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Neue Rückbesinnung auf die Sakramente der Ehe und Beichte
Verfasst: Mittwoch 23. Mai 2007, 12:40
von Walter
Der Fall von Frau Käßmann hat in der evangelischen Kirche erstaunliche Diskussion um abgeschafft scheinende Sakramente ausgelöst:
Schon Luther hat einzig Taufe und Eucharistie als sakrament erklärt, die anderen aber als sakramentale Handlung nicht abgeschafft, das geschah erst im letzten Jahrhundert: Eheschließungen wurden Scheidungsfeiern und wie auch immer geschlechtlichen Paarsegnungen gleichgestellt, die Beichte durch Gesprächskreise und -therapien ersetzt.
Die Scheidung von Frau Käßmann und die Diskussion darüber hat nun offensichtlich unabhängig von der Person der "Betroffenen" zu einer Rückbesinnung auf alte Werte geführt.
Die führende evangelische Nachrichtenagentur
idea hat eine Online-Umfrage gestartet, ob Geschiedene leitende Funktionen in Kirche oder Gemeinde ausüben können sollten?
Bislang sind über 54% generell gegen Geschiedene in leitenden Kirchenämtern, nur 34% wollen das nicht ausschließen.
Schon am
14.05. urteilte der theologischer Oberkirchenrat ihrer Nachbarkirche, Dr.Werner Führer:
Ja, ein Rücktritt ist notwendig
Margot und Eckhard Käßmann lassen sich scheiden. Sie haben Anspruch auf unser Mitgefühl. Aber sie sind nicht nur Privatpersonen, sondern Amtsträger der Kirche. Amtsträger der Kirche können nicht gegen Gottes ausdrücklichen Willen handeln, ohne dass sie die Kirche unglaubwürdig machen. Vielmehr ist ein Schuldeingeständnis unabdingbar. Außerdem muss zum Schutz der Kirche und der Gemeinde sowie zur Vermeidung von Ärgernissen die Versetzung in ein anderes Amt vorgenommen werden. Damit wird öffentlich zum Ausdruck gebracht, dass Gottes heiliger Wille auch gegenüber den Amtsträgern der Kirche unverbrüchlich gilt. Aber nicht nur Gottes Gesetz, auch das Evangelium kommt darin zum Ausdruck, dass die Kirche den Amtsträger nicht fallen lässt, sondern ihn versetzt, um ihm einen Neuanfang zu ermöglichen.
Es besteht zwar keine Pflicht zum Rücktritt, aber Bischöfin Käßmann sollte ihr Amt selbst zur Verfügung stellen. Das ist sie dem Herrn der Kirche wie der Kirche schuldig. Was sollen Heranwachsende von einer Kirche halten, die Außergewöhnliches fordert, aber selbst nicht einmal das Gewöhnliche tut, die sich vielmehr Gottes Gebot so zurechtlegt, wie es ihr gerade passt.
Dr. Werner Führer (Bückeburg), theologischer Oberkirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe
Gestern legte ihr Sächsischer Amtskollege nach:
D r e s d e n (idea) – Als Konfliktpotenzial für die Kirche hat der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens die beabsichtigte Ehescheidung der hannoverschen Bischöfin Margot Käßmann bezeichnet.
Während einige einen solchen Schritt verstehen könnten, gebe es andere, für die er nicht nachzuvollziehen sei, sagte Bohl der Sächsischen Zeitung (Dresden). Mit dieser Spannung müsse auch die Kirche umgehen. Der Bischof verteidigte die Regelung der sächsischen Landeskirche, wonach Pfarrer im Fall ihrer Ehescheidung die Stelle wechseln müssen. Pfarrer hätten die Aufgabe, den Menschen deutlich zu machen, dass die Ehe keine Lebensabschnittsbeziehung sei, so Bohl. Wenn ihnen das selbst nicht gelinge, seien sie unglaubwürdig. Sowohl für die Gemeinde als auch für den Pfarrer sei es hilfreich, nach einer solchen Krise an einem anderen Ort neu anfangen zu können. Im Blick auf den Verbleib Käßmanns im Bischofsamt verwies Bohl darauf, dass Frau Käßmann Bischöfin der hannoverschen Landeskirche sei: „Und die regelt einige Dinge eben anders als beispielsweise die sächsische Landeskirche.“
Ebenfalls
seit gestern interessiert die Evangelischen hierzulande sogar wieder, was denn Jesus und die Bibel zum Thema Ehescheidung sagen:
“… dann ist’s nicht gut zu heiraten”
Von Anfang an ein Ärgernis: Die Unauflöslichkeit der christlichen Ehe Was sagt die Bibel zu Scheidung? Wie sollen Christen mit dem Zerbruch einer Ehe umgehen? Welche Erfahrungen machen Christen in der Ehekrise? idea-Reporter Marcus Mockler fasst zusammen, wie biblisch orientierte Theologen das Thema einstufen.
Jesus hat sich mit seinen Anweisungen in Sachen Ehe nicht viele Freunde gemacht. Der Evangelist Matthäus überliefert folgende Worte (Kap 17): „Wer sich von seiner Frau scheidet, es sei denn wegen Unzucht, und heiratet eine andere, der bricht die Ehe.“ Jesus verkündet kompromisslos: Verheiratete haben sich auf Gedeih und Verderb aneinander gebunden. Moderne Begründungen für Scheidungen („Unsere Liebe ist gestorben“ oder „Wir sind einfach zu verschieden“) finden hier keinen Platz. Ganz allgemein gilt: „Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.“ (Matth 19,6)
Wiederheirat macht „unversöhnlich“
Warum vertritt Christus so knallhart die Unauflöslichkeit der Ehe? Einen Schlüssel dazu liefert der Apostel Paulus. Er schreibt an die Epheser (Kap. 5): „Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein (1. Mose 2,24). Dies Geheimnis ist groß; ich deute es aber auf Christus und die Gemeinde.“ Im Klartext: In der Ehe (insbesondere in der christlichen) spiegeln Mann und Frau das Verhältnis wider, das Christus zu seiner Gemeinde hat. Seine Gemeinde macht sich schuldig, geht falsche Wege, trennt sich vielleicht sogar zeitweise von Christus – aber er lässt sich nicht „scheiden“, sondern steht treu zu ihr.
Das ist der neutestamentliche Hintergrund, auf dem nicht nur die katholische Kirche, sondern auch einige evangelikale Theologen ein klares Nein zur Wiederheirat Geschiedener sagen. Besonders profiliert haben sich hier die Ethiker des Theologischen Seminars St. Chrischona (Basel) – früher Klaus Bockmühl, später Helmut Burkhardt und heute Werner Neuer. Sie weisen darauf hin, dass nach Mk 10 vor Gott eine Ehe selbst dann noch gültig ist, wenn sie vor den Menschen bereits geschieden wurde. Das wichtigste Argument gegen eine Wiederheirat: Wer mit einem anderen verheiratet ist, kann die vor Gott geschlossene erste Ehe nicht wieder aufnehmen. Eine vollständige Versöhnung wird dadurch unmöglich.
Heute wird klargestellt, dass eine Wiederheirat wenn überhaupt, dann nur nach Beichte und Buße geschehen kann.
Ohne Beichte geht es nicht
Der Umgang mit Geschiedenen ist eine seelsorgerliche Herausforderung. Leser des Neuen Testamentes wissen, dass die Scheidepraxis des Alten Testamentes, die auch die Wiederheirat Geschiedener ermöglichte, eine Notordnung, der Jesus ausdrücklich widerspricht, ist. Für ihn ist die Ehe nach dem Willen des Schöpfers unscheidbar. Hansjörg Bräumer beschreibt, welche Anforderungen an Christen im Falle einer Scheidung zu stellen sind.
Vor welcher Herausforderung steht nun ein Seelsorger, wenn eine Ehe zerbrochen ist? Jesus nennt einen Ausnahmefall für die Scheidung (in Mt 5,32 erlaubt er sie bei „Unzucht“) – er weitet diese Ausnahme aber nicht auf die Wiederheirat Geschiedener aus.
Konsequenz hat Grenzen
Wer deshalb ablehnt, dass geschiedene Christen neu heiraten, bezieht eine konsequente und achtenswerte Position, die aber Grenzen hat:
1. Die in Jesu Sühnetod gründende Vergebung gilt für alle Sünden. Die Vergebung der Sünde setzt allerdings Umkehr, das heißt Bekenntnis der Schuld und Reue, voraus. Die Gebote Gottes bleiben dabei gültig. Sie werden durch die Zusage der Vergebung nicht außer Kraft gesetzt. Zwei Partnern, die eine neue Ehe aus der Vergebung heraus beginnen wollen, kann und darf aber die Barmherzigkeit Gottes nicht entzogen werden. Das Traugespräch mit zwei Partnern, von denen einer oder beide eine geschiedene Ehe hinter sich haben, ist somit ein Beichtgespräch. Der Beichthörende wird deutlich machen, dass Gottes Gnade keine Schleuderware, sondern teure Gnade ist. Er muss entscheiden, ob er die Vergebung zusprechen kann oder im Namen Jesu die Sünde behalten muss.
[...]
Ich bin mal gespannt, mit was die evangelische "Partei-Linke" auf all das kontern wird.

Verfasst: Donnerstag 24. Mai 2007, 13:05
von Lutheraner
Das ist alles nichts neues, nur wie hier teilweise gegen die Evang. Kirche gehetzt wird, habt ihr das (absichtlich oder unabsichtlich) falsch wahrgenommen.
Mit einem Sakrament der Ehe hat das rein gar nichts zu tun. Orthodoxe und Anglikaner sehen die Ehe ebenfalls als Sakrament und erlauben selbstverständlich unter gewissen Kriterien (wie wir auch) die erneute kirchliche Trauung nach einer Scheidung.
Verfasst: Donnerstag 24. Mai 2007, 16:51
von Walter
Lutheraner hat geschrieben:Das ist alles nichts neues, nur wie hier teilweise gegen die Evang. Kirche gehetzt wird, habt ihr das (absichtlich oder unabsichtlich) falsch wahrgenommen.
Mit einem Sakrament der Ehe hat das rein gar nichts zu tun. Orthodoxe und Anglikaner sehen die Ehe ebenfalls als Sakrament und erlauben selbstverständlich unter gewissen Kriterien (wie wir auch) die erneute kirchliche Trauung nach einer Scheidung.
Hallo "Lutheraner",
was verstehst du genau unter "wie wir auch"? Luther selbst? (der sicher sehr von seiner Lehre überzeugt war, aber sich nicht als unfehlbar verstand), die SELK? (die dagegen Luther als unfehlbar versteht), eine der später (oder heute) mehr oder weniger luthertreu verfassten Landeskirchenverfassungen?
Luther selbst zählte ja bekanntlich die Ehe nicht zu den Sakramenten, vor allem lehnte er ja die Kirche als Institution ab, deshalb kann die (nach welchen Kriterien auch immer) kaum entscheiden, ob nun geschieden werden kann oder ob nicht. Das kann (nach Luther) nur ein weltliches Gericht, denn
"die Ehe ist ein weltlich Ding".
Verfasst: Donnerstag 24. Mai 2007, 17:48
von Bischof
Hallo Walter!
Sie schreiben, dass die SELK Luther für Unfehlbar hält. Das würde mich interessieren - haben Sie dafür eine Quelle, einen Beleg oder ist das ein Vorurteil und Schubladendenken?
Ich bin sehr gespannt auf die Nennung Ihrer Quelle...
Herzliche Grüße Bischof
Zufrieden
Verfasst: Donnerstag 24. Mai 2007, 18:06
von sofaklecks
Ach, bin ich zufrieden!
Ich dachte immer, nur wir Katholiken seien so, na sagen wir mal, hasardisch.
Aber das sind offenbar die Protestanten ebenso.
Walter hat doch gerade geschrieben, Luther habe sich NICHT für unfehlbar gehalten.
Aber, wenn es dich tröstet, Eminenz, mir geht's manchmal auch so, wenn meine überschiessende Innentendenz mit mir durchgeht.
sofaklecks
Verfasst: Donnerstag 24. Mai 2007, 18:18
von Walter
Bischof hat geschrieben:Sie schreiben, dass die SELK Luther für Unfehlbar hält. Das würde mich interessieren - haben Sie dafür eine Quelle, einen Beleg oder ist das ein Vorurteil und Schubladendenken?
Das ist nur meine persönliche Erfahrung vor Ort (Oberursel).
Ich habe seinerzeit eine
glaubwürdge Alternative zur EKHN gesucht, bei der SELK jedoch fiel mir zum ersten Mal der Wiederspruch richtig auf, dass zum einen die Tradition der Apostel und Kirchenväter abgelehnt wird (da wo sie Luther widerspricht), andererseits die Bekenntnisschriften Luthers selbst als
die Tradition überhaupt angesehen wird (von wegen
sola scriptura). Das war für mich ausschlaggebend, lieber einer Kirche mit apostolischer Tradition beizutreten.
Trotzdem habe ich großen Respekt vor der SELK, weil sie trotz masiver Kritik die unselige Abendmahlsunion mit den Reformierten (und deshalb auch mit den Unierten) weiterhin ablehnt.

Verfasst: Donnerstag 24. Mai 2007, 18:19
von Bischof
Hallo Sofaklecks!
Ich beziehe mich in meiner Anfrage an Walter auf den zweiten Teil
Zitat ... die SELK? (die dagegen Luther als unfehlbar versteht) ... Zitat Ende.
Herzliche Grüße
Bischof
Au weh
Verfasst: Donnerstag 24. Mai 2007, 18:59
von sofaklecks
Au weh, sofaklecks,
ein Kardinalfehler bei einem Bischof.
Ein Jurist soll sich halt aus theologischen Diskussionen heraushalten.
Ich gelobe feierlich Besserung!
sofaklecks
Verfasst: Freitag 25. Mai 2007, 14:53
von Bischof
Hallo Sofaklecks!
Endlich mal einer mit Humor
Herzliche Grüße
Bischof

Verfasst: Freitag 25. Mai 2007, 15:09
von Bischof
Hallo Walter!
Bezüglich der Zuordnung von Schrift und Tradition in der lutherischen Kirche ist es nicht so einfach, wie sich mancher Römer denkt.
Die Tradition der Apostel und Kirchenväter werde also Ihrer Meinung nach in der SELK abgelehnt... Hat Ihnen das dort der Pfarrer erzählt? Wie konnten Sie zu diesem Schluß kommen?
Denn das stimmt nicht. Die lutherischen Bekenntnisschriften zitieren in Massen Kirchenväter und man mag es kaum Glauben Päpste im positiven Sinn. Würde jetzt eine Kirchengemeinde oder ein Pfarrer behaupten, dass die Tradition erst mit Luther beginne, stellte er sich gegen seine eigenen Bekenntnisschriften.
Ich habe ein bisschen den Eindruck, aber da lasse ich mich gerne korrigieren, dass Sie vielleicht das eine oder andere mal da waren, aber sich letztlich dann doch nicht intensiv genug mit manchem Thema beschäftigt haben.
Um mal einem Vorurteil entgegenzutreten. norma normans (normierende Norm) ist in den lutherischen Kirchen die Heilige Schrift als Gottes unfehlbares Wort, Alten und Neuen Testaments. Abgeleitet aus der Heiligen Schrift als deren gültige Auslegung sind die lutherischen Bekenntnisschriften (Nicht Luther per se!) als norma normta (genormte Norm). Die Bibel als normierende Norm, normiert die Lutherischen Bekenntnisschriften. Quelle der Lehre ist allein die Heilige Schrift (sola scriptura). Aus dieser Quelle fließen, ihr untergeordnet und stets an ihr zu überprüfen, die Tradition der Kirche und die Bekenntnisse der Kirche. Die Schrift ist der Tradition also übergeordnet. In der römischen Kirche sind sie gleichgeordnet. Das ist der Unterschied. Aber zu behaupten, dass die Tradition der Apostel und der Kirchenväter abgelehnt wird ist schlicht falsch und leider auch nur ein Vorurteil.
Ich hoffe, dass ich einiges zum Abbau von Vorurteilen beitragen konnte.
Herzliche Grüße
Bischof
Verfasst: Sonntag 27. Mai 2007, 23:11
von Lutheraner
Walter hat geschrieben:was verstehst du genau unter "wie wir auch"? Luther selbst?
Nein, seine Privatmeinung spielt für uns keine Rolle. Für uns zählen Bibel und die Bekenntnisschriften, in denen festgehalten ist, was die Kirche immer geglaubt hat. Wichtige Bekenntnisschriften wie die CA, die Konkordienformel und die drei Credos der Alten Kirche stammen auch überhaupt nicht von Luther.
Walter hat geschrieben:
(der sicher sehr von seiner Lehre überzeugt war, aber sich nicht als unfehlbar verstand), die SELK? (die dagegen Luther als unfehlbar versteht)
Darauf ist Bischof freundlicherweise schon eingegangen
Walter hat geschrieben:
eine der später (oder heute) mehr oder weniger luthertreu verfassten Landeskirchenverfassungen?
Auch hier ist "luthertreu" der falsche Begriff. Die Frage ist wie treu sie gegenüber Schrift und Bekenntnis sind.
Walter hat geschrieben:
Luther selbst zählte ja bekanntlich die Ehe nicht zu den Sakramenten, vor allem lehnte er ja die Kirche als Institution ab, deshalb kann die (nach welchen Kriterien auch immer) kaum entscheiden, ob nun geschieden werden kann oder ob nicht. Das kann (nach Luther) nur ein weltliches Gericht, denn "die Ehe ist ein weltlich Ding".
Das stimmt so nicht. Die Bibel gibt selbstverständlich Auskunft über Ehe und Scheidung und das hat mit einer Festlegung der Ehe als Sakrament überhaupt nichts zu tun.
Wenn dich aber Luthers eigene Meinung hierzu interessiert empfehle ich Dir die Lektüre von "Vom ehelichen Leben"
http://bitflow.dyndns.org/german/Martin ... n_1522.pdf
Verfasst: Montag 28. Mai 2007, 10:30
von John Grantham
Lutheraner hat geschrieben:Mit einem Sakrament der Ehe hat das rein gar nichts zu tun. Orthodoxe und Anglikaner sehen die Ehe ebenfalls als Sakrament und erlauben selbstverständlich unter gewissen Kriterien (wie wir auch) die erneute kirchliche Trauung nach einer Scheidung.
Die Sache ist so -- wir reden nicht von der Ehe von uns Normalsterblichen, sondern von
hohen Amtsträgern der Kirche, nämlich Bischöfen oder (mit Verlaub) Bischöfinnen (bitte an dieser Stelle keine Querschüsse von wegen "sowas gibt's nicht").
Ja, Orthodoxen und Anglikaner "erlauben" die Wiederehe nach einer Scheidung unter gewissen Voraussetzungen; bei den Orthodoxen geht das (wen ich mich richtig erinnere) nur zweimal, und dann ist Schluss; bei uns ist das je nach Nationalkirche anders, aber es wird ebenfalls relativ streng gehandhabt (also ist es nicht "alles ist erlaubt").
Bei den Orthodoxen sind Bischöfe (wenn ich mich richtig erinnere) sowieso zölibatär, also ein Fall wie bei Bischöfin Käßmann wäre sowieso nicht machbar (von Bischöfinnen abgesehen).
Scheidungen bei der Church of England werden immer noch sehr streng gehandhabt -- es ist nur in jüngster Zeit, dass eine Ehe nach der Scheidung überhaupt erlaubt ist. Bei einer Wiederehe werden die Eheleute unter die Lupe genommen und es kommt oft vor, dass die Kirche einfach nein sagt. Soweit ich es weiß gibt es keine Bischöfe dort, die geschieden sind (wobei SD da mehr sagen kann als ich).
Bei uns in der Episkopalkirche (=Anglikaner in den USA) war die Tatsache, dass +Gene Robinson, der Bischof von New Hampshire, nicht nur homosexuell, sondern auch geschieden, eine besondere Belastung für die jetzige Krise innerhalb unserer Kirche und trug dazu bei, dass die anderen anglikanischen Schwesterkirchen uns verurteilten, nachdem er zum Bischof geweiht wurde. Aber auch da gibt es m.W.n. keine anderen geschiedenen Bischöfe und soweit ich es weiß keine Scheidungen im Amt.
Cheers,
John
Verfasst: Montag 28. Mai 2007, 18:12
von Lutheraner
John Grantham hat geschrieben:Die Sache ist so -- wir reden nicht von der Ehe von uns Normalsterblichen, sondern von hohen Amtsträgern der Kirche, nämlich Bischöfen oder (mit Verlaub) Bischöfinnen
Nö. Schau dir mal den Threadtitel und das Ausgangsposting an.
Verfasst: Montag 28. Mai 2007, 18:34
von John Grantham
Lutheraner hat geschrieben:John Grantham hat geschrieben:Die Sache ist so -- wir reden nicht von der Ehe von uns Normalsterblichen, sondern von hohen Amtsträgern der Kirche, nämlich Bischöfen oder (mit Verlaub) Bischöfinnen
Nö. Schau dir mal den Threadtitel und das Ausgangsposting an.
Habe ich ja, und Walter redet vom Fall Bischöfin Käßmann sehr fleißig.
Dass die Ehe überhaupt nicht aufgelöst werden kann, ist m.W.n. nur Ansicht der Römisch-Katholischen Kirche (wobei sie mogelt und sie redet von einer Annulierung...). Auch wenn man die Ehe als Sakrament betrachtet (wie wir Anglikaner und die Orthodoxen) heißt es nicht, dass man die Ehe nicht wieder -- nach Buße und Beichte -- auflösen kann und man kann wieder heiraten. Das soll nur im Extremfall vorkommen, und die Wiederehe sollte nur nach genauester Prüfung geschehen.
Die Begründung für die Ehe als Sakrament ist relativ einfach. Sie wird an einigen Stellen als "Mysterium" dargestellt, als Sakrament also. "Und die zwei werden zu einem Fleisch". Warum Luther das nicht als Sakrament verstehen konnte, ist mir ehrlich gesagt schleierhaft. Da steht es ziemlich schwarz auf weiß im Epheser-Brief im 5. Kapitel.
Also wenn ein Amtsträger der Kirche ein Sakrament -- oder meinetwegen "nur" ein ehrwürdiges Versprechen vor Gott und Familie, wenn Dir das Wort Sakrament zu viel ist -- öffentlich bricht, verstehe ich überhaupt nicht, wie diese Person weiterhin im Amt bleiben kann, ohne zumindest Buße getan zu haben als Allerminimum.
Cheers,
John
Verfasst: Dienstag 29. Mai 2007, 11:34
von FranzSales
Um mal einem Vorurteil entgegenzutreten. norma normans (normierende Norm) ist in den lutherischen Kirchen die Heilige Schrift als Gottes unfehlbares Wort, Alten und Neuen Testaments. Abgeleitet aus der Heiligen Schrift als deren gültige Auslegung sind die lutherischen Bekenntnisschriften (Nicht Luther per se!) als norma normta (genormte Norm). Die Bibel als normierende Norm, normiert die Lutherischen Bekenntnisschriften. Quelle der Lehre ist allein die Heilige Schrift (sola scriptura). Aus dieser Quelle fließen, ihr untergeordnet und stets an ihr zu überprüfen, die Tradition der Kirche und die Bekenntnisse der Kirche. Die Schrift ist der Tradition also übergeordnet. In der römischen Kirche sind sie gleichgeordnet. Das ist der Unterschied. Aber zu behaupten, dass die Tradition der Apostel und der Kirchenväter abgelehnt wird ist schlicht falsch und leider auch nur ein Vorurteil.
Der lutherische Theologieprofessor Prof. Dr. Nürnberger schreibt dazu:
Im katholischen Bereich ist die Unverfügbarkeit und Unveränderlichkeit geltender dogmatischer Formulierungen verständlich. Das Tridentinum ist Teil des Dogmas, das auf Grund einer für den Katholizismus grundlegenden dogmatischen Vorentscheidung göttlichen Rechts und also unfehlbar ist. Dass Lutheraner aber genau dasselbe tun, ist nicht verständlich, denn nach lutherischer Auffassung ist nicht ein Gesetz, auch kein Glaubenssatz, sondern das Evangelium die Grundlage der Kirche. Seit der altprotestantischen Orthodoxie ist an die Stelle des Evangeliums faktisch die »biblische Lehre« als norma normans, an deren Stelle wieder das Bekenntnis, angeblich als norma normata, in Wirklichkeit als allein geltende Richtlinie gültiger Schriftauslegung getreten. Die »biblische Lehre« ist dogmatisch fixiert. Formal unterscheiden wir uns also gar nicht vom Katholizismus – trotz unseres andersartigen Ausgangspunktes bei der »Gratuität«, statt bei der Autorität.
Er teilt also auch Walters -und übrigens auch meine- Einschätzung des real-existierenden Luthertums seit der Reformation.
Verfasst: Dienstag 29. Mai 2007, 12:36
von Stephen Dedalus
Walter hat geschrieben:Bischof hat geschrieben:Sie schreiben, dass die SELK Luther für Unfehlbar hält. Das würde mich interessieren - haben Sie dafür eine Quelle, einen Beleg oder ist das ein Vorurteil und Schubladendenken?
Das ist nur meine persönliche Erfahrung vor Ort (Oberursel).

Das deckt sich zu 100% mit meinen Erfahrungen.
Verfasst: Samstag 2. Juni 2007, 10:02
von Bischof
Sehr geehrter Herr Dedalus!
Sie geben London als Wohnort an - es gibt keine SELK in London, allenfalls eine lutherische Schwesterkirche in England.
Herzliche Grüße
Bischof
Verfasst: Samstag 2. Juni 2007, 11:25
von Stephen Dedalus
Bischof hat geschrieben:Sehr geehrter Herr Dedalus!
Sie geben London als Wohnort an - es gibt keine SELK in London, allenfalls eine lutherische Schwesterkirche in England.
Herzliche Grüße
Bischof
Eminenz,
Menschen können umziehen!
Ich bin mit einem SELKi zur Schule gegangen, war mit einem beim Bund, bin mit einem Ex-SELKi und einem Noch-SELKi enger befreundet und hatte auf diversen ökumenischen Tanzböden häufiger das Vergnügen.
Reicht das?
Verfasst: Samstag 2. Juni 2007, 11:35
von John Grantham
Stephen Dedalus hat geschrieben:Bischof hat geschrieben:Sehr geehrter Herr Dedalus!
Sie geben London als Wohnort an - es gibt keine SELK in London, allenfalls eine lutherische Schwesterkirche in England.
Eminenz,
Menschen können umziehen!
Aber das erklärt die unglaublichen Deutschkenntnisse nicht! Was für einen komischen Engländer sind Sie denn?
Cheers,
John
Verfasst: Samstag 2. Juni 2007, 12:52
von Linus
Stephen Dedalus hat geschrieben: ökumenischen Tanzböden
Da sieht mans wieder: Statt Gebet gibts Tanz. Und dann wundert dich noch einer, daß so manchem die Kirche unglaubwürdig vorkommt.
(SCNR)
Verfasst: Samstag 2. Juni 2007, 13:00
von Stephen Dedalus
Linus hat geschrieben:Stephen Dedalus hat geschrieben: ökumenischen Tanzböden
Da sieht mans wieder: Statt Gebet gibts Tanz. Und dann wundert dich noch einer, daß so manchem die Kirche unglaubwürdig vorkommt.
(SCNR)
Beim Tanzen kann man sich leichter mal auf die Füße treten...
Und dann gibt es ja auch noch liturgischen Tanz.

Verfasst: Donnerstag 14. Juni 2007, 15:13
von Walter
idea hat geschrieben:14.06.07
Scheidung kirchlicher Amtsträger schadet der Gemeinde
W a l s r o d e (idea) – Besorgt über die zunehmenden Ehescheidungen in christlichen Gemeinden und unter kirchlichen Amtsträgern haben sich der Gemeindehilfsbund und das Gemeindenetzwerk geäußert. Diese Entwicklung sei ein Warnsignal, das auf fehlende Eheseelsorge hinweise, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die am 14. Juni in Walsrode veröffentlicht wurde.
Der seit 1992 bestehende Gemeindehilfsbund bietet angesichts des kirchlichen Lehrpluralismus seelsorgerliche Hilfen und biblisch-theologische Orientierung an. Im Gemeindenetzwerk sind bibel- und bekenntnisorientierte Gemeinden und Einzelpersonen aus den 23 Landeskirchen zusammengeschlossen. Hintergrund für die Erklärung ist die Diskussion um die angekündigte Ehescheidung der hannoverschen Landesbischöfin Margot Käßmann. Wie es heißt, seien kirchliche Amtsträger, zumal im Bischofsamt, Vorbilder für die Gemeinde. „Wenn sie ihre Ehe scheiden lassen, schaden sie der Gemeinde, weil sie den Stiftungscharakter der Ehe verletzen.“ Sie schadeten ihrem Dienst, weil sie bei Trauungen die biblische Sicht von der lebenslangen Dauer der Ehe nicht glaubwürdig bezeugen könnten. Demgegenüber sei es „eine starke Ermutigung für die Gemeinde, ein wichtiger Beitrag für die Glaubwürdigkeit des pastoralen Dienstes und ein deutliches Signal für die Welt, wenn sie sich nach durchstandener Krise wieder neu zu ihrer Ehe bekennen oder, falls die Scheidung schon erfolgt sein sollte, wieder heiraten“. Jede geheilte Ehe, zumal von Amtsträgern, sei ein starkes Zeugnis für die Kraft des christlichen Glaubens.
Ehe als lebenslanges Treuebündnis vorleben
Der Stellungnahme zufolge sei es angesichts der unvermindert hohen Scheidungsrate in Deutschland ein Vorrecht der christlichen Gemeinde, „den hohen Wert der Ehe als lebenslanges Treuebündnis zwischen Mann und Frau vorzuleben und zu bezeugen“. Die Ehe bilde das Treueverhältnis Christi zu seiner Gemeinde ab. Dieses Wissen gebe Christen Hoffnung und Kraft, auch in schwieriger Zeit an ihrer Ehe festzuhalten. Das neutestamentliche Scheidungsverbot erscheine heute vielen als hartherzig und streng. Aber es beruhe auf der Sichtweise, dass Gott die Ehe gestiftet und lebenslang angelegt habe. Die Autoren verweisen auf die Aussage Jesu „Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden“ (Matthäus 19,6).
Scheidung nur bei Unzucht zulässig
Jesus lasse für seine Nachfolger nur einen einzigen Grund für die Ehescheidung gelten, wenn Unzucht vorliege. Damit sei vor dem jüdischen Hintergrund des Matthäusevangeliums „wahrscheinlich eine Ehe innerhalb enger Verwandtschaftsgrade gemeint“. Gemeindehilfsbund und Gemeindenetzwerk rufen Gemeinden dazu auf, Scheidungswilligen Mut zu machen, an ihrer Ehe festzuhalten und die Ursachen der Krise zu beseitigen. Dabei könne auch eine vorübergehende Trennung erwogen werden. Vor allem sei es die vorrangige geistliche Pflicht der Gemeinde, für Ehen in Krisen zu beten und ihnen beizustehen. Unterschrieben ist die Stellungnahme von den Pastoren Joachim Cochlovius (Walsrode), Jens Motschmann (Bremen) und Kirchenrat i.R. Rolf Sauerzapf (Kassel) für den Bruderrat des Gemeindehilfsbunds sowie von den Pfarrern Tobias Eißler (Mundelsheim/Neckar), Rolf-Alexander Thieke (Berlin) und Wolfgang Sickinger (Mülheim/Ruhr) für den Vertrauensrat des Gemeindenetzwerks. (
www.gemeindenetzwerk.org)
Verfasst: Mittwoch 27. Juni 2007, 13:11
von Lutheraner
FranzSales hat geschrieben:
(...) Die »biblische Lehre« ist dogmatisch fixiert. Formal unterscheiden wir uns also gar nicht vom Katholizismus – trotz unseres andersartigen Ausgangspunktes bei der »Gratuität«, statt bei der Autorität.
Er teilt also auch Walters -und übrigens auch meine- Einschätzung des real-existierenden Luthertums seit der Reformation.
Kant bemängelte schon, dass das Luthertum sich in seiner Starrheit kaum vom Katholizismus unterscheidet und Lessing warf den lutherischen Pfarrern vor, sie hätten es gar nicht so gerne wenn ihre Schäfchen die Bibel zu genau lesen.
Die Bibel legt sich nicht selbst aus. In den lutherischen Bekentnisschriften ist der überlieferte Gaube der alten Kirche, der an der Bibel geprüft und damit von Irrtümern befreit wurde, festgehalten. Unsere Bekenntnisschriften - die CA ist ja auch bei Katholiken und Orthodoxen hoch angesehen - sind der einzige Weg die Bibel richtig auszulegen.
Verfasst: Mittwoch 27. Juni 2007, 13:17
von Lutheraner
Stephen Dedalus hat geschrieben:Walter hat geschrieben:Bischof hat geschrieben:Sie schreiben, dass die SELK Luther für Unfehlbar hält. Das würde mich interessieren - haben Sie dafür eine Quelle, einen Beleg oder ist das ein Vorurteil und Schubladendenken?
Das ist nur meine persönliche Erfahrung vor Ort (Oberursel).

Das deckt sich zu 100% mit meinen Erfahrungen.
Wenn die SELK Luther für unfehlbar hielte, würde sie die Theorie der unbefleckten Empfängnis lehren, an der Luther bis zu seinem Tode festhielt, dann hätte sie keine Konfirmation als Nachfolge der Firmung wieder eingeführt, dann gäbe es bei ihr keine Krankensalbung und würde sie das JohEv ("ich bin das Brot des Lebens") nicht mit Bezug auf die Realpräsenz auslegen. In all diesen Punkten und noch einigen mehr widerspricht die heutige Lehre der SELK der Privatmeinung Luthers.
Meiner Auffassung nach hält sich die SELK strikt an die Bekenntnisschriften, aber nicht an darüberhinausgehende Aussagen Luthers.
Verfasst: Mittwoch 27. Juni 2007, 13:43
von Stephen Dedalus
Lutheraner hat geschrieben:
Meiner Auffassung nach hält sich die SELK strikt an die Bekenntnisschriften, aber nicht an darüberhinausgehende Aussagen Luthers.
Deine beiden letzten Postings sind bemerkenswert. So so, die lutherischen Bekenntnisschriften sind also die einzige Möglichkeit, die Bibel richtig auszulegen?
Natürlich haben sich die Lutheraner entschieden, bestimmte Aspekte im Denken Martin Luthers zu ignorieren. Das ist auch sicher besser so. Den Rest haben sie in BEkenntnisschriften gegossen und für - wie an Deinem Posting zu sehen - für unfehlbar erklärt.
Interessant ist, daß man überhaupt keine Versuche sieht, die Bekenntnisschriften anhand der Schrift und der Väter überhaupt zu hinterfragen. Der ehemalige deutsche methodistische Bischof und ACK-Vorsitzende, Dr Walter Klaiber (wahrlich kein Kryptokatholik), stellte mal in einem Aufsatz zum Stand der Ökumene trocken fest, daß in der exegetischen Forschung etwa die biblische Untermauerung der lutherischen Rechtfertigungslehre komplett widerlegt sei (also die Berufung auf Rö), daß es aber in der lutherischen Theologie überhaupt keine erkennbaren Bemühungen gebe, dies in irgendeiner Form zur Kenntnis zu nehmen. Weiterhin stütze man seine Rechtfertigungslehre auf Biblestellen, die dafür denkbar ungeeignet sind.
Aber da ja die Bekenntnisschriften die einzige Möglichkeit der Bibelauslegung festschreiben, irrt hier eben die Exegese.

Verfasst: Mittwoch 27. Juni 2007, 19:48
von Lutheraner
Stephen Dedalus hat geschrieben:Interessant ist, daß man überhaupt keine Versuche sieht, die Bekenntnisschriften anhand der Schrift und der Väter überhaupt zu hinterfragen.
Den Vorwurf kannst du fast jeder christlichen Gemeinschaft machen, den römisch-katholischen und Orthodoxen Kirchen mit ihren speziellen Dogmen, den Baptisten, u.s.w.
Wenn ich in die Apokryphen des NT, in die Schriften Tertullians und Irenäus schaue, dann sehe ich keinen Grund zur Hinterfragung der Bekenntnisschriften. Ich sehe keine Abweichung von dem, was sich wie ein Faden durch die urkirchlichen Schriften zieht.
Verfasst: Mittwoch 27. Juni 2007, 20:05
von Stephen Dedalus
Lutheraner hat geschrieben:
Den Vorwurf kannst du fast jeder christlichen Gemeinschaft machen, den römisch-katholischen und Orthodoxen Kirchen mit ihren speziellen Dogmen, den Baptisten, u.s.w.
Nein, das denke ich nicht. Katholiken und Orthodoxe erheben nicht den Anspruch, ihre Lehre allein auf die Bibel zu stützen. Sie schöpfen aus einem reichen Fundus aus Schrift, Tradition, Vätern und kirchlichem Lehramt.
Die Lutheraner vertreten jedoch ein Sola Scriptura, das sie zudem in den Bekenntnisschriften fixiert haben. Wenn nun die Bibel als höchste Autorität Aussagen der Bekenntnisschriften nicht mehr stützt, muß das zu einem System-Error führen. Tut es aber interessanterweise nicht.
Wenn ich in die Apokryphen des NT, in die Schriften Tertullians und Irenäus schaue, dann sehe ich keinen Grund zur Hinterfragung der Bekenntnisschriften. Ich sehe keine Abweichung von dem, was sich wie ein Faden durch die urkirchlichen Schriften zieht.
Dann liest Du selektiv. Was ist zum Beispiel mit Ignatius und dem Bischofsamt?

Verfasst: Mittwoch 27. Juni 2007, 20:40
von Lutheraner
Stephen Dedalus hat geschrieben:Der ehemalige deutsche methodistische Bischof und ACK-Vorsitzende, Dr Walter Klaiber (wahrlich kein Kryptokatholik), stellte mal in einem Aufsatz zum Stand der Ökumene trocken fest, daß in der exegetischen Forschung etwa die biblische Untermauerung der lutherischen Rechtfertigungslehre komplett widerlegt sei (also die Berufung auf Rö), daß es aber in der lutherischen Theologie überhaupt keine erkennbaren Bemühungen gebe, dies in irgendeiner Form zur Kenntnis zu nehmen. Weiterhin stütze man seine Rechtfertigungslehre auf Biblestellen, die dafür denkbar ungeeignet sind.
Wenn wir jetzt einmal die biblische Begründung außen vor lassen - wie unterscheidet sich deiner Meinung nach die Rechtfertigungslehre der Methodisten oder der Baptisten von der lutherischen Rechtfertigungslehre?
Verfasst: Mittwoch 27. Juni 2007, 20:53
von Lutheraner
Stephen Dedalus hat geschrieben:Lutheraner hat geschrieben:
Den Vorwurf kannst du fast jeder christlichen Gemeinschaft machen, den römisch-katholischen und Orthodoxen Kirchen mit ihren speziellen Dogmen, den Baptisten, u.s.w.
Nein, das denke ich nicht. Katholiken und Orthodoxe erheben nicht den Anspruch, ihre Lehre allein auf die Bibel zu stützen. Sie schöpfen aus einem reichen Fundus aus Schrift, Tradition, Vätern und kirchlichem Lehramt.
Zusammengefaßt heißt das
Bibel und andere Schriften in überlieferter Auslegung. Ich sehe da vom Prinzip her keinen großen Unterschied. Der Glaube ist bei Orthodoxen und Lutheranern weitgehend statisch und das muß er auch sein.
Die Bibel-Auslegung ändert sich bei Orthodoxen und RKK doch auch nicht. Die werden immer an bestimmten Stellen wo
Jünger steht
Apostel lesen, weil die Auslegung sonst der Überlieferung der Traditin widerspräche.
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Die Lutheraner vertreten jedoch ein Sola Scriptura, das sie zudem in den Bekenntnisschriften fixiert haben. Wenn nun die Bibel als höchste Autorität Aussagen der Bekenntnisschriften nicht mehr stützt, muß das zu einem System-Error führen. Tut es aber interessanterweise nicht.
Warum sollte die Bibel diese Aussagen plötzlich nicht mehr stützen können ? Sie ändert sich ja nicht.
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Wenn ich in die Apokryphen des NT, in die Schriften Tertullians und Irenäus schaue, dann sehe ich keinen Grund zur Hinterfragung der Bekenntnisschriften. Ich sehe keine Abweichung von dem, was sich wie ein Faden durch die urkirchlichen Schriften zieht.
Dann liest Du selektiv. Was ist zum Beispiel mit Ignatius und dem Bischofsamt?

Wo widerspricht das den Aussagen der CA über das Bischofsamt?
Verfasst: Donnerstag 28. Juni 2007, 10:53
von Stephen Dedalus
Lutheraner hat geschrieben:
Wenn wir jetzt einmal die biblische Begründung außen vor lassen - wie unterscheidet sich deiner Meinung nach die Rechtfertigungslehre der Methodisten oder der Baptisten von der lutherischen Rechtfertigungslehre?
Hallo Lutheraner,
von den Baptisten weiß ich es nicht so genau. Die Methodisten haben jedoch eine interessante Position, die sich deutlich von der lutherischen unterscheidet. John Wesley hat zwar im Grundsatz den Gedanken der Rechtfertigung des Sünders aus Gnaden und Glauben allein übernommen, dies jedoch mit einer Heiligungslehre verbunden, die großen Wert auf die Früchte der Gnade im Leben des Gläubigen legt. Ohne Heiligende Gnade (sanctifying grace), könne es auch keine Wirkung der rechtfertigenden Gnade geben (justifying grace). Wer sich der Heiligung verschließt, verliert daher auch die Rechtfertigung. Der Mensch muß also durch stetige Heiligung die Rechtfertigung "lebendig" halten. Daher haben die guten Werke im Methodismus so eine große Bedeutung. In der Praxis läuft das auf einen gesunden Synergismus hinaus.
(Wobei man hier auch eine Entwicklung feststellen muß. Der frühe Wesley ab 1738 war mehr lutherisch geprägt, im Laufe seines Lebens schlug das Pendel immer mehr Richtung Synergismus und einer katholischen Synthese aus.)
Verfasst: Donnerstag 28. Juni 2007, 11:37
von Lutheraner
Hallo Stephen,
aber auch da sehe ich keinen großen Unterschied. Für Lutheraner sind gute Werke Ausdruck des Glaubens und dadurch ist beides fest miteinander verbunden. Wer nach christlichem Verständnis ein schlechter Mensch ist, glaubt auch nicht. Ich kann kein gläubiger Christ sein ohne die Gebote Christi zu befolgen.
Verfasst: Donnerstag 28. Juni 2007, 11:54
von Stephen Dedalus
Lutheraner hat geschrieben:Hallo Stephen,
aber auch da sehe ich keinen großen Unterschied. Für Lutheraner sind gute Werke Ausdruck des Glaubens und dadurch ist beides fest miteinander verbunden. Wer nach christlichem Verständnis ein schlechter Mensch ist, glaubt auch nicht. Ich kann kein gläubiger Christ sein ohne die Gebote Christi zu befolgen.
Es kommt auf die theologische Zuspitzung an.
Für Luther gibt es keine Rechtfertigung durch gute Werke.
Für Wesley gibt es keine Rechtfertigung ohne gute Werke.
Luther hat dies in zahlreichen krassen Beispielen durchgespielt. Sexuelle Ausschweifungen mit der Jungfrau Maria gehörten dazu. Für Wesley war ein solches Denken unvorstellbar.