassten dieselbe Regel, die Luther übrigens nur selten verwendet, verschieden auf (hier zeigt sich wahrscheinlich wieder, dass Luther kein Systematischer Theologe war, sonst hätte er die Brisanz von Melanchthons Position besser durchschaut). Luther sieht die von Christus gebotene Handlung im Tun dessen, was Christus getan hat, nämlich im Segnen der Elemente durch die Worte Christi. Melanchthon dagegen sieht die gebotene Handlung im Nehmen und Essen etc. Dem entspricht, dass Melanchthon den Verba Testamenti keine konsekrierende Kraft zuschreibt, anders aber Luther.

Das war eine entscheidende Weichenstellung! Die Väter der Konkordienformel haben sich an dieser Stelle für Luther entschieden, wenn dort eindeutig festgestellt wird, dass das segnende Sprechen der Einsetzungsworte die Realpräsenz bewirkt. Die Konkordienformel ist deshalb auch besonders interessant, weil sie einen Text der Philippisten aufnimmt, aus diesem aber gerade jene Passagen auslässt, die den Eindruck erwecken könnten, dass die Realpräsenz im Sinne Melanchthons wegen der Handlung bestehe, mit dem Ende der Sakramentshandlung aber ende. So kommt in der Konkordienformel der Konsekration die wesentliche Bedeutung beim Sakrament zu: nicht die Handlung, das Nehmen, Essen und Trinken (Melanchthons Position), sondern die Konsekration, das Sprechen der schöpferischen Worte Christi durch den Priester (Luthers Position) bewirkt die Realpräsenz.

Evagrios Pontikos
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Gibt es hierfür einen direkten Beleg bei Luther?
Jürgen Diestelmann belegt in seinem umfangreichen Buch "Actio Sakramentalis" mit vielen Stellen, wie zum Zweck der Krankenkommunion Luther und andere das Sakrament z.B. in der Monstranz oder im Tabernakel aufbewahren ließen. Bei Luther verweist er z.B. auf WA X2, S. 31f, oder er verweist auf Fürst Georg von Anhalt, der eng mit Luther in Kontakt stand und berichtet, dass Luther zum Zweck der Krankenkommunion die Aufbewahrung des Sakraments gutgeheißen hat. (Im Übrigen war dies schon altkirchlicher Brauch, der im 13. Kanon des ersten Konzils von Nicäa und andernorts belegt ist: dies der Ursprung des Tabernakels in orthodoxer und katholischer Kirche.) Oder man kann darauf hinweisen, dass Luther bei den Gesprächen zur Wittenberger Konkordie 1534 von Bucer abschließend wissen wollte, wie bei den Oberdeutschen mit den Reliqua umgegangen wird. Bucer teilte mit, dass sie "in einer Capsula" verwahrt werden, obgleich er nicht glaube, dass sie noch als Sakrament zu betrachten seien. Luther ließ sich damit genügen, weil er der Meinung war, dass somit eine Profanisierung der Reliqua ausgeschlossen sei (Analacta Lutherana, S. 223, zit. bei Diestelmann). Diestelmann bietet noch weitere Belege, wo Luther großen Wert darauf legt, dass die Reliqua an einem gesonderten Ort aufbewahrt werden.

Stephen Dedalus
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Stephen Dedalus »

Evagrios Pontikos hat geschrieben: Jürgen Diestelmann betont, dass Luther in den Wolferinus-Briefen die Nihil-habet-Regel ("nichts hat die Beschaffenheit eines Sakraments außerhalb des von Christus eingesetzten Gebrauchs") nur auf Gebräuche bezieht, die außerhalb der sakramentalen Handlung liegen, während Melanchthon diese Regel auf die Dauer der Realpräsenz bezieht.
Danke für die Antwort. Erneut kann ich Diestelmann hier nicht nachvollziehen. Im zitierten Wolferinusbrief stellt Luther es genau umgekehrt dar. Während er selbst einen Zeitraum benennt, in dem das Sakrament als Sakrament anzusehen ist (vom Gebet des Herrn bis zum Verzehr), stellt er Melanchthons Position dergestalt dar, daß sie die Gebräuche bezeichnet, die außerhalb eines einsetzungsgemäßten Gebrauches liegen und für die daher keine Realspräsenz angenommen werden kann.
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Clemens
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Clemens »

Natürlich endet die Realpräsenz (auf die Materie bezogen) mit der Kommunion.
Die Vorstellung, Christi Leib und Blut würden später den Weg alles Verdauten gehen, ist doch wohl auch katholisch und orthodox nicht akzeptabel.
Deswegen ist das ordnungsgemäß Konsekrierte auch bis zur Kommunion Leib und Blut Christi, selbst wenn es zwischenzeitlich in einem Tabernakel liegt oder auf dem Fußboden.

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Lioba
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Lioba »

Stephen- ich hatte schon mal Bilder einer ev. Kirche mit Tabernakel gepostet, auch einen Link zu einem Dokument aus der Reformationszeit in dem die reformierte Übernahme einer lutherischen Kirche aus lutherischer Sicht geschildert wird..
Was Luther klar ablehnte, war der Gebrauch der geweihten Hostie ausserhalb der Kommunion.
Dass später die Kräfte, die die Realpräsenz einschränkten, dominierten, ist bekannt und ob es heute noch in der Mainstreamtheologie eine Rolle spielt, weiss ich nicht. Die altlutherischen Gruppen, die wir heute haben, sind soweit ich weiss nicht in gerader Linie aus dem ursprgl. Luthertum hervorgegangen, sondern mussten schon Rekonstruktionsarbeit betreiben. Interessant wäre die theologische und historische Entwicklung in Skandinavien und im Baltikum. Weiss jemand darüber etwas?
Ich habe noch als Kind das Verschen gelernt:
"Kommt das Wort zum Element wird daraus das Sakrament."
Unterschieden wurden dabei Konsubstantion und Transsubstantion als Erklärung der Wandlung- war schon schwer genug zu erklären. Und darin lag nach Auffassung des Lehrers der eigentliche Unterschied zwischen ev. und kath. Lehre.
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Lioba
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Lioba »

Wichtig errscheint mir nicht nur die Frage nach der Aufbewahrung speziell in einem Tabernakel.
Wird die konsekrierte Hostie überhaupt getrennt aufbewahrt und kann sie danach ohne neue Konsekration dem Gläubigen gegeben werden?
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Evagrios Pontikos
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Clemens hat geschrieben:Natürlich endet die Realpräsenz (auf die Materie bezogen) mit der Kommunion.
Die Vorstellung, Christi Leib und Blut würden später den Weg alles Verdauten gehen, ist doch wohl auch katholisch und orthodox nicht akzeptabel.
Deswegen ist das ordnungsgemäß Konsekrierte auch bis zur Kommunion Leib und Blut Christi, selbst wenn es zwischenzeitlich in einem Tabernakel liegt oder auf dem Fußboden.
So ist es. Bzw. genauer: Solange das Brot Brot ist, ist es Christi Leib. Denn Christus hat gesagt: "Das (=dieses Brot) ist mein Leib." Wenn es verdaut wurde, ist es nicht mehr Brot. Deshalb auch der Rat Luthers, Übriggebliebenes zu verbrennen (entsprechend dem atl. Passalamm): durch das Verbrennen ist das Brot nicht mehr Brot.

Luther definiert in den Wolferinusbriefen die Sakramentshandlung (actio sacramentalis) nicht, um die Dauer der Realpräsenz damit zu begrenzen, sondern um die Dauer der sakramentalen Handlung (actio)zu beschreiben, um zu definieren, wie eine Abendmahlsfeier stiftungsgemäß aussieht und wo in dieser Feier wie die Abendmahlsworte zu sprechen sind. Ausdrücklich ist dort nicht die Dauer der Realpräsenz begrenzt! Sondern es ist dort gesagt, dass die Worte der Stiftung, wenn sie innerhalb dieser actio gesprochen werden, Christi Worte sind, schöpferisch wirksam und segnend, das schaffend, was sie sagen.

Im Übrigen würde eine "flüchtige Realpräsenz" Luthers Gedanke der sakramentalen Einung widersprechen: das Brot und der Leib Christi einen sich im Sakrament wie menschliche und göttliche Natur Christi. Die Menschwerdung Christi ist doch auch keine "flüchtige", sondern bleibend. Dafür hatte Luther ein sehr feines Gespür. Leider haben sich später dann doch die Philippisten durchgesetzt, trotz Konkordienformel.

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Nassos
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Nassos »

Clemens hat geschrieben:Natürlich endet die Realpräsenz (auf die Materie bezogen) mit der Kommunion.
Die Vorstellung, Christi Leib und Blut würden später den Weg alles Verdauten gehen, ist doch wohl auch katholisch und orthodox nicht akzeptabel.
Deswegen ist das ordnungsgemäß Konsekrierte auch bis zur Kommunion Leib und Blut Christi, selbst wenn es zwischenzeitlich in einem Tabernakel liegt oder auf dem Fußboden.
Soll das heißen, dass die Realpräsenz "abläuft", bevor sie ausgeschieden wird? :achselzuck:

Also, offen gestanden, habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht. Ich halte Gedanken darüber sogar für überflüssig.
Wichtig ist eher, was mit der Kommunion geschieht, die nicht in den Körper kommt - diese sollte, wie schon richtig erwähnt, nicht irgendwo landen.
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Lutheraner
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Lutheraner »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Evagrios Pontikos hat geschrieben: Jürgen Diestelmann betont, dass Luther in den Wolferinus-Briefen die Nihil-habet-Regel ("nichts hat die Beschaffenheit eines Sakraments außerhalb des von Christus eingesetzten Gebrauchs") nur auf Gebräuche bezieht, die außerhalb der sakramentalen Handlung liegen, während Melanchthon diese Regel auf die Dauer der Realpräsenz bezieht.
Danke für die Antwort. Erneut kann ich Diestelmann hier nicht nachvollziehen. Im zitierten Wolferinusbrief stellt Luther es genau umgekehrt dar. Während er selbst einen Zeitraum benennt, in dem das Sakrament als Sakrament anzusehen ist (vom Gebet des Herrn bis zum Verzehr), stellt er Melanchthons Position dergestalt dar, daß sie die Gebräuche bezeichnet, die außerhalb eines einsetzungsgemäßten Gebrauches liegen und für die daher keine Realspräsenz angenommen werden kann.
Eucharistische Anbetung o.ä. hat es in der Lutherischen Kirche meines Wissens nicht gegeben, Luther selbst hat die Fronleichnamsumzüge verurteilt. Aber der Glaube an eine dauerhafte Realpräsenz war und ist teilweise noch gegeben. Das ist daran erkennbar, dass es nicht unüblich war zur Krankenkommunion vorkonsekrierte Gaben zu verwenden und übriggebliebene konsekrierte Hostien in der Sakristei separat von den unkonsekrierten Hostien aufzubewahren.
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Simon
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Simon »

Vielleicht interessiert auch folgender Link?

http://www.lutherischebeitraege.de/Dies ... aesenz.pdf

lG Simon
Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht.
Zitat von Albert Schweitzer

Evagrios Pontikos
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Lutheraner hat geschrieben:Eucharistische Anbetung o.ä. hat es in der Lutherischen Kirche meines Wissens nicht gegeben, Luther selbst hat die Fronleichnamsumzüge verurteilt...
Anbetung bei der Konsekration: ja. Luther forderte aus diesem Grund die Elevation durch den Priester und das Knieen der Gemeinde zum Zwecke der Anbetung. Anbetung außerhalb der actio sacramentalis: nein.
Zuletzt geändert von Evagrios Pontikos am Montag 26. Juli 2010, 16:48, insgesamt 1-mal geändert.

Evagrios Pontikos
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Mein letztes Posting zu den Wolferinus-Briefen ist nicht ganz korrekt: Es geht dort auch um die Dauer der Realpräsenz, aber in einem sehr konkreten Sinne. Zunächst die Passage bei Luther im zweiten Brief an Wolferinus (zitiert nach der Walchschen Ausgabe, XX, 1608f):

"Wir werden demnach die Zeit oder die sacramentliche Handlung in solcher Weise erklären, daß sie ihren Anfang nehme mit dem Beginn des heiligen Vaterunsers, und daß sie daure, bis alle communicirt, den Kelch ausgetrunken, die Hostien gegessen haben, das Volk entlassen worden ist, und man vom Altar weggegangen ist."

Luther setzt hier also voraus, dass der Kelch leergetrunken und die Hostien alle aufgegessen sind. Das ist entscheidend! Im Normalfall (und von diesem redet Luther in den Wolferinusbriefen) endet also die sakramentale Handlung mit dem Schlusssegen, wenn "man vom Altar weggegangen ist". Wenn aber konsekrierte Elemente (Wein und Hostien) zum Zwecke der Krankenkommunion zurückbehalten worden sind, was Luther selbst praktizierte und für gutgeheißen hat und was auch Usus war in den lutherischen Kirchen (und selbstverständlich in den katholischen und orthodoxen Kirchen seit Nicäa I!), dann dauert die sakramentale Handlung eben bis dahin, wenn die konsekrierten Gaben aufgegessen sind, z.B. bei einer Krankenkommunion am Samstagmorgen, also beinahe eine Woche nach dem eigentlichen "Gottesdienst". So die Meinung Luthers und der ihm folgenden Theologen, die die Konkordienformel abfassten. Denn konsekriert bedeutet konsekriert.

Melanchthon war hier anderer Meinung. Er meinte, dass mit dem Ende der Gottesdienstfeier die Realpräsenz aufhöre. Das ist aber nicht gesamtkirchliche Anschauung. Und das ist auch nicht Meinung Luthers und der lutherischen Kirche. Der Grund dafür liegt in Melanchthons cum-pane-Auffassung, die sich in der Variata niedergeschlagen hat und die von den Vätern schlussendlich als nicht authentisch verworfen worden ist. Luther hat leider nicht durchschaut, dass Melanchthon an diesem Punkt geirrt hat. Und so hat die lutherische Kirche, trotz Konkordienformel, einen Weg eingeschlagen, der schließlich in Leuenberg seinen traurigen Tiefpunkt erreicht hat.

Evagrios Pontikos
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Nassos hat geschrieben:
Clemens hat geschrieben:Natürlich endet die Realpräsenz (auf die Materie bezogen) mit der Kommunion.
Die Vorstellung, Christi Leib und Blut würden später den Weg alles Verdauten gehen, ist doch wohl auch katholisch und orthodox nicht akzeptabel.
Deswegen ist das ordnungsgemäß Konsekrierte auch bis zur Kommunion Leib und Blut Christi, selbst wenn es zwischenzeitlich in einem Tabernakel liegt oder auf dem Fußboden.
Soll das heißen, dass die Realpräsenz "abläuft", bevor sie ausgeschieden wird? :achselzuck:

Also, offen gestanden, habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht. Ich halte Gedanken darüber sogar für überflüssig.
Wichtig ist eher, was mit der Kommunion geschieht, die nicht in den Körper kommt - diese sollte, wie schon richtig erwähnt, nicht irgendwo landen.
Katholische Lehre ist (und dieser stimme ich zu): Solange das Brot Brot ist, ist es der Leib Christi. Wenn das Brot aufgehört hat, Brot zu sein, hat auch die Realpräsenz aufgehört. Das scheint mir auch schriftgemäß zu sein, denn Christus sagt ja: "Das (=dieses Brot) ist mein Leib etc." Und wichtig ist auch: Es ist nicht unsere Aufgabe festzustellen, ab wann das Brot nicht mehr Brot ist. Dass es nicht mehr Brot ist, wenn es verbrannt worden ist, ist klar. Deshalb auch Luthers Vorbild, die Kniebank abzuhobeln und die Späne zu verbrennen, wenn konsekrierter Wein darauf getropft war etc. Denn dann ist der Wein nicht mehr Wein bzw. das Brot nicht mehr Brot. Hierin ist Luther ganz in spätmittelalterlicher katholischer Tradition.
Zuletzt geändert von Evagrios Pontikos am Montag 26. Juli 2010, 16:51, insgesamt 1-mal geändert.

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Nassos
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Nassos »

Nun, sicher war Luther nicht der Erste, der sich Gedanken über Verschüttetes machte => gibt es da eventuell älteres in schriftlicher Form?
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Gamaliel
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Gamaliel »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:Katholische Lehre ist (und dieser stimme ich zu): Solange das Brot Brot ist, ist es der Leib Christi. Wenn das Brot aufgehört hat, Brot zu sein, hat auch die Realpräsenz aufgehört.
Ich korrigiere: Katholische Lehre ist, daß die reale Gegenwart dann ein Ende nimmt, wenn die Gestalten so verändert sind, daß sie nicht mehr Akzidentien von Brot und Wein darstellen.

Stephen Dedalus
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Stephen Dedalus »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:Mein letztes Posting zu den Wolferinus-Briefen ist nicht ganz korrekt: Es geht dort auch um die Dauer der Realpräsenz, aber in einem sehr konkreten Sinne. Zunächst die Passage bei Luther im zweiten Brief an Wolferinus (zitiert nach der Walchschen Ausgabe, XX, 1608f):

"Wir werden demnach die Zeit oder die sacramentliche Handlung in solcher Weise erklären, daß sie ihren Anfang nehme mit dem Beginn des heiligen Vaterunsers, und daß sie daure, bis alle communicirt, den Kelch ausgetrunken, die Hostien gegessen haben, das Volk entlassen worden ist, und man vom Altar weggegangen ist."

Luther setzt hier also voraus, dass der Kelch leergetrunken und die Hostien alle aufgegessen sind. Das ist entscheidend! Im Normalfall (und von diesem redet Luther in den Wolferinusbriefen) endet also die sakramentale Handlung mit dem Schlusssegen, wenn "man vom Altar weggegangen ist". Wenn aber konsekrierte Elemente (Wein und Hostien) zum Zwecke der Krankenkommunion zurückbehalten worden sind, was Luther selbst praktizierte und für gutgeheißen hat und was auch Usus war in den lutherischen Kirchen (und selbstverständlich in den katholischen und orthodoxen Kirchen seit Nicäa I!), dann dauert die sakramentale Handlung eben bis dahin, wenn die konsekrierten Gaben aufgegessen sind, z.B. bei einer Krankenkommunion am Samstagmorgen, also beinahe eine Woche nach dem eigentlichen "Gottesdienst". So die Meinung Luthers und der ihm folgenden Theologen, die die Konkordienformel abfassten. Denn konsekriert bedeutet konsekriert.
Nun kommen wir der Frage näher. Der Konflikt in Eisleben war ja entstanden, weil der dortige Pastor der Meinung war, außerhalb der actio sacramentalis könne er mit den Gaben tun und lassen, was er wolle, sie seien dann nicht mehr Leib und Blut des Herrn. Zudem schränkte er die actio sacramentalis auf nur einen Teil der Liturgie ein.

Dem widerspricht Luther, indem er klarmacht, daß die Dauer der actio sacramentalis länger währt - bis zum Verzehr der Gaben. Mir scheint es so, als wolle er mit seiner Formulierung hier sicherstellen, daß man die Gaben am Ende der Messe verzehre, denn damit gehe man auch der lästigen Frage nach der andauernden Realpräsenz aus dem Wege...

Nun aber bleiben zwei Fragen offen:

Wenn Luthers Haltung in dieser Frage so klar ist, wie Du, Clemens und Lioba das annehmt, warum kommt dann hier von Luther keine deutlichere Antwort? Warum diese zeitliche Dimension und nicht eine viel einfacherer, qualitative? Euren Darlegungen zufolge dürfte Luther überhaupt kein Problem darin gesehen haben, hier deutlich zu machen: Die Gaben sind Leib und Blut des Herrn vom Moment der Konsekration an und sie bleiben dies auch bis zum Verzehr, ganz gleich wann dieser erfolgt. Es bleibt aber die Feststellung, daß Luther dies hier nicht sagt.

Warum diese Berufung auf Melanchthon und die Zustimmung zu Melanchthon? Warum der Verweis auf die "Aufbewahrung", die lt. Melanchthon außerhalb der actio sacramentalis liegt? Du wirst mir darin zustimmen, daß man diesen Teil des Briefes so lesen kann, als lehne Luther eine Aufbewahrung des Sakramentes ab?

Hat Luther die Auffassung Melanchthons falsch verstanden und legt ihm hier Worte in den Mund - oder nutzt Luther Melanchthons Position, um dem Pastor Wolferinus eine argumentative Brücke zu bauen? Selbst wenn dieser Melanchthons Auffassung folge, müsse er eine Realpräsenz bis zum Verzehr der Gaben am Ende der Messe annehmen?

Ich bin ab morgen in Berlin und werde versuchen, mir dort das Buch von Hardt anzusehen.
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Christ86
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Christ86 »

Bist du eigentlich aus der EKD zur CofE konvertiert?
Wie bewundernswert sind deine Werke, o Herr, alles hast du mit Weisheit gemacht! Ps 104

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Lioba
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Re: Abendmahl

Beitrag von Lioba »

@Simon, schön wieder was von dir zu lesen! Danke für den Link. :huhu:
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Re: Abendmahl

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Stephen, Du sprichst ein großes Problem bei Luther an. Deine Beobachtungen sind richtig. Im Brief an Wolferinuns drückt sich ein Verhältnis Luthers zu Melanchthon aus, das ich als sehr problematisch ansehe. Melanchthon wird einerseits als Autorität aufgeführt, schließlich ist er der lutherische Dogmatiker schlechthin, Verfasser der CA etc., andererseits ist es, zumindest aus unserer heutigen Perspektive klar, dass zwischen Luther und Melanchthon bei der Abendmahlsfrage Welten liegen. Man denke nur an das Abendmahlsgespräch Luther - Zwingli. Melanchthon drängte auf einen Union, auf einen Konsens, schon aus politischen Gründen. Und Luther beharrte darauf, dass Zwingli einen anderen Geist habe. Schon damals (man stelle sich vor!) war Melanchthon zu einem Konsens bereit.

Ich kenne Luthers Verhältnis zu Melanchthon zu wenig. Aber ich glaube, dass Luther bei Melanchthon an diesem Punkt einem fatalen und folgeschweren Irrtum aufgesessen ist. Melanchthons Abendmahlslehre ist nicht mehr katholisch im Sinne von gesamtkirchlich, meine ich. Gesamtkirchlich ist die Konsekrationstheologie, sei sie nun en detail orthodox, römisch-katholisch oder lutherisch. Von der Konsekrationstheologie, die die Realpräsenz glaubt, bis der Brotcharakter des Brotes endet (sei es durch den Verzehr, sei es durch die Vernichtung/Verbrennung), ist Melanchton in seiner cum-pane-Theologie deutlich abgerückt. Luther hat das mitgetragen, weil er bei Melanchthon zumindest die Realpräsenz bei der normalen Abendmahlsfeier als gegeben ansah. Man könnte es so ausdrücken: Luther war der Meinung, dass das Gemeinsame, die Schnittmenge zwischen ihm und Melanchthon, größer sei als das Trennende. Dass aber Melanchthons Theologie eine Bewegung auslöste, die dann zum Zweiten Abendmahlsstreit zwischen Philippisten und Gnesiolutheranern führte, hatte Luther nicht im Blick.

Es ist interessant, wenn man den zweiten Brief an Wolferinus liest, aus dem das Zitat ist, das ich angeführt habe. Luther redet dort sehr pragmatisch und betont unpräzise von der Dauer der Sakramentshandlung. Geradezu väterlich wirbt er um die Zustimmung von Wolferinus, dass dieser doch zugestehen müsse, dass man die Dauer nicht zu kurz fassen dürfe. Denn sonst käme man dort an, dass die Dauer eventuell nur auf das Sprechen der Verba Testamenti begrenzt würde und die Kommunikanten bei der Kommunion gar nicht mehr den realpräsenten Christus empfingen. Pragmatisch sagt er dann, dass man die Dauer deshalb bis zum Entlassen der Gläubigen vom Altar ansetzen müsse, nachdem der Kelch ausgetrunken sei etc. Insegeheim denkt Luther ja an eine viel größere Dauer.

Hier kommt Luther den philippistisch Denkenden Theologen sehr entgegen. Aus pragmatischen Gründen und um des lieben Friedens willen soll man die Dauer der actio (doch zumindest) bis zur Entlassung glauben. Fatal ist, dass hierdurch der Subjektivismus in die Theologie einkehrt: Faktisch gibt Luther hier meiner Meinung nach die Objektivität der Konsekrationstheologie preis zugusten eines Meinungskonsensus. Ich halte das für bedenklich. Bei Leuenberg ist es dann in anderer Hinsicht dasselbe: Der Meinungskonsens ist dort eine allgemein gehaltene Art der Gegenwart Christi in der Mahlfeier, während die spezifische Art der Realpräsenz subjektiviert wird. Das würde gesamtkirchlich nicht akzeptiert, glaube ich. Denn sowohl die orthodoxe als auch die katholische Position gehen von einer Objektivität der Konsekration aus, wenn auch die einen das Gewicht auf die Epiklese und die anderen auf die Verba Testamenti legen. Aber dass beide von einer Objektivität ausgehen, bezeugt schon das in beiden Kirchen seit Alters verwendete Tabernakel.

Evagrios Pontikos
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Ich bin Dir noch meine Antworten schuldig geblieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Wenn Luthers Haltung in dieser Frage so klar ist, wie Du, Clemens und Lioba das annehmt, warum kommt dann hier von Luther keine deutlichere Antwort? Warum diese zeitliche Dimension und nicht eine viel einfacherer, qualitative?
Weil er aus pragmatischen Gründen hofft, dass Wolferinus und die Seinen wenigstens einen ordentlichen Abendmahlsgottesdienst mit Konsekration und völliger Verzehrung der Gaben abhalten. Dass Wolferinus und die Seinen die Konsekrationstheologie übernehmen, schien Luther offenbar unwahrscheinlich. Melanchthon war zu wirkmächtig. Leider.
Stephen Dedalus hat geschrieben:Warum diese Berufung auf Melanchthon und die Zustimmung zu Melanchthon? Warum der Verweis auf die "Aufbewahrung", die lt. Melanchthon außerhalb der actio sacramentalis liegt? Du wirst mir darin zustimmen, daß man diesen Teil des Briefes so lesen kann, als lehne Luther eine Aufbewahrung des Sakramentes ab?

Hat Luther die Auffassung Melanchthons falsch verstanden und legt ihm hier Worte in den Mund - oder nutzt Luther Melanchthons Position, um dem Pastor Wolferinus eine argumentative Brücke zu bauen? Selbst wenn dieser Melanchthons Auffassung folge, müsse er eine Realpräsenz bis zum Verzehr der Gaben am Ende der Messe annehmen?
Schon beim Marburger Religionsgespräch muss Luther ja deutlich geworden sein, dass zwischen seiner Sicht und Melanchthons Sicht Welten liegen. Melanchthons Sicht war in Luthers Augen ein Minimum, das man vertreten musste. Denn mit Melanchthons Theologie, so hoffte Luther, konnte zumindest ein ordentlicher Abendmahlsgottesdienst begründet werden. Deshalb nimmt er Melanchthons Position als Basis, um von dieser her Wolferinus für eine ordentliche Abendmahlspraxis zu gewinnen. Ich befürchte jedoch, dass Luther nicht genügend klar war, dass sich der Glaube in den Riten ausdrückt, die den Umgang mit den Elementen begleiten. Und er hat unterschätzt, dass man eigentlich hinter Kanon 13 von Nicäa I nicht zuückkann. Ihm war es wichtig, dass die Elemente vollständig verzehrt wurden. Aber gleichzeitig konnte man die Notwendigkeit der Krankenkommunion nicht leugnen. Folge war, dass in den Lutherischen Kirchen separate Hausabendmahlsfeiern mit Konsekration etabliert wurde, die jedoch den Separatismus begünstigten, weil nun plötzlich überall, wo zwei oder drei versammelt sind, Gottesdienst gefeiert wurde. Auch das eine fatale Folge des Pragmatismus Luthers, meine ich. Aber das wäre einen eigenen Thread wert.

glöckchen
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Re: Abendmahl

Beitrag von glöckchen »

Meines Wissens endet die Realpräsenz etwa zehn Minuten nach dem Verzehr, leider kann ich diese Meinung gerade nicht belegen. Ich meine mich zu erinnern, es auf EWTN mehrfach so gehört zu haben. Wenn ich mal ein bisschen mehr Zeit habe, mache ich mich auf die Suche nach Quellen.

Zur Verehrung der Gegenwart Jesu in Brot und Wein bei Lutheranern erlebte ich bei Lutheranern in Straßburg einmal folgendes: Wir waren im Rahmen eines ökumenischen Besuches in ihrer Kirche und ich wunderte mich mehrfach über die, sagen wir mal, "gefüllte" Athmosphäre bei ihnen, die ich sonst in evangelischen Kirchen nicht kenne. Dann fragte mich jemand , der sich dort auskannte, ob mir der Gabenbereitungstisch aufgefallen wäre: dort standen, sorgfältig überdeckt, eine gefüllte Patene (Wein weiß ich nicht mehr), der Rest des letzten Abendmahls, nicht direkt verehrt wie bei uns, aber sorgsam aufbewahrt und offensichtlich im Wissen um ihren Gehalt.
Danach wusste ich, wo die besondere Atmosphäre herkam, die ich gespürt hatte. Würde mich nicht wundern, wenn der Pastor, der der Feier vorgestanden war, in der Sukzession gestanden war.

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Re: Abendmahl

Beitrag von Lioba »

Danach wusste ich, wo die besondere Atmosphäre herkam, die ich gespürt hatte. Würde mich nicht wundern, wenn der Pastor, der der Feier vorgestanden war, in der Sukzession gestanden war.
Theoretisch möglich, wobei ich nicht weiss, ob das im Elsass eben so ein Reizthema ist wie in Deutschland. Hier kann eine Geistlicher deswegen vom Dienst suspendiert werden. Beim letzten bekannten Fall ist diese nicht zuletzt auf Druck der Gemeinde aufgehoben worden.
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M. v. Ebner- Eschenbach

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berneuchen
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Re: Abendmahl

Beitrag von berneuchen »

Lioba hat geschrieben:
Danach wusste ich, wo die besondere Atmosphäre herkam, die ich gespürt hatte. Würde mich nicht wundern, wenn der Pastor, der der Feier vorgestanden war, in der Sukzession gestanden war.
Theoretisch möglich, wobei ich nicht weiss, ob das im Elsass eben so ein Reizthema ist wie in Deutschland. Hier kann eine Geistlicher deswegen vom Dienst suspendiert werden. Beim letzten bekannten Fall ist diese nicht zuletzt auf Druck der Gemeinde aufgehoben worden.
Ob die Sukzession davor bewahrt, im Umgang mit den Relicta schludrig zu sein? Eine Stilblüte hierzu: nach einer Brautmesse, der Zelebrant zum Diakon, der verbliebene Partikel von der Patene in den Kelch gibt: der Leib Christi ist doch im Brot nicht in den Bröseln... noc commtent.
Für die Frage nach Luthers Verständnis von der Dauer der Realpräsenz noch zwei Aspekte zum Nachdenken:
1) Seine Ablehnung der Transsubstatiationslehre hat sozusagen fundamentaltheologische Gründe: Luther hält das heidnisch - philosphische Instrumentarium des Aquinaten für der biblischen Botschaft unangemessen.(Vielleicht ein später Reflex des Streites OFM - OP umd die Heterodoxie des Hl. Thomas?).
2) Die Zielrichtung Luthers ist eine pastorale: das Hl. Mahl wird jeden Sonntag und Festtag gefeiert und die Krankenkommunion soll so erfolgen, daß die Kommunikanten die Gewißheit haben, sie empfangen die Gaben von dort den Leib Christi. Wo das durch schludrige Verhaltensweisen des Liturgen am Altar auch nur in Frage gestellt werden könnte, wird Luther massiv. Hier steht für ihn die Gewißheit auf dem Spiel "Vergebung der Sünden, ewiges Leben und Seligkeit" zu empfangen.

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cantus planus
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Re: Abendmahl

Beitrag von cantus planus »

Was bitte ist mit "Heterodoxie" des Hl. Thomas gemeint? :hae?:
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Gamaliel
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Re: Abendmahl

Beitrag von Gamaliel »

cantus planus hat geschrieben:Was bitte ist mit "Heterodoxie" des Hl. Thomas gemeint? :hae?:
Wohl die große Anlehung des hl. Thomas an Aristoteles. Rund um Aristoteles gab es an der Pariser Universität im 13. Jahrhundert eine Reihe von "Streitereien" und Disputationen.

Allons
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Re: Anstößiges und Absunderliches

Beitrag von Allons »

Lioba hat geschrieben:Wichtig errscheint mir nicht nur die Frage nach der Aufbewahrung speziell in einem Tabernakel.
Wird die konsekrierte Hostie überhaupt getrennt aufbewahrt und kann sie danach ohne neue Konsekration dem Gläubigen gegeben werden?
Ne bis in idem, steht sogar im Grundgesetz ;D

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Lioba
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Re: Abendmahl

Beitrag von Lioba »

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M. v. Ebner- Eschenbach

Allons
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Re: Abendmahl

Beitrag von Allons »

Klar meine ich. Übrigens, bislang hat noch keiner erklärt bei diesen unseligen Abendmahlsdebatten was eigentlich an einer Rekonsekration so problematisch wäre. Da die Rekonsekration kein bestimmungsgemäßer Gebrauch der Hostie wäre würde die Realpräsenz ja mindestens eine juristische Sekunde vor der Konsekration erlöschen. Quasi blitzartig.

HG, Allons!

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Clemens
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Re: Abendmahl

Beitrag von Clemens »

Ich habe es - im Notfall - auch schon so gemacht, dass ich bewusst alle nichtkonsekrierten Hostien konsekriert habe, allerdings nichtwissend, welche der vorliegenden nun welche waren.
Geht das nicht auch? ("Gehen" meint hier nicht: "das ist toll und empfehlenswert", sondern: "als Notlösung durchführbar") Scheint mir immerhin besser, als verbrennen.
Von allen Gottesgaben ist die Intelligenz am gerechtesten verteilt. Jeder ist zufrieden mit dem, was er hat und freut sich sogar, dass er mehr hat, als die anderen.

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Niels
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Re: Abendmahl

Beitrag von Niels »

Clemens hat geschrieben:Ich habe es - im Notfall - auch schon so gemacht, dass ich bewusst alle nichtkonsekrierten Hostien konsekriert habe, allerdings nichtwissend, welche der vorliegenden nun welche waren.
Geht das nicht auch? ("Gehen" meint hier nicht: "das ist toll und empfehlenswert", sondern: "als Notlösung durchführbar") Scheint mir immerhin besser, als verbrennen.
Ich sehe da kein Problem, im Gegenteil. In dubio: consecratio sub conditione.
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

NurNochKatholisch
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Re: Abendmahl

Beitrag von NurNochKatholisch »

Allons hat geschrieben:Klar meine ich. Übrigens, bislang hat noch keiner erklärt bei diesen unseligen Abendmahlsdebatten was eigentlich an einer Rekonsekration so problematisch wäre. Da die Rekonsekration kein bestimmungsgemäßer Gebrauch der Hostie wäre würde die Realpräsenz ja mindestens eine juristische Sekunde vor der Konsekration erlöschen. Quasi blitzartig.

HG, Allons!
Was daran problematisch ist? Ich halte es für problematisch, wenn überhaupt bereits konsekrierte Partikel am Ende der Abendmahlsfeier nicht summiert werden, sondern in die Hostiendose (oder an sonst irgendeinen Ort) zurückgelegt werden. Dass übrig gebliebene Partikel, die einmal konsekriert wurden wieder zu reinem Brot werden nach der Abendmahlsfeier, dieses überhaupt nur anzunehmen, dafür gibt es überhaupt keinen Anlass. Die Realpräsenz hört nicht einfach auf. Wenn eine Hostie nicht "Bestimmungs-gemäß gebraucht" wird, dann ist das eine Verunehrung des Leibes Christi, vor der uns der Apostel Paulus eindringlich im 1. Korintherbrief warnt.

Ich glaube es so: Wenn Christus durch seinen geweihten Diener über Brot und Wein spricht: "Das ist mein Leib; das ist mein Blut", dann ist damit eine neue Wirklichkeit gesetzt, die ich nicht mehr hinterfragen möchte, wenn ich den Worten meines Herrn glaube. Daraus kann man m.E. nur noch zwei Konsequenzen ziehen:

Entweder wird alles verzehrt, was konsekriert wurde (d.h. dann aber auch, dass ich vorher sorgsam überlege, wieviel ich auf die Patene lege);
oder aber man benötigt einen Tabernakel, um die konsekrierten Partikel sorgfältig aufzubewahren z.B. für die Krankenkommunion oder eine spätere Abendmahlsfeier (wobei ich den letzteren Fall als Lutheraner eigentlich für nicht so gut halte, aber das ist eine andere Diskussion).

Problematisch an der Rekonsekration ist, dass hier bereits die Lehre der Realpräsenz, wie sie in der katholischen und der lutherischen Kirche gelehrt wird, ad absurdum geführt wird. Wenn es einmal der Leib Christi ist, muss es sorgsam von gewöhnlichem Brot unterschieden werden. Bei der von vom User "Allons" geschilderten Praxis wird diese Unterscheidung aufgehoben.

@Clemens: Was hindert dich denn daran, vorher schon konsekrierte von unkonsekrierten Partikeln zu trennen und zu unterscheiden? Ich finde deine "Notlösung" nicht wirklich gut.

Ich mache es so: ich verzehre grundsätzlich alles, was ich konsekriert habe. Anschließend purifiziere ich Patene und Kelch. Das war bislang noch nie ein Problem. Wenn ich einmal nachkonsekrieren muss, stelle ich die Patene mit dem Leib Christi für alle sichtbar seitlich ab, nehme neue Hostien aus der Pyxis und konsekriere diese (und nur diese) direkt auf dem Corporale durch Epiklese und Einsetzungsworte (nur das Brotwort). Beim Kelch handhabe ich es so, dass ich ihn austrinke und dann mit neuem Wein aus der Kanne konsekriere.
Nachkonsekration, Summieren und Purifizieren haben für mich den entscheidenden Vorteil, dass hier ganz besonders deutlich wird, wodurch die Gegenwart des Leibes und Blutes zustande kommt, nämlich durch die Worte unseres Herrn, und das Realpräsenz nicht nur eine leere Lehre ist, sondern mit unserer Handlungsweise und unserem Glaubensleben konform gehen muss.
Ehemals "KatholischAB" ist nun "NurNochKatholisch" und glücklich in die vollen Gemeinschaft der Kirche aufgenommen zu werden

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