Protestantische Mystik?

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
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overkott
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Protestantische Mystik?

Beitrag von overkott »

Wer definiert eigentlich Mystik? Und was soll an protestantischer Mystik anders sein?

Raphael

Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Wer definiert eigentlich Mystik? Und was soll an protestantischer Mystik anders sein?
Man lese Jacob Böhme's Aurora oder Morgenröte im Aufgang
und im Vergleich dazu Theresa von Avila's Die Seelen-Burg oder Die sieben inneren Wohnungen der Seele ..............

Dieter
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Dieter »

Mystik ist den heutigen Protestanten, jedenfalls denen der reformierten Form, fremd:


Wir haben nur "das Wort".
Wir sind "die nach Gottes Wort reformierte Kirche".
Uns ist auch nichts heilig ausser Gott und dem "Wort von Gott".
Keine Tempelruinen würden bleiben,
wenn wir mal nicht mehr wären,
keine heiligen Rollen, keine heiligen Roben, kein heiliger Ruf,
weder Weihrauchfass noch Hüftgelenk,
nicht Kreuzesnagel noch Heiligenschein,
auch keine Legende würde sich willig ranken
um das selige Gedenken einer reformierten Landeskirche.
So nüchtern sind wir,
so sehr haben wir die bilderseligen Kulte ausgeräuchert,
auf den Boden geholt und aufs Wesentliche reduziert,
dass wir, nähme man uns beim Wort,
vergingen wie die Blume des Feldes.
Wir haben nur "das Wort".
Es qualifiziert uns als "die Reformierten",
denn das war ja unser Beitrag zur Renaissance der Antike:
die Wiedergeburt der ganzen Bibel fürs ganze Volk,
ungekürzt und unverlesen, zugänglich und volkssprachlich,
für Frauen und Männer, zu jeder Zeit und an jedem Ort.
Unsere Pfarrerinnen und Pfarrer sind "verbi divini ministri",
Dienerinnen und Diener des Wortes von Gott,
in keines anderen Herren, auch keiner anderen Herrin Dienst.
In unserer Predigt, wenn ihr das Wort von Gott zugrundeliegt,
ist der Heilige Geist präsent,
und keine Magie, kein Mirakel, keine Monstranz
kann den Moment heiliger machen als Gott,
der sich durchs Wort unserm Herz und Hirn zu verstehen gibt.
Diese Qualität ist geschenkt und sichert sich selbst.
Sie ist es, die uns qualifiziert, indem sie uns kritisch macht:
Das ist doch die besondere Qualifikation der Reformierten:
Das Wort macht uns kritisch im Ideologischen und Religiösen.
Was immer da Macht und Unterwerfung beansprucht,
sei es politisch, sei es ökonomisch, sei es klerikal,
Macht und Unterwerfung, die nur ein Gott verlangen kann,
das erfährt öffentlich Widerspruch und Widerstand:
Keine Staatsräson, kein Marktgesetz, kein Lehramt
dürfen an Gottes Stelle treten.
Was immer da Gottesnähe und Selbstvergöttlichung verspricht,
fromme Verschmelzung und religiösen Rausch,
gerät unter den Verdacht, Verwechslungen aufzusitzen:
Zeit und Ewigkeit, Gott und Mensch sind zweierlei,
unvermischt und ungetrennt, wie die Alten es formulierten.
Gott ist unser Vorbehalt gegen den Gotteswahn des Menschen:
Sein "Wörtlein kann ihn fällen".
Der Allmächtige, weil er auch der Ohnmächtige ist,
ist der einzige Allmächtige, der einzige:
Sein "Wort sie sollen lassen stahn".
Das Wort von Gott,
einst von den Reformatoren in seiner Souveränität entdeckt,
ist ein kritisches Ferment,
jetzt von uns Reformierten in unseren Kontexten zu verantworten.
Religion ist keine Privatsache.
Das Wort ist öffentlich.
Mit ihm sollen wir qualifizierend wirken,
für eine Gesellschaft ohne ideologischen und religiösen Wahn.
Und das kann gesellschaftliche Folgen zeitigen,
wie reformierte Minderheiten es weltweit zeigen,
ob Sklaverei oder Apartheid, Bildung oder Gesundheit.
Ich vermute,
wir Schweizer Reformierte werden zur Minderheit werden,
als qualifizierte und qualifizierende aber mit guten Aussichten.

erf-sg.com

Fragesteller
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Fragesteller »

Ist auch interessant, das Gottes Wort in diesem Text offenbar nur als "Wort von [=über] Gott" verstanden wird. Eben weil dieses "Wort von Gott" nicht von ihm ausgeht und demnach keine Brücke zu ihm darstellen kann, ist es rein negativ; es kann "in seiner Souveränität" nur zeigen, was nicht Gott ist und ihn nicht positiv bestimmen. Deshalb hat die hier ausformulierte "Theologie" auch eine starke säkular-politische Schlagseite. Sonst wäre sie ja vollkommen inhaltsleer.

TillSchilling

Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von TillSchilling »

Dieter hat geschrieben:Mystik ist den heutigen Protestanten, jedenfalls denen der reformierten Form, fremd
Im Vergleich mit wem? Mitgliedern der römisch-katholischen Kirche? Wie sieht es denn aus, wenn den Gläubigen einer Glaubensgemeinschaft Mystik nicht fremd ist? Was bedeutet eigentlich Mystik für die Gläubigen, die nicht wie Raphael in mystischer Literatur vergangener Jahrhunderte bewandert sind?

Dieter
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Dieter »

TillSchilling hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben:Mystik ist den heutigen Protestanten, jedenfalls denen der reformierten Form, fremd
Im Vergleich mit wem? Mitgliedern der römisch-katholischen Kirche? Wie sieht es denn aus, wenn den Gläubigen einer Glaubensgemeinschaft Mystik nicht fremd ist? Was bedeutet eigentlich Mystik für die Gläubigen, die nicht wie Raphael in mystischer Literatur vergangener Jahrhunderte bewandert sind?


Mystik im Rahmen des Protestantismus taucht mehr in Randgruppen und Freikirchen auf, weniger im Mainstream. Ein typisches Beispiel für protestantische Mystiker sind die Quäker.

Im reformierten Protestantismus kommt mir dabei vor allem Gerhard Tersteegen in den Sinn, der zwar nie seine Kirche verlassen hat, aber auch nicht aktiv am Gemeindeleben teilgenommen hat. Auch den frühen Luther kann man als Mystiker bezeichnen.

Ich empfehle die Bücher von Walther Nigg, vor allem dieses:

http://www.amazon.de/Heimliche-Weisheit ... g+mystiker

Pilgerer
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Pilgerer »

TillSchilling hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben:Mystik ist den heutigen Protestanten, jedenfalls denen der reformierten Form, fremd
Im Vergleich mit wem? Mitgliedern der römisch-katholischen Kirche? Wie sieht es denn aus, wenn den Gläubigen einer Glaubensgemeinschaft Mystik nicht fremd ist? Was bedeutet eigentlich Mystik für die Gläubigen, die nicht wie Raphael in mystischer Literatur vergangener Jahrhunderte bewandert sind?
Das Christentum ist in seinem ganzen Grunde eine mystische Religion, auch im Vergleich zum Islam oder Judentum, die stark auf das Schriftstudium und rationale Denken angewiesen sind. Der Heilige Geist hat eine zentrale Rolle im Christsein und ohne ihn kann niemand wirklich Christ werden. Denn das Wort "Christ" kommt von "Christus", und dies Wort heißt u.a. "der Gesalbte", wobei hier eine Bedeutung die Salbung mit dem Heiligen Geist umfasst, die bei Jesus durch die Taube geschah, und von der Johannes in seinem Brief spricht, wenn er von der "salbung" spricht, die den Christen Einsicht in die Wahrheit gebe: "Und die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr habt nicht nötig, dass euch jemand lehrt" (1. Johannes 2,27)
Das mystische Element zeigt sich in der Reformation da, wo der Heilige Geist ins Spiel kommt.
Im lutherischen Kleinen Katechismus heißt es: "Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet, heiliget und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben;"
Der Genfer Katechismus (calvinistisch) sagt: "Unser Verstand ist zu beschränkt, als dass er die geistliche Weisheit Gottes fassen könnte, die uns durch den Glauben offenbart wird, und unser Herz ist mehr zum Unglauben oder zum fehlerhaften Vertrauen auf uns selbst und die Geschöpfe geneigt, als dass er aus eigenem Triebe bei Gott seine Beruhigung fände. Aber der heilige Geist macht uns durch seine Erleuchtung fähig, das zu verstehen, was sonst unsre Fassungskraft weit überstiege, und empfänglich für eine feste Überzeugung, indem er die Verheißungen des Heils in unserm Herzen versiegelt."
Ähnliche Worte wird es auch in römisch-katholischen und orthodoxen Worten über den Heiligen Geist kommen. Er macht den Unterschied zwischen den Christen und den "Christus-Gläubigen", die zwar glauben, aber ohne Geist. Ohne den Geist fehlt das Entscheidende. Der christliche Glaube geschieht nicht getrennt von Gott, als ob dieser auf einem fernen Stern sitze, sondern er geschieht Hand in Hand mit Gott, sodass ich nicht alleine glaube, sondern Gott mit mir. Weil Gott alles in Perfektion kann, ist Gottes Glaube perfekt. Da der Heilige Geist (der eine) Gott ist, ist Sein Glaube an den Vater und den Sohn perfekt. Er kann menschliche Schwächen überwinden. Wenn wir uns an Ihn halten und mit Ihm sehen/glauben, können wir den reinlichen christlichen Glauben in uns fühlen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Fragesteller
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Fragesteller »

Ohne den Geist kann niemand Christ sein, das ist richtig. Nur: woran machst du das Wirken des Geistes fest? Daran, wo der Geist in Wort und Sakrament objektiv wirkt oder am subjektiven mystischen Gefühl der Geisterfülltheit? Oder würdest du das Wirken des Geistes noch anders fassen?
Zuletzt geändert von Fragesteller am Samstag 14. September 2013, 13:12, insgesamt 1-mal geändert.

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Reinhard
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Reinhard »

Fragesteller hat geschrieben:... Nur: woran machst du das Wirken des Geistes fest? Daran, wo der Geist in Wort und Sakrament objektiv wirkt oder am subjektiven mystischen Gefühl der Geisterfülltheit? Oder würdest du das Wirken des Geistes noch anders fassen?
"Geisterfülltheit" ist nicht einfach ein Gefühl ! - da musst Du aufpassen, dass Du Dich nicht von rationalistischen Vorurteilen lenken lässt.

Wenn jemand "von Gott ergriffen ist" - und das würde ich typischerweise mit "mystischer Gotteserfahrung" gleichsetzen - dann ist das weit mehr als ein Gefühlszustand. Dann hat er etwas erlebt, hinter das er nicht mehr zurück kann.
Solch eine Erfahrung prägt einen, und man kann auch mit seinem Verstand nicht mehr dahinter zurück. (Es sei denn um den Preis der Leugnung und Verdrängung !) Immerhin ist es ja auch der Verstand, mit dem Du Deine Erfahrungen bewertest.

Wenn es nicht so abgegriffen wäre, könnte man hier wirklich das Wort "ganzheitlich" benutzen: Du bist komplett, mit allem was Dich als Mensch ausmacht, von IHM und der Begegnung mit IHM ergriffen.

Und solche Gottesbegegnung haben auch Protestanten, auch Calvinisten, schon erlebt.

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lutherbeck
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von lutherbeck »

Das kann ich bestätigen!
"Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn".

Pilgerer
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Pilgerer »

Fragesteller hat geschrieben:Ohne den Geist kann niemand Christ sein, das ist richtig. Nur: woran machst du das Wirken des Geistes fest? Daran, wo der Geist in Wort und Sakrament objektiv wirkt oder am subjektiven mystischen Gefühl der Geisterfülltheit? Oder würdest du das Wirken des Geistes noch anders fassen?
Wir haben meistens nicht dauernd den Geist, sondern lassen uns noch häufig vom Fleisch beherrschen. Dennoch ist der Geist notwendig, um wirklich verstehen zu können, wer Jesus ist. In dem Moment, wo dieser Punkt erreicht ist und eine Jesus-Begeisterung innerlich entsteht, hat der Heilige Geist das Charisma des Glaubens geschenkt.
Der Heilige Geist ist in der kirchlichen Liturgie wahrzunehmen, ebenso in biblischen oder christlichen Texten, in christlichen Kunstwerken oder auch Musik. Er ist es, der den Sinn für das Übersinnliche des christlichen Glaubens öffnet und so fähig macht, wirklich zu glauben und die göttliche Dreieinigkeit zu erleben. Ohne den Geist bleibt der christliche Glaube hölzern, ohne Verständnis für die Inhalte des Ganzen.

Bei den evangelikalen Bekehrungs-Freikirchen ist Mystik (auch wenn das anders benannt wird) einmal in der Umkehr und einmal im Lobpreis enthalten. Die Vorstellung ist hier ganz deutlich, dass "Jesus Christus in dein Leben kommt" und alles verändert. Die Trinitätslehre ist dort nicht immer ganz klar, aber irgendwie glauben sie an die Wirkung des Geistes und Jesu Christi, die mit der Bekehrung vor Zeugen besonders stark einsetzt. Den Lobpreis kann man auch als "eucharistische Phase" bezeichnen, weil hier eine Art geistliche Vereinigung mit Jesus Christus stattfindet.
Bei den richtigen Charismatikern spielen prophetische Reden, Zungenreden, Visionen und Träume etc. eine große Rolle. Das kann man u.U. noch als Mystik werten, ist aber teils etwas zu spektakulär. Immerhin teilen viele charismatischen Freikirchen das Sakrament der Geistsalbung mit der katholischen und orthodoxen Kirche, sodass hier faktisch drei Sakramente Anwendung finden.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Pilgerer
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Pilgerer »

Das "protestantische" Element der Mystik zeigt sich besonders in der Erlösungserfahrung und in der Bindung/Vertrauen gegenüber Jesus Christus und der ganzen Trinität. Die klare christliche Heilsgewissheit führt zu einer anderen Art von mystischer Erfahrung, als wenn das Christsein sich in einer allgemeinen diffusen Religiösität verläuft.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Dieter
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Dieter »

Pilgerer hat geschrieben:Das "protestantische" Element der Mystik zeigt sich besonders in der Erlösungserfahrung und in der Bindung/Vertrauen gegenüber Jesus Christus und der ganzen Trinität. Die klare christliche Heilsgewissheit führt zu einer anderen Art von mystischer Erfahrung, als wenn das Christsein sich in einer allgemeinen diffusen Religiösität verläuft.


Das ist völlig richtig!

Aber: Alle evangelischen Kirchen, die Lutheraner, die Reformierten, die Methodisten, die Baptisten usw, lehren die Rechtfertigung allein aus Glauben. Nirgendwo aber leuchtet diese Botschaft und damit die Heilsgewissheit so klar wie in den lutherischen Kirchen.

quasimodo
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von quasimodo »

Dieter hat geschrieben: Aber: Alle evangelischen Kirchen, die Lutheraner, die Reformierten, die Methodisten, die Baptisten usw, lehren die Rechtfertigung allein aus Glauben.
und warum lehren sie so?
Dieter hat geschrieben:Nirgendwo aber leuchtet diese Botschaft und damit die Heilsgewissheit so klar wie in den lutherischen Kirchen.
ob sie leuchtet oder strahlt... ist sie die von Gott verkündete oder die von Menschen (Luther) in die Lehre ihrer Kirche integrierte?

Dieter
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Dieter »

quasimodo hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben: Aber: Alle evangelischen Kirchen, die Lutheraner, die Reformierten, die Methodisten, die Baptisten usw, lehren die Rechtfertigung allein aus Glauben.
und warum lehren sie so?
Dieter hat geschrieben:Nirgendwo aber leuchtet diese Botschaft und damit die Heilsgewissheit so klar wie in den lutherischen Kirchen.
ob sie leuchtet oder strahlt... ist sie die von Gott verkündete oder die von Menschen (Luther) in die Lehre ihrer Kirche integrierte?


Die Lehre von der Rechtfertigung allein aus Glaube stammt von Paulus und ist in der Bibel nachlesbar. Sie wurde auch von Augustinus und Thomas von Aquin vertreten und seit dem Jahr 2000 sogar von der gesamten RKK (Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre).

quasimodo
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von quasimodo »

Dieter hat geschrieben:Die Lehre von der Rechtfertigung allein aus Glaube stammt von Paulus und ist in der Bibel nachlesbar. Sie wurde auch von Augustinus und Thomas von Aquin vertreten und seit dem Jahr 2000 sogar von der gesamten RKK (Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre).
Dein Beitrag beantwortet meine Frage nicht und hätte es keine Differenzen zwischen katholischem Verständnis und dem der Lutheraner gegeben, gäbe es auch kein Dokument.

Pilgerer
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Pilgerer »

Dieter hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Das "protestantische" Element der Mystik zeigt sich besonders in der Erlösungserfahrung und in der Bindung/Vertrauen gegenüber Jesus Christus und der ganzen Trinität. Die klare christliche Heilsgewissheit führt zu einer anderen Art von mystischer Erfahrung, als wenn das Christsein sich in einer allgemeinen diffusen Religiösität verläuft.


Das ist völlig richtig!

Aber: Alle evangelischen Kirchen, die Lutheraner, die Reformierten, die Methodisten, die Baptisten usw, lehren die Rechtfertigung allein aus Glauben. Nirgendwo aber leuchtet diese Botschaft und damit die Heilsgewissheit so klar wie in den lutherischen Kirchen.
Die Heilsgewissheit ist bei all diesen Konfessionen klar, wo es sich um bekennende Christen handelt. Es gibt nur die eine christliche Kirche - und verschiedene Ansätze, diese am besten zu verwirklichen. Die Reformation hat nichts neues gelehrt, sondern die christliche Essenz des Evangeliums klar auf den Punkt gebracht, die der Kirche immer schon zugrunde lag, aber im Lauf der Zeit etwas unklar geworden war.
Bei Luther nimmt die Heilsgewissheit den Charakter der "lutherischen Fröhlichkeit" an, d.h. eine unbeschwerte Freude darüber, durch Christi Verdienste in den Himmel zu kommen. Die Ängste um das Fegefeuer und Gericht weichen, an ihre Stelle kommt das Vertrauen in die göttliche Gnade und Heilszusage.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Reinhard
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Reinhard »

Pilgerer hat geschrieben:Das "protestantische" Element der Mystik zeigt sich besonders in der Erlösungserfahrung und in der Bindung/Vertrauen gegenüber Jesus Christus und der ganzen Trinität.
Würde ich nicht sagen.
Und ich bin jemand, der sich im freikirchlichen Kontext "bekehrt" hat im Sinne einer Lebensübergabe. Aber das war ganz und gar nicht mystisch, sondern ein Akt reinen Glaubens, allen (verworrenen) Gefühlen zum Trotz. Ignatius würde es "Trostlosigkeit" nennen !
Tatsächliche mystische Erfahrungen habe ich erst viel später, bei der katholischen Charismatischen Erneuerung gemacht.
Bei anderen Menschen war das durchaus anders. Aber ich würde doch sagen, dass tatsächlich mystische Gotteserfahrungen maximal bei jedem 10. "Bekehrten" vorkommen.
quasimodo hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben: Aber: Alle evangelischen Kirchen, die Lutheraner, die Reformierten, die Methodisten, die Baptisten usw, lehren die Rechtfertigung allein aus Glauben.
und warum lehren sie so?
Aus Tradition. Die Begründer der Neu-Tradition haben diese Lehre gestiftet, also folgt man ihr.
Tatsächlich gelebt wird jedoch (glücklicherweise !) etwas anderes, nämlich dass ein Glaube ohne die Werke nun doch nicht sein kann. Und da sind die Protestanten dann oft strenger als die Katholiken. Den Begriff "Verdienste" meidet man allerdings wie das Weihwasser ... ;) )

Dieter
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Dieter »

"Und ich bin jemand, der sich im freikirchlichen Kontext "bekehrt" hat im Sinne einer Lebensübergabe."

Das ist eine Irrlehre!

Warum?

Weil das ewige Heil eines Menschen dadurch abhängig wird von diesem Menschen selbst ("Lebensübergabe") und nicht mehr von der Erlösungstat Christi am Kreuz! Der Mensch muss in diesem Fall etwas leisten, nämlich "sein Leben Jesus übergeben". Das ist schlimmste Werkerei!

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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von asderrix »

Dieter hat geschrieben:"Und ich bin jemand, der sich im freikirchlichen Kontext "bekehrt" hat im Sinne einer Lebensübergabe."

Das ist eine Irrlehre!

Warum?

Weil das ewige Heil eines Menschen dadurch abhängig wird von diesem Menschen selbst ("Lebensübergabe") und nicht mehr von der Erlösungstat Christi am Kreuz! Der Mensch muss in diesem Fall etwas leisten, nämlich "sein Leben Jesus übergeben". Das ist schlimmste Werkerei!
Denk doch erst mal nach e du schreibst.
Wenn ich mein Leben Christus übergebe, damit dem Satan die Herrschaft über mein Leben abspreche und mich unter die Herrschaft Christi stelle, dann nehme ich das an, was mir Christus bereit hält, er zwingt sich mir nicht auf, er will ein bewusstes JA von mir, nachdem er in Vorleistung für die ganze Menschheit gegangen ist, will er, dass wir nun aktiv werden, darauf können wir uns nichts einbilden und es ist kein Werk, dass wir vollbringen wenn wir dieses Geschenk annehmen.
Jedes Gedächtnismahl sagt: Das Beste kommt noch!

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Edi
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Edi »

Dieter hat geschrieben:"Und ich bin jemand, der sich im freikirchlichen Kontext "bekehrt" hat im Sinne einer Lebensübergabe."

Das ist eine Irrlehre!

Warum?

Weil das ewige Heil eines Menschen dadurch abhängig wird von diesem Menschen selbst ("Lebensübergabe") und nicht mehr von der Erlösungstat Christi am Kreuz! Der Mensch muss in diesem Fall etwas leisten, nämlich "sein Leben Jesus übergeben". Das ist schlimmste Werkerei!
Soll das ein Witz sein? Immer muss der Mensch mitwirken am Heil, denn dieses will auch ergriffen sein. Gegen unseren Willen stülpt Gott uns das Heil nicht über.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

Dieter
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Dieter »

"Immer muss der Mensch mitwirken am Heil,"


Nein! ALLES kommt von Gott! Der Mensch kann NICHTS mitwirken. Das ist lutherische Lehre!

Wenn du das als Katholik nicht nachvollziehen kannst, solltest du nicht in der Klausnerei mitdiskutieren.

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Edi
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Edi »

Dieter hat geschrieben:"Immer muss der Mensch mitwirken am Heil,"


Nein! ALLES kommt von Gott! Der Mensch kann NICHTS mitwirken. Das ist lutherische Lehre!

Wenn du das als Katholik nicht nachvollziehen kannst, solltest du nicht in der Klausnerei mitdiskutieren.
Dann irrt eben Luther, der ja auch gesagt hat, es sei vorherbestimmt, ob jemand Gottes Gnade erfahren werde oder nicht.
Dem stimmen selbst viele Evangelikale nicht zu.
Zuletzt geändert von Edi am Sonntag 22. September 2013, 13:38, insgesamt 1-mal geändert.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Protasius
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Protasius »

Dieter hat geschrieben:"Immer muss der Mensch mitwirken am Heil,"


Nein! ALLES kommt von Gott! Der Mensch kann NICHTS mitwirken. Das ist lutherische Lehre!

Wenn du das als Katholik nicht nachvollziehen kannst, solltest du nicht in der Klausnerei mitdiskutieren.
Wo ist der Unterschied zu dem, was asderrix gesagt hat?
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Sarandanon
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Sarandanon »

Dieter hat geschrieben: Nein! ALLES kommt von Gott! Der Mensch kann NICHTS mitwirken. Das ist lutherische Lehre!
Hmmm.... Ernsthaft, das verstehe ich jetzt nicht. Ich bin als gläubiger Christ dazu erzogen worden, eben wohl mitzuwirken an allem WAS uns Gott geschenkt hat. Dies hat Jesus Christus uns in seinen Evangelien ja auch klar mitgegeben. Barmherzigkeit, Nächsten-/Feindesliebe, Armenspeisung, etc., nichts kommt von selbst. Das alles müssen wir als Menschen doch erst erwirken, auch das Üben des chrsitlichen Glaubens, um überhaupt in den Genuss des Heils zu kommen.
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
(Augustinus Aurelius)

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asderrix
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von asderrix »

Dieter hat geschrieben:"Immer muss der Mensch mitwirken am Heil,"


Nein! ALLES kommt von Gott! Der Mensch kann NICHTS mitwirken. Das ist lutherische Lehre!
Das bezweifle ich, zumindest ist es nicht Lehre der Apostel und Christi.
Wenn du das als Katholik nicht nachvollziehen kannst, solltest du nicht in der Klausnerei mitdiskutieren.
Ich weise Dich hiermit noch einmal darauf hin, dass Du kein Recht hast, hier irgend jemand zu verbieten hier mit zu diskutieren, solltest Du das jetzt nicht realisieren, spreche ich Dir das Recht ab hier mitzuschreiben.
Jedes Gedächtnismahl sagt: Das Beste kommt noch!

Fragesteller
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Fragesteller »

Dieter hat geschrieben:"Immer muss der Mensch mitwirken am Heil,"


Nein! ALLES kommt von Gott! Der Mensch kann NICHTS mitwirken. Das ist lutherische Lehre!

Wenn du das als Katholik nicht nachvollziehen kannst, solltest du nicht in der Klausnerei mitdiskutieren.
asderrix hat geschrieben:[...] darauf können wir uns nichts einbilden und es ist kein Werk, dass wir vollbringen wenn wir dieses Geschenk annehmen.
Also Asterix' Ausweg, es sei doch kein "Werk", ein Geschenk anzunehmen, finde ich ein bisschen schwach. Natürlich bin ich es, der überlegt: "Will ich? Will ich nicht?", der eine Entscheidung trifft, der den Mund aufmacht und "Ja" sagt. Das ist ein kleines Werk, gewiss, und verschwindet völlig hinter jenem größeren Christi, aber es ist ein Werk.

Aber all das für heilsmäßig belanglos zu erklären, geht auch nicht, auch nicht nach lutherischer Lehre. Schau dir mal die "Sola-Schlagworte" an. Zum Sola Gratia kommt erstens das Sola Fide* hinzu. Glauben, etwas, das wir an uns vorfinden, das wir tun, ist also auch aus reformatorischer Sicht heilswirksam. Lutherischerweise müsstest du noch weitergehen und sagen: Der Glaube entsteht, der Heilige Geist wird weitergegeben, durch Predigtamt und Sakramente: Predigen und Predigt hören, Sakramente spenden und empfangen, etwas, was Menschen, tun, wirkt also mit am Glauben und damit am Heil. (CA 5) Es kommt zweitens das Sola Scriptura hinzu. Die Schrift ist Gottes Wort, klar, das wäre an sich kein Widerspruch zum Gnadenprinzip. Aber sie ist kein Gotteswort, das den Autoren als etwas ihnen Fremdes aufgedrückt wird (selbst dann hätten sie etwas tun müssen, nämlich es niederschreiben), sondern sie trägt alle Zeichen historischer Eingeordnetheit an sich, insofern es sprachlich und stilistisch an die Kultur der Entstehungszeit angepasst ist und teils auch inhaltlich auf deren sehr konkrete Anliegen eingeht.

Wenn wir all das ernst nehmen wollen, müssen wir also dahin kommen, auch Dinge, die wir tun, zugleich als Gottes Werk zu verstehen. Dass also ich "ja" sage, dass ich das aber nur tue, weil und indem Christus in mir ist und "ja" sagt. Das ist ein bisschen paradox, aber es ist, glaube ich, kein denkerischer Ausweg, um irgendwelche katholischen Reste im lutherischen Glauben irgendwie zu rechtfertigen, sondern es passt zu dem, wie Heil aus biblischer Sicht generell aussieht.

Die Schöpfung vor dem Sündenfall war gut, weil sie ein irdisches vollkommenes Spiegelbild von Gottes Willen war und weil Adam ein vollkommenes Ebenbild Gottes war und als solches nicht aus der Rolle fiel. Allein aus Gnade -- aber aus Gnade, die sich in lauter irdischen Dingen und nicht zuletzt den Menschen materialisiert. Der Alte Bund war gut, weil er auf Gottes Gnadenhandeln in Christus hinwies und selbst auf Gottes Geboten basierte. Allein aus Gnade -- aber aus Gnade, die materialisiert ist im Opferhandeln der Priester, dem Schreiben der biblischen Schriftsteller, der Handwerkskunst zur Ausstattung der Stiftshütte, dem Gesang der Leviten - lauter irdischen, menschlichen Dingen, die auch bei Heiden vorkamen, hier aber auf Gott hingeordnet waren und seine Gnade sichtbar und wirksam werden ließen. Und dazu waren sie das wesentliche Mittel: Natürlich gab es auch übernatürliches, wunderhaftes Gnadenhandeln Gottes (allerdings auch in materieller Form, auch ne Feuersäule kann man mindestens sehen); aber der Bund mit den Menschen ist doch das Wesentliche, Normale, Dauerhafte, auf das im NT ständig verwiesen wird.

Und Christus als Mensch und Gott zugleich setzt dem die Krone auf: Auch hier durchdringen sich Göttliches und Menschliches, und Gott wird sichtbar und wirkt, indem er Mensch wird - und nicht scheinbar oder vorübergehend, sondern dauerhaft, und indem er uns in da mit hineinnimmt.

Also ich glaube: Menschliches Handeln ist nicht nur Reaktion auf göttliche Angebote, sondern eines der wesentlichen Mittel seines Wirkens (also nicht in dem flachen Sinne "Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott", sondern eben weil Gottes Gnadenhandeln in der Einrichtung seines Königreichs über die Menschen besteht). Wie man aus dieser Sicht damit umgeht, dass das Evangelium nicht überall Zustimmung findet, das ist allerdings eine schwierige Frage; der klassische Ausweg, Gottes Handeln sei das eine, die Reaktion des Menschen - die ihm freigestellt sei - das andere, zieht unter den Prämissen nicht mehr.

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asderrix
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von asderrix »

Fragesteller hat geschrieben:Also Asterix' Ausweg, es sei doch kein "Werk", ein Geschenk anzunehmen, finde ich ein bisschen schwach.
Das sei Dir zugestanden ;)
Es ist meiner Überzeugung kein Werk (etwas worauf ich mir etwas einbilden kann, wo ich eine Leistung bringe), eine Aktivität, ist es allerdings.
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Fragesteller »

asderrix hat geschrieben:
Fragesteller hat geschrieben:Also Asterix' Ausweg, es sei doch kein "Werk", ein Geschenk anzunehmen, finde ich ein bisschen schwach.
Das sei Dir zugestanden ;)
Es ist meiner Überzeugung kein Werk (etwas worauf ich mir etwas einbilden kann, wo ich eine Leistung bringe), eine Aktivität, ist es allerdings.
Naja gut, wo eine "Aktivität" ist, da ist auch Leistung, irgendeiner Art. Aber einbilden darf man sich nichts drauf, das ist richtig.

Pilgerer
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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Pilgerer »

Sarandanon hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben: Nein! ALLES kommt von Gott! Der Mensch kann NICHTS mitwirken. Das ist lutherische Lehre!
Hmmm.... Ernsthaft, das verstehe ich jetzt nicht. Ich bin als gläubiger Christ dazu erzogen worden, eben wohl mitzuwirken an allem WAS uns Gott geschenkt hat. Dies hat Jesus Christus uns in seinen Evangelien ja auch klar mitgegeben. Barmherzigkeit, Nächsten-/Feindesliebe, Armenspeisung, etc., nichts kommt von selbst. Das alles müssen wir als Menschen doch erst erwirken, auch das Üben des chrsitlichen Glaubens, um überhaupt in den Genuss des Heils zu kommen.
Lutherisch ist der Gedanke, dass der Mensch sich vor Gott nicht wegen seiner Werke rühmen könne, als sei er dadurch des Himmels würdig. Stattdessen solle der Christ sich Christi Gerechtigkeit und heiliger Werke rühmen, die ihm durch den Glauben angeeignet werden.
Wenn wir jedoch die Apostel nehmen, dann geht es auch darum, die Welt und unsere innere Neigung zur Sünde zu überwinden. Ansonsten hätte Paulus nach der Bekehrung aufhören können, um sein geistliches Heil zu kämpfen, sondern sich auf dem Kreuz Christi ausruhen können. Gott hat wohl "alles vollbracht", was zu unserem Heil nötig ist, als Jesus starb. Dennoch ist es eine große und lebenslange Herausforderung dies anzunehmen und die Früchte des Kreuzes zu entfalten. Durch Jesus Christus haben wir heute Zugang zum Ewigen Gott. Dieser Zugang bedeutet für uns den Zugang zum Paradies, und genau hierin finden wir heute schon zum Paradies zurück. Hier finden wir Gottes Güte, Gnade, Liebe - aber auch die Fähigkeit, dementsprechend zu leben. Jesus versprach ewiges Leben, die Rettung statt des Gerichts etc. denn wer Jesus Christus jetzt kennt, der im Jenseits der Gleiche wie jetzt ist, der kommt nicht mehr ins Gericht, sondern hat es schon hinter sich.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

TillSchilling

Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von TillSchilling »

Edi hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben:"Immer muss der Mensch mitwirken am Heil,"
Nein! ALLES kommt von Gott! Der Mensch kann NICHTS mitwirken. Das ist lutherische Lehre!

Dann irrt eben Luther, der ja auch gesagt hat, es sei vorherbestimmt, ob jemand Gottes Gnade erfahren werde oder nicht.
Dem stimmen selbst viele Evangelikale nicht zu.
Luther hat nichts dergleichen gesagt. Das ist calvinistische Lehre, nicht evangelische.

Die sogenannten Evangelikalen - ein Sammelbegriff für die unterschiedlichsten Gruppen, die viele unterschiedliche, einander widersprechende Lehren vertreten. Die meisten davon nur menschlich, subjektivistisch, Vernünfteleien basierend auf irgendwelchen Erfahrungen - stimmen vielem nicht zu, das evangelische, biblische Lehre ist. Das Kriterium "dem stimmen die Evangelikalen nicht zu" bedeutet nun wirklich überhaupt nichts.

Dass der natürliche, nicht wiedergeborene Mensch an seinem Heil nicht mitwirken kann, ist nicht nur evangelische, sprich biblische Lehre, sondern wird meines Wissens nach auch von der römisch-katholischen Kirche so gelehrt. Auch die lehrt die Rechtfertigung allein aus Gnade. Sie definiert nur Rechtfertigung anders als die evangelische Kirche. Also nicht biblisch.
4.1 Unvermögen und Sünde des Menschen angesichts der Rechtfertigung

19. Wir bekennen gemeinsam, daß der Mensch im Blick auf sein Heil völlig auf die rettende Gnade Gottes angewiesen ist. Die Freiheit, die er gegenüber den Menschen und den Dingen der Welt besitzt, ist keine Freiheit auf sein Heil hin. Das heißt, als Sünder steht er unter dem Gericht Gottes und ist unfähig, sich von sich aus Gott um Rettung zuzuwenden oder seine Rechtfertigung vor Gott zu verdienen oder mit eigener Kraft sein Heil zu erreichen. Rechtfertigung geschieht allein aus Gnade. Weil Katholiken und Lutheraner das gemeinsam bekennen, darum gilt:

2. Wenn Katholiken sagen, daß der Mensch bei der Vorbereitung auf die Rechtfertigung und deren Annahme durch seine Zustimmung zu Gottes rechtfertigendem Handeln „mitwirke“, so sehen sie in solch personaler Zustimmung selbst eine Wirkung der Gnade und kein Tun des Menschen aus eigenen Kräften.

21. Nach lutherischer Auffassung ist der Mensch unfähig, bei seiner Errettung mitzuwirken, weil er sich als Sünder aktiv Gott und seinem rettenden Handeln widersetzt. Lutheraner verneinen nicht, daß der Mensch das Wirken der Gnade ablehnen kann. Wenn sie betonen, daß der Mensch die Rechtfertigung nur empfangen kann (mere passive), so verneinen sie damit jede Möglichkeit eines eigenen Beitrags des Menschen zu seiner Rechtfertigung, nicht aber sein volles personales Beteiligtsein im Glauben, das vom Wort Gottes selbst gewirkt wird [vgl. Quellen zu Kap. 4.1.].
http://www.vatican.va/roman_curia/ponti ... on_ge.html

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Re: Protestantische Mystik?

Beitrag von Fragesteller »

Wo sind eigentlich in diesem doch recht zentralen Zitat die Differenzen zwischen Lutheranern und Katholiken, die die Gemeinsame Erklärung doch angeblich (so Raphael) so scharf herausgearbeitet hat? Das sind doch eher terminologische Unterschiede.

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