EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

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Gallus
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Gallus »

Die Aufklärung ist wichtiger als der Glaube: http://www.weser-kurier.de/bremen/breme ... 795.html

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Sarandanon
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Sarandanon »

Isabel Klaus hat geschrieben: Das ist sehr unterschiedlich und lässt sich nicht konkret benennen, aber ich habe den Anspruch an mich selbst, nicht in eine Seichtigkeit abzudriften. Wir lesen im Gottesdienst die Weihnachtsgeschichte. Dabei weiß jedes Kind, dass Maria keine Jungfrau war und der Heilige Geist nicht für ihre Schwangerschaft verantwortlich ist. Die Weihnachtsgeschichte hat so nicht stattgefunden. Und trotzdem ist sie das große Glaubensmärchen, das seit Jahrhunderten einen hohen Stellenwert im Christentum hat. Aber die Leute wollen eben nicht veräppelt werden. Wir haben die Aufklärung hinter uns und wissen, was an dieser Geschichte wahr ist und was nicht. Und trotzdem feiern wir, weil wir wissen, was uns daran wichtig ist.
Ich könnte :kotz: .

Und diese Predigerin irrt, wenn sei meint, dass dieser von ihr postulierte Schwachsinn hinge zwingend von der Aufklärung ab.

Und warum ist diese Agnostikerin keine Sozialarbeiterin geworden?
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Siard
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Siard »

Sarandanon hat geschrieben:Und warum ist diese Agnostikerin keine Sozialarbeiterin geworden?
Eine sehr berechtigte Frage. Ob man sie allerdings Agnostikerin nennen darf bezweifle ich, weiß sie doch, was alles nicht wahr ist.

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Gallus
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Gallus »

Sarandanon hat geschrieben:Und diese Predigerin irrt, wenn sei meint, dass dieser von ihr postulierte Schwachsinn hinge zwingend von der Aufklärung ab.

Und warum ist diese Agnostikerin keine Sozialarbeiterin geworden?
Damit steht und fällt ja eigentlich alles. Glaube ich, daß Gott die Welt erschaffen hat? Dann sollte es für mich auch kein Problem sein, an die Jungfrauengeburt zu glauben. Glaube ich dagegen an diese nicht, wie kann ich Gott dann zutrauen, die Welt erschaffen zu haben?

Wenn man im Namen der Aufklärung Gott so verzwergt, daß man ihm Wunder nicht mehr zutraut, dann kann doch am Ende wirklich nur noch ein esoterischer Glaube an irgendwelche "Kräfte" und "Energien" übrig bleiben, aber Gott als Person, die in der Geschichte handelt, kann da nur noch geleugnet werden.

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martin v. tours
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von martin v. tours »

Gallus hat geschrieben:
Sarandanon hat geschrieben:Und diese Predigerin irrt, wenn sei meint, dass dieser von ihr postulierte Schwachsinn hinge zwingend von der Aufklärung ab.

Und warum ist diese Agnostikerin keine Sozialarbeiterin geworden?
Damit steht und fällt ja eigentlich alles. Glaube ich, daß Gott die Welt erschaffen hat? Dann sollte es für mich auch kein Problem sein, an die Jungfrauengeburt zu glauben. Glaube ich dagegen an diese nicht, wie kann ich Gott dann zutrauen, die Welt erschaffen zu haben?

Wenn man im Namen der Aufklärung Gott so verzwergt, daß man ihm Wunder nicht mehr zutraut, dann kann doch am Ende wirklich nur noch ein esoterischer Glaube an irgendwelche "Kräfte" und "Energien" übrig bleiben, aber Gott als Person, die in der Geschichte handelt, kann da nur noch geleugnet werden.
:daumen-rauf:
Du bringst es auf den Punkt! Wen es einen Gott gibt, der alles erschaffen hat und man traut ihm dann nicht mal so banale Fingerübungen zu, was für ein Gott soll das dann sein?
Nicht mal ein "Gottchen" .
Warum stellt sich diese Predigerin diese Frage nicht selbst? Warum stellt ihr diese Frage nicht einmal öffentlich jemand der noch Christ ist?
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
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Sarandanon
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Sarandanon »

Gallus hat geschrieben:Damit steht und fällt ja eigentlich alles. Glaube ich, daß Gott die Welt erschaffen hat? Dann sollte es für mich auch kein Problem sein, an die Jungfrauengeburt zu glauben. Glaube ich dagegen an diese nicht, wie kann ich Gott dann zutrauen, die Welt erschaffen zu haben?
Weil vmtl. diese Art Theologen unseren Herrn gar nicht mehr als den Gott der Bibel begreifen. Er wird verwissenschaftlicht und auf Menschliches reduziert...
Gallus hat geschrieben:Wenn man im Namen der Aufklärung Gott so verzwergt, daß man ihm Wunder nicht mehr zutraut, dann kann doch am Ende wirklich nur noch ein esoterischer Glaube an irgendwelche "Kräfte" und "Energien" übrig bleiben, aber Gott als Person, die in der Geschichte handelt, kann da nur noch geleugnet werden.
...und wahrscheinlich tatsächlich nur noch als eine Art "überirdische Energie" begriffen. Zudem haben solche Theologen scheinbar überhaupt keine innere Überzeugung mehr, dem Glaubensvolk Gott in seiner Herrlichkeit näherzubringen. Einfacher ist es, ihn an die angebliche Lebenswirklichkeit der sekularisierten Gesellschaft anzupassen....und tatsächlich zu reduzieren - und zwar bis zur Unkenntlichkeit. Theologie wird nur noch als Sozialarbeit verstanden - oder als Mittel zum Zweck zu dieser.

Das war allerdings nicht das primäre Ziel der Aufklärung. Es ist allenfalls ein interpretierter Zweig derselbigen.
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Sarandanon
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Sarandanon »

Siard hat geschrieben:Eine sehr berechtigte Frage. Ob man sie allerdings Agnostikerin nennen darf bezweifle ich, weiß sie doch, was alles nicht wahr ist.
:hmm: ...Pantheistin evt...?

Ich tu mich auf jedenfall außerordentlich schwer, diese Dame als Christin zu bezeichnen.
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Siard
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Siard »

Sarandanon hat geschrieben:Ich tu mich auf jedenfall außerordentlich schwer, diese Dame als Christin zu bezeichnen.
Ich stimme zu. Ich würde sie als Atheistin bezeichnen, weil ihr Weltbild ohne den dreieinen, ja überhaupt ohne einen persönlichen Gott auskommt.
Während meines Lebens, auch während des Studiums, sind mir einige Menschen der Art begegnet, deren Gott war letztlich die Anbetung eines Gefühls oder Vergnügens.
Hoffentlich irre ich mich, wenn ich sie diesen zurechne.

Ich spreche ihr nicht ab, daß sie sich für eine Christin hält, vielleicht ist sie es auch, aber sie ist keine im Sinne der reformatorischen Väter – im Sinne der katholischen oder orthodoxen Kirchen erst recht nicht. Vielleicht für ein "neues deutschsprachiges Christentum".

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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Dieter »

Sarandanon hat geschrieben:
Siard hat geschrieben:Eine sehr berechtigte Frage. Ob man sie allerdings Agnostikerin nennen darf bezweifle ich, weiß sie doch, was alles nicht wahr ist.
:hmm: ...Pantheistin evt...?

Ich tu mich auf jedenfall außerordentlich schwer, diese Dame als Christin zu bezeichnen.


Die Remberti-Gemeinde ist eine selbständige Gemeinde innerhalb der Bremischen Kirche. Das Kirchensystem in Bremen ist in Deutschland einmalig. Jede Gemeinde hat dort ihr eigenes Profil - von sehr konservativ/evangelikal bis hin zu hochliberal. Jeder Bremer kann sich die Gemeinde aussuchen, in der er Mitglied sein möchte.

Die liberalste Gemeinde ist schon seit Jahrzehnten die Remberti-Gemeinde. Sie ist auch Mitglied des Bundes für Freies Christentum. Diese Gemeinde wird gut besucht. Man geht liebevoll miteinander um. Die Gemeinde bezeichnet sich selbst als dogmenfrei. Man muss also nicht erst eine Liste mit Glaubenssätzen unterschreiben, um dort Mitglied werden zu können.

Außenstehende sollten zurückhaltend sein und nicht voreilige anderen Menschen das Christsein absprechen.

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Siard
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Siard »

Dieter hat geschrieben:Diese Gemeinde wird gut besucht.
Das ist kein Qualitätsmerkmal, wie Du ja selbst weißt.
Dieter hat geschrieben:Diese Gemeinde wird gut besucht. Man geht liebevoll miteinander um.
Das tun Neu-Heiden ebenso häufig – vielleicht sogar öfter.
Dieter hat geschrieben:Man muss also nicht erst eine Liste mit Glaubenssätzen unterschreiben, um dort Mitglied werden zu können.
Man muß weder an die Gottessohnschaft, die Menschwerdung oder die Auferstehung glauben. Man muß auch kein Christ sein um dort Mitglied zu sein, nur Kirchensteuerzahler.
Dieter hat geschrieben:Außenstehende sollten zurückhaltend sein und nicht voreilige anderen Menschen das Christsein absprechen.
Von mir ist das nicht als Wertung der Person gemeint, sondern als Feststellung, zu der ich stehe.

BTW: Wer bin ich Marilyn Manson das Christsein abzusprechen? :pfeif:
(Auf diese mögliche Sicht haben mich Papst Franz und Margot K. gebracht.)

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asderrix
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von asderrix »

Dieter hat geschrieben:Außenstehende sollten zurückhaltend sein und nicht voreilige anderen Menschen das Christsein absprechen.
Ich habe mir die Seite dieser, ja wie schreibt man jetzt, Kirche?, das würde bedeuten die Botschaft hat etwas mit Christsein zu tun, naja egal, ich habe auf diese Seite geschaut.
Positiv, die Frau durfte so gut wie nie predigen.
Aus der einen Predigt die sie hielt um das was Olaf Latzel betraf zu beurteilen:

Code: Alles auswählen

 Wenn es in den Religionen um Wahrheitsansprüche geht, wird es brandgefährlich.
Na dann ist doch alles klar, das was sie sagt/schreibt erhebt keinen Wahrheitsanspruch ist beliebig und kann vergessen werden.

Dieter, wir sollen niemand verurteilen, aber wir sind aufgerufen zu beurteilen.
Auf Grund der Äußerungen dieser Dame, beurteile ich also, dass das nichts mit dem christlichen Glauben/Glaubensbekenntnis zu tun hat und deshalb muss ich an ihrem Christsein zweifeln.
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Sarandanon
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Sarandanon »

Dieter hat geschrieben:Außenstehende sollten zurückhaltend sein und nicht voreilige anderen Menschen das Christsein absprechen.
Das habe ich nicht. Ich schrieb, dass ich mich damit schwer tue. Lesen und verstehen lautet die Devise, Dieter.

Ansonsten schließe ich mich Siard und Asderixx an. Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.
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Tinius
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Tinius »

http://tvz-verlag.e-bookshelf.ch/glaube ... 56573.html

Das passt gut dazu. Gibt es auch als Buch. Antiquarisch wahrscheinlich sehr günstig.

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Gallus
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Gallus »

Dieter hat geschrieben:Außenstehende sollten zurückhaltend sein und nicht voreilige anderen Menschen das Christsein absprechen.
Wenn jemand zentrale Aussagen des Nicäno-Konstantinopolitanums ablehnt, wird's halt eng mit dem Christsein. Das ist ganz objektiv so. Ist ja auch nicht schlimm, heutzutage kann ja jeder Arianer oder sonstwas sein, ohne Verfolgung fürchten zu müssen. Aber er soll es halt bitte zugeben, im Sinne begrifflicher Klarheit.

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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Dieter »

Gallus hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben:Außenstehende sollten zurückhaltend sein und nicht voreilige anderen Menschen das Christsein absprechen.
Wenn jemand zentrale Aussagen des Nicäno-Konstantinopolitanums ablehnt, wird's halt eng mit dem Christsein. Das ist ganz objektiv so. Ist ja auch nicht schlimm, heutzutage kann ja jeder Arianer oder sonstwas sein, ohne Verfolgung fürchten zu müssen. Aber er soll es halt bitte zugeben, im Sinne begrifflicher Klarheit.


Na, ja, wer ist Christ? Jemand, der bestimmte Dogmen und Lehrsätze unterschreibt?

Eine schwierige Frage, die man nicht mal eben so klären kann.

Im Grunde genommen müsste man ganz von vorne anfangen und die Frage stellen, warum die Menschen eigentlich Religionen entwickelt haben. Und dann könnte man die Antwort geben, die Eugen Drewermann dazu gibt "Es gibt Religionen, weil die Menschen sonst die Grausamkeit der Evolution nicht ertragen könnten."

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Sarandanon
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Sarandanon »

Dieter hat geschrieben:Na, ja, wer ist Christ? Jemand, der bestimmte Dogmen und Lehrsätze unterschreibt?
Tja, Dieter, Du kennst ja sicherlich den u.a. Text. Aber les ihn Dir nochmal genau durch und schreibe uns doch mal, welches Dogma Du denn nicht unterschreiben würdest:
Glaubensbekenntnis von Nicäa hat geschrieben:Wir glauben an den einen Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
der alles geschaffen hat, Himmel und Erde, die sichtbare und die unsichtbare Welt.

Wir glauben an den einen Herrn Jesus Christus,
Gottes eingeborenen Sohn, aus dem Vater geboren vor aller Zeit:
Gott von Gott, Licht vom Licht,
wahrer Gott vom wahren Gott,
gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater;
durch ihn ist alles geschaffen.
Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen,
hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden.

Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus, hat gelitten und ist begraben worden,
ist am dritten Tage auferstanden nach der Schrift
und aufgefahren in den Himmel.
Er sitzt zur Rechten des Vaters
und wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten;
seiner Herrschaft wird kein Ende sein.

Wir glauben an den Heiligen Geist,
der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird,
der gesprochen hat durch die Propheten und die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.
Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden.
Wir erwarten die Auferstehung der Toten
und das Leben der kommenden Welt.
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
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offertorium
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von offertorium »

Dieter hat geschrieben: Na, ja, wer ist Christ? Jemand, der bestimmte Dogmen und Lehrsätze unterschreibt?
Das ist ja ein komplexes Problem. Durch die Konzile und Lehrentscheidungen haben wir uns derart entwickelt, dass jemand, der vor 1900 Jahren Christ war, ggf. ein ganz anderes Glaubensbekenntnis ablegen würde. Wenn ich z.b. an die Zeit denke, als man noch nicht von einer Wesensgleichheit zwischen Vater und Sohn ausging, sondern bestenfalls einer Wesensähnlichkeit. Oder als man von Trinität noch gar nichts wusste.

Die Diskussionen um dieses Thema lassen zwei Richtungen erkennen:

Position 1: Ich vertraue der Kirche, dass sie in bester Leitung durch den Heiligen Geist die Wahrheit immer mehr entfaltet.
Position 2: Ich misstraue der Kirche und gehe davon aus, dass sie Glaubensinhalte verändert und uns damit in die Irre geleitet hat.

Da muss jeder für sich die richtige Antwort treffen.

Fairerweise müsste man aber zugestehen, dass jemand, der Lehrentscheidungen der letzten 1500 Jahre ablehnt, nicht weniger Christ ist als jemand, der Lehrentscheidungen der letzten 50 Jahre ablehnt. Oder - die andere Position - sie sind beide keine Christen mehr.

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Gallus
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Gallus »

offertorium hat geschrieben:Fairerweise müsste man aber zugestehen, dass jemand, der Lehrentscheidungen der letzten 1500 Jahre ablehnt, nicht weniger Christ ist als jemand, der Lehrentscheidungen der letzten 50 Jahre ablehnt. Oder - die andere Position - sie sind beide keine Christen mehr.
Man kann vielleicht nicht genau sagen, beim wievielten Sandkorn aus "einigen Sandkörnern" "ein Sandhaufen" wird, aber jeder kann "einige Sandkörner" von "einem Sandhaufen" unterscheiden, wenn er beides vor sich sieht.

Entsprechend: Wer die Gottessohnschaft Christi leugnet, ist objektiv kein Christ. Er mag vielleicht sagen, daß er Jesus für einen besonderen und vorbildlichen Menschen hält, und daß er sich deswegen als Christ bezeichnet, er mag sogar beleidigt sein, wenn man ihm das Christsein abspricht. Aber er ist halt keiner. Um das festzustellen, braucht es keiner theologischen Feinarbeit, mit der die exakte Grenze zu definieren wäre.

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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von RomanesEuntDomus »

Gallus hat geschrieben:Er mag vielleicht sagen, daß er Jesus für einen besonderen und vorbildlichen Menschen hält, und daß er sich deswegen als Christ bezeichnet, er mag sogar beleidigt sein, wenn man ihm das Christsein abspricht.
Oder er mag (zum Beispiel als Moslem, der Jesus typischerweise durchaus für einen besonderen und vorbildlichen Menschen hält) auch beleidigt sein, wenn man ihn als Christ bezeichnet.

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asderrix
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von asderrix »

Dieter hat geschrieben:Na, ja, wer ist Christ? Jemand, der bestimmte Dogmen und Lehrsätze unterschreibt?
Eine schwierige Frage, die man nicht mal eben so klären kann.
Nichts leichter zu beantworten als das:
Jeder der mit Jesus Christus, dem menschgewordenen Gott eine intakte Beziehung hat.
Im Grunde genommen müsste man ganz von vorne anfangen und die Frage stellen, warum die Menschen eigentlich Religionen entwickelt haben.
Weil sie diese nicht intakte Beziehung nicht wahr haben wollten und den klaren Anweisungen in Gottes Wort, der Bibel nicht bedingungslos gehorchen wollten.
Und dann könnte man die Antwort geben, die Eugen Drewermann dazu gibt "Es gibt Religionen, weil die Menschen sonst die Grausamkeit der Evolution nicht ertragen könnten."
Drewermann zur Beantwortung dieser Frage heranzuziehen ist, wie wenn du von Kim Jong-un erwartest, dass er Demokratie erklärt.
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offertorium
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von offertorium »

asderrix hat geschrieben: Jeder der mit Jesus Christus, dem menschgewordenen Gott eine intakte Beziehung hat.
Die Frage, was intakt ist, scheint sehr individuell beantwortet zu werden.
Bei einigen ist ihre Beziehung zu Gott sogar so super, dass sie ganz eindeutig wissen, 2 mal im Jahr zur Messe zu gehen wäre ausreichend, schließlich wären sie den ganzen Tag bei Gott ...

Wenn ich mir anschaue, wie sich die Pflichten der Gläubigen entwickelt haben oder wie kirchliche Pflichten gerade so aussehen, drängt sich fast der Eindruck auf, dass die Kirche Gott so wenig kenne, dass sie nicht einmal fähig ist klare Richtlinien für die Beziehung zu Gott aufzustellen.

Die Frage nach der "Selbstauflösung": wenn die Kirche keine klaren Linien für die Gottesbeziehung bietet, dann braucht sie irgendwann niemand mehr. Und die Vorstellung der individuellen Gottesbeziehung scheint mir in der tatsächlichen Praxis eher ein Feigenblatt für ein Leben ohne Spiritualität und Gott zu sein.

Passt vielleicht zum Thema https://www.youtube.com/watch?v=Kuz3e54MVO8

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Sempre
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Sempre »

Sarandanon hat geschrieben:Theologie wird nur noch als Sozialarbeit verstanden - oder als Mittel zum Zweck zu dieser.

Das war allerdings nicht das primäre Ziel der Aufklärung. Es ist allenfalls ein interpretierter Zweig derselbigen.
Aufklärung ist schon allein vom Begriff her Ablehnung, Bekämpfung und schließlich Vernichtung des dunklen Mittelalters. Thron und Altar stürzen. „Der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ (Kant). Was das heißt, hat derselbe Kant vorgeführt. Es bedeutet Agnostizismus sowie ein angeblich der praktischen Vernunft gemäßes so tun als ob es Gott gebe, um Anarchie und Chaos und den Untergang des Abendlandes zu verhindern. Gerade so, wie J. Ratzinger es dem Herrn Habermas vorschlug.

Was verstehst Du unter Aufklärung? Was war das primäre Ziel der Aufklärung, wenn nicht den Aberglauben an eine Jungfrau mit Sohn aus den Köpfen zu vertreiben? Einen solch dunklen, mittelalterlichen Aberglauben zu vertreiben, der dem aufgeklärten Verstand zuwider ist!?

RomanesEuntDomus
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von RomanesEuntDomus »

Dieter hat geschrieben:Außenstehende sollten ... nicht voreilig anderen Menschen das Christsein absprechen.
Klar, ich gebe mir Mühe.

Folgendes hat die Dame am 24.12. gesprochen: http://remberti.de/blog/1628

Vielleicht findest du darin wenigstens ein klitzekleines Indiz (und gibst uns freundlicherweise einen Hinweis darauf), das darauf hindeuten würde, daß man die Rede als christliche Predigt ansehen könnte.

Und nein, hier geht es nicht darum, ob die Dame "liberal" oder "konservativ" predigt, sondern nur noch darum, ob in ihrer Rede überhaupt irgend etwas annähernd Christliches (man wird ja so bescheiden!) auszumachen ist.

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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von PascalBlaise »

RomanesEuntDomus hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben:Außenstehende sollten ... nicht voreilig anderen Menschen das Christsein absprechen.
Klar, ich gebe mir Mühe.

Folgendes hat die Dame am 24.12. gesprochen: http://remberti.de/blog/1628

Vielleicht findest du darin wenigstens ein klitzekleines Indiz (und gibst uns freundlicherweise einen Hinweis darauf), das darauf hindeuten würde, daß man die Rede als christliche Predigt ansehen könnte.

Und nein, hier geht es nicht darum, ob die Dame "liberal" oder "konservativ" predigt, sondern nur noch darum, ob in ihrer Rede überhaupt irgend etwas annähernd Christliches (man wird ja so bescheiden!) auszumachen ist.
Wahnsinn! Das ist ja mal eine Predigt. Woran glaubt diese Pastorin? Schwer zu sagen, sie spricht vor allem von Sinnkrisen und zweifeln und zitiert Kant. Ganz toll. So merken die Leute, dass sie Bücher gelesen hat. Ob sie sich nicht fragt, warum Leute überhaupt in ihre "Gottesdienste" kommen?
– et lux in tenebris lucet et tenebrae eam non comprehenderunt –

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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Sarandanon »

Sempre hat geschrieben:Was verstehst Du unter Aufklärung? Was war das primäre Ziel der Aufklärung, wenn nicht den Aberglauben an eine Jungfrau mit Sohn aus den Köpfen zu vertreiben? Einen solch dunklen, mittelalterlichen Aberglauben zu vertreiben, der dem aufgeklärten Verstand zuwider ist!?
Ich hoffe, Du meinst die Frage ernst und willst mich hier nicht nur vorführen, so dass ich mir nicht umsonst die Zeit genommen habe, meine Gedanken niederzuschreiben.

Nun, die Sichtweisen auf die Aufklärung scheinen da sehr unterschiedlich zu sein. Deine Wahrnehmung ist traditionalistisch geprägt. Für Dich ist die Aufklärung natürlich primär ein Angriff gegen den rechten Glauben. Das wird sich sicherlich auch nicht ändern, wenn ich meine u.a. Punkte aufzähle, obwohl vmtl. auch Du von diesen in unserer Gesellschaft geprägt wurdest und vllt. zumindest zum Teil nicht missen möchtest.

Die Aufklärung besaß für mich primär folgende wichtige Ziele und Aspekte:

- Freiheitliche und gerechte Gesellschaftsordnung statt Absolutismus und Ständeordnung,
- Vernunft, wissenschaftliche Erkenntnis und Toleranz statt Vorurteil und Aberglauben,
- Trennung von Staat und Kirche,
- Beendigung der politischen Machtausübung von Kirchen - insb. der römischen.

Mit der Beseitigung des Aberglaubens war nicht der eigentliche Glaube gemeint, sondern vielmehr die Vermengung desselben mit volkstümlichem Aberglauben, also der Glaube an falsche und irrige übersinnliche Kräfte, die die Menschen damals mit dem christlichen Glauben vermischten. Es setzte sich eine Vernunft im Glauben durch - ein bedeutender Fortschritt der Aufklärung.

Aber natürlich gab es auch Zweige der Aufklärung, die sich offen gegen den überkommenen christlichen Glauben, insb. gegen Dogmen stellten. Tatsächlich drangen Irrungen wie Agnostizismus, Pantheismus, Kosmotheismus und letztlich der Atheismus intensiver und offener an die Oberfläche. Aus meiner Sicht waren das aber eben nur Abzweigungen.

Was den Glauben heutzutage zerstört ist mMn die Pervertierung der Ziele der Aufklärung. Menschen versuchen in der Breite ihren Egoismus, den sie als uneingeschränkte und ihnen zustehende Freiheit missdeuten, mit allen Mitteln durchzusetzen. Daraus entstand mE etwas, dass ich jetzt mal als Absolutismus eines Wirtschaftssystems bezeichne. Und der Aberglaube ist heute der Glaube an die neuen Götter des Konsums und Kapitals. Christliche Werte werden nach und nach zerstört.

Im Übrigen ist eine solche Aufklärung genau das, was viele von uns Christen sich endlich auch einmal vom Islam wünschen.
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von offertorium »

Sarandanon hat geschrieben: Im Übrigen ist eine solche Aufklärung genau das, was viele von uns Christen sich endlich auch einmal vom Islam wünschen.
Nein, ich wünsche den Muslimen, dass sie davon verschont bleiben. Eine solche Aufklärung funktioniert dort auch gar nicht, weil es im Islam keine Kirche gibt, d.h. eine Staatskirche, die eine Trennung von Staat und Kirche notwendig machen könnte, gibt es dort gar nicht. Im wesentlichen meint die Trennung von Religion und Staat hier auch nichts anderes als die Abschaffung einer Staatskirche. Die Religion ist selbstverständlich Grundlage unseres Grundgesetzes, wie jeder in der Präambel nachlesen kann.

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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Sarandanon »

RomanesEuntDomus hat geschrieben:Folgendes hat die Dame am 24.12. gesprochen: http://remberti.de/blog/1628

Vielleicht findest du darin wenigstens ein klitzekleines Indiz (und gibst uns freundlicherweise einen Hinweis darauf), das darauf hindeuten würde, daß man die Rede als christliche Predigt ansehen könnte.

Und nein, hier geht es nicht darum, ob die Dame "liberal" oder "konservativ" predigt, sondern nur noch darum, ob in ihrer Rede überhaupt irgend etwas annähernd Christliches (man wird ja so bescheiden!) auszumachen ist.
Dieser Vortrag klingt oberflächlich unheimlich tiefsinnig und interlektuell (und der Begriff Glaubensmärchen kam auch wieder vor - wohl das Lieblingswort dieser Dame) :roll: . Letztendlich kann es einem dabei aber nur speiübel werden, wenn man bedenkt, dass es sich um eine Predigt in einer christlichen Kirche handelt

Ich entdecke genau das Gegenteil zu auch nur etwas Christlichem. Es ist unfassbar, wie sinnentfremdet diese Predigerin unseren Glauben wahrnimmt. Kann man ihr und ihren Gläubigen das Christsein absprechen? Ich bin nun noch näher drauf und dran. Insbesondere wenn man bedenkt, dass ökumenische Konzilien derlei Irrwege als solche abschmetterten und nicht als Teil der einen und ganzen christlichen Kirche betrachteten.

Ein übler Satz als Beispiel aus dieser Rede:
Isabel Klaus hat geschrieben:Wir wissen, dass die Weihnachtsgeschichte eine Dichtung ist, ein Glaubensmärchen – und das ist keine abwertende Bemerkung, auch wenn man mir das gerne anlasten will.
Wieviel abwertender und blasphemisch kann man denn noch über unseren Herrn reden? Und solange sie sich nicht mit ihren Anhängern als ethischer Debattierclub selbständig macht, ist man als gläubiger Christ nahezu verpflichtet ihr das anzulasten.
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Siard »

offertorium hat geschrieben:Eine solche Aufklärung funktioniert dort auch gar nicht, weil es im Islam keine Kirche gibt, d.h. eine Staatskirche, die eine Trennung von Staat und Kirche notwendig machen könnte, gibt es dort gar nicht.
Im Islam gibt es nur den religiösen Staat, mithin ist eine Trennung von Staat und Religion unmöglich.
Anders als im Christentum gibt es keine anzuerkennende weltliche Obrigkeit, die nicht der (islamischen) Religion entspringt.

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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von offertorium »

Eine Trennung von Staat und Kirche ist etwas anderes als eine Trennung von Staat und Religion. Das wird in den Diskussionen immer vergessen. Mir ist auch unter uns Katholiken seltener aufgefallen, dass wir eine umfassende Säkularisierung befürworten würden und das würde eine Trennung von Staat und Religion bedeuten. Da wir aber nur eine Trennung von Staat und Kirche haben, hat glücklicherweise noch die Verantwortung vor Gott im Grundgesetz Platz. Übrigens auch ein Gewinn für die muslimischen Migranten: in der Verantwortung vor Gott können sie unser Grundgesetz sehr wohl anerkennen ohne sich mit einer christlichen Staatskirche "herumärgern" zu müssen. Eine Trennung von Kirche und Staat finde ich jedenfalls richtig, eine Trennung von Staat und Religion, die alle religiösen Werte aus sich verdrängen will, hatten wir schon einmal und brauchen wir meiner bescheidenen Auffassung nach nicht noch einmal.

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Sempre
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Sempre »

@Sarandanon

Du redest Dir die Aufklärung schön. Ziel der Aufklärung war keineswegs "Vernunft im Glauben" sondern vielmehr "Vernunft statt Glauben".

Ich weiß nichts über Isabel Klaus außer, was Du zitiert hast:
Isabel Klaus hat geschrieben:Das ist sehr unterschiedlich und lässt sich nicht konkret benennen, aber ich habe den Anspruch an mich selbst, nicht in eine Seichtigkeit abzudriften. Wir lesen im Gottesdienst die Weihnachtsgeschichte. Dabei weiß jedes Kind, dass Maria keine Jungfrau war und der Heilige Geist nicht für ihre Schwangerschaft verantwortlich ist. Die Weihnachtsgeschichte hat so nicht stattgefunden. Und trotzdem ist sie das große Glaubensmärchen, das seit Jahrhunderten einen hohen Stellenwert im Christentum hat. Aber die Leute wollen eben nicht veräppelt werden. Wir haben die Aufklärung hinter uns und wissen, was an dieser Geschichte wahr ist und was nicht. Und trotzdem feiern wir, weil wir wissen, was uns daran wichtig ist.
Meines Erachtens hat Isabel Klaus sehr gut verstanden, was Aufklärung ist. Und diese meine Einschätzung ist nicht der Tatsache geschuldet, dass ich am überlieferten Glauben der katholischen Kirche festhalte.

Immanuel Kant ist wohl sicher der einflussreichste deutschsprachige Aufklärer, er kann jedenfalls kaum als Randerscheinung der Aufklärung abgetan werden. Ich nehme ihn als Beispiel, wobei anzumerken ist, dass etwa die französischen Aufklärer in der Hauptsache die Abschaffung aller "religiösen Indoktrination" forderten. Kant nennt seine Schrift zum Thema Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft. Einen Überblick über die Schrift findet man auf Wikipedia:
In diesem Sinne fordert Kant eine „Vernunftreligion“, die jeden blinden Glauben – etwa den Glauben an Offenbarungsweisheiten, den Kant als „Afterdienst“ bezeichnet – überwindet und allein auf dem Fundament der Vernunft ruht. [...] Für Kant ist also nur das „wahre Religion“, was durch jeden einzelnen Menschen selbst aus reiner Vernunft heraus nachvollzogen werden kann. Die Offenbarung würdigt Kant zwar in ihrer Bedeutung für den geistigen Fortschritt der Menschheit, betrachtet sie aber als eine zu überwindende Stufe der menschlichen Entwicklung. Der Mensch bedurfte des Offenbarungsglaubens nur so lange, wie er für den vernünftigen („reinen“) Glauben noch nicht mündig genug war.
Isabel Klaus tut nichts anderes, als dieses Programm umzusetzen, und ist dabei recht fortgeschritten. In ihrer Gemeinde sind bereits die Kinder aufgeklärt und mündig im Sinne von Kant. Sie ist auch einfach nur schon ein bischen weiter als die meisten anderen, die sich Christen nennen. Ausgenommen von dieser Entwicklung sind nur diejenigen, die Fundamentalisten genannt werden.

Sarandanon hat geschrieben:Im Übrigen ist eine solche Aufklärung genau das, was viele von uns Christen sich endlich auch einmal vom Islam wünschen.
Ja, aber nicht im Sinne von "Vernunft im Glauben" bzw. vom Ablegen von Abergläubischem. Der politische Aspekt des Islam kann kaum als Aberglaube bezeichnet werden. Gefragt ist vielmehr auch hierbei "Vernunft statt Glauben". Anerkennung der sogenannten Menschenrechte, Reinigung der Religion von allem, was dem entgegensteht.


P.S.: Der Absolutismus ist der erste Schritt zur Aufklärung. Die Aufklärung hat keine freiheitliche und gerechte Gesellschaftsordnung gebracht, sondern Scheindemokratien, die die Eliten wirksamer vor dem Volk schützen als das zuvor möglich war. Das letzte der vier Reiche nach Daniel, ein Sodom sondergleichen. Ich möchte alles davon missen.

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Sarandanon
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Sarandanon »

@Sempre

Ich kann Deine Anschauung bzgl. der Aufklärung nachvollziehen, teile sie aber so nicht. Es ist aus meiner Sicht nicht erwiesen, dass die Aufklärung zu allererst auf die Abschaffung des überkommenen christlichen Glaubens abzielte. Klar ist aber natürlich auch, dass es immer wieder Philosophien gab und geben wird, die dahingehend Löcher in dicke Bretter bohren. Da zählt Kant dazu, aber auch zB Meister Eckhart im Spätmittelalter oder die Arianer (u. Co.) im Frühmittelalter.

Und zudem möchte ich die von mir erwähnten bahnbrechenden und wichtigen Errungenschaften der Aufklörung heute nicht mehr missen.

Was diese Predigerin angeht, so gehört ihre Sicht des christlichen Glaubens zu einer Pervertierung des selbigen, die durchaus aus der Aufklärung heraus ihre Ursache hat.
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
(Augustinus Aurelius)

Tinius
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Re: EKD - Geistliche und moralische Selbstauflösung

Beitrag von Tinius »

Sarandanon hat geschrieben:
Was diese Predigerin angeht, so gehört ihre Sicht des christlichen Glaubens zu einer Pervertierung des selbigen, die durchaus aus der Aufklärung heraus ihre Ursache hat.
Wenn du das so siehst, wirst du bei über 90 Prozent der Pfarrer der evangelischen Landeskirchen eine genaue Übereinstimmung mit den Aussagen dieser Frau finden.

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